[MinowaySunshine]

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Flashback

Er lehnt sich gegen die weiche Sofalehne. Es scheint alles friedlich. Rachel hantiert in der Küche herum, schneidet Gurken und Tomaten und stößt einen leisen Fluch aus als sie sich den Kopf an einem der Küchenschränke stößt.
Er hat sein T-Shirt ausgezogen, es ist warm in der Wohnung. Warum, weiß er nicht genau. Jedenfalls wartet er darauf, dass der Film endlich losgeht. Es ist ein guter Film. Rory hätte ihn gemocht. Rory. Er schüttelt den Kopf. Es ist lange vorbei. Sie hat ihn weg geschickt. Und er kann es ihr nicht einmal verübeln. Zu bescheuert hat er sich benommen, als er noch die Chance hatte es gut zu machen.
Du solltest den Rekorder langsam mal programmieren. Sonst wird das nichts mit dem Aufnehmen... meint Rachel laut aus der Küche.
Er nickt, doch er rührt sich nicht. Er starrt zu Rachel hinüber. Sie sieht gut aus, heute. Er wundert sich zum wiederholten Male, warum sie ihm zwar gefällt, aber er kein Verlangen nach ihr verspürt. Sie sind die besten Freunde, und zwischen ihnen ist nichts weiter als der wöchentliche Streit um den Platz auf dem Sessel, wenn der Fernsehfilm der Woche angesehen wird. Er seufzt. Sie ist wirklich hübsch. Aber nicht sein Typ. Und er wohl auch nicht ihrer.
Er zuckt zusammen, als es an der Tür klingelt. Rachel dreht sich Stirn runzelnd um. Erwartest du Besucht? Fragt sie.
Er schüttelt den Kopf und steht auf.
Zieh dir was über. Es zieht da draußen im Treppenhaus, sagt sie und wendet sich wieder der Paprika zu. Er zieht die dünne Jacke von der Lehne und zieht sie sich über, während er zur Tür geht. Misstrauisch sieht er durch den Spion. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein Bettler nach oben verirrt hat, und ihn um Geld bittend zu nahe tritt. Doch was er sieht, lässt ihn erstarren. Er steht einige Augenblicke einfach nur da und starr vor sich auf die Wand. Er klingelt erneut.
Jess! Was ist los? Bist du auf dem Weg zur Tür eingeschlafen? Hört er Rachels Stimme aus der Küche. Er reißt sich aus seiner Starre und öffnet langsam die Tür. Als er vor ihr steht, merkt er nicht einmal, dass die Jacke nur über seiner rechten Schulter hängt. Als er ihre Blicke bemerkt, zieht er sie schnell an und zieht den Reißverschluss ein Stück hoch. Nicht weit genug.
Hi, sagt sie leise.
Was tust du hier? Antwortet er kühl.
Ich... sie beißt sich auf die Unterlippe.
Du... was? Fragt er und krallt seine Hand um den Türknauf.
Ich muss... sie unterbricht sich erneut.
Ist etwas mit Luke? Fragt er.
Was ist, darf ich dich etwa erst besuchen, wenn etwas mit Luke ist? Fragt sie und sieht ein wenig beleidigt aus.
Natürlich! Warum solltest du sonst kommen? Du bist sauer auf mich, schon vergessen? Fragt er und lehnt sich an den Türrahmen, lässt den Knauf jedoch nicht los.
Oh, jetzt kapier ich es erst. Ich bin also der Bösewicht, der unsere Beziehung ruiniert hat. Aber ich sollte dich vielleicht daran erinnern dass du es warst, der sich mit Dean geprügelt hat und dann wortlos abgehauen ist! Sagt sie in schneidendem Ton.
Tut mir leid, Rory. Aber den Schuh zieh ich mir kein zweites Mal an... er dreht sich um und geht in die Wohnung zurück. Als er versucht die Tür zu schließen, hat sie ihren Fuß blitzschnell hinein gestellt. Er sieht auf eine spitze, schwarze, ledrige Schuhspitze und öffnet die Tür erneut einen Spalt breit.
Was denn noch? Bist du gekommen, um mich fertig zu machen? Glückwunsch, Ziel erreicht, kann ich jetzt wieder rein gehen? Hier draußen ist es verdammt kühl, sagt er und zieht den Reißverschluss seiner Jacke ein bisschen höher.
Ich... ich wollte nur... fängt sie an, doch er unterbricht sie barsch.
Was wolltest du?! Mein Leben schon wieder über den Haufen werfen? Er versucht erneut die Tür einfach zu zu stoßen, doch wieder hat sie ihren Fuß in der Tür.
Jess... ich habe spitze Schuhe an. Ich schätze mal so grob, dass ich gewinnen werde, sollten wir einen Nahkampf anfangen... sagt sie ernst und bemerkt dann erst die zweite Person, die sich in der Wohnung aufhält. Erst hört sie ihre Stimme aus dem Wohnzimmer, so denkt sie.
Jess, der Film fängt gleich an! Ich werde ihn dir nicht aufnehmen! Dann verpasst du ihn eben ein weiteres Mal, es ist eine Frauenstimme, und Rory schluckt. Eigentlich will sie sofort wieder umdrehen, doch dann erscheint auch schon eine Gestalt neben Jess im Türrahmen.
Jess sieht sich kurz zu ihr um, dann räuspert er sich kurz und sieht Rory Stirn runzelnd an.
Rory, das ist meine Mitbewohnerin, Rachel... fängt er an und fühlt sich sichtbar unwohl.
Rory starrt die junge Frau an. Sie ist groß, größer als Jess, und muskulös. Dunkelhaarig und braun gebrannt. Eigentlich ganz hübsch. Aber Rory würde lieber alleine mit Jess sprechen.
Klar... meint sie. Mitbewohnerin... ich ähm... ich sollte dann wohl besser gehen, meint sie trocken. Sonst verpasst du noch deinen Film... sie nimmt den Fuß aus dem Türrahmen und macht Anstallten sich umzudrehen.
Rory... ruft Jess sie zurück, und als sie sich umdreht, sieht er viel sagend zu Rachel. Diese zuckt mit den Schultern, wirft einen letzten Blick auf Rory und murmelt etwas Unverständliches, bevor sie in der Wohnung verschwindet.
Er kommt in seiner Jacke und einer dünnen Hose aus der Tür, barfuss und sieht ein bisschen müde aus. Sie steht am Treppenabsatz und würde am liebsten weg rennen.
Was wolltest du wirklich? Fragt er.
Ich... nichts... sagt sie und will gehen.
Rory! Ruft er energisch und sie dreht sich unsicher um. Wegen „nichts“ fährst nicht mal du zwei Stunden Auto... er steht da, paradoxerweise barfuss und fröstelnd, die Arme um seinen Oberkörper geschlungen, und sieht sie eindringlich an.
Es ist wirklich nichts... ich wollte nur sehen, wie es dir geht. Ich will dein Leben weder über den Haufen werfen noch sonst irgendetwas... ich will nur, dass du mir irgendwann verzeihen wirst können...und sie geht. Jess bleibt vollkommen perplex am Treppenabsatz stehen und sieht ihr verwundert hinterher, als sie in enormem Tempo das Treppenhaus verlässt und sich wünscht, niemals her gekommen zu sein...

Flashback Ende


Selbst heute weiß ich nicht, was genau ich damals bei Jess wollte. Es war im ersten Moment nur der Wunsch um Entschuldigung zu bitten. Dann wuchs die Wut, als er den Fehler nicht auf beiden Seiten beruhen lassen wollte. Und schließlich gingen wir wieder mal im Streit auseinander. Das war zwei Monate vor Lukes Hochzeit mit Mum. Er sollte nie erfahren, warum ich tatsächlich in New York war. Ich wusste es ja selbst nicht.
Grandpa sitzt noch immer vor Jess’ Bett und unterhält sich mit ihm. Als ich auflege, sehen sie mich erwartungsvoll an. Ich sage ihnen, dass Mum und Luke nachher kommen werden. Jess nimmt es nickend zur Kenntnis und sieht mich lange an. Dann erst sagt er etwas. Seine Stimme ist fest und rau, ich bin erstaunt wie kraftvoll es klingt.
Könntest du mir einen Gefallen tun? Fragt er.
Ich sehe ihn erwartungsvoll an.
Könntest du meine Mutter anrufen? Fragt er leise. Ich hätte gerne, dass sie dabei ist, wenn ich schon vor ihr abkratze... er beginnt leise zu lachen, doch es verwandelt sich in einem leichten Hustkrampf.
Ich reagiere nicht, stehe nur da und sehe ernst dabei zu, wie er das Gesicht vor Schmerz verzieht. Grandpa hält sich raus, und das ist gut so.
Hör auf damit, sage ich ruhig, aber dennoch ernst.
Er schließt kurz die Augen. Entschuldige, sagt er leise. Er streckt seinen gesunden Arm auf und greift nach meiner Hand. Er drückt sie mit erstaunlicher Kraft, und ich erwidere es. Mach dir keine Sorgen, sagt er dann. So schnell wirst du mich nicht los...
Ich versuche vergeblich zu lächeln. Will ich auch nicht hoffen... sage ich leise und schlucke.
Luke hat einen Schlüssel zu der Wohnung. Auf der Kommode neben dem Telefon liegt ein schwarzes Buch. Sag ihm, er soll es dir mitbringen, sollte er heute Abend noch herkommen... erklärt er müde. Ich bin erstaunt, wie gut er wieder sprechen kann. Immerhin brachte er heute Mittag kaum ein Wort raus.
Ich nicke. Okay... sage ich und nehme das Handy, das ich auf seinem Nachttisch hinterließ, wieder an mich.
Ich lasse Jess Hand los und entferne mich etwas von seinem Bett. Ich bin den Tränen nahe. Das, was er sagte, in der Hoffnung mich zum Lachen zu bringen, hat mich zutiefst getroffen, denn es brachte mich diesen paar Minuten, in denen er auf der Straße gelegen hatte, wieder unglaublich nah. Ich schniefe einmal und wähle dann Lukes Nummer. Als ich das Handy an mein Ohr halte, denke ich an Logan. Ich versuche all diese schönen und weniger schönen Momente mit ihm zu verdrängen. Doch es sollte alles viel eher in mir hoch und ans Licht kommen, als ich es mir hätte vorstellen können...
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Und jetzt freue ich mich auf viel Fb... :freu::freu::freu: Also haut heftig in die Tasten.
Grüsse meine süsse Anne... auf dass sie bald wieder vernetzt ist...