12.12.2005, 22:42
[B]Kapitel fünfundachtzig
[/B]Panisch trat sie auf die Bremse. Der Jeep blieb abrupt und mit quitschenden Reifen stehen, der Gurt schnitt ihr in die Schulter und bewahrte sie davor, mit dem Kopf durch die Windschutzscheibe zu rasen. Sie hob den Arm schützend vor den Kopf, voller Angst, war jetzt kommen würde. Doch es blieb still. Kein Aufprall, kein splitternes Glas, keine Wunden.
Langsam lieà sie den Arm sinken und wagte den Blick durch die Windschutzscheibe.
Der andere Wagen stand knapp dreiÃig Zentimeter von ihrer StoÃstange entfernt vor ihr. Rory lieà geschockt den Kopf aufs Lenkrad sinken.
Die Frau, die sie fast zu Tode gefahren hatte, stieg völlig aufgelöst aus ihrem Wagen und lief auf Rory zu.
"Oh mein Gott, geht es Ihnen gut? Sind sie verletzt? Brauchen sie Hilfe? Einen Krankenwagen?" Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus und sie sah Rory ängstlich an. Diese hob den Kopf und sah die Frau schwach an.
"Nein, mir geht es gut. Alles - alles in Ordnung. Ich bin nur etwas - oh mein Gott." Der Schock saà ihr tief in den Knochen und sie fing an zu weinen. Es war einfach zu viel für sie. Erst das, was sie über Jess erfahren hatte, dann jetzt das Auto, dass fast frontal in sie reingefahren wäre... Was hätte nicht alles passieren können, ihr und dem Baby... Das Baby. Bei dem Gedanken an ihr Baby wurde ihr heià und kalt. Konnte so ein Schock und die Aprupheitx, mit der das Auto zum stehen gekommen war, dem Baby was getan haben?
"Oh man... Kommen Sie, steigen sie erstmal aus. Sie sind ja völlig fertig, - ich mein, verständlich, aber... kommen Sie." Die Frau half ihr beim Aussteigen. Mit zittrigen Knien setzte Rory sich auf einen Stein am StraÃenrand, die Frau sich neben sie.
"Es tut mir leid", schluchzte Rory.
Die Frau tätschelte ihr mitfühlend den Rücken und gab ihr ein Taschentuch. "Das muss es doch gar nicht. Im Gegenteil, mir tut es leid. Ich hatte das Radio zu laut, und es wurde gerade Mozart gespielt, und da werde ich immer gefesselt. Deswegen hab ich wohl nicht auf meine Geschwindigkeit geachtet. Und hier kommt sonst nie jemand um diese Uhrzeit vorbei, das ist natürlich keine Entschuldigung, aber...." Sie brach ab und sah Rory tröstend an.
Diese putzte sich die Nase und wischte sich die Tränen weg. "Es tut mir leid. Ich hab nur vorhin etwas erfahren, was mich ... ich ... ich will nach Hause.", murmelte sie. Dann zögerte sie. Sollte sie die Frau einfach fragen? Sie sah so aus, als wäre sie anfang vierzig, also könnte sie vielleicht Kinder haben und sich mehr auskennen als sie.
"Hören Sie.... ich bin schwanger, und ich habe jetzt Angst, dass ...." Unsicher sah sie die fremde Frau an.
"Oh Herzchen, nein, dem Baby geht es sicher gut. Wie weit bist du denn?"
"Vierzehnte Woche", murmelte Rory.
"Na, dann hat das kleine Ding sich schon festgesaugt." Die Frau lachte, und jetzt fielen Rory auch die Grübchen in ihren Wangen auf. "Gehts dir etwas besser?"
Rory wiegte den Kopf. "Ich will nur noch nach Hause", sagte sie erschöpft. Die Frau nickte verständnisvoll.
"Kann dich vielleicht jemand von zu Hause abholen? Oder traust du dich wieder, weiter zu fahren?"
Rory überlegte. Sie hatte schon Angst, wieder loszufahren, aber hieà es nicht bekanntlich, dass, wenn man vom Pferd fällt, wieder aufsteigen soll weil man sich sonst nie wieder trau? Und auÃerdem müsste sie dann Lorelai alles erzählen, wenn sie sie abholen sollte, und sie konnte nicht darüber reden. Noch nicht. Es war einfach zu ... heftig.
"Nein, ist ok", sagte sie schlieÃlich. "Ich fahre weiter."
"Ok" Die Frau brachte sie zum Jeep. "Also nochmal, es tut mir wirklich wahnsinnig leid, was da vorhin fast passiert ist. Und mach dir um das Baby keine Sorgen, da braucht man schon härtere Aufprälle um ... Du weiÃt schon. Ich wünsch dir noch viel Glück mit dem kleinen Ding." Sie tätschelte Rory die Schulter und stieg dann wieder in ihren Wagen.
Nachdem die Frau weg war, blieb Rory noch ein paar Minuten im Wagen sitzten. SchlieÃlich startete sie langsam den Wagen. Ihre Hände umfassten das Lenkrad. Sie atmete tief durch. Kein Angst,redete sie sich zu. Es ist wieder ok. Die Nacht ist klar, die Scheinwerfer funktionieren. Kein Gegenverkehr. Sie versuchte, so gut wie möglich nicht an Jess zu denken. Der Schock war zwar noch tief, aber sie drückte langsam aufs Gaspedal. Sanft fuhr der Jeep los und Rory entfloh dem schrecklichen Ort, lieà alles hinter sich, die Stadt, in der sie so Schreckliches erfahren hatte, die Stelle, an der sie beinahe einen Unfall gebaut hatte, und ein Stückchen, ein klitzekleines Stückchen nur, aber immerhin, der Angst, weiter zu fahren.
Kapitel sechsundachtzig
Lorelai schlich die Treppe runter und zog sich beim Gehen ihren Morgenmantel an. Es kam ihr sehr suspekt vor, dass sie das Türschloss gehört hatte und dann Geräusche in der Küche. SchlieÃlich hatte nur noch Rory einen Schlüssel, und die war doch mit Jess in New York. Aber wer kam nachts um halb eins zu ihr und schloss auf? Leise tapste sie in die Küche.
"Rory!", rief sie erschrocken beim Anblick ihrer Tochter, die am Küchentisch saÃ, den Kopf in den Armen, und weinte. Sofort eilte Lorelai zu ihrer Seite und strich ihr über die Haare.
"Schatz, was machst du denn hier? Was ist passiert? Wo ist Jess?", bombardierte sie sie mit Fragen. Rory hob den Kopf nicht.
"Ich wusste nicht, dass du hier bist, ich dachte du bist bei Luke", schniefte sie gedämpft.
"Luke und ich haben hier geschlafen, aber ist doch auch egal, was ist denn nur passiert?" Besorgt hockte sie sich vor Rory hin, die immer noch schluchzte.
"Ich will nicht darüber reden", heulte sie. "Ich will nur schlafen, Mum. Bitte!" Ihre Stimme klang so flehend, so verletzt, dass es Lorelai ins Herz schnitt. Sie wollte so dringend erfahren was mit ihrer Tochter war, doch sie sah ein, dass Rory jetzt erstmal Schlaf brauchte. Deswegen nickte sie und zog Rory auf die Beine.
"Ok. Komm mit." Sanft bugsierte sie sich nach oben, wo Luke auch wach war. Beim Anblick von Rory sah auch er besorgt drein, doch Lorelai bedeutete ihm, keine Fragen zu stellen. Sie brachte Rory zu ihrem Bett und deckte sie zu. Mit kummervollen Blick strich sie ihr übers Haar und zog Luke dann mit nach drauÃen. Sachte schloss sie die Tür hinter sich und ging mit Luke nach unten, wo sie sich zusammen aufs Sofa setzen.
"Was ist denn nur passiert?", fragte Luke sofort.
Doch Lorelai konnte nur die Augen schlieÃen und hilflos mit den Schultern zucken.
[B]Kapitel siebenundachtzig
[/B]
Rory schlug die Augen auf und sah sich desorientiert um. Wo war sie nur? Das war nicht ihr Hotelzimmer. Und Jess lag auch nicht neben ihr. Jess. Es fiel ihr wieder ein. Die Erlebnisse der letzten Nacht. Die Gepräche über Jess´ Vergangenheit. Der beihnahe- Unfall. Die Heimkehr. Der Schmerz in ihrem Herzen. Die unendliche Leere, die sie fühlte.
Und die Ãbelkeit. Schluchzend sprang sie auf und lief ins Badezimmer.
Lorelai regte sich und schlug die Augen auf. Noch etwas benebelt sah sie sich um und fand sich in Lukes Armen wieder, der, den Kopf nach hinten gelegt, schnarchte. Sachte befreite sie sich aus seinen Armen und ging nach Oben zu Rory. Als sie sie in ihrem Schlafzimmer nicht finden konnte, sah sie im Badezimmer nach, wo Rory auf dem Boden hockte, die Knie angezogen. Ihr Kopf ruhte auf den Knien und aus ihren blauen Augen quollen stumme, leidvolle Tränen. Sie zogen ihre Bahnen über ihre Wangen, vermischten sich mit den anderen und hinterlieÃen salzige Spuren auf ihrem Gesicht. Bekümmert hockte Lorelai sich vor sie hin.
"Bitte Rory", sagte sie traurig. "Sag mit was los ist."
Entsetzt sah Lorelai ihre Tochter an. "Oh mein Gott", flüsterte sie leise. Sie konnte es nicht fassen, was die da gerade gehört hatte. Sie wollte es nicht fassen. Jess. Ja, er war ein Rebell, auch Bad Boy, aber ein ... ? ?
"Weià Luke davon?", fragte sie. Wie? Sie war gänzlich verwirrt. Er konnte doch nicht ...?
Rory schüttelte langsam den Kopf. "Ich glaub nicht", sagte sie matt.
"Weià er, dass du weg bist?"
Erneut schüttelte sie den Kopf.
"Rory, du musst ihn benachrichtigen. Du musst ihm wenigstens sagen, dass du hier bist."
"Wieso? Es ist doch jetzt alles sowieso nicht mehr wichtig. Gar nichts zählt mehr. Es ist alles kaputt.", flüsterte sie leise. Lorelai strich ihr nur bekümmert übers Haar. Sie war so hilflos. Sie konnte nichts für Rory tun. Ihr den Schmerz nicht nehmen. Obwohl sie alles dafür getan hätte. Alles.
Von unten Drang das leise Weinen von Davey hervor und sie hörten Luke zu ihm gehen und beruhigend auf ihn einreden. Das Weinen verstummte. Schritte näherten sich ihnen und einen Moment später kam Luke herein, Davey auf dem Arm.
"Hey", sagte er, sah dann aber Rorys verweintes Gesicht. "Oh. Ich ... ich lass euch lieber allein. Ich muss sowieso ins Diner. Ich - ähm... ich nehm Davey mit, ok?" Er ging wieder und wenig später hörten sie die Tür zuschlagen.
Lorelai seufzte. "Was willst du jetzt tun?" Rory schüttelte den Kopf. Es war alles zuviel. Sie hatte das Gefühl, ihre ganze Welt war mit einem Mal zusammengebrochen. Alles war kaputt. In Scherben. Nicht reparierbar. Ihr Herz fühlte sich an wie zerissen. Sie musste etwas tun. Ihre Gedanken sortieren. Den Kopf klar kriegen. Den Schmerz verarbeiten. "Mum... ich muss spazieren gehen, ok?" Sie sah Lorelais Blick. "Alleine. Bitte. Ich muss das alles verarbeiten." Sie sprang mit einem Satz auf und ging aus der Tür. Traurig und hilflos sah Lorelai ihr hinterher.
Kapitel achtundachtzig
Es war von vorne rein klar gewesen, wohin ihre Beine sie tragen würden. Als sie sich auf dem alten Holz niederlieÃ, knarrte die Brücke, als drohe sie einzustürzen. Strich sich das Haar aus dem Gesicht und schloss die Augen. Der Wind fuhr ihr mit seinen kühlen Finger übers Gesicht, wehte durch ihre Haare und hinterlieà seinen kühlen Atem auf ihr. So saà sie da, und versuchte klar zu kommen, so gut wie es eben ging, wenn die eigene Welt gerade zerbrochen wurde.
Krank vor Sorge lief er durch Stars Hollow. Er konnte sich keinen Reim draus machen, wieso seine Freundin einfach so aubhaute. Das sah eher ihm ähnlich als ihr. Aber so ganz, ohne Zettel, einfach ihre Klamotten packen, das Auto nehmen und wegfahren? War war nur in sie gefahren? War ihr etwas passiert? War sie hier? Erschöpft von der Stundenlangen Busfahrt und der ganzen Grübelei und der verdammten Ungewissheit kam er am Steg an.
Erleichterung durchflutete ihn, überspülte seine Sorge und Verwirrtheit, als er sie dort sitzten saÃ. Mit groÃen Schritten eilte er auf den Steg zu. Klar war sie dort. Sie verbanden eine besondere Beziehung zu dieser Brücke.
"Hey", rief Jess schon von Weitem. "Rory! Bist du durchgeknallt? Wieso fährst du einfach weg? Keiner wusste, wo du bist! Wir waren alle krank vor Sorge, Lane, Dave, alle! Warum zur Hölle fährst du einfach weg ohne auch nur ein Scheià Wort zu sagen?" Atemlos kam er vor ihr zu Stehen und beugte sich vor. "Was zum Teufel ist los mit dir?"
Rory sprang auf. Nein, nicht er. Nicht Jess. Nicht jetzt. Nie wieder. Wie konnte sie das erst kürzlich Erfahrene verarbeiten, wenn Jess jetzt da war? Es ging nicht. Nicht mehr. Allein sein Anblick verletzte sie noch mehr.
Wirbelte alles wieder auf, was sie versuchte zu verarbeiten. Nein. Sie zwang sich, nicht in seine braunen Augen zu sehen, die sie so verwirrt ansahen. Klar, er wusste nicht, was sie über ihn wusste. Aber sie konnte es nicht erneut aussprechen. Nicht schon wieder. Sie holte Luft. Dies war der schwierigste Schritt in ihrem Leben. Doch sie musste es tun.
"Jess ... ich brauch eine Pause." Sie sah die Ãberraschung in seinem Gesicht, doch er hatte sie einfach zu sehr verletzt. "Ich kann das nicht mehr. Es tut mir leid, ... aber es geht einfach nicht mehr." Sie spürte wieder die Tränen in sich aufkommen und tat ihr bestes, sie zurückzuhalten. Nicht schon wieder.
"Was willst du damit sagen?", sagte er misstrauisch. Sie schüttelte den Kopf.
"Ich denke, du weiÃt genau was ich damit meine. Es ist vorbei." Mit diesen letzten, grauenhaften Worten drängte sie sich an ihm vorbei und lief vom Steg. Weg von ihrem Platz, weg von ihrer Liebe, weg von ihrer Beziehung. Weg von ihm.
Es war vorbei.
[/B]Panisch trat sie auf die Bremse. Der Jeep blieb abrupt und mit quitschenden Reifen stehen, der Gurt schnitt ihr in die Schulter und bewahrte sie davor, mit dem Kopf durch die Windschutzscheibe zu rasen. Sie hob den Arm schützend vor den Kopf, voller Angst, war jetzt kommen würde. Doch es blieb still. Kein Aufprall, kein splitternes Glas, keine Wunden.
Langsam lieà sie den Arm sinken und wagte den Blick durch die Windschutzscheibe.
Der andere Wagen stand knapp dreiÃig Zentimeter von ihrer StoÃstange entfernt vor ihr. Rory lieà geschockt den Kopf aufs Lenkrad sinken.
Die Frau, die sie fast zu Tode gefahren hatte, stieg völlig aufgelöst aus ihrem Wagen und lief auf Rory zu.
"Oh mein Gott, geht es Ihnen gut? Sind sie verletzt? Brauchen sie Hilfe? Einen Krankenwagen?" Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus und sie sah Rory ängstlich an. Diese hob den Kopf und sah die Frau schwach an.
"Nein, mir geht es gut. Alles - alles in Ordnung. Ich bin nur etwas - oh mein Gott." Der Schock saà ihr tief in den Knochen und sie fing an zu weinen. Es war einfach zu viel für sie. Erst das, was sie über Jess erfahren hatte, dann jetzt das Auto, dass fast frontal in sie reingefahren wäre... Was hätte nicht alles passieren können, ihr und dem Baby... Das Baby. Bei dem Gedanken an ihr Baby wurde ihr heià und kalt. Konnte so ein Schock und die Aprupheitx, mit der das Auto zum stehen gekommen war, dem Baby was getan haben?
"Oh man... Kommen Sie, steigen sie erstmal aus. Sie sind ja völlig fertig, - ich mein, verständlich, aber... kommen Sie." Die Frau half ihr beim Aussteigen. Mit zittrigen Knien setzte Rory sich auf einen Stein am StraÃenrand, die Frau sich neben sie.
"Es tut mir leid", schluchzte Rory.
Die Frau tätschelte ihr mitfühlend den Rücken und gab ihr ein Taschentuch. "Das muss es doch gar nicht. Im Gegenteil, mir tut es leid. Ich hatte das Radio zu laut, und es wurde gerade Mozart gespielt, und da werde ich immer gefesselt. Deswegen hab ich wohl nicht auf meine Geschwindigkeit geachtet. Und hier kommt sonst nie jemand um diese Uhrzeit vorbei, das ist natürlich keine Entschuldigung, aber...." Sie brach ab und sah Rory tröstend an.
Diese putzte sich die Nase und wischte sich die Tränen weg. "Es tut mir leid. Ich hab nur vorhin etwas erfahren, was mich ... ich ... ich will nach Hause.", murmelte sie. Dann zögerte sie. Sollte sie die Frau einfach fragen? Sie sah so aus, als wäre sie anfang vierzig, also könnte sie vielleicht Kinder haben und sich mehr auskennen als sie.
"Hören Sie.... ich bin schwanger, und ich habe jetzt Angst, dass ...." Unsicher sah sie die fremde Frau an.
"Oh Herzchen, nein, dem Baby geht es sicher gut. Wie weit bist du denn?"
"Vierzehnte Woche", murmelte Rory.
"Na, dann hat das kleine Ding sich schon festgesaugt." Die Frau lachte, und jetzt fielen Rory auch die Grübchen in ihren Wangen auf. "Gehts dir etwas besser?"
Rory wiegte den Kopf. "Ich will nur noch nach Hause", sagte sie erschöpft. Die Frau nickte verständnisvoll.
"Kann dich vielleicht jemand von zu Hause abholen? Oder traust du dich wieder, weiter zu fahren?"
Rory überlegte. Sie hatte schon Angst, wieder loszufahren, aber hieà es nicht bekanntlich, dass, wenn man vom Pferd fällt, wieder aufsteigen soll weil man sich sonst nie wieder trau? Und auÃerdem müsste sie dann Lorelai alles erzählen, wenn sie sie abholen sollte, und sie konnte nicht darüber reden. Noch nicht. Es war einfach zu ... heftig.
"Nein, ist ok", sagte sie schlieÃlich. "Ich fahre weiter."
"Ok" Die Frau brachte sie zum Jeep. "Also nochmal, es tut mir wirklich wahnsinnig leid, was da vorhin fast passiert ist. Und mach dir um das Baby keine Sorgen, da braucht man schon härtere Aufprälle um ... Du weiÃt schon. Ich wünsch dir noch viel Glück mit dem kleinen Ding." Sie tätschelte Rory die Schulter und stieg dann wieder in ihren Wagen.
Nachdem die Frau weg war, blieb Rory noch ein paar Minuten im Wagen sitzten. SchlieÃlich startete sie langsam den Wagen. Ihre Hände umfassten das Lenkrad. Sie atmete tief durch. Kein Angst,redete sie sich zu. Es ist wieder ok. Die Nacht ist klar, die Scheinwerfer funktionieren. Kein Gegenverkehr. Sie versuchte, so gut wie möglich nicht an Jess zu denken. Der Schock war zwar noch tief, aber sie drückte langsam aufs Gaspedal. Sanft fuhr der Jeep los und Rory entfloh dem schrecklichen Ort, lieà alles hinter sich, die Stadt, in der sie so Schreckliches erfahren hatte, die Stelle, an der sie beinahe einen Unfall gebaut hatte, und ein Stückchen, ein klitzekleines Stückchen nur, aber immerhin, der Angst, weiter zu fahren.
Kapitel sechsundachtzig
Lorelai schlich die Treppe runter und zog sich beim Gehen ihren Morgenmantel an. Es kam ihr sehr suspekt vor, dass sie das Türschloss gehört hatte und dann Geräusche in der Küche. SchlieÃlich hatte nur noch Rory einen Schlüssel, und die war doch mit Jess in New York. Aber wer kam nachts um halb eins zu ihr und schloss auf? Leise tapste sie in die Küche.
"Rory!", rief sie erschrocken beim Anblick ihrer Tochter, die am Küchentisch saÃ, den Kopf in den Armen, und weinte. Sofort eilte Lorelai zu ihrer Seite und strich ihr über die Haare.
"Schatz, was machst du denn hier? Was ist passiert? Wo ist Jess?", bombardierte sie sie mit Fragen. Rory hob den Kopf nicht.
"Ich wusste nicht, dass du hier bist, ich dachte du bist bei Luke", schniefte sie gedämpft.
"Luke und ich haben hier geschlafen, aber ist doch auch egal, was ist denn nur passiert?" Besorgt hockte sie sich vor Rory hin, die immer noch schluchzte.
"Ich will nicht darüber reden", heulte sie. "Ich will nur schlafen, Mum. Bitte!" Ihre Stimme klang so flehend, so verletzt, dass es Lorelai ins Herz schnitt. Sie wollte so dringend erfahren was mit ihrer Tochter war, doch sie sah ein, dass Rory jetzt erstmal Schlaf brauchte. Deswegen nickte sie und zog Rory auf die Beine.
"Ok. Komm mit." Sanft bugsierte sie sich nach oben, wo Luke auch wach war. Beim Anblick von Rory sah auch er besorgt drein, doch Lorelai bedeutete ihm, keine Fragen zu stellen. Sie brachte Rory zu ihrem Bett und deckte sie zu. Mit kummervollen Blick strich sie ihr übers Haar und zog Luke dann mit nach drauÃen. Sachte schloss sie die Tür hinter sich und ging mit Luke nach unten, wo sie sich zusammen aufs Sofa setzen.
"Was ist denn nur passiert?", fragte Luke sofort.
Doch Lorelai konnte nur die Augen schlieÃen und hilflos mit den Schultern zucken.
[B]Kapitel siebenundachtzig
[/B]
Rory schlug die Augen auf und sah sich desorientiert um. Wo war sie nur? Das war nicht ihr Hotelzimmer. Und Jess lag auch nicht neben ihr. Jess. Es fiel ihr wieder ein. Die Erlebnisse der letzten Nacht. Die Gepräche über Jess´ Vergangenheit. Der beihnahe- Unfall. Die Heimkehr. Der Schmerz in ihrem Herzen. Die unendliche Leere, die sie fühlte.
Und die Ãbelkeit. Schluchzend sprang sie auf und lief ins Badezimmer.
Lorelai regte sich und schlug die Augen auf. Noch etwas benebelt sah sie sich um und fand sich in Lukes Armen wieder, der, den Kopf nach hinten gelegt, schnarchte. Sachte befreite sie sich aus seinen Armen und ging nach Oben zu Rory. Als sie sie in ihrem Schlafzimmer nicht finden konnte, sah sie im Badezimmer nach, wo Rory auf dem Boden hockte, die Knie angezogen. Ihr Kopf ruhte auf den Knien und aus ihren blauen Augen quollen stumme, leidvolle Tränen. Sie zogen ihre Bahnen über ihre Wangen, vermischten sich mit den anderen und hinterlieÃen salzige Spuren auf ihrem Gesicht. Bekümmert hockte Lorelai sich vor sie hin.
"Bitte Rory", sagte sie traurig. "Sag mit was los ist."
Entsetzt sah Lorelai ihre Tochter an. "Oh mein Gott", flüsterte sie leise. Sie konnte es nicht fassen, was die da gerade gehört hatte. Sie wollte es nicht fassen. Jess. Ja, er war ein Rebell, auch Bad Boy, aber ein ... ? ?
"Weià Luke davon?", fragte sie. Wie? Sie war gänzlich verwirrt. Er konnte doch nicht ...?
Rory schüttelte langsam den Kopf. "Ich glaub nicht", sagte sie matt.
"Weià er, dass du weg bist?"
Erneut schüttelte sie den Kopf.
"Rory, du musst ihn benachrichtigen. Du musst ihm wenigstens sagen, dass du hier bist."
"Wieso? Es ist doch jetzt alles sowieso nicht mehr wichtig. Gar nichts zählt mehr. Es ist alles kaputt.", flüsterte sie leise. Lorelai strich ihr nur bekümmert übers Haar. Sie war so hilflos. Sie konnte nichts für Rory tun. Ihr den Schmerz nicht nehmen. Obwohl sie alles dafür getan hätte. Alles.
Von unten Drang das leise Weinen von Davey hervor und sie hörten Luke zu ihm gehen und beruhigend auf ihn einreden. Das Weinen verstummte. Schritte näherten sich ihnen und einen Moment später kam Luke herein, Davey auf dem Arm.
"Hey", sagte er, sah dann aber Rorys verweintes Gesicht. "Oh. Ich ... ich lass euch lieber allein. Ich muss sowieso ins Diner. Ich - ähm... ich nehm Davey mit, ok?" Er ging wieder und wenig später hörten sie die Tür zuschlagen.
Lorelai seufzte. "Was willst du jetzt tun?" Rory schüttelte den Kopf. Es war alles zuviel. Sie hatte das Gefühl, ihre ganze Welt war mit einem Mal zusammengebrochen. Alles war kaputt. In Scherben. Nicht reparierbar. Ihr Herz fühlte sich an wie zerissen. Sie musste etwas tun. Ihre Gedanken sortieren. Den Kopf klar kriegen. Den Schmerz verarbeiten. "Mum... ich muss spazieren gehen, ok?" Sie sah Lorelais Blick. "Alleine. Bitte. Ich muss das alles verarbeiten." Sie sprang mit einem Satz auf und ging aus der Tür. Traurig und hilflos sah Lorelai ihr hinterher.
Kapitel achtundachtzig
Es war von vorne rein klar gewesen, wohin ihre Beine sie tragen würden. Als sie sich auf dem alten Holz niederlieÃ, knarrte die Brücke, als drohe sie einzustürzen. Strich sich das Haar aus dem Gesicht und schloss die Augen. Der Wind fuhr ihr mit seinen kühlen Finger übers Gesicht, wehte durch ihre Haare und hinterlieà seinen kühlen Atem auf ihr. So saà sie da, und versuchte klar zu kommen, so gut wie es eben ging, wenn die eigene Welt gerade zerbrochen wurde.
Krank vor Sorge lief er durch Stars Hollow. Er konnte sich keinen Reim draus machen, wieso seine Freundin einfach so aubhaute. Das sah eher ihm ähnlich als ihr. Aber so ganz, ohne Zettel, einfach ihre Klamotten packen, das Auto nehmen und wegfahren? War war nur in sie gefahren? War ihr etwas passiert? War sie hier? Erschöpft von der Stundenlangen Busfahrt und der ganzen Grübelei und der verdammten Ungewissheit kam er am Steg an.
Erleichterung durchflutete ihn, überspülte seine Sorge und Verwirrtheit, als er sie dort sitzten saÃ. Mit groÃen Schritten eilte er auf den Steg zu. Klar war sie dort. Sie verbanden eine besondere Beziehung zu dieser Brücke.
"Hey", rief Jess schon von Weitem. "Rory! Bist du durchgeknallt? Wieso fährst du einfach weg? Keiner wusste, wo du bist! Wir waren alle krank vor Sorge, Lane, Dave, alle! Warum zur Hölle fährst du einfach weg ohne auch nur ein Scheià Wort zu sagen?" Atemlos kam er vor ihr zu Stehen und beugte sich vor. "Was zum Teufel ist los mit dir?"
Rory sprang auf. Nein, nicht er. Nicht Jess. Nicht jetzt. Nie wieder. Wie konnte sie das erst kürzlich Erfahrene verarbeiten, wenn Jess jetzt da war? Es ging nicht. Nicht mehr. Allein sein Anblick verletzte sie noch mehr.
Wirbelte alles wieder auf, was sie versuchte zu verarbeiten. Nein. Sie zwang sich, nicht in seine braunen Augen zu sehen, die sie so verwirrt ansahen. Klar, er wusste nicht, was sie über ihn wusste. Aber sie konnte es nicht erneut aussprechen. Nicht schon wieder. Sie holte Luft. Dies war der schwierigste Schritt in ihrem Leben. Doch sie musste es tun.
"Jess ... ich brauch eine Pause." Sie sah die Ãberraschung in seinem Gesicht, doch er hatte sie einfach zu sehr verletzt. "Ich kann das nicht mehr. Es tut mir leid, ... aber es geht einfach nicht mehr." Sie spürte wieder die Tränen in sich aufkommen und tat ihr bestes, sie zurückzuhalten. Nicht schon wieder.
"Was willst du damit sagen?", sagte er misstrauisch. Sie schüttelte den Kopf.
"Ich denke, du weiÃt genau was ich damit meine. Es ist vorbei." Mit diesen letzten, grauenhaften Worten drängte sie sich an ihm vorbei und lief vom Steg. Weg von ihrem Platz, weg von ihrer Liebe, weg von ihrer Beziehung. Weg von ihm.
Es war vorbei.