Stigmatized - Literati Kurzgeschichten
#7

[SIZE=2]Handlungszeit - mehrere Jahre nach Staffel 6
Spoiler - Ja (Staffel 6)


Schnee im Juni[/SIZE]


Sie stand am Rand einer Klippe. Bereit zu springen. Bereit alles hinter sich zu lassen, was sie ihr Leben nannte.
Sterne zogen über sie hinweg. Der Mond enthüllte sein Gesicht, nur um kurz darauf wieder hinter einem Nebel aus grauem Dunst zu verschwinden.
Sie sah leichter ein weit entfernten Stadt in einer anderen Dimension. Sie hörte quietschende Reifen, aufgebrachtes Hupen.
Hörte Menschen reden.
Die Stadt rückte näher.
Die Lichter wurden heller. Die Stimmen lauter.
Sie sah die große Kreuzung, keinen Block von ihrem Apartmentkomplex entfernt.

Rory Gilmore schüttelte den Kopf, als wollte sie die Bilder vertreiben, die sich seit Tagen in ihr Hirn brannten.
Sie stand nicht am Rand einer Klippe. Sie war nicht bereit zuspringen.
Genau genommen hatte sie nie an Selbstmord gedacht und würde es wahrscheinlich nie tun.
Aber dieses Gefühl, dieses Gefühl, als würde ihr jemand den Boden unter den Füßen wegreißen.
Und sie fiel und fiel.
Und dann war sie wieder an dem Ort an dem ihre Gedanken sich ausgeklinkt, von der Welt um sie herum abschied genommen hatten.
Sie verstand nicht was mit ihr Los war, obwohl sie wusste was es war.
Sie hatte immer die Kontrolle gehabt, wenn auch nicht über andere, dann zumindest über sich selbst.
Doch jetzt, seit sie vor Monaten die Ankündigung in der New York Times gelesen hatte, seit sie vor ein paar Wochen die Einladung in ihrem Briefkasten gefunden hatte, veränderte sich alles.

Vor Sieben Jahren hatten sie sich wieder gesehen. Hatten sich schweigend verziehen und ihr Leben weiter gelebt.
Nicht zusammen, aber doch gemeinsam.
Hin und wieder hatten sie sich getroffen. Hatten geredet. Hatten sich einander anvertraut.
Sie hatte gespürt wie langsam Gefühle in ihr wuchsen, von denen sie eigentlich gedacht hatte, sie für diese eine Person nie wieder empfinden zu können.
Trotzdem waren sie Aufeinmahl wieder da.
Sie hatte den ersten Schritt getan und er war zurück gewichen.
Sie hatte es akzeptiert.
Es schien einfach keinen richtigen Zeitpunkt zugeben. Es hatte für sie Beide nie einen gegeben.
Sie blieben Freunde und nach und nach vergaß Rory was sie fühlte. Verdrängte es.
Eines Tages stand er dann vor ihr, erzählte ihr, er sei wieder in New York, er habe eine Freundin die hier lebe und ob er nun hier oder in Philly arbeite, mache keinen Unterschied.
Und sie hatte es akzeptiert. Hatte sogar eingewilligt seine Freundin kennen zulernen, bei einem Abendessen.
Sie könne jemanden mitbringen, hatte er gesagt.
Aber wen hätte Rory mitbringen können, wenn alles was sie wollte er war?
Also war sie alleine gegangen.
Das Mädchen, mit den schwarzen Haaren und stechenden braunen Augen war nett.
Rory musste sich eingestehen, dass sie sie mochte.
Sie verstand was von Büchern, Musik und Filmen. Sie arbeitete für einen kleinen Verlag, der nicht weit entfernt von der Zeitung bei der Rory arbeitete seinen Hauptsitz hatte.
Irgenwann, nach dem Wochen seit dem Abendessen vergangen waren, stand sie Aufeinmahl in Rorys Büro, lud sie zu einem Kaffee ein.
Und wieder erinnerte Rory sich daran dass sie sie eigentlich hassen musste.
Diese Frau hatte was Rory wollte.
Sie wurden keine Freundinnen, aber gute Bekannte. Rory gewöhnte sich an den Gedanken, das er auch ohne sie glücklich seien konnte und sie akzeptierte Rory als seine Ex, als seine Vertraute. Das dritte Rad am Wagen.

Dann kam der Tag. Rory saß in ihrem Stammcafe. Mehrere Zeitung vor ihr gestapelt. Einen dampfenden Becher Kaffee vor ihr.
Sie schlug die erste Zeitung auf und begann zu lesen.
Blätterte die Seiten um und las blätterte wieder um und wieder und wieder.
Bis... Ihre Augen wanderten unkontrolliert über die Seite.
Versuchten die Informationen an ihr Gehirn weiter zu geben. Aber die Schranken waren dicht.

An diesem Tag hatte alles angefangen.
Er hatte es ihr nicht gesagt. Sie hatte es aus der Zeitung erfahren.
Sie traf ihn wenige Tage und schlaflose Nächte später. Sie gratulierte ihm so wie es sich gehörte. Er versuchte ihr zu erklären, das er es ihr hatte sagen wollen. Er sich aber mit seiner Verlobten geeinigt hatte alle mit der Annonce zu überraschen.
Sie sagte, es sei kein Problem, sie verstünde.
Aber sie verstand es nicht. Sie war verletzt, enttäuscht, von dem Menschen der in den letzten Jahren so wichtig für sie geworden war.

Rory starrte in die laue Juni Nacht.
Kämpfte um die Kontrolle wieder zu erlangen.
Sie hatte zugesagt, ihm versprochen da zu sein, wenn er einer anderen Frau das Ja - Wort gibt.
Aber sie zweifelte daran das sie hin gehen würde.
Sie konnte nicht. Konnte es nicht mit ansehen.

Es war spät, aber sie wusste das er noch wach war. Er war nicht der Mensch der früh zu Bett ging.
Sie drückte die Tasten, ohne zu überlegen. Sie kannte diese Nummer, kannte sie besser als ihre eigene.
Sie presste das Handy fest an ihr Ohr. Hörte das Piepsen in der Leitung, hörte das statische Rauschen, bevor es schließlich anfing zu klingeln.
Es klingelte, dann ein Knacken und endlich seine Stimme.
“Hi!” Ihre Stimme war nicht mehr als ein leises Flüstern, als sie auf sein raues Hallo antwortete.
Sie atmete tief ein als er sie fragte, ob alles in Ordnung sei. Sie Antwortete Ja, obwohl sich alles in ihr verkrampfte.
Sie erklärte ihm, sie könne nicht zu seiner Hochzeit kommen, ein wichtiger Termin dazwischen gekommen. Sie hörte die Enttäuschung in seiner Stimme.
Ein kurzes Gute Nacht und Alles Gute und das Gespräch war beendet.

Sie stand am Rand einer Klippe. Bereit zu springen. Bereit alles hinter sich zu lassen, was sie ihr Leben nannte.
Sterne zogen über sie hinweg. Der Mond enthüllte sein Gesicht, nur um kurz darauf wieder hinter einem Nebel aus grauem Dunst zu verschwinden.
Und alles was sie wusste war, dass der Tag kommen würde an dem sie ihn bekam.
Es würde ein Junitag sein, so wie der Tag an dem er geheiratet hatte. Der erste Junitag an dem Schnee fiel und die Welt in vergessendes weiß hüllte. Vergangenheit, Vergangenheit sein ließ und die Zukunft so ungewiss war, dass man sich fragte ob sie überhaupt existierte.

Ende

some people were concerned about whether the Winchesters survived
and everybody was concerned about whether the car survived [Eric Kripke]


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