04.07.2006, 01:11
Hallo!
MinowaySunshine, danke für deine liebe Unterstützung :knuddel:
@alle: So, habs wirklich geschafft die neuen Teile fertig zu schreiben und poste sie natürlich gleich.
Ich hoffe, sie gefallen euch. Freu mich über jedes Feedback, sowohl Lob als auch konstruktive Kritik - schlieÃlich kann ich die Geschichte nur dadurch verbessern.
Ich melde mich, sobald ich wieder da bin.
Bis bald,
Bussi Selene
3. Teil
Rosa
Spanish Harlem, 1975
Die sanften Klänge eines alten kubanischen Liedes drangen durch die beiden Räume des Cafes. Rosa strich sich lächelnd eine dunkle Haarsträhne hinter ihr Ohr und summte mit, während sie mit dem Tablett zur Theke ging. „Zwei Bier noch!“ Rief sie fröhlich und stellte das Tablett ab.
Der Cafebesitzer, welcher von allen nur Al genannt wurde, schüttelte grinsend den Kopf und stellte zwei groÃe Gläser Bier auf das Speisetablett. „Und jetzt gehe.“
„Wie bitte?“ Sie runzelte die Stirn.
„Señorita Vasquez…“ Er blickte sie streng an. „Ich habe dir vor einer Stunde gesagt, dass du nachhause gehen kannst.“
Sie lachte. „Diese beiden Gäste möchte ich noch bedienen.“
Er entzog ihr das Tablett. „Das mache ich. Einen schönen Abend noch.“
Sie gab schlieÃlich nach. „Danke, dir auch. Bis morgen.“
Al blickte ihr Kopf schüttelnd nach. Er hatte in den sechzig Jahren seines Lebens noch nie so eine ehrgeizige junge Frau gesehen.
Rosa nahm ihre Weste vom Garderobenständer, wünschte noch einmal allen einen schönen Abend und verlieà das Cafe. Vor der Tür schlüpfte sie in ihre rote Strickweste und zog ein weiÃes Haarband aus deren Tasche, mit welchem sie ihr Haar zusammenband. Lächelnd ging sie die lange StraÃe hinunter und beobachtete zwei kleine Jungs, welche Ball spielten. Sie liebte Kinder über alles und freute sich schon auf die Zeit, wenn auch sie glückliche Mutter sein würde. Ihre eigene Mutter, Ana, war der Meinung, dass sie sich noch Zeit lassen sollte. SchlieÃlich war sie erst achtzehn und hatte gerade erst ihren ersten richtigen Freund kennen gelernt. Ana traute den Männern nicht. Ihre erste und einzige Liebe hatte sie kurz nach Rosas Geburt verlassen und sich nie wieder gemeldet. Sie hatte Angst, ihrer Tochter könnte ähnliches passieren. Rosa war vernünftig und klug, aber auch sehr romantisch. Letzteres bereitete Ana groÃe Sorgen.
Rosa schüttelte bei dem Gedanken an ihre Mutter den Kopf. Ana sorgte sich immer zu viel. Aber trotz ihrer vielen Macken liebte Rosa ihre Mutter abgöttisch. Sie war ohne Vater aufgewachsen, doch bei Ana hatte ihr nie etwas gefehlt. Rosa zählte sich selbst sogar zu den wenigen, die Glück hatten. SchlieÃlich hatte sie Ana, Jorge und einen sicheren Job, der ihr auch noch sehr groÃe Freude bereitete. Sie war gesund und ihres Lebens froh. Eigentlich gab es nur noch zwei Dinge, welche ihr Glück perfekt machen konnten. Sie seufzte lächelnd und strich zärtlich über den Ring. Ana wusste es noch nicht. Sie würde es ihr am kommenden Sonntag nach dem Kirchbesuch sagen. Ihre Mutter war an Sonntagen immer besonders gut gelaunt und noch dazu besonders gutmütig. Ana glaubte, dass die heilige Jungfrau sie an diesem Tage genauer beobachten würde als sonst. Für Rosa hatte dies schon immer sehr unlogisch geklungen und sie hatte sich schon oft gefragt, wie ihre Mutter auf diesen Gedanken gekommen war. Irgendwann hatte sie aber begonnen, heiklere Themen nur noch sonntags anzusprechen.
4. Teil
Sarah
Nähe Helsinki, 1977
„Vorsicht!“ Sarah lief den schmalen Holzsteg entlang und lieà sich mit einem Freudenschrei ins Wasser fallen.
„Du bist vollkommen verrückt geworden!“ Ihre beiden Freundinnen musterten sie Kopfschüttelnd und wischten sich die Wassertropfen aus dem Gesicht.
„Entschuldigt.“ Sarah kletterte lachend aus dem kühlen Meer und setzte sich auf den Steg. „Aber mir war so heiÃ.“
„Und deshalb musstest du uns nass spritzen?“
„Ich habe mich entschuldigt.“
„Was, wenn dich jemand so gesehen hat?“ Lena musterte ihre Freundin Stirn runzelnd.
Sarah zog sich lachend das Kleid über die nasse Unterwäsche. „Und wenn schon. AuÃerdem ist hier weit und breit niemand zu sehen.“
Svenja schüttelte den Kopf. „Lenas Tante hat uns bestimmt nicht hier her mitgenommen, damit wir uns so unzüchtig benehmen.“
Sarahs Augen weiteten sich belustigt. „Unzüchtig?“ Sie lachte. „Wir haben 1977.“
„Meine Tante ist aber trotzdem sechzig Jahre alt! Und du übrigens erst vierzehn.“ Gab Lena zurück.
„Beruhigt euch. Sie ist in der Stadt um Einkäufe zu erledigen und wird uns nicht vor fünf Uhr abholen.“ Sarah erhob sich.
„Wohin willst du nun schon wieder?“ Fragte Svenja misstrauisch.
Ihre Freundin seufzte genervt. „Seht ihr das Cafe dort drüben? Ich werde auf die Toilette gehen und fragen, ob sie ein Telefon haben. Meine Mutter möchte, dass ich sie täglich anrufe.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie zu dem Gebäude.
Nachdem sie sich die Hände gewaschen hatte, musterte sich Sarah Stirn runzelnd im Toilettenspiegel. Sie versuchte ihr zersaustes hellblondes Haar mit den Fingern zu bändigen. Als ihr das gelungen war, besah sie ihr Gesicht kritisch. Ihre Mutter und GroÃmutter sagten ihr täglich wie hübsch sie wäre. Sie fand sich jedoch langweilig, nichts sagend. Genauso wie ihr Leben. GenieÃe deine Kindheit so lange du kannst. Sagte ihre Mutter immer, wenn sie mit ihr über ihre Gedanken sprach. Doch Sarah wollte nicht mehr Kind sein. Sie wollte wie ihre schöne Lieblingsbuchheldin Melissa reisen, die Welt entdecken. Wie Melissa wollte sie das Leben voller Leidenschaft auskosten und ihre groÃe Liebe kennen lernen. Sie ist noch so naiv. Sagte ihre GroÃmutter immer. Sie begreift gar nicht, wie gut es ihr hier geht. Sarah war in einem goldenen Käfig aufgewachsen, welcher erst nach der Scheidung ihrer Eltern allmählich zu brechen begonnen hatte. Manchmal schien es dem Mädchen als hätte ihr Leben erst begonnen, nachdem ihr Vater endlich gegangen war. Natürlich sagte sie ihrer Mutter nichts von diesen Gedanken. Diese wäre sehr verletzt. Ganz im Gegensatz zu ihrer GroÃmutter, welche abends stets in den Garten ging um ihren Naturgeistern dafür zu danken. Sarah empfand den schon sehr alten Naturglauben ihrer geliebten GroÃmutter als befremdlich. Sie hatte sich aber vorgenommen, sich mehr davon erzählen zu lassen. Auch damit wäre ihre Mutter, welche diesen schon lange nicht mehr praktizierte, gewiss nicht einverstanden. Sie verleugnet nur äuÃerlich. Meinte die GroÃmutter. Sarah hielt das für reines Wunschdenken.
Sie fuhr sich noch einmal durch ihr langes Haar, bevor sie den Raum verlieÃ.
Auf dem Gang zwischen den Toiletteneingängen und dem eigentlichen Cafe standen drei Männer, welche sich leise in einer fremden Sprache unterhielten. Sarah beobachtete sie Stirn runzelnd. Sie wusste nicht was es genau war, aber irgendetwas irritierte sie an diesem Bild.
Plötzlich bemerkte sie einer der drei. „Hey, was willst du?“
Sarah erschrak. „Ich…ich suche nur den Telefonautomaten.“
Der Mann schüttelte den Kopf. „Dort hinten.“ Er wies wütend auf einen kleinen Seitengang.
„Danke.“ Sarah mühte sich um ein kurzes Lächeln bevor sie in die angegebene Richtung lief.
Ihr Herz pochte noch immer wie wild, als sie die Münzen in den Schlitz warf. Schon nach wenigen Sekunden vernahm sie einen Ton. Sarah ballte die Hand zu einer Faust und bat innerlich, dass ihre Mutter abheben möge. Doch es schien niemand zuhause zu sein. Sarah legte nach zwei Minuten seufzend auf. Sie lehnte sich nachdenklich an die kühle Steinwand.
Plötzlich vernahm sie eine Stimme neben sich. „Hallo.“
Sarah drehte sich um und erkannte den Mann als einen der drei von vorhin. Sie runzelte unsicher die Stirn.
„Ich wollte mich für das unhöfliche Verhalten meines Freundes entschuldigen. Er ist heute schlecht gelaunt. Eheprobleme. Das hat man davon, wenn man heiratet.“ Er zwinkerte.
Sarah musste unwillkürlich lächeln. Der Mann hatte eine sanfte und weiche Stimme, welche zugleich so männlich war. Seine Augen schienen so viel zu erzählen, strahlten so viel Erfahrenheit aus, obwohl er gewiss nicht älter als neunzehn war.
„Auch ich habe schlechte Tage.“ Antwortete Sarah lächelnd.
Er erwiderte ihr Lächeln. „Wie heiÃt du denn?“
„Sarah.“
„Bist du von hier?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin aus Stockholm. Aber Finnland ist meine zweite Heimat. Meine Mutter stammt von hier. Ich bin aber gerade mit zwei Freundinnen und der Tante einer der beiden hier auf Urlaub. Wir reisen aber schon morgen wieder ab. Leider. Ich liebe Helsinki.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Er machte sie nervös. Sie mochte dieses Gefühl nicht, konnte jedoch nicht dagegen ankämpfen. „Wie heiÃt du?“
„Eduardo. Ich komme aus Kolumbien, reise gerade mit ein paar Arbeitskollegen durch Skandinavien.“
„Kolumbien?“ Sarahs Augen leuchteten.
„Warst du schon mal dort?“
„Nein, leider.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber ich möchte gerne einmal dort hin. Ich habe leider erst sehr wenig von der Welt gesehen.“
Er nickte lächelnd. „Hör mal, Sarah. Ich werde nächste Woche in Stockholm sein. Willst du mich nicht ein wenig rumführen? Ich werde dir dafür von Kolumbien erzählen und dir ein paar Bilder zeigen. Na, was sagst du?“
Sarah wurde augenblicklich von einer Hitzwelle erfüllt. Was würde wohl ihre Mutter sagen, würde sie sich mit Eduardo treffen? Sie hielt sicherlich nicht viel von dieser Idee.
„Ich weià nicht recht. Ich habe nächste Woche viel zu tun.“ Meinte Sarah zögernd.
Er nickte verständnisvoll und zog eine kleine Karte aus der Hosentasche. „Das ist die Nummer des Hotels mit der Durchwahl zu meinem Zimmer. Ruf mich einfach an, solltest du doch Zeit haben.“ Er reichte sie ihr.
Sarah ergriff sie zögernd. „Okay.“
„Ich muss jetzt gehen. Machs gut, Sarah. Vielleicht sehen wir uns ja wieder.“ Mit diesen Worten verschwand er.
Sarah war zu verwirrt gewesen um zu antworten. Diese verrückte Geschichte würde ihr niemand glauben. Sie starrte auf die Karte und beschloss schlieÃlich sie zumindest aufzuheben. Während sie zurück zu ihren Freundinnen lief, ahnte sie noch nicht, dass an diesem Tage das letzte Kapitel ihrer Kindheit begonnen hatte.
5. Teil
Lillian
New York City, 2000
Lillian schloss lächelnd die Augen und lieà das süÃe Eis auf der Zunge zergehen.
Arturo schüttelte grinsend den Kopf. „Du brauchst zwei Stunden für zwei Kugeln Eis am Stiel.“
Sie öffnete die Augen wieder. „Dafür weià ich zu genieÃen.“ Gab sie zurück. Ihre Blicke wanderten durch den Abschnitt des Parks. „Ich liebe den Central Park. Er ist ein Fleckchen Paradies.“
„Ja, besonders Nachts.“
Sie rollte mit den Augen. „Warum willst du mir immer die Stimmung verderben?“
„Ich bin ein Sadist.“
„Aber es stimmt doch, man glaubt kaum, dass Spanish Harlem in Wirklichkeit ein Teil Manhattans ist. Es liegen Welten dazwischen.“
„Ich will weder in dem einem noch in dem anderen für immer leben müssen.“
Lillian runzelte die Stirn. „Wer hat sich diesen Schwachsinn eigentlich ausgedacht?“
Arturo blickte sie fragend an.
„Ich meine, warum gibt es heutzutage nur noch Menschen, die zu viel und solche, die zu wenig haben? Dagegen sollte man etwas tun.“
„Was möchtest du denn tun?“
„Ich weià nicht. Vielleicht werde ich ja Politikerin.“
„Oder Präsidentin. Das hätte uns gerade noch gefehlt. Ein weiblicher Präsident…“
„Wären mehr Frauen an der Spitze, würde es auch weniger Kriege geben.“
„Da wäre ich mir gar nicht so sicher. So viel wie ihr immer rumzickt...“
Lillian aà den letzten Rest ihres Eises und blickte auf ihre Uhr. „Ich muss zurück.“
„Heute ist Samstag. Willst du dir nicht wenigstens am Wochenende eine Pause gönnen?“
„Ich habe schon den ganzen Tag pausiert. Wenn ich noch weniger für meine Bildung tue, brauche ich mich nirgendwo mehr zu bewerben…“ Lillian seufzte.
„Warum willst du eigentlich unbedingt studieren?“
„Was?“ Sie blickte Arturo ungläubig an.
„Deine Eltern hatten es weit gebracht ohne jemals studiert zu haben.“
„Sie brachten es soweit damit ihre Tochter einmal studieren kann!“
„Aber ist es auch das, was du willst?“
„Natürlich. Ich wollte schon immer studieren. Aber ich werde es wahrscheinlich nicht schaffen. Die Universitäten interessiert es nicht, dass irgend so ein Mädchen aus Spanish Harlem studieren möchte. Meinen Eltern würde es das Herz brechen, würden sie noch leben.“
„Versuch es weiter. Das Schlimmste, das du machen kannst, ist aufzugeben.“
Lillian nickte. „Elena hat das auch gesagt.“
Arturo erhob sich von der Parkbank. „Na komm schon. Ich bringe dich nachhause. Du hast noch viel zu tun.“
„Danke…sobald ich meinen Abschluss habe, werde ich abends wieder mitkommen, versprochen.“ Meinte Lillian lächelnd, als sie ins Auto stieg. Die beiden besuchten seit einem Jahr Freitag- und Samstagabends gemeinsam einen Club, in welchem nur lateinamerikanische Musik gespielt wurde. Lillian konnte sich mit dem GroÃteil der englischsprachigen Popmusik nicht anfreunden und war froh, dass es Arturo nicht anders ging. Sie tanzte Salsa und Merengue seit sie fünf Jahre alt war und hatte in ihm nicht nur einen Freund, sondern auch den perfekten Tanzpartner gefunden. Musik war schon immer sehr wichtig in Lillians Leben gewesen. Sie war, wie die meisten in ihrem Viertel, damit aufgewachsen. Lillian verstand es nicht nur, sie wusste genau, was die Menschen meinten, wenn sie sagten, Salsa wäre nicht nur ein Tanz sondern ein Lebensgefühl.
„Das will ich auch hoffen.“ Meinte Arturo und startete den Motor. „Wann sind denn deine Prüfungen?“
Lillian fuhr sich durchs Haar. „Schon in einem Monat.“ Ihre Stimme hatte einen unsicheren Tonfall angenommen. Sie war sich natürlich schon lange der genauen Daten bewusst, diese unmittelbare Konfrontation damit, versetzte ihren Körper dennoch in eine Art Schwindelzustand. Ãber diese Gefühle konnte sie nicht mit Arturo sprechen. Er würde sie höchstens als typische Spinnerei von Frauen abtun. Wie viele hatte er die Schule niemals abgeschlossen, sondern stand mit seinen dreiundzwanzig Jahren bereits fest im Berufsleben. Sein sicherer Job im Geschäft seines Vaters war das Einzige, das Ana an ihm schätzte.
Lillian beobachtete die vorbeiziehenden StraÃen. „WeiÃt du, was ich mich oft frage?“
Er gab einen Ton von sich, welcher eventuell als so etwas wie Was denn? Gedeutet werden konnte.
„Ob meine Mutter das auch so geliebt hat. Ob sie auch so gerne spazieren gefahren ist. Ich bin mir fast sicher, dass sie das ist. Wahrscheinlich nachdem sie donnerstags gearbeitete hatte und bevor sie mit ihren Freundinnen in die Flamenco Bar gegangen war. Ich wüsste gerne, was für ein Gewand sie dabei getragen hatte.“ Lillian lächelte. „Sie war so wunderschön, konnte alles tragen, da einfach alles gut an ihr aussah.“
„Bei ihrer Tochter ist es nicht anders.“
Ohne darauf einzugehen, fuhr Lillian fort. „Ich habe es leider verpasst ihr die vielen Fragen zu stellen, welche mir am Herzen liegen.“ Ihre Stimme senkte sich.
Arturo beobachtete sie aus dem Augenwinkel. „Auch wenn es nicht dasselbe sein mag und sie dir auch nicht alles erzählen können wird, kannst du dich mit einigen solcher Fragen bestimmt an deine GroÃmutter wenden.“
Lillian seufzte. „Es ist nicht leicht mit GroÃmutter über meine Mutter zu sprechen.“ Sie ging nicht weiter darauf ein und war erleichtert, dass er sich mit dieser Antwort zufrieden zu geben schien.
„Sehen wir uns morgen?“ Fragte sie, als er vor dem Wohnhaus hielt.
„Mein Onkel hat morgen Geburtstag. Ich kann bestimmt nicht vor zehn Uhr abends weg.“
„Ich muss übermorgen zur Schule. Aber ich kann danach wieder bei dir im Laden vorbeischauen.“
„Okay.“
„Solltest du morgen Beistand brauchen, begleite ich dich gerne. Du weiÃt, ich liebe die Enchilladas deiner Tante.“
Er wich ihrem Blick aus.
Lillian runzelte die Stirn. „Hey, ich wollte mich nicht zu eurer langweiligen Familienfeier aufdrängen…“
„Hör mal…“ Er seufzte. „Meine Mutter hat Yolanda eingeladen. Sie ist die Enkeltochter einer alten Freundin der Familie…“
Lillian hielt für einen Moment den Atem an. SchlieÃlich erwiderte sie. „Um so besser. Ich habe ohnehin nur aus Höflichkeit gefragt.“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Okay.“
Lillian lächelte kurz. „Also, ich werde dann mal gehen.“ Sie küsste ihn flüchtig auf die Wange. „Danke für das Eis. Bis Montag.“ Sie stieg aus und schloss die Autotür.
MinowaySunshine, danke für deine liebe Unterstützung :knuddel:
@alle: So, habs wirklich geschafft die neuen Teile fertig zu schreiben und poste sie natürlich gleich.
Ich hoffe, sie gefallen euch. Freu mich über jedes Feedback, sowohl Lob als auch konstruktive Kritik - schlieÃlich kann ich die Geschichte nur dadurch verbessern.
Ich melde mich, sobald ich wieder da bin.
Bis bald,
Bussi Selene
3. Teil
Rosa
Spanish Harlem, 1975
Die sanften Klänge eines alten kubanischen Liedes drangen durch die beiden Räume des Cafes. Rosa strich sich lächelnd eine dunkle Haarsträhne hinter ihr Ohr und summte mit, während sie mit dem Tablett zur Theke ging. „Zwei Bier noch!“ Rief sie fröhlich und stellte das Tablett ab.
Der Cafebesitzer, welcher von allen nur Al genannt wurde, schüttelte grinsend den Kopf und stellte zwei groÃe Gläser Bier auf das Speisetablett. „Und jetzt gehe.“
„Wie bitte?“ Sie runzelte die Stirn.
„Señorita Vasquez…“ Er blickte sie streng an. „Ich habe dir vor einer Stunde gesagt, dass du nachhause gehen kannst.“
Sie lachte. „Diese beiden Gäste möchte ich noch bedienen.“
Er entzog ihr das Tablett. „Das mache ich. Einen schönen Abend noch.“
Sie gab schlieÃlich nach. „Danke, dir auch. Bis morgen.“
Al blickte ihr Kopf schüttelnd nach. Er hatte in den sechzig Jahren seines Lebens noch nie so eine ehrgeizige junge Frau gesehen.
Rosa nahm ihre Weste vom Garderobenständer, wünschte noch einmal allen einen schönen Abend und verlieà das Cafe. Vor der Tür schlüpfte sie in ihre rote Strickweste und zog ein weiÃes Haarband aus deren Tasche, mit welchem sie ihr Haar zusammenband. Lächelnd ging sie die lange StraÃe hinunter und beobachtete zwei kleine Jungs, welche Ball spielten. Sie liebte Kinder über alles und freute sich schon auf die Zeit, wenn auch sie glückliche Mutter sein würde. Ihre eigene Mutter, Ana, war der Meinung, dass sie sich noch Zeit lassen sollte. SchlieÃlich war sie erst achtzehn und hatte gerade erst ihren ersten richtigen Freund kennen gelernt. Ana traute den Männern nicht. Ihre erste und einzige Liebe hatte sie kurz nach Rosas Geburt verlassen und sich nie wieder gemeldet. Sie hatte Angst, ihrer Tochter könnte ähnliches passieren. Rosa war vernünftig und klug, aber auch sehr romantisch. Letzteres bereitete Ana groÃe Sorgen.
Rosa schüttelte bei dem Gedanken an ihre Mutter den Kopf. Ana sorgte sich immer zu viel. Aber trotz ihrer vielen Macken liebte Rosa ihre Mutter abgöttisch. Sie war ohne Vater aufgewachsen, doch bei Ana hatte ihr nie etwas gefehlt. Rosa zählte sich selbst sogar zu den wenigen, die Glück hatten. SchlieÃlich hatte sie Ana, Jorge und einen sicheren Job, der ihr auch noch sehr groÃe Freude bereitete. Sie war gesund und ihres Lebens froh. Eigentlich gab es nur noch zwei Dinge, welche ihr Glück perfekt machen konnten. Sie seufzte lächelnd und strich zärtlich über den Ring. Ana wusste es noch nicht. Sie würde es ihr am kommenden Sonntag nach dem Kirchbesuch sagen. Ihre Mutter war an Sonntagen immer besonders gut gelaunt und noch dazu besonders gutmütig. Ana glaubte, dass die heilige Jungfrau sie an diesem Tage genauer beobachten würde als sonst. Für Rosa hatte dies schon immer sehr unlogisch geklungen und sie hatte sich schon oft gefragt, wie ihre Mutter auf diesen Gedanken gekommen war. Irgendwann hatte sie aber begonnen, heiklere Themen nur noch sonntags anzusprechen.
4. Teil
Sarah
Nähe Helsinki, 1977
„Vorsicht!“ Sarah lief den schmalen Holzsteg entlang und lieà sich mit einem Freudenschrei ins Wasser fallen.
„Du bist vollkommen verrückt geworden!“ Ihre beiden Freundinnen musterten sie Kopfschüttelnd und wischten sich die Wassertropfen aus dem Gesicht.
„Entschuldigt.“ Sarah kletterte lachend aus dem kühlen Meer und setzte sich auf den Steg. „Aber mir war so heiÃ.“
„Und deshalb musstest du uns nass spritzen?“
„Ich habe mich entschuldigt.“
„Was, wenn dich jemand so gesehen hat?“ Lena musterte ihre Freundin Stirn runzelnd.
Sarah zog sich lachend das Kleid über die nasse Unterwäsche. „Und wenn schon. AuÃerdem ist hier weit und breit niemand zu sehen.“
Svenja schüttelte den Kopf. „Lenas Tante hat uns bestimmt nicht hier her mitgenommen, damit wir uns so unzüchtig benehmen.“
Sarahs Augen weiteten sich belustigt. „Unzüchtig?“ Sie lachte. „Wir haben 1977.“
„Meine Tante ist aber trotzdem sechzig Jahre alt! Und du übrigens erst vierzehn.“ Gab Lena zurück.
„Beruhigt euch. Sie ist in der Stadt um Einkäufe zu erledigen und wird uns nicht vor fünf Uhr abholen.“ Sarah erhob sich.
„Wohin willst du nun schon wieder?“ Fragte Svenja misstrauisch.
Ihre Freundin seufzte genervt. „Seht ihr das Cafe dort drüben? Ich werde auf die Toilette gehen und fragen, ob sie ein Telefon haben. Meine Mutter möchte, dass ich sie täglich anrufe.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie zu dem Gebäude.
Nachdem sie sich die Hände gewaschen hatte, musterte sich Sarah Stirn runzelnd im Toilettenspiegel. Sie versuchte ihr zersaustes hellblondes Haar mit den Fingern zu bändigen. Als ihr das gelungen war, besah sie ihr Gesicht kritisch. Ihre Mutter und GroÃmutter sagten ihr täglich wie hübsch sie wäre. Sie fand sich jedoch langweilig, nichts sagend. Genauso wie ihr Leben. GenieÃe deine Kindheit so lange du kannst. Sagte ihre Mutter immer, wenn sie mit ihr über ihre Gedanken sprach. Doch Sarah wollte nicht mehr Kind sein. Sie wollte wie ihre schöne Lieblingsbuchheldin Melissa reisen, die Welt entdecken. Wie Melissa wollte sie das Leben voller Leidenschaft auskosten und ihre groÃe Liebe kennen lernen. Sie ist noch so naiv. Sagte ihre GroÃmutter immer. Sie begreift gar nicht, wie gut es ihr hier geht. Sarah war in einem goldenen Käfig aufgewachsen, welcher erst nach der Scheidung ihrer Eltern allmählich zu brechen begonnen hatte. Manchmal schien es dem Mädchen als hätte ihr Leben erst begonnen, nachdem ihr Vater endlich gegangen war. Natürlich sagte sie ihrer Mutter nichts von diesen Gedanken. Diese wäre sehr verletzt. Ganz im Gegensatz zu ihrer GroÃmutter, welche abends stets in den Garten ging um ihren Naturgeistern dafür zu danken. Sarah empfand den schon sehr alten Naturglauben ihrer geliebten GroÃmutter als befremdlich. Sie hatte sich aber vorgenommen, sich mehr davon erzählen zu lassen. Auch damit wäre ihre Mutter, welche diesen schon lange nicht mehr praktizierte, gewiss nicht einverstanden. Sie verleugnet nur äuÃerlich. Meinte die GroÃmutter. Sarah hielt das für reines Wunschdenken.
Sie fuhr sich noch einmal durch ihr langes Haar, bevor sie den Raum verlieÃ.
Auf dem Gang zwischen den Toiletteneingängen und dem eigentlichen Cafe standen drei Männer, welche sich leise in einer fremden Sprache unterhielten. Sarah beobachtete sie Stirn runzelnd. Sie wusste nicht was es genau war, aber irgendetwas irritierte sie an diesem Bild.
Plötzlich bemerkte sie einer der drei. „Hey, was willst du?“
Sarah erschrak. „Ich…ich suche nur den Telefonautomaten.“
Der Mann schüttelte den Kopf. „Dort hinten.“ Er wies wütend auf einen kleinen Seitengang.
„Danke.“ Sarah mühte sich um ein kurzes Lächeln bevor sie in die angegebene Richtung lief.
Ihr Herz pochte noch immer wie wild, als sie die Münzen in den Schlitz warf. Schon nach wenigen Sekunden vernahm sie einen Ton. Sarah ballte die Hand zu einer Faust und bat innerlich, dass ihre Mutter abheben möge. Doch es schien niemand zuhause zu sein. Sarah legte nach zwei Minuten seufzend auf. Sie lehnte sich nachdenklich an die kühle Steinwand.
Plötzlich vernahm sie eine Stimme neben sich. „Hallo.“
Sarah drehte sich um und erkannte den Mann als einen der drei von vorhin. Sie runzelte unsicher die Stirn.
„Ich wollte mich für das unhöfliche Verhalten meines Freundes entschuldigen. Er ist heute schlecht gelaunt. Eheprobleme. Das hat man davon, wenn man heiratet.“ Er zwinkerte.
Sarah musste unwillkürlich lächeln. Der Mann hatte eine sanfte und weiche Stimme, welche zugleich so männlich war. Seine Augen schienen so viel zu erzählen, strahlten so viel Erfahrenheit aus, obwohl er gewiss nicht älter als neunzehn war.
„Auch ich habe schlechte Tage.“ Antwortete Sarah lächelnd.
Er erwiderte ihr Lächeln. „Wie heiÃt du denn?“
„Sarah.“
„Bist du von hier?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin aus Stockholm. Aber Finnland ist meine zweite Heimat. Meine Mutter stammt von hier. Ich bin aber gerade mit zwei Freundinnen und der Tante einer der beiden hier auf Urlaub. Wir reisen aber schon morgen wieder ab. Leider. Ich liebe Helsinki.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Er machte sie nervös. Sie mochte dieses Gefühl nicht, konnte jedoch nicht dagegen ankämpfen. „Wie heiÃt du?“
„Eduardo. Ich komme aus Kolumbien, reise gerade mit ein paar Arbeitskollegen durch Skandinavien.“
„Kolumbien?“ Sarahs Augen leuchteten.
„Warst du schon mal dort?“
„Nein, leider.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber ich möchte gerne einmal dort hin. Ich habe leider erst sehr wenig von der Welt gesehen.“
Er nickte lächelnd. „Hör mal, Sarah. Ich werde nächste Woche in Stockholm sein. Willst du mich nicht ein wenig rumführen? Ich werde dir dafür von Kolumbien erzählen und dir ein paar Bilder zeigen. Na, was sagst du?“
Sarah wurde augenblicklich von einer Hitzwelle erfüllt. Was würde wohl ihre Mutter sagen, würde sie sich mit Eduardo treffen? Sie hielt sicherlich nicht viel von dieser Idee.
„Ich weià nicht recht. Ich habe nächste Woche viel zu tun.“ Meinte Sarah zögernd.
Er nickte verständnisvoll und zog eine kleine Karte aus der Hosentasche. „Das ist die Nummer des Hotels mit der Durchwahl zu meinem Zimmer. Ruf mich einfach an, solltest du doch Zeit haben.“ Er reichte sie ihr.
Sarah ergriff sie zögernd. „Okay.“
„Ich muss jetzt gehen. Machs gut, Sarah. Vielleicht sehen wir uns ja wieder.“ Mit diesen Worten verschwand er.
Sarah war zu verwirrt gewesen um zu antworten. Diese verrückte Geschichte würde ihr niemand glauben. Sie starrte auf die Karte und beschloss schlieÃlich sie zumindest aufzuheben. Während sie zurück zu ihren Freundinnen lief, ahnte sie noch nicht, dass an diesem Tage das letzte Kapitel ihrer Kindheit begonnen hatte.
5. Teil
Lillian
New York City, 2000
Lillian schloss lächelnd die Augen und lieà das süÃe Eis auf der Zunge zergehen.
Arturo schüttelte grinsend den Kopf. „Du brauchst zwei Stunden für zwei Kugeln Eis am Stiel.“
Sie öffnete die Augen wieder. „Dafür weià ich zu genieÃen.“ Gab sie zurück. Ihre Blicke wanderten durch den Abschnitt des Parks. „Ich liebe den Central Park. Er ist ein Fleckchen Paradies.“
„Ja, besonders Nachts.“
Sie rollte mit den Augen. „Warum willst du mir immer die Stimmung verderben?“
„Ich bin ein Sadist.“
„Aber es stimmt doch, man glaubt kaum, dass Spanish Harlem in Wirklichkeit ein Teil Manhattans ist. Es liegen Welten dazwischen.“
„Ich will weder in dem einem noch in dem anderen für immer leben müssen.“
Lillian runzelte die Stirn. „Wer hat sich diesen Schwachsinn eigentlich ausgedacht?“
Arturo blickte sie fragend an.
„Ich meine, warum gibt es heutzutage nur noch Menschen, die zu viel und solche, die zu wenig haben? Dagegen sollte man etwas tun.“
„Was möchtest du denn tun?“
„Ich weià nicht. Vielleicht werde ich ja Politikerin.“
„Oder Präsidentin. Das hätte uns gerade noch gefehlt. Ein weiblicher Präsident…“
„Wären mehr Frauen an der Spitze, würde es auch weniger Kriege geben.“
„Da wäre ich mir gar nicht so sicher. So viel wie ihr immer rumzickt...“
Lillian aà den letzten Rest ihres Eises und blickte auf ihre Uhr. „Ich muss zurück.“
„Heute ist Samstag. Willst du dir nicht wenigstens am Wochenende eine Pause gönnen?“
„Ich habe schon den ganzen Tag pausiert. Wenn ich noch weniger für meine Bildung tue, brauche ich mich nirgendwo mehr zu bewerben…“ Lillian seufzte.
„Warum willst du eigentlich unbedingt studieren?“
„Was?“ Sie blickte Arturo ungläubig an.
„Deine Eltern hatten es weit gebracht ohne jemals studiert zu haben.“
„Sie brachten es soweit damit ihre Tochter einmal studieren kann!“
„Aber ist es auch das, was du willst?“
„Natürlich. Ich wollte schon immer studieren. Aber ich werde es wahrscheinlich nicht schaffen. Die Universitäten interessiert es nicht, dass irgend so ein Mädchen aus Spanish Harlem studieren möchte. Meinen Eltern würde es das Herz brechen, würden sie noch leben.“
„Versuch es weiter. Das Schlimmste, das du machen kannst, ist aufzugeben.“
Lillian nickte. „Elena hat das auch gesagt.“
Arturo erhob sich von der Parkbank. „Na komm schon. Ich bringe dich nachhause. Du hast noch viel zu tun.“
„Danke…sobald ich meinen Abschluss habe, werde ich abends wieder mitkommen, versprochen.“ Meinte Lillian lächelnd, als sie ins Auto stieg. Die beiden besuchten seit einem Jahr Freitag- und Samstagabends gemeinsam einen Club, in welchem nur lateinamerikanische Musik gespielt wurde. Lillian konnte sich mit dem GroÃteil der englischsprachigen Popmusik nicht anfreunden und war froh, dass es Arturo nicht anders ging. Sie tanzte Salsa und Merengue seit sie fünf Jahre alt war und hatte in ihm nicht nur einen Freund, sondern auch den perfekten Tanzpartner gefunden. Musik war schon immer sehr wichtig in Lillians Leben gewesen. Sie war, wie die meisten in ihrem Viertel, damit aufgewachsen. Lillian verstand es nicht nur, sie wusste genau, was die Menschen meinten, wenn sie sagten, Salsa wäre nicht nur ein Tanz sondern ein Lebensgefühl.
„Das will ich auch hoffen.“ Meinte Arturo und startete den Motor. „Wann sind denn deine Prüfungen?“
Lillian fuhr sich durchs Haar. „Schon in einem Monat.“ Ihre Stimme hatte einen unsicheren Tonfall angenommen. Sie war sich natürlich schon lange der genauen Daten bewusst, diese unmittelbare Konfrontation damit, versetzte ihren Körper dennoch in eine Art Schwindelzustand. Ãber diese Gefühle konnte sie nicht mit Arturo sprechen. Er würde sie höchstens als typische Spinnerei von Frauen abtun. Wie viele hatte er die Schule niemals abgeschlossen, sondern stand mit seinen dreiundzwanzig Jahren bereits fest im Berufsleben. Sein sicherer Job im Geschäft seines Vaters war das Einzige, das Ana an ihm schätzte.
Lillian beobachtete die vorbeiziehenden StraÃen. „WeiÃt du, was ich mich oft frage?“
Er gab einen Ton von sich, welcher eventuell als so etwas wie Was denn? Gedeutet werden konnte.
„Ob meine Mutter das auch so geliebt hat. Ob sie auch so gerne spazieren gefahren ist. Ich bin mir fast sicher, dass sie das ist. Wahrscheinlich nachdem sie donnerstags gearbeitete hatte und bevor sie mit ihren Freundinnen in die Flamenco Bar gegangen war. Ich wüsste gerne, was für ein Gewand sie dabei getragen hatte.“ Lillian lächelte. „Sie war so wunderschön, konnte alles tragen, da einfach alles gut an ihr aussah.“
„Bei ihrer Tochter ist es nicht anders.“
Ohne darauf einzugehen, fuhr Lillian fort. „Ich habe es leider verpasst ihr die vielen Fragen zu stellen, welche mir am Herzen liegen.“ Ihre Stimme senkte sich.
Arturo beobachtete sie aus dem Augenwinkel. „Auch wenn es nicht dasselbe sein mag und sie dir auch nicht alles erzählen können wird, kannst du dich mit einigen solcher Fragen bestimmt an deine GroÃmutter wenden.“
Lillian seufzte. „Es ist nicht leicht mit GroÃmutter über meine Mutter zu sprechen.“ Sie ging nicht weiter darauf ein und war erleichtert, dass er sich mit dieser Antwort zufrieden zu geben schien.
„Sehen wir uns morgen?“ Fragte sie, als er vor dem Wohnhaus hielt.
„Mein Onkel hat morgen Geburtstag. Ich kann bestimmt nicht vor zehn Uhr abends weg.“
„Ich muss übermorgen zur Schule. Aber ich kann danach wieder bei dir im Laden vorbeischauen.“
„Okay.“
„Solltest du morgen Beistand brauchen, begleite ich dich gerne. Du weiÃt, ich liebe die Enchilladas deiner Tante.“
Er wich ihrem Blick aus.
Lillian runzelte die Stirn. „Hey, ich wollte mich nicht zu eurer langweiligen Familienfeier aufdrängen…“
„Hör mal…“ Er seufzte. „Meine Mutter hat Yolanda eingeladen. Sie ist die Enkeltochter einer alten Freundin der Familie…“
Lillian hielt für einen Moment den Atem an. SchlieÃlich erwiderte sie. „Um so besser. Ich habe ohnehin nur aus Höflichkeit gefragt.“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Okay.“
Lillian lächelte kurz. „Also, ich werde dann mal gehen.“ Sie küsste ihn flüchtig auf die Wange. „Danke für das Eis. Bis Montag.“ Sie stieg aus und schloss die Autotür.