Stigmatized - Literati Kurzgeschichten
#4

Handlungszeit - Etwa 1 1/2 Jahre nach Ende der 5. Staffel
Spoiler - NEIN

The Years that Past

[SIZE=2]Geistesabwesend starrte sie in die große Kaffeetasse die vor ihr stand. Decaf, sie hasste das Zeug aber ihre Vernunft machte ihr unmissverständlich klar das es das Einzige war was sie sich und ihrem ungeborenen Kind zumuten konnte.
Immer wieder fuhr sie mit ihrer Hand über ihren angeschwollenen Bauch.
Vor einer Minute hatte sie noch glücklich vor sich hin gelächelt, doch mit einem mal hätte sie am liebsten losgeheult.
Alles was sie je gewollt hatte, vorbei! Einfach so.
Ok, nicht einfach so, gestand sie sich ein. Aber doch so plötzlich und unerwartet, dass es selbst sie, die sonst immer alles plante, Pro und Contra verglich, überrumpelt worden ist.
Noch vor anderthalb Jahren war alles so wie sie es wollte. Sie war Yale Studentin, keine schlechte, sie hatte einen Freund, von dem sie glaubte ihn zu lieben, sie hatte ihre Mutter, die immer für sie da war, sie hatte ein Zuhause das liebte und jetzt? Jetzt saß sie hier in einem kleinen, etwas heruntergekommenen New Yorker Coffee Shop und zerbrach sich den Kopf darüber wie es weiter gehen sollte.
Erst hatte sie Yale verlassen, ihre Träume waren nichts mehr wert, ihre Mutter hatte ihr den Rücken zugedreht, wenn auch in guter Absicht, sie hatte ihren Freund verlassen, weil sie nicht wusste wie sie ihm in die Augen sehen sollte, dem Yale Student mit großer Zukunft.
Aber immerhin waren da noch ihre Großeltern. Sie hatten alles getan um sie wieder aufzubauen, sie zu unterstützen, ihr eine neue Zukunft zu schenken. Aber das hatte alles nur noch Schlimmer gemacht. Sie hatte diese Aufopferungen nicht verdient, sie war es nicht wert.
Ein halbes Jahr ohne ihre Mutter, ohne Ziele, ohne ein Heim das sie als solches sah, hatte sie ihre Sachen gepackt und war verschwunden.
Nur eine kurze Nachricht hatte sie zurückgelassen. An ihre Großeltern und an ihre Mutter, die sie seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen hatte.
Und jetzt ein weiteres Jahr später saß sie hier, im sechsten Monat Schwanger und starrte in eine Kaffeetasse.
Sie lehnte sich nach vorne, stützte die logen auf den Tisch und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
Sie hatte hier in New York ein kleines Apartment gefunden, gerade so teuer das sie es sich mit ihrem Buchhändler Job finanzieren konnte und noch genug zum Leben hatte.
Sie arbeitete von Morgen um acht bis abends um sechs, dann ging sie nach Hause, ließ sich auf die alte durchgesessene Couch fallen, die sie den Vormietern abgekauft hatte und starrte die kahlen Wände an.
So ging es Tag für Tag, Woche für Woche. Bis auf diesen einen Abend. Sie war erst eine halbe Stunde Zuhause, als es an ihrer Tür klopfte. Genervt rappelte sie sich von dem Sofa auf und ging zur Tür, durch den Spion sah sie ihre Nachbarin, die ungeduldig von einem Bein auf das andere hüpfte.
Nicht schlüssig was sie zu erwarten hatte öffnete Rory die Tür.
“Oh, Rory. Gut das du da bist.” Die junge Frau schob sich an ihre vorbei in die Wohnung “Du hast doch Morgen deinen freien Tag, oder? Ich hab mir gedacht wir könnten ausgehen!” “Ash, ich hab wirklich...”, versuchte Rory die sechsundzwanzig Jährige abzuwimmeln, aber wurde sofort wieder unterbrochen. “Ach, komm schon!”, bettelte Ashley “ Du sitzt immer nur hier rum. Das kann nicht gut für dich sein, Süße!” Rory musste bei Ash’s ernstem Ton lächeln. Kurz herrschte Schweigen, aber als Rory allmählich begriff das Ash nicht aufgeben würde, nickte sie schließlich “Ok, gib mir zwanzig Minuten um mich umzuziehen!” “Honey, ich geb dir sogar ´ne Halbestunde!”
Fünfundzwanzig Minuten später stand Rory fertig in ihrem Wohnzimmer “Kann’s losgehen?” Ash schaute sie mit großen Augen an. Rory griff nach ihrer Handtasche und nickte.
Der Rest des Abend und die darauffolgende Nacht sind nur noch bruchstückhafte Erinnerungen. Eine kleine Bar nur ein paar Straßen von ihrer Wohnung entfernt. Zigarettenqualm, der Geruch von Alkohol und laute Musik, vor ihr auf einem Stich steht ein großer grüner Becher, RumCola, der wievielte weiß sie schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Sie war nicht daran gewöhnt zu trinken und wiedereinmal wurde ihr schmerzlich bewusst das dies hier nicht das Leben war, das für sie bestimmt zu seien schien. Ein Kerl kommt zu ihr. Gro?, mittelbraune Haare, stechende blaue Augen. Ihre Sinne sind vernebelt. Sie unterhalten sich. Irgendwann bemerkt Rory das Ashley nicht mehr bei ihr am Tisch sitzt... Und dann wacht sie am nächsten Morgen auf. Ihr Kopf brummt. Jede Bewegung ist wie ein Schlag mit dem Hammer. Sie öffnet langsam ihre Augen. Das Licht blendet sie und ihren Kopfschmerzen tut es auch nicht gerade gut.
Als sie sich daran gewöhnt schaut sie sich zögernd um. Nicht ihr Schlafzimmer, soviel stand fest.
Vorsichtig tastete sie mit der Hand neben sich. Haare, nackte Haut. Rory stöhnt leise auf. Mit einem Mal ist sie hell wach. Sie ignoriert das Schwindelgefühl das sie überkommt als sie sich rückartig aufsetzt. Sie spürt wie ihr Magen anfängt zu rebellieren, sie unterdrückt jeden Gedanken daran. Leise steigt sie aus dem Bett und fängt an ihre Sachen zusammen zu suchen.
Angezogen, aber immer noch verstört stolpert sie aus den Apartment Gebäude und läuft zur nächsten Straßen Ecke.
Sie war noch nie zuvor hier gewesen, die Straßennamen waren ihr unbekannt, aber als sie sich etwas weiter umsah, erkannte sie wo sie war - Brooklyn.
Ohne weiter Zeit zu verlieren ging sie schnellen Schrittes zur nächsten U-Bahn Station...
Einen Monat später, sprang sie Morgens aus dem Bett. Aufsteigende Übelkeit hatte sie geweckt, so schnell sie, mit halbgeschlossenen Augen konnte, rannte sie ins Bad, sie erreichte noch gerade so die Toilette. Wieder zwei Tage später tigerte sie unruhig in ihrem Wohnzimmer hin und her. Ein kleiner Kalender lag aufgeklappt auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa. Das konnte nichtsein, durfte nicht sein...
Vierundzwanzig Stunden später, wusste sie es mit Gewissheit. Sie war...
“Rory?” Unsaft wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Trotzdem rührte sie sich nicht, im Gegenteil sie erstarrte entgültig. “Rory?”, fragte die, ihr seit Jahren ins Gedächtnis gebrannte, Stimme erneut. Langsam richtete Rory sich auf, erstaunt wie wenig überrascht sie war ihn vor sich stehen zu sehen.
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“Hallo!” Rory versuchte zu lächeln, brachte aber nur ein schiefes grinsen Zustande. Ein ungemütliches Schweigen hüllte die beiden ein.
Rory starrte auf die Wand ihr gegenüber, auf den Kellner hinter dem Tresen, auf die Verstaubten Bilder an der Wand, nur nicht auf ihn. Zweieinhalb Jahre, schoss es ihr durch den Kopf, zweieinhalb Jahre.
Damals war sie... Das Wackeln des Tisches riss sie wieder aus ihren Gedanken. Er hatte sich gesetzt. Keine Chance auf entkommen, Gilmore!
Sie schaute ihn kurz an. Senkte ihren Blick aber wieder. Er sah noch genau so aus, na ja nicht GENAU so, er war älter, reifer - Erwachsen - aber die traurigen Augen, das verwuschelte Schwarze Haar...
“Ist alles in Ordnung mit dir?”, fragte er nach einiger Zeit in die Stille. “Hmn!” Mehr brachte sie nicht heraus. Sag was, Gilmore!
“Ich...”, setzten beide an und mussten unwillkürlich lächeln, diesmal schaffte Rory es. Ein ehrliches Lächeln. Wieder schaute sie ihn an. Er nickte ihr zu. “Ich...”, fing sie wieder an “... Ich... was machst du hier?” Er zuckte mit den Schultern. “Die Frage gebe ich zurück, Yalie!” Rory zuckte bei seinem letzten Wort zusammen. Wieder senkte sich eisernes Schweigen über sie. Mit zitternden Händen hob Rory ihre Kaffeetasse zu ihrem Mund und trank einen Schluck. Kalt! Seit wann saß sie hier?
Wieder wanderte ihr Blick im Raum umher, ein paar Tische weiter saß ein junges Pärchen, händchenhaltend, lachend. Rory wurde schlecht.
“Ich bin kein Yalie”, flüsterte sie, mehr zu sich selbst, als zu dem Jungen Mann ihr gegenüber. Trotzdem hörte er sie “Rory?” Er zog verwundert die Augenbrauen zusammen “Was...?” Sie schüttelte abweisend den Kopf.
Und wieder kam das Schweigen. Es fühlte sich an als würde jemand ihr die Luft abdrücken, sie in einem Vakuum zurücklassen. Ihr alle Kraft nehmen die sie noch besaß.
Was machte er hier? Warum ging er nicht einfach? Warum sprach er überhaupt noch mit ihr, nachdem was sie ihm angetan hatte?
Rory schloss die Augen und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Die Zeit verging, sie wusste nicht wie lange sie so da gesessen hatte, aber als sie die Augen wieder aufschlug und seinem Blick folgte, erkannte sie das er geradewegs auf ihren Sechsmonatsbauch starrte. “Es hat sich viel verändert!” Diesmal war sie es die ihn aus den Gedanken riss. “Wo ist der Vater?”, fragte er monoton, den Blick wieder auf ihr Gesicht richtend. Rory, zuckte mit den Schultern.
Und wieder das Vakuum, jetzt war sie sich sicher das es sie beide einschloss. Unruhig, nervös, nachdenklich, trommelte ihr Gegenüber mit den Fingern auf dem Tisch.
Sie hatte das Gefühl in einem großen Kinosaal zusitzen, alleine, und einen Film zuschauen. Alles war ein Film, ein Traum. Nichts was passierte war real, so Musstees sein. So und nicht anders. Sie würde aufwachen. Den Blick zur Decke gerichtet, dann würde sie langsam erkennen wo sie war. In ihrem Wohnheim, in Yale, mit flachem Bauch. Sie würde aufstehen, sich fertig machen, ihre Kurse besuchen und dann am Abend würde Logan sie abholen und sie würden Essen gehen, oder auf irgendeine Party, oder...
“Es tut mir Leid!” Sie brauchte etwas Zeit bis sie realisierte was er gesagt hatte.
Sie starrte ihn kurz unverwandt an. “Mir auch!”, gab sie nach kurzer Zeit kleinlaut zurück “Ich meine die Sache im Studentenwohnheim... Vielleicht...” Er winkte ab.
Sie spürte wie sich in ihrer Kehle ein Kloß bildete. ... Vielleicht wäre dann alles besser... Beendete sie den Satz für sich selbst.
Vielleicht...
Unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her. Oh Gott, konnte er nicht einfach aufstehen und wieder gehen? Oder aufstehen und sie einfach... Rory brach den Gedanken ab. Warum fühlte sie sich nur so verdammt einsam?
Das Schweigen nagte an ihren Nerven. Reden oder ausrasten, ging es ihr durch den Kopf. Sie atmete tief durch bevor sie wieder das Wort ergriff “Was hast du in den letzten Jahren so gemacht?” Sie versuchte zu klingen, als würde sie jeden Tag mit einem ihrer Exfreunde zusammen in einem New Yorker Kaffee sitzen und... Ja, und was eigentlich?
Er zuckte mit den Schultern, die Augen auf den Tisch gerichtet. “Schule, College...” Er schaute sie von unten herauf an “... gearbeitet.”
Warum musste er nur immer noch so Wortkarg sein? Aber er hat es geschafft, oder? Er... Er hatte ein Leben.
Rory hasste die Stille. Sie musste was tun, dieses erdrückende Gefühl loswerden. Mit einer hand griff sie ihre Handtasche die auf dem Tisch lag, öffnete sie und zog ihr Handy hinaus. Ein kurzer Blick auf die Uhr und sie atmete erleichtert aus. “Ich muss gehen!” Rory schob das Handy wieder in die Tasche, mit der anderen Hand winkte sie einen Kellner bei.
Sie bezahlte ihren kaltgewordenen Decaf, zog ihren Mantel an und stand auf. Nicht sicher wie sie sich verabschieden sollte.
“Soll ich dich begleiten?” Sie kam gar nicht dazu etwas zu sagen, bevor auch er aufstand und sie fragend anschaute.
Sie zuckte mit den Schultern, nicht sicher ob der Satz der ihr auf der Zunge lagen, wirklich das war was sie sagen wollte.
Die Arme fest um ihren Bauch geschlungen verließ sie gemeinsam mit ihm das Kaffee.
Wieder redete keiner von beiden, aber für Rory war es nun, da sie nicht mehr in einem kleinen, geschlossenen, von Menschen erfüllten Raum saßen leichter zu ertragen. Es machte sie nicht mehr wahnsinnig, nagte nicht mehr an ihren Nerven.
Es fühlte sich gut an, zu spüren das jemand neben ihr ging. Gelegentlich gegen ihn zustoßen, wenn sie sich zwischen einer Menschenreihe hindurchgingen.
Es dauerte nicht lange bis zu vor ihrem Apartmentgebäude standen.
Die Beiden schauten sich kurz an “Also...” Rory nickte: Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und setzte seinen Weg fort. Rory hatte den Schlüssel schon im Schloss als sie sich instinktiv noch mal zu ihm umdrehte “Jess!” Er blieb stehen, drehte sich um, schaute sie direkt an. “Würdest du... Willst du noch mit hoch kommen?”
Er bemerkte den panischen, ängstlichen, flehenden Ausdruck in ihren Augen.
Er fuhr sich mit der Hand durch seine zerzausten Haare, bevor er langsam auf sie zukam.
Rory wendete sich wieder zur Tür, sperrte auf und trat dicht gefolgt von Jess ein.

Er betrachtet sie lange. Prägte sich jeden ihrer Gesichtszüge ein, wie ihre Schulter langen Haare über ihr Gesicht fielen. Der friedliche Ausdruck auf ihrem Gesicht. Die Wölbung ihrer Brust, wie sie sich langsam hob und wieder senkte. Ihr Babybauch, der deutlich hervortrat. Immer wieder schoss ihm eine frage durch den Kopf - Warum war sie hier?
Er schüttelte die Gedanken ab und stand langsam auf. Vorsichtig, darauf bedacht sie nicht zu wecken ging er zum Sofa. Sachte schob er seine Arme unter ihren Körper und hob sie hoch. Sie murmelte leise und legte ihren Arm um seine Schulter, während er sie den Flur entlang in ihr Zimmer trug. So zaghaft wie er sie aufgehoben hatte, legte er sie auf das Bett, zog die Decke unter ihrem Körper weg und deckte sie zu. Leise ging er wieder zur Tür, er warf einen kurzen Blick zurück, bevor er das Zimmer verließ und die Tür hinter sich zuzog.

Rory öffnete die Augen. Ihr Zimmer! Die Erleichterung darüber war die gleiche wie jeden Morgen, seit sechs Monaten, obwohl sie wusste das es nichts ausmachen würde wenn es nicht der Fall wäre, schlimmer konnte es nicht mehr werden.
Rory hatte mühe sich aus ihrem Bett zu erheben. Die niedrigen, französischen Betten waren definitiv nicht für Schwangere gemacht worden, soviel stand fest.
Sie rollte sich vorsichtig auf die Seite, dann zog sie die Beine an, so das ihre Füße nur wenige Zentimeter über dem Boden schwebten, schließlich drückte sie sich mit Beiden Armen hoch, bis sie in sitzender Position wieder zur Ruhe kam und das war nur der leichte Teil. Rory seufzte. Sie war erst im sechsten Monat und kam kaum noch alleine aus dem Bett, was würde daraus erst in einem, in zwei, in drei Monaten werden?
Mit einer Hand griff Rory nach vorne, um sich an ihrem Nachttisch fest zuhalten. Mit der anderen drückte sie sich vom Bett ab. Einen kurzen Moment hatte sie angst das Gleichgewicht zu verlieren und wieder ins Bett zu fallen, aber mit etwas Konzentration schaffte sie es doch festen Stand zu bekommen.
Erst jetzt fiel ihr auf das sie immer noch die Kleider vom Vortag trug. War sie zu müde gewesen sie auszuziehen? Warum war sie überhaupt in ihrem Bett? Wieder entfuhr ein leiser Seufzer ihrer Kehle.
Jess, hatte sie ins Bett getragen... und weil er nicht... Damit hatte sie also auch die Erklärung für die Klamotten die sie trug.
Noch etwas schläfrig ging Rory zu ihrem Kleiderschrank, ohne groß zu überlegen zog sie eine ihrer bequemsten Hosen und ein weites T-Shirt aus einem der oberen Fächer. So schnell ihr Bauch es zuließ, zog sie sich um.
Und jetzt zuerst mal auf’s Klo! Ihre Blase drückte. Noch ein kleiner Nachteil einer Schwangerschaft, der wohl nur noch schlimmer werden konnte.
Nachdem sie sich im Bad einer kurzen Katzenwäsche unterzogen, ihre Haare gekämmt und zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, tapste sie in Richtung Wohnzimmer. Sie brauchte Kaffee, viel Kaffee, keinen Decaf! Ihre Vernunft hatte sich gerade verkrümelt.
In dem Moment in dem Sie die Wohnzimmer - Küchen - Kombi betrat, spürte sie wie das Vakuum zurück kam.
Er stand mit dem Rücken zu ihr und betrachtete das wacklige Bücherregal und sie Stand im Durchgang zum Flur, unfähig sich zu bewegen. Warum war er immer noch hier?
Sie merkte zu spät das er sich zu ihr umgedreht hatte und sie fragend beobachtete.
Sie spürte wie ihr die röte uns Gesicht stieg. “Morgen”, presste sie hervor, bevor sie sich aus ihrer Erstarrung löste und auf die kleine Küchenzeile zustolperte.
“Morgen”, erwiderte er nach kurzem zögern. Sie musste ihn nicht ansehen um zu wissen, das er sie mit seinem typischen schiefen Grinsen musterte, sie spürte es.
Nach dem sie sich etwas von dem ersten Schock erholt hatte drehte sie sich zu ihm um “Wo...?” Noch bevor sie fertig sprechen konnte deutete er mit einer Kopfbewegung zur Couch. Sie nickte. Sie drehte sich wieder zur Kaffeemaschine. Fertiger Kaffee! Rory atmete tief durch. Jess hatte sie schon laufen lassen. Sie musste nur noch eine Tasse aus dem Schrank holen.
Als sie sich Kaffe eingeschenkt hatte wendete sich wieder zu Jess, ohne zu wissen auf was das alles hinaus laufen würde.
“Rory”, fing Jess unsicher an “... willst du mir vielleicht erzählen was passiert...” Sie lächelte ihn träge an “Nicht viel.” Sie lachte bitter auf, als sie sah wie sein Blick unwillkürlich auf ihren Bauch fiel “Nichts, nur das ich es versaut hab!” Bei diesen Worten spürte sie wie der Kloß in ihrem Hals, dem sie am Vortag nicht viel Beachtung geschenkt hatte zurückkam und... Sie konnte ihn nicht halten.
Reflexartig legte sie sich an Hand auf den Mund, nicht gewillt den Schluchzer hinaus zu lassen. Sie spürte wie sie anfing zu zittern. Oh nein, nein, nein, nein, nicht vor Jess. Sie würde nicht vor Jess zusammen brechen... Die Kaffeetasse rutschte ihr aus der Hand und zerbrach mit einem knall auf dem Boden.
Das Zittern wurde stärker, Tränen fanden den Weg zu ihren Augen, die Schluchzer waren nicht mehr zu unterdrücken. Langsam ließ Rory sich zu der zerbrochenen Tasse auf den Boden sinken und fing an die Scherben aufzusammeln. Kaum fähig klar auszumachen, wo eine lag. Da ein düsterer Tränen Schleier ihren Blick vernebelte.
“Rory...” Sie spürte wie Jess sich neben sie kniete und tröstend seinen Arm um ihre Schultern legte. “Rory, hey... Beruhig dich!” Rorys Schluchzen wurde noch lauter als sie ihren Kopf gegen Jess Schulter lehnte. Er drückte sie mit dem einem Arm an sich, während er sie mit dem anderen stütze und ihr half aufzustehen.
Rory klammerte sich an ihm fest, während er sie zum Sofa führte. Vorsichtig drückte er sie nach unten und setzte sich neben sie, ohne sie auch nur für den Bruchteil einer Sekunde loszulassen. “Ich hab alles ruiniert!”, presste sie unter Tränen hervor. Tröstend strich er ihr durch die Haare “Rory...” “Nein!” Sie richtete sich auf und schaute ihm direkt in die Augen “Rede nicht mit mir, als würde ich lügen, alles nur falsch interpretieren!” Jess nahm seinen Arm von Rorys Schultern “Ok, dann erzähl mir was passiert ist!” Wieder lachte Rory sarkastisch auf “Und wo soll ich anfangen?” Er zuckte mit den Schultern. Rory schüttelte traurig ihren Kopf “Du würdest es eh nicht verstehen!” Jess schaute Rory vielsagend an “Vergiss nicht mit wem du hier redest!”
Rory lachte kurz, nicht sarkastisch, einfach nur ein kurzes leises lachen. Die Tränen waren schon wieder vergessen. Hormone!
Sie atmete tief durch “Ich hab Yale vor einderthalb Jahren verlassen. Meine Mum und ich... Wir haben uns deswegen gestritten. Wir haben seitdem nicht mehr miteinander geredet...”
Rory erzählte, sie erzählte alles. Es war gut endlich mal mit jemandem sprechen zu können der sie kannte, der die Menschen kannte von denen sie sprach. Jemandem der wusste wie viel diese Menschen ihr bedeutet haben, immer noch bedeuten.
Als sie fertig war, schwieg er. Es war nicht das unangenehme Vakuum - Schweigen. Es war ein angenehmes, verständnisvolles schweigen...
“Und sie weiß nicht das sie Großmutter wird?”
Rory schüttelte den Kopf. “Denkst du nicht sie sollte es wissen?” Rory zuckte mit den Schulter, unfähig eine Antwort zugeben.
Jess atmete tief ein, legte die Worte zurecht die ihm im Kopf herumgeisterten. “Du solltest zu ihr gehen. Mit ihr reden. Sie... um Unterstützung bitten.” Bei diesen Worten zuckte Rory zusammen. Unterstützung? Nie im Leben. Jess bemerkte wie Rory sich innerlich dagegen aufbäumte “Hast du dich in den letzten Wochen schon mal hier umgesehen?” Rory nickte resigniert. “Du hast nichts was ein Kind braucht, du arbeitest zehn Stunden, fünf Tage die Woche und du kannst davon gerade mal das bezahlen was du zum Leben brauchst. Wie willst du ein Baby finanzieren?” Jess seufzte “Rory, du bist stark. Du bist einer der stärksten Menschen die ich kenne. Ich weiß das du es irgendwie schaffen würdest, aber nicht ohne mehr zu leiden als du verkraften kannst. Willst du das? Willst du so ein Leben für dich und dein Baby?” Rory schaute in die andere Richtung, zu den Fenstern, durch die eine strahlende Wintersonne in die kleine Wohnung schien. Es würde bestimmt bald zum ersten Mal schneien.
Schließlich schüttelte sie den Kopf “Nein, das ist... Das ist nicht was ich will!” Sie richtete ihren Blick hilfesuchend auf Jess “Aber wie...” Jess lächelte aufmunternd. Ein echtes, aufrichtiges lächeln, eins von der Sorte die Rory bei ihm nur sehr selten gesehen hatte “Ich hab schon seit längerem darüber nach gedacht Luke mal wieder zu besuchen. Wir könnten zusammen zu deiner Mum gehen!” Rory lächelte erst unsicher. Jess sah das es sie einiges kostete den Mut aufzubringen, aber schließlich schien sie ihre Entscheidung getroffen zu haben.
Rory lehnte sich ein Stück vor “Danke”, flüsterte sie dicht neben seinem Ohr, bevor sie ihm einen Kuss auf die Wange hauchte. “Danke!”, sagte sie Nocheinmahl etwas lauter, während sie aufstand und sich auf den Weg in ihr Zimmer machte um ein paar Sachen zusammen zupacken.
Während sie ein paar Klamotten in eine große Reisetasche schmiss, lächelte sie glücklich vor sich hin. Ungläubig, das ausgerechnet... Sie lachte leise. Vielleicht war doch nicht alles so schlimm, vielleicht hatten die vergangenen Jahre auch etwas gutes, vielleicht hatten diese vergangenen Jahre sie an einen Punkt gebracht an dem sie glücklich werden konnte. Wirklich glücklich, nicht nur erfolgreich, sondern glücklich, mit dem Jungen den sie immer noch...

Ende

some people were concerned about whether the Winchesters survived
and everybody was concerned about whether the car survived [Eric Kripke]


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