[anne2004]

wie versprochen, der nächste Teil:

Teil 3 – August 1951

Es war der letzte Schultag für dieses Jahr. Alle rannten die Gänge entlang und freuten sich endlich Ferien zu haben, nur ein 8-jähriges Mädchen ging langsam den Flur herunter. Emily, die sich mit ihren schweren Büchern in den Händen quälte, drehte sich noch einmal um, um den Ort zu sehen, der ihr eine Zuflucht war, wenn es zu Hause wieder einmal zu viel wurde. Nun musste sie sieben Wochen ohne die Schule auskommen. Draußen sah das Kind schon das Hausmädchen stehen, welche sie abholen sollte. Ihre Eltern holten natürlich Elisabeth persönlich von der Schule ab, obwohl sie schon 14 war. Später im Auto las Emily ihre Beurteilung durch. Darin stand, dass sie sehr still ist, somit wussten viele ihrer Mitschüler gar nicht, wer sie überhaupt war. Außerdem war ein Vermerk, dass Emily sich außergewöhnlich früh für die politischen Weltanschauungen interessierte. Denn welches Mädchen im Alter von 8 Jahren beschäftigte sich schon mit so etwas? Emily wusste genau, dass dies ihre Eltern nicht beeindrucken würde. Nein, sie würden sogar sagen, dass es nichts besonders sei, denn Hopie hätte sich in diesem Alter schon für ganz andere Dinge interessiert. Das Auto fuhr in den Hof ein. Als die beiden ausstiegen waren, hörte man schon von draußen, dass einer Feier im Gange war. Wahrscheinlich ist die Schwester mal wieder Jahrgangsbeste geworden. Niemand würde es interessieren, dass Emily es auch war. Es würde auch niemanden interessieren, dass man ihr angeboten hatte auf eine Spezialschule für besonders Begabte zu gehen. Also verkroch sie sich in ihr Zimmer ohne irgendjemanden „Hallo“ gesagt zu haben. Oben angekommen, nahm sie ihr neues Geschichtsbuch und begann über den Bürgerkrieg zu lesen. Auf Seite 25 fand sie ein Bild, was sie so faszinierte, so dass sie gleich zu Papier und Stift griff und versuchte es zu kopieren. Am Ende sah es dem Original so ähnlich, dass man fast nicht mehr erkennen, welches nun das echte war. Da plötzlich öffnete sich die Tür und herein kam ein kleiner Junge ihres Alters. Emily kannte diesen Knaben nicht. „Hallo? Wer bist du denn“, fragte der Junge. „Ich dachte, hier wohnen bloß Mr. und Mrs. Bendfort und ihre Tochter Elisabeth.“ „Nein, ich wohne auch noch hier. Ich bin die vergessene Tochter. Mich will hier niemand haben. Ach übrigens, ich heiße Emily. Und du?“ „Ich? Ich heiße Tony. Tony Bernard. Ich glaube, wir könnten Seelenverwandte sein, denn mir geht es genauso“, sagte Tony lächelnd. Der junge Bernard schloss die Tür und schaute sich im Zimmer um.