09.05.2007, 13:31
Hallo meine SüÃe :knuddel:
Vielen Dank für dein umwerfendes Feedback :freu: Hab mich total darüber gefreut! Es freut mich total, dass dir meine Geschichte so gut gefällt!
Danke, dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben. Deine FF ist einfach phänomenal. Freue mich immer total auf jedes neue Kapitel.
Da ich sie auch sehr gern hab, ja Aber inwieweit sie eine tragende Rolle spielen wird, muss ich mir noch überlegen.
Da hast du recht. Sie ist auch für mich eine sehr interessante Person.
Das sind deine aber genauso. Ich fühle mich immer so tief in Rory und Jess hinein, dass es ist, als wären ihre Gefühle meine.
Ich habe auch gelächelt, als ich das geschrieben habe. Ja, sie bedeutet ihm sogar sehr viel.
Dazu verrate ich noch nichts. Aber es wird noch sehr viel auf die beiden zukommen.
@alle: Eigentlich hab ich ja viel zu tun, aber ich musste trotzdem Schreiben, meine Finger haben gekribbelt, also bekommt ihr diese Woche noch einen Teil.
Ich hoffe, er gefällt euch.
Freu mich auf eure Feedbacks
Hab euch lieb
Bussi Selene
37. Teil
Lillian beobachtete die vorbeiziehenden Lichter lächelnd. Ihre linke Hand lag in Arturos. Sie lehnte sich im Autositz zurück und betrachtete seine Gesichtszüge. Er warf ihr aus dem Augenwinkel einen kurzen Blick zu und erwiderte ihr Lächeln. „Hat es dir gefallen? Ich weiÃ, es war nichts Besonderes, aber spontan ist mir nichts Besseres eingefallen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Es war etwas Besonderes.“ Arturo hatte von nur einem Stopp gesprochen. Dabei hatte es mehrere gegeben. Sie waren durch verschiedene Teile Manhattans spaziert, hatten die unterschiedlichsten Plätze und Menschen gesehen. „Ich liebe New York. Das ist mir wieder so richtig bewusst geworden. Diese Vielfalt ist unglaublich. Nirgendwo anders trifft man auf so viele unterschiedliche Menschen. Es war auch lustig sich wie eine Touristin in der eigenen Stadt zu fühlen. Hier gibt es noch so viel zu sehen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich werde als alte Frau noch nicht alles gesehen haben.“
Eine Falte bildete sich auf Arturos Stirn. „Ich hätte dir gerne mehr geboten. Dich spontan in ein Musical am Broadway oder ins Kino eingeladen. Oder in ein Restaurant in Little Italy, Chinatown oder SoHo.“
„Arturo...“ Sie strich ihm über den Arm. „Solche Dinge bedeuten mir nichts. AuÃerdem wäre es nichts Besonderes gewesen. Jeder, der zufällig das Glück hat, ausreichend Geld zu besitzen, kann das. Aber mich in die Heimat eintauchen zu lassen wie in eine aufregende Fremde, mich durch Stadtteile führt, an die unglaublichsten Architekturen und beeindruckendsten Plätze vorbei...das ist etwas Besonderes. Die Stadt an deiner Seite neu zu entdecken, war wundervoll und es hat mich von allen Sorgen abgelenkt. Ich war in diesen Stunden frei und glücklich. Hatte das Gefühl überall hingehen zu können...“
Er lachte. „Du solltest ein Buch schreiben: Der neue amerikanische Traum. Meine Liebeserklärung an die Stadt, die niemals schläft.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das wäre nicht fair. Das Buch würde den ersten Platz der Bestsellerliste zu lange besetzen.“
„In New York City sicher.“
„Täusch dich da mal nicht. Es gibt sehr viele Leute, die New York hassen. Entweder man liebt es, oder man hasst es. GroÃmama sehnt sich zum Beispiel oft nach ihrer alten Heimat, zumindest habe ich dieses Gefühl. Ihre Augen leuchten immer besonders hell, wenn sie von Kuba erzählt.“
„Irgendwann werdet ihr beide dieses Land bereisen.“
Lillian nickte. „Das möchte ich. Ich möchte überhaupt sehr viel von der Welt sehen.“
„Das wirst du auch eines Tages.“
Arturo wechselte plötzlich die Spur und fuhr auf eine Parklücke zu.
„Was machen wir hier?“ Lillian runzelte die Stirn.
Er gurtete sich ab. „Na komm schon. Und nimm den Sekt mit.“
Sie folgte seinen Worten. „Wohin gehen wir?“
Arturo antwortete nicht, sondern ergriff ihre Hand und zog sie mit sich.
Sie gingen eine Weile die StraÃe hinunter, ehe sie das Ziel erreichten.
„Die Brooklyn Bridge? Willst du zu Fuà über den Hudson River gehen?“ Lillian lachte.
„Bring mich auf keine dummen Gedanken.“ Er legte den Arm um ihre Hüfte und dirigierte sie in die gewünschte Richtung.
„Das ist unglaublich, einfach wundervoll.“ Lillian blickte auf das Lichtermeer, welches sich im Fluss spiegelte. Sie lehnte sich lächelnd an die Brüstung der Brücke. Arturo legte die Arme um sie und küsste ihren Nacken. „Ich wusste, du würdest es mögen.“
Sie seufzte leise. Ein zarter Tränenschimmer bildete sich in ihren Augen. Sie war glücklich. So glücklich hatte sie sich seit über zehn Jahren nicht mehr gefühlt. Doch auch ein dunkler Schatten begann zunehmend ihr Herz zu durchziehen. Glück war in ihrem Leben nie von langer Dauer gewesen. Es schien ihr nicht vergönnt zu sein. Sie spürte, dass auch dieses Glück nicht anhalten würde.
„Lillian?“ Arturo drehte sie sanft zu sich. „Was hast du denn?“
Sie wich seinem Blick aus. „Ich bin nur glücklich.“
„Nein, du warst noch nie einfach nur glücklich. Das erlaubst du dir selbst nicht.“ Er ergriff ihre Arme. „Seit Tagen bedrückt dich etwas. Es geht nicht nur um deine Eltern, habe ich recht?“
Lillian seufzte leise. „Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen...versteh mich bitte. Lass uns einfach diesen Moment genieÃen. Das ist alles, was ich im Augenblick möchte.“ Eine spitze Nadel schien durch ihr verwundetes Herz zu dringen. Sie rang einen Moment nach Luft.
Arturo nickte und zog sie in seine Arme. „Ich wünschte, ich könnte dir helfen. Irgendetwas für dich tun.“
Sie lächelte leicht. Eine einzelne Träne entwich ihrem Auge. Sie schien wieder etwas Druck von Lillians Herzen zu lösen. „Das tust du...wirklich. Du ahnst gar nicht, wie viel du tatsächlich für mich tust.“ Eine Hitzewelle umschloss ihr Herz und begann den Schmerz zu lindern. Lillian schlang die Arme um Arturo und küsste ihn. Für einen Moment schien sie allein das silberne Mondlicht zu umgeben. Lillian löste sich lächelnd aus Arturos Arme und drohte im Dunkel seiner Augen zu versinken. Sie wusste, dass - was auch immer passieren würde - ihnen immer dieser Moment bleiben würde.
Arturo griff nach der Sektflasche, welche er am Gehsteig abgestellt hatte, und öffnete sie. „Jetzt sollten wir endlich auf deinen Abschluss trinken.“
„Erwischen darf uns aber niemand dabei. Ich bin noch keine einundzwanzig. Sie würden dich sofort wegen Verführung zum Alkohol einsperren.“
„Ich lebe gerne gefährlich. Leider haben wir keine Gläser.“ Er reichte ihr die Flasche. „Alles Gute zum Abschluss.“
„Danke.“ Sie nippte daran und reichte sie ihm, damit er ebenfalls einen Schluck machen konnte.
„Es bleibt doch bei Montagabend, oder?“
Sie runzelte die Stirn.
„Dein Geburtstag. Wir wollten mit den anderen im Club feiern.“
„Okay.“
„Das klingt ja richtig begeistert.“
Lillian wich seinem Blick aus. „Nein, es ist nur...ich war nicht mehr im Club seit damals...du weiÃt schon. Ich weiÃ, was einige Leute seit Ricardos Geschichte über mich denken. Ich konnte ihnen zwar dank des Prüfungsstresses meistens leicht aus dem Weg gehen, aber ihre Gesichter...wie sie mich von weitem beobachteten, ist mir nicht entgangen...“
Arturo stellte die Sektflasche ab und legte den Arm um ihre Hüften. „Lass sie doch reden. Bald wird es ihnen zu dumm sein. Diesen Unsinn glauben sowieso nur die Leute, die du wirklich nicht ernst zu nehmen brauchst...“
„Dieselben Leute, die sich noch immer den Mund über meine Mutter zerreiÃen. Ricardo hat ihnen neuen Stoff geliefert.“ Lillian blickte auf die sanften Wellen des Flusses.
„Lillian, jeder der dich wirklich kennt, und deine Mutter kannte, glaubt kein Wort dieser Lügen.“ Er zog sie in seine Arme. „Wir können aber auch gerne woanders hingehen, wenn es dir lieber ist.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, es hat keinen Sinn. Ich kann mich nicht verstecken. Machen wir es so, wie es geplant war.“
Arturo strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Okay. Fahren wir zurück oder willst du noch ein wenig bleiben?“
Sie ergriff seine Hand. „Lass uns fahren. Aber das sollten wir wiederholen.“
Er lächelte. „Jeder Zeit.“
„Du kannst heute bei mir übernachten, wenn du das möchtest.“ Schlug Arturo vor, als sie ins Auto stiegen.
„GroÃmama wartet gewiss auf mich. Aber das holen wir nach, versprochen.“
„Okay.“ Er küsste sie sanft.
Als sie die Wohnung erreicht hatten, zog er sie nochmals in seine Arme. „Sehen wir uns morgen?“
„Ja. Ich komme am Abend vorbei. GroÃmama möchte ein wenig Zeit mit mir verbringen.“
Er nickte. „Ich hoffe, du wirst dann hungrig sein.“
Lillian lachte. „Ich werde tagsüber nur wenig essen, versprochen. Danke für diesen vollkommenen Tag.“ Sie küsste ihn sanft bevor sie ausstieg und das Wohnhaus betrat. Aus der Wohnung drangen keine Geräusche, weshalb sie versuchte so leise wie möglich aufzusperren.
„Lillian?“ Ana war tatsächlich wach geblieben. Sie saà im schwachen Licht der kleinen Lampe, welche auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa stand, und las Zeitung.
Lillian schloss die Tür und grüÃte ihre GroÃmutter lächelnd.
„Hattest du einen schönen Tag?“
Lillian sank neben sie auf das Sofa. „Ja.“
„Querida, du strahlst ja richtig.“ Ana nahm ihre Brille ab und ergriff die Hand ihrer Enkelin. „Du warst bei Arturo, habe ich Recht?“ Sie betrachtete sie lächelnd.
„Ja.“
„Er bedeutet dir offenbar wirklich sehr viel.“ Ana runzelte die Stirn. „Ich freue mich, dass du so glücklich bist. Aber vergiss trotzdem nicht vorsichtig zu sein, Cara. Du kennst die Männer...leider kann man nur den wenigsten Vertrauen schenken.“
Lillian unterdrückte ein Seufzen. „Ich werde aufpassen.“
Ana nickte zufrieden. „Das ist vernünftig.“
„Hör mal, GroÃmama. Ich würde Arturo gerne irgendwann zum Essen einladen. Ich möchte, dass ihr beide euch besser kennen lernt. SchlieÃlich sind wir jetzt richtig zusammen.“
Ana schien die Neuigkeit wenig zu berühren. „Das nach über einem Jahr...aber wenn es dir wirklich so viel bedeutet, soll er kommen... Aber wehe, er stiehlt unser bestes Geschirr.“ Sie zwinkerte.
Lillian erhob sich. „So etwas besitzen wir nicht, GroÃmama. Aber weiÃt du was, sollte er am Schwarzmarkt viel Geld für unsere Sachen ersteigern, überrede ich ihn dazu uns zehn Prozent davon abzugeben.“ Sie ging zu dem kleinen Kasten neben dem Sofa und öffnete die oberste Lade.
„Was machst du denn?“
„Meinen Abschluss feiern.“ Sie zog drei schwere Ordner heraus und trug sie zum Tisch. „Wir beginnen am besten mit den Babyfotos meiner Mutter.“ Sie ergriff das Album und legte es auf ihren SchoÃ.
Ana unterdrückte die aufkeimenden Tränen. Sie setzte ihre Brille auf und legte einen Arm um Lillian. „Ich bin so stolz auf dich. Aber nicht nur wegen deines Abschlusses. Sondern vor allem, weil du bist, wer du bist.“ Sie küsste ihre Enkelin auf die Wange.
Ein leichtes Lächeln umspielte Lillians Lippen. Plötzlich fiel ihr Blick auf ein kleines Tablettendöschen neben Anas Teetasse auf dem Tisch. Sie runzelte die Stirn. „Was ist das?“
Ana sah hoch. „Nur meine Kopfschmerztabletten.“ Sie lieà das Döschen in ihrer Rocktasche verschwinden. „Das Wetter macht mir sehr zu schaffen. Diese Hitze mag schön für so ein junges Mädchen, wie dich zu sein, aber nicht für eine alte Frau.“ Sie schlug das Album auf. „Fernando hat diese Bilder mit seinem alten SchwarzweiÃ-Fotoapparat gemacht. Er unterstütze mich sehr, nachdem dein GroÃvater verschwunden war. Fernandos Frau war richtig eifersüchtig. Ich fürchtete den bösen Blick...“
Lillian konnte Anas Worten nur schwer folgen. Ihre Gedanken glitten immer wieder zu dem Döschen. Das Kopfschmerzentablettendöschen ihrer GroÃmutter sah anders aus. Aber möglicherweise war auch nur das Design geändert worden. Oder sie nahm Tabletten einer anderen Firma, welche besser wirkten. Ana hatte sich schlieÃlich schon oft beklagt, dass die Pillen kaum helfen würden. Plötzlich schoss ihr erneut der Gedanke durch den Kopf, welchen sie bereits auf der Brücke gehabt hatte. Spitze Krallen, die Klaue einer Wildkatze, schien ihr Herz zu umschlieÃen. Alles war vergänglich. Kein Glück währte ewig.
„Ist dir kalt, Cariña? Soll ich dir eine Decke bringen?“
Erst jetzt bemerkte Lillian, dass sie zitterte. „Nein, danke. Ich werde mir etwas Tee kochen.“ Sie erhob sich rasch. Anas Blick folgte ihr besorgt. „Du wirst doch nicht etwa krank?“
„Gewiss nicht. Ich war wohl zu lange in der Sonne.“
„Du solltest bald zu Bett gehen. Du brauchst Schlaf.“
„Ich habe noch genügend Zeit zum Schlafen.“ Lillian mühte sich um ein Lächeln und lieà sich mit der Tasse Tee in der Hand auf das Sofa sinken. Es hätte keinen Zweck ausgerechnet jetzt mit Ana über ihre Sorgen zu sprechen. „Lass uns zumindest noch dieses Album zu Ende ansehen.“
Ana betrachtete sie Stirn runzelnd, nickte aber schlieÃlich. „Das war die kleine Rosa an ihrem ersten Geburtstag. Der braune Teddybär war ihr Liebling. Er gehörte einst mir, war ein Geschenk meiner geliebten GroÃmutter gewesen, möge sie in Frieden ruhen.“
In jener Nacht konnte Lillian nicht schlafen. Es schien, als spürte sie die Dämonen der Vergangenheit, welche sich ihr näherten. Als spüre sie jene der Zukunft, welche sie schon erwarteten. Ihr Herz schmerzte aufgrund des verwirrenden Gefühlwirbels. Lillian dachte an Arturo. An ihre GroÃmutter, welche ihr offenbar etwas verheimlichte. An ihre Eltern, die sie so vermisste. An Ricardo, welcher ihr scheinbar soviel Hass und Verachtung entgegenbrachte, dass er ihr schaden wollte. Lillian dachte auch an Sarah und Eduardo, an die Lüge, mit welcher sie aufgewachsen war. Sie dachte an die Zukunft. Wie würde es weitergehen? Lillian erinnerte sich an Eduardos Worte. Er würde am Sonntag auf sie im Cafe warten. Es war ihre Entscheidung zu kommen oder nicht. Aber wollte sie hingehen? Ein Teil ihres Herzens schrie danach mehr über ihre Wurzeln zu erfahren, Klarheit zu bekommen. Ein anderer warnte sie ausdrücklich davor, vielleicht aber auch nur aus bloÃer Angst. Angst davor sich der gelebten Illusion endgültig bewusst zu sein.
Vielleicht erinnerte sich ihr Herz aber auch an etwas, das ihr Verstand schon längst vergessen hatte. An etwas, das sich in ihrer frühesten Kindheit ereignet hatte.
Lillian wusste selbst nicht, warum sie es getan hatte. Aber plötzlich war sie aufgestanden und zu dem kleinen Kasten gegangen. Sie zog den Schnellhefter Sarahs aus dem Kuvert und setzte sich auf das Sofa. Kaum hatte sie die nächste Seite aufgeschlagen, begann sie zu zittern.
Die Seele ist weiser als der Verstand.
Vielen Dank für dein umwerfendes Feedback :freu: Hab mich total darüber gefreut! Es freut mich total, dass dir meine Geschichte so gut gefällt!
Zitat:Aber du bist einfach nur genial,
Danke, dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben. Deine FF ist einfach phänomenal. Freue mich immer total auf jedes neue Kapitel.
Zitat:Ich würde Angela gerne näher kennen lernen. Wird sie noch mal vorkommen?
Da ich sie auch sehr gern hab, ja Aber inwieweit sie eine tragende Rolle spielen wird, muss ich mir noch überlegen.
Zitat:Ich denke hinter dieser einfachen Fasade steckt viel mehr.
Da hast du recht. Sie ist auch für mich eine sehr interessante Person.
Zitat:Dafür bewundere ich dich. Deine Charaktere sind so authentisch, so lebensnah und echt.
Das sind deine aber genauso. Ich fühle mich immer so tief in Rory und Jess hinein, dass es ist, als wären ihre Gefühle meine.
Zitat:Noch so ein Satz der mir ein breites Lächeln auf die Lippen bringt, mich in eine meterdicke Gänsehaut wickelt und mir sagt dass Lillian ihm wirklich sehr wichtig ist
Ich habe auch gelächelt, als ich das geschrieben habe. Ja, sie bedeutet ihm sogar sehr viel.
Zitat:Ich hoffe es kommt dazu, und sie wird am Ende mit ihm alles überstehen.
Dazu verrate ich noch nichts. Aber es wird noch sehr viel auf die beiden zukommen.
@alle: Eigentlich hab ich ja viel zu tun, aber ich musste trotzdem Schreiben, meine Finger haben gekribbelt, also bekommt ihr diese Woche noch einen Teil.
Ich hoffe, er gefällt euch.
Freu mich auf eure Feedbacks
Hab euch lieb
Bussi Selene
37. Teil
Lillian beobachtete die vorbeiziehenden Lichter lächelnd. Ihre linke Hand lag in Arturos. Sie lehnte sich im Autositz zurück und betrachtete seine Gesichtszüge. Er warf ihr aus dem Augenwinkel einen kurzen Blick zu und erwiderte ihr Lächeln. „Hat es dir gefallen? Ich weiÃ, es war nichts Besonderes, aber spontan ist mir nichts Besseres eingefallen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Es war etwas Besonderes.“ Arturo hatte von nur einem Stopp gesprochen. Dabei hatte es mehrere gegeben. Sie waren durch verschiedene Teile Manhattans spaziert, hatten die unterschiedlichsten Plätze und Menschen gesehen. „Ich liebe New York. Das ist mir wieder so richtig bewusst geworden. Diese Vielfalt ist unglaublich. Nirgendwo anders trifft man auf so viele unterschiedliche Menschen. Es war auch lustig sich wie eine Touristin in der eigenen Stadt zu fühlen. Hier gibt es noch so viel zu sehen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich werde als alte Frau noch nicht alles gesehen haben.“
Eine Falte bildete sich auf Arturos Stirn. „Ich hätte dir gerne mehr geboten. Dich spontan in ein Musical am Broadway oder ins Kino eingeladen. Oder in ein Restaurant in Little Italy, Chinatown oder SoHo.“
„Arturo...“ Sie strich ihm über den Arm. „Solche Dinge bedeuten mir nichts. AuÃerdem wäre es nichts Besonderes gewesen. Jeder, der zufällig das Glück hat, ausreichend Geld zu besitzen, kann das. Aber mich in die Heimat eintauchen zu lassen wie in eine aufregende Fremde, mich durch Stadtteile führt, an die unglaublichsten Architekturen und beeindruckendsten Plätze vorbei...das ist etwas Besonderes. Die Stadt an deiner Seite neu zu entdecken, war wundervoll und es hat mich von allen Sorgen abgelenkt. Ich war in diesen Stunden frei und glücklich. Hatte das Gefühl überall hingehen zu können...“
Er lachte. „Du solltest ein Buch schreiben: Der neue amerikanische Traum. Meine Liebeserklärung an die Stadt, die niemals schläft.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das wäre nicht fair. Das Buch würde den ersten Platz der Bestsellerliste zu lange besetzen.“
„In New York City sicher.“
„Täusch dich da mal nicht. Es gibt sehr viele Leute, die New York hassen. Entweder man liebt es, oder man hasst es. GroÃmama sehnt sich zum Beispiel oft nach ihrer alten Heimat, zumindest habe ich dieses Gefühl. Ihre Augen leuchten immer besonders hell, wenn sie von Kuba erzählt.“
„Irgendwann werdet ihr beide dieses Land bereisen.“
Lillian nickte. „Das möchte ich. Ich möchte überhaupt sehr viel von der Welt sehen.“
„Das wirst du auch eines Tages.“
Arturo wechselte plötzlich die Spur und fuhr auf eine Parklücke zu.
„Was machen wir hier?“ Lillian runzelte die Stirn.
Er gurtete sich ab. „Na komm schon. Und nimm den Sekt mit.“
Sie folgte seinen Worten. „Wohin gehen wir?“
Arturo antwortete nicht, sondern ergriff ihre Hand und zog sie mit sich.
Sie gingen eine Weile die StraÃe hinunter, ehe sie das Ziel erreichten.
„Die Brooklyn Bridge? Willst du zu Fuà über den Hudson River gehen?“ Lillian lachte.
„Bring mich auf keine dummen Gedanken.“ Er legte den Arm um ihre Hüfte und dirigierte sie in die gewünschte Richtung.
„Das ist unglaublich, einfach wundervoll.“ Lillian blickte auf das Lichtermeer, welches sich im Fluss spiegelte. Sie lehnte sich lächelnd an die Brüstung der Brücke. Arturo legte die Arme um sie und küsste ihren Nacken. „Ich wusste, du würdest es mögen.“
Sie seufzte leise. Ein zarter Tränenschimmer bildete sich in ihren Augen. Sie war glücklich. So glücklich hatte sie sich seit über zehn Jahren nicht mehr gefühlt. Doch auch ein dunkler Schatten begann zunehmend ihr Herz zu durchziehen. Glück war in ihrem Leben nie von langer Dauer gewesen. Es schien ihr nicht vergönnt zu sein. Sie spürte, dass auch dieses Glück nicht anhalten würde.
„Lillian?“ Arturo drehte sie sanft zu sich. „Was hast du denn?“
Sie wich seinem Blick aus. „Ich bin nur glücklich.“
„Nein, du warst noch nie einfach nur glücklich. Das erlaubst du dir selbst nicht.“ Er ergriff ihre Arme. „Seit Tagen bedrückt dich etwas. Es geht nicht nur um deine Eltern, habe ich recht?“
Lillian seufzte leise. „Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen...versteh mich bitte. Lass uns einfach diesen Moment genieÃen. Das ist alles, was ich im Augenblick möchte.“ Eine spitze Nadel schien durch ihr verwundetes Herz zu dringen. Sie rang einen Moment nach Luft.
Arturo nickte und zog sie in seine Arme. „Ich wünschte, ich könnte dir helfen. Irgendetwas für dich tun.“
Sie lächelte leicht. Eine einzelne Träne entwich ihrem Auge. Sie schien wieder etwas Druck von Lillians Herzen zu lösen. „Das tust du...wirklich. Du ahnst gar nicht, wie viel du tatsächlich für mich tust.“ Eine Hitzewelle umschloss ihr Herz und begann den Schmerz zu lindern. Lillian schlang die Arme um Arturo und küsste ihn. Für einen Moment schien sie allein das silberne Mondlicht zu umgeben. Lillian löste sich lächelnd aus Arturos Arme und drohte im Dunkel seiner Augen zu versinken. Sie wusste, dass - was auch immer passieren würde - ihnen immer dieser Moment bleiben würde.
Arturo griff nach der Sektflasche, welche er am Gehsteig abgestellt hatte, und öffnete sie. „Jetzt sollten wir endlich auf deinen Abschluss trinken.“
„Erwischen darf uns aber niemand dabei. Ich bin noch keine einundzwanzig. Sie würden dich sofort wegen Verführung zum Alkohol einsperren.“
„Ich lebe gerne gefährlich. Leider haben wir keine Gläser.“ Er reichte ihr die Flasche. „Alles Gute zum Abschluss.“
„Danke.“ Sie nippte daran und reichte sie ihm, damit er ebenfalls einen Schluck machen konnte.
„Es bleibt doch bei Montagabend, oder?“
Sie runzelte die Stirn.
„Dein Geburtstag. Wir wollten mit den anderen im Club feiern.“
„Okay.“
„Das klingt ja richtig begeistert.“
Lillian wich seinem Blick aus. „Nein, es ist nur...ich war nicht mehr im Club seit damals...du weiÃt schon. Ich weiÃ, was einige Leute seit Ricardos Geschichte über mich denken. Ich konnte ihnen zwar dank des Prüfungsstresses meistens leicht aus dem Weg gehen, aber ihre Gesichter...wie sie mich von weitem beobachteten, ist mir nicht entgangen...“
Arturo stellte die Sektflasche ab und legte den Arm um ihre Hüften. „Lass sie doch reden. Bald wird es ihnen zu dumm sein. Diesen Unsinn glauben sowieso nur die Leute, die du wirklich nicht ernst zu nehmen brauchst...“
„Dieselben Leute, die sich noch immer den Mund über meine Mutter zerreiÃen. Ricardo hat ihnen neuen Stoff geliefert.“ Lillian blickte auf die sanften Wellen des Flusses.
„Lillian, jeder der dich wirklich kennt, und deine Mutter kannte, glaubt kein Wort dieser Lügen.“ Er zog sie in seine Arme. „Wir können aber auch gerne woanders hingehen, wenn es dir lieber ist.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, es hat keinen Sinn. Ich kann mich nicht verstecken. Machen wir es so, wie es geplant war.“
Arturo strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Okay. Fahren wir zurück oder willst du noch ein wenig bleiben?“
Sie ergriff seine Hand. „Lass uns fahren. Aber das sollten wir wiederholen.“
Er lächelte. „Jeder Zeit.“
„Du kannst heute bei mir übernachten, wenn du das möchtest.“ Schlug Arturo vor, als sie ins Auto stiegen.
„GroÃmama wartet gewiss auf mich. Aber das holen wir nach, versprochen.“
„Okay.“ Er küsste sie sanft.
Als sie die Wohnung erreicht hatten, zog er sie nochmals in seine Arme. „Sehen wir uns morgen?“
„Ja. Ich komme am Abend vorbei. GroÃmama möchte ein wenig Zeit mit mir verbringen.“
Er nickte. „Ich hoffe, du wirst dann hungrig sein.“
Lillian lachte. „Ich werde tagsüber nur wenig essen, versprochen. Danke für diesen vollkommenen Tag.“ Sie küsste ihn sanft bevor sie ausstieg und das Wohnhaus betrat. Aus der Wohnung drangen keine Geräusche, weshalb sie versuchte so leise wie möglich aufzusperren.
„Lillian?“ Ana war tatsächlich wach geblieben. Sie saà im schwachen Licht der kleinen Lampe, welche auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa stand, und las Zeitung.
Lillian schloss die Tür und grüÃte ihre GroÃmutter lächelnd.
„Hattest du einen schönen Tag?“
Lillian sank neben sie auf das Sofa. „Ja.“
„Querida, du strahlst ja richtig.“ Ana nahm ihre Brille ab und ergriff die Hand ihrer Enkelin. „Du warst bei Arturo, habe ich Recht?“ Sie betrachtete sie lächelnd.
„Ja.“
„Er bedeutet dir offenbar wirklich sehr viel.“ Ana runzelte die Stirn. „Ich freue mich, dass du so glücklich bist. Aber vergiss trotzdem nicht vorsichtig zu sein, Cara. Du kennst die Männer...leider kann man nur den wenigsten Vertrauen schenken.“
Lillian unterdrückte ein Seufzen. „Ich werde aufpassen.“
Ana nickte zufrieden. „Das ist vernünftig.“
„Hör mal, GroÃmama. Ich würde Arturo gerne irgendwann zum Essen einladen. Ich möchte, dass ihr beide euch besser kennen lernt. SchlieÃlich sind wir jetzt richtig zusammen.“
Ana schien die Neuigkeit wenig zu berühren. „Das nach über einem Jahr...aber wenn es dir wirklich so viel bedeutet, soll er kommen... Aber wehe, er stiehlt unser bestes Geschirr.“ Sie zwinkerte.
Lillian erhob sich. „So etwas besitzen wir nicht, GroÃmama. Aber weiÃt du was, sollte er am Schwarzmarkt viel Geld für unsere Sachen ersteigern, überrede ich ihn dazu uns zehn Prozent davon abzugeben.“ Sie ging zu dem kleinen Kasten neben dem Sofa und öffnete die oberste Lade.
„Was machst du denn?“
„Meinen Abschluss feiern.“ Sie zog drei schwere Ordner heraus und trug sie zum Tisch. „Wir beginnen am besten mit den Babyfotos meiner Mutter.“ Sie ergriff das Album und legte es auf ihren SchoÃ.
Ana unterdrückte die aufkeimenden Tränen. Sie setzte ihre Brille auf und legte einen Arm um Lillian. „Ich bin so stolz auf dich. Aber nicht nur wegen deines Abschlusses. Sondern vor allem, weil du bist, wer du bist.“ Sie küsste ihre Enkelin auf die Wange.
Ein leichtes Lächeln umspielte Lillians Lippen. Plötzlich fiel ihr Blick auf ein kleines Tablettendöschen neben Anas Teetasse auf dem Tisch. Sie runzelte die Stirn. „Was ist das?“
Ana sah hoch. „Nur meine Kopfschmerztabletten.“ Sie lieà das Döschen in ihrer Rocktasche verschwinden. „Das Wetter macht mir sehr zu schaffen. Diese Hitze mag schön für so ein junges Mädchen, wie dich zu sein, aber nicht für eine alte Frau.“ Sie schlug das Album auf. „Fernando hat diese Bilder mit seinem alten SchwarzweiÃ-Fotoapparat gemacht. Er unterstütze mich sehr, nachdem dein GroÃvater verschwunden war. Fernandos Frau war richtig eifersüchtig. Ich fürchtete den bösen Blick...“
Lillian konnte Anas Worten nur schwer folgen. Ihre Gedanken glitten immer wieder zu dem Döschen. Das Kopfschmerzentablettendöschen ihrer GroÃmutter sah anders aus. Aber möglicherweise war auch nur das Design geändert worden. Oder sie nahm Tabletten einer anderen Firma, welche besser wirkten. Ana hatte sich schlieÃlich schon oft beklagt, dass die Pillen kaum helfen würden. Plötzlich schoss ihr erneut der Gedanke durch den Kopf, welchen sie bereits auf der Brücke gehabt hatte. Spitze Krallen, die Klaue einer Wildkatze, schien ihr Herz zu umschlieÃen. Alles war vergänglich. Kein Glück währte ewig.
„Ist dir kalt, Cariña? Soll ich dir eine Decke bringen?“
Erst jetzt bemerkte Lillian, dass sie zitterte. „Nein, danke. Ich werde mir etwas Tee kochen.“ Sie erhob sich rasch. Anas Blick folgte ihr besorgt. „Du wirst doch nicht etwa krank?“
„Gewiss nicht. Ich war wohl zu lange in der Sonne.“
„Du solltest bald zu Bett gehen. Du brauchst Schlaf.“
„Ich habe noch genügend Zeit zum Schlafen.“ Lillian mühte sich um ein Lächeln und lieà sich mit der Tasse Tee in der Hand auf das Sofa sinken. Es hätte keinen Zweck ausgerechnet jetzt mit Ana über ihre Sorgen zu sprechen. „Lass uns zumindest noch dieses Album zu Ende ansehen.“
Ana betrachtete sie Stirn runzelnd, nickte aber schlieÃlich. „Das war die kleine Rosa an ihrem ersten Geburtstag. Der braune Teddybär war ihr Liebling. Er gehörte einst mir, war ein Geschenk meiner geliebten GroÃmutter gewesen, möge sie in Frieden ruhen.“
In jener Nacht konnte Lillian nicht schlafen. Es schien, als spürte sie die Dämonen der Vergangenheit, welche sich ihr näherten. Als spüre sie jene der Zukunft, welche sie schon erwarteten. Ihr Herz schmerzte aufgrund des verwirrenden Gefühlwirbels. Lillian dachte an Arturo. An ihre GroÃmutter, welche ihr offenbar etwas verheimlichte. An ihre Eltern, die sie so vermisste. An Ricardo, welcher ihr scheinbar soviel Hass und Verachtung entgegenbrachte, dass er ihr schaden wollte. Lillian dachte auch an Sarah und Eduardo, an die Lüge, mit welcher sie aufgewachsen war. Sie dachte an die Zukunft. Wie würde es weitergehen? Lillian erinnerte sich an Eduardos Worte. Er würde am Sonntag auf sie im Cafe warten. Es war ihre Entscheidung zu kommen oder nicht. Aber wollte sie hingehen? Ein Teil ihres Herzens schrie danach mehr über ihre Wurzeln zu erfahren, Klarheit zu bekommen. Ein anderer warnte sie ausdrücklich davor, vielleicht aber auch nur aus bloÃer Angst. Angst davor sich der gelebten Illusion endgültig bewusst zu sein.
Vielleicht erinnerte sich ihr Herz aber auch an etwas, das ihr Verstand schon längst vergessen hatte. An etwas, das sich in ihrer frühesten Kindheit ereignet hatte.
Lillian wusste selbst nicht, warum sie es getan hatte. Aber plötzlich war sie aufgestanden und zu dem kleinen Kasten gegangen. Sie zog den Schnellhefter Sarahs aus dem Kuvert und setzte sich auf das Sofa. Kaum hatte sie die nächste Seite aufgeschlagen, begann sie zu zittern.
Die Seele ist weiser als der Verstand.