29.05.2007, 19:36
Mitch
Beide in unsere eigenen Gedanken versunken, bewegen wir uns auf das Schulgebäude zu.
Nachdem ich alle Sachen von Laura in die Wohnung getragen habe, machte sie sich stillschweigend daran, sich für den Unterricht bereit zu machen. Ich habe es vermieden, ihr zu erzählen, was Dorothee gesagt hat, denn ich denke, sie weiss es. Sie hat lange mit der Kälte dieser Frau gelebt. Sehr lang und doch nicht zu lang. Immerhin spüre ich in ihrer Anwesenheit Gefühle. Ganz Schwach zwar, aber ich bin mir sicher, dass da etwas ist. Wut, Trauer, Schmerz und dann wieder der Wille, zu kämpfen. Weiter zu machen, obwohl alles so sinnlos wirkt. Ab und zu, und ich bin wirklich sehr dankbar dafür, huscht ein kleines Lächeln über ihr Gesicht. Es ist nicht frei von Sorgen, aber dennoch ehrlich. Wenn mich nicht alles täuscht, beginnt sie langsam Vertrauen zu mir aufzubauen.
Einerseits bin ich erleichtert darüber, dass sie überhaupt noch vertrauen kann, doch dann, dann macht es mir wieder Angst. Sie will mir vertrauen. Jess Mariano, der sein Leben lang nur Misstrauen begegnet ist. Was ist, wenn ich ihr nicht geben kann, was sie braucht? Ich will es ihr geben, ja, ich will ihr alles geben was nötig ist, um sie lachen zu sehen, aber wenn ich es nicht kann? Wie ich es auch drehe und wende, Laura ist bloss ein Mädchen, das Probleme hat und die selbe Klasse besucht wie ich. Das ist alles. Momentan. Doch Rory, Rory habe ich geliebt, und das tue ich immer noch. Denke ich. Und trotzdem musste ich ihr Vertrauen brechen. Ich bin abgehauen.
,,Jess? Alles okay?ââ Ãberrascht stelle ich fest, dass wir vor dem Klassenzimmer stehen. Ich muss wohl etwas abwesend gewesen sein. ,,Ãhm, klar. Alles okay. Komm, lass uns reingehen!ââ
Die Stunden ziehen sich endlos hin. Ständig spukt Rory in meinem Kopf rum. Verdammt, was will sie da? Ich habe ihr doch verboten, teil meiner Gedanken zu sein!
In der letzten Schulstunde kommt ein Typ, Mitch ist sein Name, auf Laura und mich zu. ,,Na, hast dir wohl mal wieder die Mühe genommen, dich zu duschen!ââ Ein hämisches Grinsen sitzt in seinem Gesicht. Seine Augen sind voller Abscheu. Laura bleibt ganz ruhig. Keine Reaktion. Nichts. Wie immer. Aber ich balle vor lauter Wut die Hände zu Fäusten. ,,Lass sie in Frieden!ââ, fahre ich ihn an. Erst jetzt sieht er auch mich an. ,,Du willst mir sagen, was ich tun und lassen soll? Du armseliges Findelkind?ââ Ohne einen weiteren Moment nachzudenken, gehe ich auf ihn los, doch im selben Augenblick bin ich es, der auf dem Boden liegt. Gerade will mir Mitch die Fresse polieren, als noch rechtzeitig ein Lehrer dazwischen kommt. Nachsitzen für uns beide. Toll! Ich tu so, als ob es Mitchs Glück wäre, dass Mr. Salinger uns auseinander gedrängt hat, doch ich weiss, es ist meines. Gegen diesen abartigen Muskelberg wäre ich machtlos gewesen.
Ich drücke Laura die Schlüssel meines Autos in die Hand. Eigentlich lasse ich niemanden an meine Schrottkarre ran, dennoch tue ich es bei ihr. Ich hege noch nicht einmal Zweifel. ,,Ich hol dich in zwei Stunden wieder ab!ââ Ich nicke kurz und mache mich auf, um mich meiner Strafe zu stellen. Das Zimmer ist voll. Und wie könnte es anders sein, ist der einzige freie Platz neben Mitch. Genervt setzte ich mich hin, worauf er sich gleich zu mir dreht. Zuerst denke ich, er lässt wieder einen seiner genialen Sprüche ab, doch stattdessen entschuldigt er sich bei mir. ,,Was? Habe ich das eben richtig verstanden?ââ Ich kann mir nicht einmal vorstellen, dass er weiss, was eine Entschuldigung ist. ,,Ja, ich...ich. WeiÃt du, wennâs um Laura geht, dann...ââ Bei ihrem Namen hebe ich interessiert den Kopf. Könnte ja sein, dass ich etwas neues über sie erfahre. ,,Es ist so: Laura und ich waren zusammen. Wir waren zu der Zeit ein Paar, als sie sich so seltsam benommen hat und sich immer mehr zurückzog und dann....du weiÃt bestimmt bereits, was dann passiert ist.ââ Wortlos nicke ich. ,,Sie hat niemandem erzählt, was lost ist. Nicht einmal mir. Dabei war ich doch ihr Freund. Nachdem Selbstmordversuch habe ich sie im Krankenhaus besucht. Ich wollte ihr beistehen. Für sie da sein. Ich bin nicht so gut mit Gefühlen und soân Kram, aber irgendwie habe ich sie...geliebt. Aber das hat sie nicht interessiert. Noch am selben Tag hat sie sich von mir getrennt. Einfach so.ââ
Wer hätte das Gedacht. In diesem Kasten steckt so etwas wie Gefühle. Eigentlich ist das doch völlig unmöglich, also ich meine, dass er das sagt. Und dann ausgerechnet mir. Verdammt, wieso schafft es dieser Typ, offen mit mir zu sprechen, und ich habe das nicht einmal bei Rory geschafft? Wieso? Vielleicht verarscht er mich ja? Nein, so gut kann kein Mensch auf Erden schauspielern. Verlangt er jetzt etwa, dass ich etwas dazu sage? ,,Ãhm...das ist echt....scheisse! Hat sie keinen Grund genannt?ââ Unsicher starre ich den Boden zu meinen Füssen an. Wahrscheinlich war die Frage zu persönlich. ,,Doch. Doch, sie hat etwas gesagt. Sie hat von einem Leo gesprochen. Ich weiss nicht genau, was sie meinte, den sie hat ziemlich rumgestottert. Ich habe bloss etwas wie ,Leo totâ und ,endlich Wahrheitâ verstanden. Und dann meinte sie noch, ich solle los lassen und nach etwas suchen, das einen Sinn hat.ââ Wieso spricht diese Frau immer in Rätseln? Klare Ansagen kennt sie wohl nicht. Ich werde sie später danach fragen. Ich habe ein Recht darauf, mehr über sie zu erfahren.
Beide in unsere eigenen Gedanken versunken, bewegen wir uns auf das Schulgebäude zu.
Nachdem ich alle Sachen von Laura in die Wohnung getragen habe, machte sie sich stillschweigend daran, sich für den Unterricht bereit zu machen. Ich habe es vermieden, ihr zu erzählen, was Dorothee gesagt hat, denn ich denke, sie weiss es. Sie hat lange mit der Kälte dieser Frau gelebt. Sehr lang und doch nicht zu lang. Immerhin spüre ich in ihrer Anwesenheit Gefühle. Ganz Schwach zwar, aber ich bin mir sicher, dass da etwas ist. Wut, Trauer, Schmerz und dann wieder der Wille, zu kämpfen. Weiter zu machen, obwohl alles so sinnlos wirkt. Ab und zu, und ich bin wirklich sehr dankbar dafür, huscht ein kleines Lächeln über ihr Gesicht. Es ist nicht frei von Sorgen, aber dennoch ehrlich. Wenn mich nicht alles täuscht, beginnt sie langsam Vertrauen zu mir aufzubauen.
Einerseits bin ich erleichtert darüber, dass sie überhaupt noch vertrauen kann, doch dann, dann macht es mir wieder Angst. Sie will mir vertrauen. Jess Mariano, der sein Leben lang nur Misstrauen begegnet ist. Was ist, wenn ich ihr nicht geben kann, was sie braucht? Ich will es ihr geben, ja, ich will ihr alles geben was nötig ist, um sie lachen zu sehen, aber wenn ich es nicht kann? Wie ich es auch drehe und wende, Laura ist bloss ein Mädchen, das Probleme hat und die selbe Klasse besucht wie ich. Das ist alles. Momentan. Doch Rory, Rory habe ich geliebt, und das tue ich immer noch. Denke ich. Und trotzdem musste ich ihr Vertrauen brechen. Ich bin abgehauen.
,,Jess? Alles okay?ââ Ãberrascht stelle ich fest, dass wir vor dem Klassenzimmer stehen. Ich muss wohl etwas abwesend gewesen sein. ,,Ãhm, klar. Alles okay. Komm, lass uns reingehen!ââ
Die Stunden ziehen sich endlos hin. Ständig spukt Rory in meinem Kopf rum. Verdammt, was will sie da? Ich habe ihr doch verboten, teil meiner Gedanken zu sein!
In der letzten Schulstunde kommt ein Typ, Mitch ist sein Name, auf Laura und mich zu. ,,Na, hast dir wohl mal wieder die Mühe genommen, dich zu duschen!ââ Ein hämisches Grinsen sitzt in seinem Gesicht. Seine Augen sind voller Abscheu. Laura bleibt ganz ruhig. Keine Reaktion. Nichts. Wie immer. Aber ich balle vor lauter Wut die Hände zu Fäusten. ,,Lass sie in Frieden!ââ, fahre ich ihn an. Erst jetzt sieht er auch mich an. ,,Du willst mir sagen, was ich tun und lassen soll? Du armseliges Findelkind?ââ Ohne einen weiteren Moment nachzudenken, gehe ich auf ihn los, doch im selben Augenblick bin ich es, der auf dem Boden liegt. Gerade will mir Mitch die Fresse polieren, als noch rechtzeitig ein Lehrer dazwischen kommt. Nachsitzen für uns beide. Toll! Ich tu so, als ob es Mitchs Glück wäre, dass Mr. Salinger uns auseinander gedrängt hat, doch ich weiss, es ist meines. Gegen diesen abartigen Muskelberg wäre ich machtlos gewesen.
Ich drücke Laura die Schlüssel meines Autos in die Hand. Eigentlich lasse ich niemanden an meine Schrottkarre ran, dennoch tue ich es bei ihr. Ich hege noch nicht einmal Zweifel. ,,Ich hol dich in zwei Stunden wieder ab!ââ Ich nicke kurz und mache mich auf, um mich meiner Strafe zu stellen. Das Zimmer ist voll. Und wie könnte es anders sein, ist der einzige freie Platz neben Mitch. Genervt setzte ich mich hin, worauf er sich gleich zu mir dreht. Zuerst denke ich, er lässt wieder einen seiner genialen Sprüche ab, doch stattdessen entschuldigt er sich bei mir. ,,Was? Habe ich das eben richtig verstanden?ââ Ich kann mir nicht einmal vorstellen, dass er weiss, was eine Entschuldigung ist. ,,Ja, ich...ich. WeiÃt du, wennâs um Laura geht, dann...ââ Bei ihrem Namen hebe ich interessiert den Kopf. Könnte ja sein, dass ich etwas neues über sie erfahre. ,,Es ist so: Laura und ich waren zusammen. Wir waren zu der Zeit ein Paar, als sie sich so seltsam benommen hat und sich immer mehr zurückzog und dann....du weiÃt bestimmt bereits, was dann passiert ist.ââ Wortlos nicke ich. ,,Sie hat niemandem erzählt, was lost ist. Nicht einmal mir. Dabei war ich doch ihr Freund. Nachdem Selbstmordversuch habe ich sie im Krankenhaus besucht. Ich wollte ihr beistehen. Für sie da sein. Ich bin nicht so gut mit Gefühlen und soân Kram, aber irgendwie habe ich sie...geliebt. Aber das hat sie nicht interessiert. Noch am selben Tag hat sie sich von mir getrennt. Einfach so.ââ
Wer hätte das Gedacht. In diesem Kasten steckt so etwas wie Gefühle. Eigentlich ist das doch völlig unmöglich, also ich meine, dass er das sagt. Und dann ausgerechnet mir. Verdammt, wieso schafft es dieser Typ, offen mit mir zu sprechen, und ich habe das nicht einmal bei Rory geschafft? Wieso? Vielleicht verarscht er mich ja? Nein, so gut kann kein Mensch auf Erden schauspielern. Verlangt er jetzt etwa, dass ich etwas dazu sage? ,,Ãhm...das ist echt....scheisse! Hat sie keinen Grund genannt?ââ Unsicher starre ich den Boden zu meinen Füssen an. Wahrscheinlich war die Frage zu persönlich. ,,Doch. Doch, sie hat etwas gesagt. Sie hat von einem Leo gesprochen. Ich weiss nicht genau, was sie meinte, den sie hat ziemlich rumgestottert. Ich habe bloss etwas wie ,Leo totâ und ,endlich Wahrheitâ verstanden. Und dann meinte sie noch, ich solle los lassen und nach etwas suchen, das einen Sinn hat.ââ Wieso spricht diese Frau immer in Rätseln? Klare Ansagen kennt sie wohl nicht. Ich werde sie später danach fragen. Ich habe ein Recht darauf, mehr über sie zu erfahren.