06.06.2006, 14:55
Hallo ihr Lieben :knuddel:
Ich hab endlich einen neuen Teil für euch.
Er ist weder lang noch unbedingt ereignisreich, ich hoffe, er gefällt euch trotzdem.
Da ihr die Personen hier ja noch nicht (gut), im Gegensatz zu FFs, kennt, muss ich zwischendurch Einleitungs- bzw. Ãbergangsteile einbringen. Aber die nächsten Teile werden nicht nur deutlich länger werden, die mehr oder weniger beginnenden Handlungsstränge werden auch sichtbarer werden. AuÃerdem werdet ihr noch einige der weiteren Personen kennen lernen.
Ich würd mich sehr über Feedbacks freuen, denn nur so kann ich mich und die Geschichte verbessern.
Bussi Selene
2. Teil
Der Friedhof befand sich am anderen Ende des Viertels, hinter einer groÃen Kirche, welche einst prächtig erschienen hatte. Doch auch sie war gealtert und gekennzeichnet von den Ereignissen der letzten Jahrzehnte. Ana erinnerte sich noch an jenen Tag, als sie mit ihrem Vater zum ersten Mal das groÃe Gebäude betreten hatte. Sie hatte voller Ehrfurcht seine Hand gedrückt. âPapá, das ist unglaublich.â Hatte das Mädchen gesagt und ihren über alles geliebten Vater angesehen. Seine tränenden Augen waren starr auf die Marienstatue gerichtet gewesen. Ana hatte gelächelt, denn sie hatte die tatsächlichen Gründe für diese plötzliche Emotion des sonst sehr beherrschten Mannes noch nicht verstanden.
Ana schloss die Augen und berührte eine weitere Kugel ihres hölzernen Rosenkranzes. Das Beten half ihr nicht zu verstehen, denn es gab nichts zu verstehen. Es half ihr auch nicht zu vergessen. Denn vergessen durfte und konnte sie nicht. Es machte ihren Schmerz kleiner, jedoch nur für jene halbe Stunde, welche sie hier wöchentlich verbrachte. Hier, am Grab Rosas, ihrer Tochter. In Gedenken an Rosa Marquez, geborene Vasquez, geliebte Tochter, Mutter und Freundin. Möge sie in Frieden ruhen. Mit dem Tod Rosas, im April 1990, war auch ein Teil Anas gestorben. Die ältere Frau atmete tief durch und blickte zu Lillian, welche die Hände in ihrer Jeansjacke vergraben und den Blick starr geradeaus gerichtet hatte. Ana runzelte die Stirn. Lillian konnte sehr aufbrausend und vorlaut sein. Doch sobald es um Dinge ging, welche ihr Herz zu tief berühren konnten, verschloss sie sich. Es schien Ana, als hätte Lillian Angst vor jeder Art tieferen Gefühlen. Zweimal hatte sie versucht mit ihrer Enkeltochter über ihre Gedanken zu reden, doch jene hatte nur abgeblockt. Rosa hatte, ganz im Gegensatz zu ihrer Tochter, das Herz viel zu oft auf der Zunge getragen. Sie war klug und selbstbewusst gewesen, doch ihre Gefühle hatten sich oftmals zu sehr von ihrer romantischen Ader beeinflussen lassen.
âLass uns gehen.â Ana griff nach Lillians Hand.
Ihre Enkeltochter nickte leicht und folgte ihr langsam. Die ältere Dame pflegte den gesamten Friedhof zu überqueren und ihn schlieÃlich auf dem anderen Ende zu verlassen. Während des Weges dachte sie meist an ihren Vater und ihre geliebte GroÃmutter.
Lillian beobachtete Ana gerne während ihres Friedhofbesuches. Jener war im Leben schon sehr viel Schlimmes widerfahren, dennoch war sie nie von ihrem tiefen Glauben gewichen.
Ganz im Gegensatz zu Lillian, welche schon lange nicht mehr an jenen angeblichen Gott, der ihr doch ihre Eltern genommen hatte, glauben konnte. Es war unwichtig woran man glaubte, solange dieser Glaube einen glücklich mache und man damit niemandem schade. Dies pflegten sowohl Ana, als auch Rosa und Jorge zu sagen. Menschen mussten sich die Welt erklären, um darin leben zu können. Das dachte Lillian. Sie interessierte sich für keine der Glaubensrichtungen, einer der wenigen Fakten, welchen ihre GroÃmutter zu akzeptieren begonnen hatte.
Sie gingen die menschenleere StraÃe im gewohnten Tempo voran, als plötzlich ein Auto vor einem der grauen Wohnblöcke hielt. Ana lächelte kurz und näherte sich den älteren Frauen, welche gerade ausgestiegen waren. Sie hatte bis vor wenigen Jahren an ihren regelmäÃigen Canastaabenden teilgenommen. âGuten Abend.â GrüÃte sie lächelnd.
Auch Lillian begrüÃte die Frauen.
âAna, wie geht es dir?â Sie schienen das Mädchen zuerst gar nicht wahrzunehmen.
âGut, gut. Stellt euch vor, meine Kleine macht bald ihren Abschluss und wird studieren.â Erzählte Ana.
Eine der Frauen, Margarita, schenkte Lillian ein flüchtiges Lächeln. âWie schön.â Meinte sie desinteressiert. âMöchtest du nicht wieder mit uns Karten spielen, Ana? Wir vermissen dich.â
Ana lächelte. âDas würde ich gerne. Nächste Woche?â
âPunkt vier Uhr.â Margarita wollte sich schon abwenden, als sich ihre Miene plötzlich veränderte. Lächelnd wandte sie sich an Lillian. âCarla redet so oft von dir. Sie bedauert es, dass ihr nicht mehr dieselbe Schule besucht.â
Lillian biss sich auf die Unterlippe. Margaritas GroÃnichte Carla und sie hatten nicht einmal in der Grundschule ein gutes Verhältnis gehabt. Aus irgendeinem Grund, welchen Lillian bis heute nicht verstand, hatte das Mädchen sie stets gehasst und beschimpft.
âAuch Lillian bedauert das.â Meinte Ana und zog ihre Enkeltochter weiter.
âWarum hast du das gesagt?â Fragte Lillian aufgebracht, als sie fünfzehn Minuten später ihre Wohnung betraten.
âWas hätte ich denn sagen sollen? Dass du dieser kleinen Göre am liebsten die Augen auskratzen würdest?â
âWas redest du da, GroÃmutter? Dumme Mädchen wie Carla sind mir egal. Ich mag es nur nicht, wenn du meinetwegen lügst!â
Ana musterte ihre Enkeltochter seufzend. âDu solltest wirklich nichts darauf geben, was diese dummen Mädchen reden.â
Lillian zuckte mit den Schultern und griff nach einem ihrer Schuldbücher. Seufzend lieà sie sich auf das kleine Sofa sinken. Ihre GroÃmutter warf ihr noch einen letzten, sehr besorgten Blick zu, bevor sie in ihrem Zimmer verschwand.
Lillian sah hoch und schlug das Buch seufzend zu. Sie lieà ihre Augen langsam durch das Zimmer wandern. Werde ich jemals aus diesem Loch herauskommen? Ihre Eltern hatten den Aufstieg geschafft, doch sie würde nicht die nötige Kraft dazu besitzen. Sie dachte erneut an ihre starke Mutter, welche soviel geschafft hatte. Es machte sie wütend, dass dieser wunderbaren Frau nachgesagt wurde, ihren Mann mit irgendeinem weiÃen Yuppie betrogen und dann auch noch ein kleines Mädchen von diesem bekommen zu haben. Rosa hätte ihren geliebten Jorge niemals betrogen und ihm schon gar kein Kind untergeschoben. Doch die Leute liebten es zu reden. Und am leichtesten lieà es sich über die Tochter einer vom Freund sitzen gelassenen Frau reden, welche als eine der wenigen ihres Geschlechts den sozialen Aufstieg geschafft hatte. Natürlich richtete sich das Gerede gegenwärtig vor allem gegen Lillian, welche laut der klatschenden Frauen natürlich nur aufgrund ihres wohlhabenden Vaters aus Manhattan eines Tages ein College besuchen würde. Lillian war von sehr vielen Menschen des Viertels niemals akzeptiert worden. Man hatte ihr unmissverständlich das Gefühl gegeben, dass sie hier nicht hergehöre. Lillian hatte nur zwei Freundinnen, welchen sie sich jedoch genauso wenig öffnete wie allen anderen Menschen. Dann war da noch Arturo, welcher, wie ihre GroÃmutter, im Grunde immer zu ihr hielt. In welcher Beziehung Lillian wirklich zu ihm stand, wusste sie jedoch nicht. Sie hatten niemals darüber gesprochen, was sie als Erleichterung empfand.
Ihre GroÃmutter warf ihr immer vor, dass sie mit ihrem Verhalten niemals einen Mann finden würde, der sie heiratete. Auch dies war Lillian nur Recht.
Sie zog ein altes Foto aus ihrer Tasche. Es zeigte ihre Eltern und sie selbst an einem Strand Kubas, dem Herkunftsland Anas. Lillian schloss die Augen. Eine einzelne Träne rann über ihre Wangen. Es war kein Tag vergangen, an dem sie nicht an den Tod ihrer geliebten Eltern gedacht hatte. Und jedes Mal schien es ihr, als würde ihr Herz erneut in tausende kleine Stücke zerspringen und sie von einem Abgrund verschluckt werden.
Anas Augen tränten, als sie ihre Enkeltochter, welche sie noch nicht wahrgenommen hatte, beobachtete. Sie wischte sich die Tränen von den Wangen. Lillian wirkte in diesem Moment so zerbrechlich. Ana fragte sich, wie es ihr jemals möglich sein sollte, dem Mädchen von dem Geheimnis Rosas zu erzählen. Ihre Enkeltochter hatte das Recht davon zu erfahren und sie selbst zerbrach zunehmend an der Lüge. Doch könnte es Lillian, welche ihre Eltern abgöttisch liebte und zudem auch noch hoch idealisierte, verkraften? Es war nun Anas Angelegenheit. Denn Rosa war nicht mehr unter ihnen, um ihrer geliebten Tochter von dem Tag zu erzählen, an welchem sie schmerzhaft erfahren musste, dass sie körperlich nicht dazu in der Lage war, jemals eigene Kinder zu bekommen.
Ich hab endlich einen neuen Teil für euch.
Er ist weder lang noch unbedingt ereignisreich, ich hoffe, er gefällt euch trotzdem.
Da ihr die Personen hier ja noch nicht (gut), im Gegensatz zu FFs, kennt, muss ich zwischendurch Einleitungs- bzw. Ãbergangsteile einbringen. Aber die nächsten Teile werden nicht nur deutlich länger werden, die mehr oder weniger beginnenden Handlungsstränge werden auch sichtbarer werden. AuÃerdem werdet ihr noch einige der weiteren Personen kennen lernen.
Ich würd mich sehr über Feedbacks freuen, denn nur so kann ich mich und die Geschichte verbessern.
Bussi Selene
2. Teil
Der Friedhof befand sich am anderen Ende des Viertels, hinter einer groÃen Kirche, welche einst prächtig erschienen hatte. Doch auch sie war gealtert und gekennzeichnet von den Ereignissen der letzten Jahrzehnte. Ana erinnerte sich noch an jenen Tag, als sie mit ihrem Vater zum ersten Mal das groÃe Gebäude betreten hatte. Sie hatte voller Ehrfurcht seine Hand gedrückt. âPapá, das ist unglaublich.â Hatte das Mädchen gesagt und ihren über alles geliebten Vater angesehen. Seine tränenden Augen waren starr auf die Marienstatue gerichtet gewesen. Ana hatte gelächelt, denn sie hatte die tatsächlichen Gründe für diese plötzliche Emotion des sonst sehr beherrschten Mannes noch nicht verstanden.
Ana schloss die Augen und berührte eine weitere Kugel ihres hölzernen Rosenkranzes. Das Beten half ihr nicht zu verstehen, denn es gab nichts zu verstehen. Es half ihr auch nicht zu vergessen. Denn vergessen durfte und konnte sie nicht. Es machte ihren Schmerz kleiner, jedoch nur für jene halbe Stunde, welche sie hier wöchentlich verbrachte. Hier, am Grab Rosas, ihrer Tochter. In Gedenken an Rosa Marquez, geborene Vasquez, geliebte Tochter, Mutter und Freundin. Möge sie in Frieden ruhen. Mit dem Tod Rosas, im April 1990, war auch ein Teil Anas gestorben. Die ältere Frau atmete tief durch und blickte zu Lillian, welche die Hände in ihrer Jeansjacke vergraben und den Blick starr geradeaus gerichtet hatte. Ana runzelte die Stirn. Lillian konnte sehr aufbrausend und vorlaut sein. Doch sobald es um Dinge ging, welche ihr Herz zu tief berühren konnten, verschloss sie sich. Es schien Ana, als hätte Lillian Angst vor jeder Art tieferen Gefühlen. Zweimal hatte sie versucht mit ihrer Enkeltochter über ihre Gedanken zu reden, doch jene hatte nur abgeblockt. Rosa hatte, ganz im Gegensatz zu ihrer Tochter, das Herz viel zu oft auf der Zunge getragen. Sie war klug und selbstbewusst gewesen, doch ihre Gefühle hatten sich oftmals zu sehr von ihrer romantischen Ader beeinflussen lassen.
âLass uns gehen.â Ana griff nach Lillians Hand.
Ihre Enkeltochter nickte leicht und folgte ihr langsam. Die ältere Dame pflegte den gesamten Friedhof zu überqueren und ihn schlieÃlich auf dem anderen Ende zu verlassen. Während des Weges dachte sie meist an ihren Vater und ihre geliebte GroÃmutter.
Lillian beobachtete Ana gerne während ihres Friedhofbesuches. Jener war im Leben schon sehr viel Schlimmes widerfahren, dennoch war sie nie von ihrem tiefen Glauben gewichen.
Ganz im Gegensatz zu Lillian, welche schon lange nicht mehr an jenen angeblichen Gott, der ihr doch ihre Eltern genommen hatte, glauben konnte. Es war unwichtig woran man glaubte, solange dieser Glaube einen glücklich mache und man damit niemandem schade. Dies pflegten sowohl Ana, als auch Rosa und Jorge zu sagen. Menschen mussten sich die Welt erklären, um darin leben zu können. Das dachte Lillian. Sie interessierte sich für keine der Glaubensrichtungen, einer der wenigen Fakten, welchen ihre GroÃmutter zu akzeptieren begonnen hatte.
Sie gingen die menschenleere StraÃe im gewohnten Tempo voran, als plötzlich ein Auto vor einem der grauen Wohnblöcke hielt. Ana lächelte kurz und näherte sich den älteren Frauen, welche gerade ausgestiegen waren. Sie hatte bis vor wenigen Jahren an ihren regelmäÃigen Canastaabenden teilgenommen. âGuten Abend.â GrüÃte sie lächelnd.
Auch Lillian begrüÃte die Frauen.
âAna, wie geht es dir?â Sie schienen das Mädchen zuerst gar nicht wahrzunehmen.
âGut, gut. Stellt euch vor, meine Kleine macht bald ihren Abschluss und wird studieren.â Erzählte Ana.
Eine der Frauen, Margarita, schenkte Lillian ein flüchtiges Lächeln. âWie schön.â Meinte sie desinteressiert. âMöchtest du nicht wieder mit uns Karten spielen, Ana? Wir vermissen dich.â
Ana lächelte. âDas würde ich gerne. Nächste Woche?â
âPunkt vier Uhr.â Margarita wollte sich schon abwenden, als sich ihre Miene plötzlich veränderte. Lächelnd wandte sie sich an Lillian. âCarla redet so oft von dir. Sie bedauert es, dass ihr nicht mehr dieselbe Schule besucht.â
Lillian biss sich auf die Unterlippe. Margaritas GroÃnichte Carla und sie hatten nicht einmal in der Grundschule ein gutes Verhältnis gehabt. Aus irgendeinem Grund, welchen Lillian bis heute nicht verstand, hatte das Mädchen sie stets gehasst und beschimpft.
âAuch Lillian bedauert das.â Meinte Ana und zog ihre Enkeltochter weiter.
âWarum hast du das gesagt?â Fragte Lillian aufgebracht, als sie fünfzehn Minuten später ihre Wohnung betraten.
âWas hätte ich denn sagen sollen? Dass du dieser kleinen Göre am liebsten die Augen auskratzen würdest?â
âWas redest du da, GroÃmutter? Dumme Mädchen wie Carla sind mir egal. Ich mag es nur nicht, wenn du meinetwegen lügst!â
Ana musterte ihre Enkeltochter seufzend. âDu solltest wirklich nichts darauf geben, was diese dummen Mädchen reden.â
Lillian zuckte mit den Schultern und griff nach einem ihrer Schuldbücher. Seufzend lieà sie sich auf das kleine Sofa sinken. Ihre GroÃmutter warf ihr noch einen letzten, sehr besorgten Blick zu, bevor sie in ihrem Zimmer verschwand.
Lillian sah hoch und schlug das Buch seufzend zu. Sie lieà ihre Augen langsam durch das Zimmer wandern. Werde ich jemals aus diesem Loch herauskommen? Ihre Eltern hatten den Aufstieg geschafft, doch sie würde nicht die nötige Kraft dazu besitzen. Sie dachte erneut an ihre starke Mutter, welche soviel geschafft hatte. Es machte sie wütend, dass dieser wunderbaren Frau nachgesagt wurde, ihren Mann mit irgendeinem weiÃen Yuppie betrogen und dann auch noch ein kleines Mädchen von diesem bekommen zu haben. Rosa hätte ihren geliebten Jorge niemals betrogen und ihm schon gar kein Kind untergeschoben. Doch die Leute liebten es zu reden. Und am leichtesten lieà es sich über die Tochter einer vom Freund sitzen gelassenen Frau reden, welche als eine der wenigen ihres Geschlechts den sozialen Aufstieg geschafft hatte. Natürlich richtete sich das Gerede gegenwärtig vor allem gegen Lillian, welche laut der klatschenden Frauen natürlich nur aufgrund ihres wohlhabenden Vaters aus Manhattan eines Tages ein College besuchen würde. Lillian war von sehr vielen Menschen des Viertels niemals akzeptiert worden. Man hatte ihr unmissverständlich das Gefühl gegeben, dass sie hier nicht hergehöre. Lillian hatte nur zwei Freundinnen, welchen sie sich jedoch genauso wenig öffnete wie allen anderen Menschen. Dann war da noch Arturo, welcher, wie ihre GroÃmutter, im Grunde immer zu ihr hielt. In welcher Beziehung Lillian wirklich zu ihm stand, wusste sie jedoch nicht. Sie hatten niemals darüber gesprochen, was sie als Erleichterung empfand.
Ihre GroÃmutter warf ihr immer vor, dass sie mit ihrem Verhalten niemals einen Mann finden würde, der sie heiratete. Auch dies war Lillian nur Recht.
Sie zog ein altes Foto aus ihrer Tasche. Es zeigte ihre Eltern und sie selbst an einem Strand Kubas, dem Herkunftsland Anas. Lillian schloss die Augen. Eine einzelne Träne rann über ihre Wangen. Es war kein Tag vergangen, an dem sie nicht an den Tod ihrer geliebten Eltern gedacht hatte. Und jedes Mal schien es ihr, als würde ihr Herz erneut in tausende kleine Stücke zerspringen und sie von einem Abgrund verschluckt werden.
Anas Augen tränten, als sie ihre Enkeltochter, welche sie noch nicht wahrgenommen hatte, beobachtete. Sie wischte sich die Tränen von den Wangen. Lillian wirkte in diesem Moment so zerbrechlich. Ana fragte sich, wie es ihr jemals möglich sein sollte, dem Mädchen von dem Geheimnis Rosas zu erzählen. Ihre Enkeltochter hatte das Recht davon zu erfahren und sie selbst zerbrach zunehmend an der Lüge. Doch könnte es Lillian, welche ihre Eltern abgöttisch liebte und zudem auch noch hoch idealisierte, verkraften? Es war nun Anas Angelegenheit. Denn Rosa war nicht mehr unter ihnen, um ihrer geliebten Tochter von dem Tag zu erzählen, an welchem sie schmerzhaft erfahren musste, dass sie körperlich nicht dazu in der Lage war, jemals eigene Kinder zu bekommen.