25.07.2007, 15:07
Hi ihr... also weil ich grad mal fünf Minuten ins Internet kann, und Selene (herzlich willkommen zurück süsse
) den neuen Teil wieder sehr schnell beta gelesen hat (hab dich lieb, und danke dir nochmals sehr fürs betalesen...), poste ich diesen nun, muss aber sagen dass es mit dem Re-Fb für Selene noch etwas dauern kann.
Gurke: Freue mich dass du liest.
Sariche: Hab dich ganz doll lieb, danke für dein Re-Re-Fb...
Viel Spass nun beim Lesen, und freue mich auf euer Fb.
Kapitel 33. Vorbereitungstaktik
Langsam schlage ich die Augen auf. Es war eine lange Nacht, und das ewige Tuten des blöden Weckers geht mir tierisch auf den Nerv. Blinzelnd hebe ich den Arm und schlage nach dem Störenfried auf dem Nachttisch. 8:30, zeigt er an, und als das nervtötende Geräusch verstummt, lasse ich mich stöhnend zurück in das weiche Kissen sinken. Mein Kopf brummt ein bisschen und veranlasst mich zu dem Gedanken mich einfach wieder umzudrehen und weiter zu schlafen. Als ich den Kopf zur Seite drehe, sehe ich nur das leere Bett. Stirn runzelnd setze ich mich auf. Wann ist er aufgestanden?
Entschlossen schlage ich die Bettdecke zurück und stehe auf. Die Pyjamahose an die richtige Stelle rückend trete ich ans Fenster und sehe in das kalte Stadtleben hinaus.
Zum wiederholten Male fühle ich mich alleine. Die Leute, die durch die frische Morgenluft hetzen, scheinen unter permanentem Zeitdruck zu stehen. Sie wissen nicht, was das schöne im Leben ist, kennen das gute nicht, sind wie Marionetten an einem unsichtbaren Faden, geführt von einem Spieler, dessen Hände von ihren Seelen besessen scheint.
Wir sind vorgestern Nacht sehr spät angekommen. Zum Glück hatte Grandpa uns in diesem gemütlichen Hotel ein Zimmer reserviert. So konnten wir gleich ins Bett fallen und einfach einschlafen. Ich drehe mich um und sehe auf das durchwühlte Bett. Dann muss ich lächeln. Lange haben wir gestern noch darin gelegen und einfach nur geredet. Ãber alles Mögliche. Ãber die Kinder. Ãber ihn. Ãber mich. Ãber uns.
Flashback
Du riechst gut, sagt sie, als er sich neben sie auf das Bett setzt und sich an das Kopfende lehnt. Sein Haar ist tropfnass und bildet kleine kreisrunde Flecken auf Kopfkissen, Decke und seinem Shirt. Doch es macht ihm nichts aus. Er lächelt sie nur an und schweigt. Dann senkt er den Kopf und scheint in Gedanken versunken.
Danke, dass du da bist, sagt sie, und kommt sich langsam nervig vor, weil sie immer das gleiche sagt.
Er sieht sie erstaunt an. Das hatten wir doch schon, sagt er heiser und räuspert sich leise.
Ich weiÃ, sagt sie lächelnd. Aber ich denke, dass es nicht selbstverständlich ist, was du für mich tust. Du könntest dich auch einfach raushalten.
Er sieht sie lange an, tut einfach nichts. Schweigend sehen sie sich an, und sie spürt ein wenig Angst. Angst, dass er es sich anders überlegen könnte. Angst, dass er ihr nun sagt, dass er das alles nicht länger mit sich rumschleppen kann, dass er gehen muss, Zeit braucht, dass er weg will. Einfach nur weg. Das schlimmste ist: sie würde es sogar verstehen.
Und doch tut er nichts. Gar nichts. Ruhig sehen sie sich an. Schweigend. Bis er endlich reagiert. Er dreht sich ein bisschen zur Seite und rutscht am Kopfende runter, bis er direkt neben ihr liegt. Lange sieht er sie an. In ihre wundervollen blauen Augen, tief wie das Meer. Und versinkt in ihnen. Denkst du, dass ich das will? Fragt er schlieÃlich und seine Stimme klingt belegt, wie als wolle er im nächsten Moment in Tränen ausbrechen.
Rory senkt den Blick und antwortet nicht.
Rory... du weiÃt doch, was los ist, sagt er und streicht ihr eine Strähne aus der Stirn. Ich werde dich nicht einfach alleine lassen. Ich liebe dich. Und auch wenn es noch nicht geht, es wird so bleiben, egal was passiert. Das weiÃt du. Natürlich könnte ich mich raushalten. Aber das entspricht nicht meiner Vorstellung. Ich will dir helfen, ich will bei dir sein, ich will, dass Michael zurückkommt, dass es endlich gut wird. Verstehst du? Und das geht nicht, wenn ich mich zuhause in eine Ecke hocke und nichts tue. Ich will dir eine Hilfe sein, keine Last, seine Stimme klingt fest und kraftvoll, und sie dankt ihm dafür, denn er schenkt ihr das nötige Vertrauen in sich selbst. In ihn. In sie beide.
Leise lächelt sie ihn an und nickt. Es ist eine merkwürdige Situation. Beide wissen, was sie für den jeweils anderen empfinden, doch sie wissen auch, dass es besser ist, wenn sie den Prozess abwarten. Und es wird nicht mehr lange dauern. Ãber dieses Jahr hinweg, sind sie noch näher zusammen geschweiÃt worden, und das ist gut so. Ohne ihre Liebe weit in die Welt hinaus zu schreien, ohne jegliche körperliche Liebe, ohne leidenschaftliche Berührungen und begehrende Blicke. Einfach nur gesunde Freundschaft mit liebevollen Blicken und Worten. Ohne jeglichen Zeitdruck, ganz ohne Angst.
Sie kuschelt sie ein bisschen an ihn und nimmt seine Hand. Verträumt spielt sie damit herum, fährt jeden Finger mit ihrem nach, streicht sanft über seine frische Haut.
Noch wissen sie nicht, dass beide auf eine harte Probe gestellt werden, wenn der Prozess beginnt. Viele Tränen werden vergossen werden, Geheimnisse werden auffliegen. Und alles wir anders sein...
Flashback Ende
Ich höre, wie die Tür geöffnet wird, fahre erschrocken herum. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht, als ich ihn sehe. Er trägt eine dunkle Hose und ein graues Sweatshirt. In seiner Hand, unzertrennlich, der Gehstock. Seine Augen glitzern schwarz unter seinem dunklen Haar hervor. Er ist schmal geworden, was sicherlich daran liegt dass er ebenfalls Angst vor dem Prozess hat. Selbst wenn er ein wenig ungesund aussieht, so hat sein Arzt gesagt, es sei gar nicht verkehrt. So könnte sich sein Knie sehr viel besser erholen. Ein bisschen paradox, wie ich finde.
Ãberhaupt hat sein Arzt einen an der Klatsche, ich weià nicht einmal, warum ich das denke. Aber er ist tatsächlich nicht ganz normal. Ich denke an seine Tage in der Rehaklinik zurück. Tränen sind geflossen, viele davon. Tränen des Schmerzes, von seiner Seite aus. Sowohl psychisch wie auch physisch. Letzteres wohl mehr. Ich war täglich bei ihm, habe gesehen wie er gelitten hat, sich mit Schmerzmitteln voll gepumpt hat, um überhaupt stehen zu können.
An manchen Tagen war es gut, er war gut gelaunt und lachte viel. Doch an den schlechten, die zu Anfang die überwiegenden waren, schluckte er stündlich Tabletten, und im Nachhinein bin ich sicher, er wollte nur nicht, dass ich seine Schmerzenstränen sehe. Ich sah sie trotzdem. Wenn er sich an seinem Krückstock den Gang zu seinem Zimmer hochquälte, mit zusammen gebissenen Zähnen und mit Tränen in den Augen.
Ich fühlte mit ihm, wollte ihm alles abnehmen. Doch er lieà es nicht zu. Mit unerbittlichem Mut und Kraft kämpfte er weiter, trieb mich voran, hielt niemals inne.
Zunächst hatte ich Angst. Angst um ihn. Ich dachte zu Anfang, er würde niemals von seinen Tabletten los kommen. Wenn ich abends nach Hause kam, geschafft von der Arbeit, mit Einkauf und Sully an der Leine, sah ich ihn oftmals mit Claire vor dem Fernseher schlafen. Er hat immer auf mich gewartet, und war zusammen mit ihr eingeschlafen. Und selbst im Schlaf hatte er einen angestrengten und sehr schmerzvollen Ausdruck auf dem Gesicht. Und immer wenn ich ihn weckte, schluckte er seine Tabletten.
Es ging so weit, dass ich heimlich seinen Arzt anrief und ihn fragte, ob es normal sei. Doch dieser war sowieso so durchgeknallt, dass ich sein zwielichtiges Urteil auÃer Acht lieÃ. Als ich eines Abends nach Hause kam, hörte ich, wie er im Badezimmer herum wuselte. Die Tür stand offen, und als ich hineinkam, war er gerade dabei alle seine Tabletten die Toilette hinunter zu spülen. Als er mich sah, hatte er nur gelächelt und gemeint, die schlimme Zeit sei nun vorüber, und er würde sie nun nicht mehr brauchen.
Ich war damals sehr stolz auf ihn gewesen, hatte ihn angelächelt und ihm liebevoll mit der Hand durch das Haar gefahren. SchlieÃlich hatten wir es uns im Wohnzimmer gemütlich gemacht, und waren beim Fernsehen friedlich eingeschlafen.
Nun humpelt er langsam auf mich zu, mit einer Papiertüte in seiner linken.
Hey... sagt er leise. Ich hab dir Kaffee und Bagels mitgebracht. Ich dachte, du schläfst noch. Er lächelt. Und ich tue es ihm gleich.
Danke, sage ich sanft und nehme ihm die Tüte ab. Wann bist du aufgestanden? Frage ich, nur um etwas zu fragen.
Um sechs, sagt er und meine Augen weiten sich erschrocken.
So früh? Was hast du gemacht? Frage ich erstaunt.
Spazieren. Sully fehlt mir ein bisschen, gibt er zu.
Ich weiÃ, sage ich. Aber wir konnten sie ja schlecht mit in ein winziges Hotelzimmer nehmen.
Er nickt und setzt sich auf das Bett.
Wann kommt Otello? Fragt er irgendwann.
Ich trinke einen Schluck von meinem Kaffe und sehe wieder aus dem Fenster. Bald. Er ist in Hartford, bei Sam, sage ich und falle sofort zurück in Gedanken.
Flashback
Hi, Sam. Ich muss mit dir reden... beginnt sie, und er sieht sie nur fragend an. Ihre Stimme klingt auÃerordentlich kühl, und es ist kein Wunder, bei dem was sie aus Jess rausbekommen hat.
Ich muss wissen, was auf dem Laptop war, den du Jess anvertraut hast.
Sams Augen weiten sich. Du weisst davon? Fragt er besorgt. Jess hat es dir also erzählt, es klingt enttäuscht, als hätte Jess ein gehütetes Geheimnis einfach so ausgeplaudert.
Er musste es, wohl oder übel. Nachdem er deswegen zusammen geschlagen und schlieÃlich mit zwei Schussverletzungen auf der StraÃe liegen gelassen wurde... konnte er mir schlussendlich nicht mehr verschweigen, was da war.
Sams Augen weiten sich erschrocken und er drückt den Hörer näher an sein Ohr. So nah und so fest, dass seine Knöchel weià werden.
Sam, er hat diesen blöden Computer mit allen Mitteln zu verteidigen versucht. Er wäre für das ScheiÃteil beinahe draufgegangen. Reicht dir das nicht? Ich hoffe, er war es wenigstens wert, sie schimpft laut vor sich hin, und Sam sieht sie erschrocken an, denn es ist untypisch für sie, so viele Schimpfwörter hintereinander zu benutzen.
Was war so wichtig, dass du es mir nicht sagen konntest? Was war so wichtig, sag es mir! Warum musste das passieren? Sagt sie so laut, dass Sam erschrocken um sich blickt. Er schluckt, wirkt eingeschüchtert und wird unglaublich bleich. Sie ist viel zu aufgeregt, um darauf einzugehen. Trotzdem stutzt sie vor dem unsicherem Sam. Normalerweise lässt er sich nicht so leicht in die Schranken weisen. Doch sie schiebt es nur auf Jess’ Aufenthalt im Krankenhaus.
Rory, es gibt Dinge, die können wir nicht verhindern, beginnt er, doch Rory schneidet ihm das Wort ab.
Das hier hätte verhindert werden können! Was lässt dich zu dem Schluss kommen, dass es gut und gerne geheim hätte bleiben können. Jess ist nicht schuld daran, dass das blöde Ding jetzt weg ist! Du wusstest, dass Logan seine Mittel hat, und es ist absolut klar, dass er dahinter steckt. Also... warum zum Teufel noch mal, wollte er das Ding haben, ihre Stimme ist hart, vorwurfsvoll und kalt. So kalt, dass sie selbst eine Gänsehaut bekommt. So kalt, dass sie Sam im nächsten Moment am liebsten in den Arm genommen hätte. Doch auch Sam bleibt auÃergewöhnlich hart, und auch wenn er Rory am liebsten in die Arme genommen hätte, so ist da etwas auÃer der Plexiglasscheibe zwischen ihnen, das ihn daran hindert.
Dahinter steckt ein rein psychologischer Hintergrund. Das solltest du wissen. Logan ist vollkommen auÃer Kontrolle. Wenn er etwas will, dann bekommt er es, beginnt Sam erneut, doch Rory will endlich wissen, was er über Logan herausgefunden hat. Sie will wissen, womit sie es zu tun hat, sie will wissen, ob Jess’ Worte berechtigt waren.
Das hat er uns ja nun allen bewiesen, sagt sie eisern und jagt ihm eine Gänsehaut über den ganzen Körper.
Es ist nicht so dramatisch, wie du denkst, erwidert er leise, kleinlaut. Verzweifelt.
Lüg mich nicht an, Sam, sagt sie ruhig. Du lügst sehr schlecht, das weiÃt du. Sag mir bitte endlich die Wahrheit.
Er sieht sie lange an. Seine Augen sehen verzweifelt aus und er beiÃt nervös auf seiner Unterlippe herum. Die Wahrheit, Rory... die Wahrheit ist, dass du längst kapiert hast, was los ist. Du hast es schon geahnt, da war Claire nicht einmal geboren. Du hast es schon geahnt, da hattest du noch keine Ahnung von dem, was kommen würde. Du hast mir eine E-Mail geschickt, weiÃt du noch? Du wolltest sie sofort losschicken, aber Claire funkte dazwischen. Du hast sie dann zwei Wochen später zu mir geschickt. Es war eine grauenvolle E-Mail, weiÃt du das nicht mehr? Hast du vergessen, was du vermutet hast?
Rory sieht ihn schockiert an. Du meinst also, dass es tatsächlich so ist? Fragt sie und sieht auf seine Hände, die den orangefarbenen Overall ein wenig hochkrempeln. Blaue Flecken kommen zum Vorschein. Sam macht es nicht einmal mit Absicht, doch es reicht aus um Rorys Wut mit einem Mal verfliegen zu lassen.
Was haben sie dir angetan? Fragt sie, ohne auf ihre letzte Frage zu achten.
Sam sieht erschrocken auf seine Arme, greift erneut nach dem Hörer, der zwischen seinem Ohr und der Schulter klemmt und lässt den anderen Arm geschwind unter dem Tisch verschwinden.
Damals hatte sie verstanden, dass es einfach zu viel war. Dass diese Situation mehr verlangte, als einen einfachen Prozess. Dass Logan mehr brauchte, als nur eine Gefängniszelle. Dass es so schnell nicht vorbei sein würde. Es würde sie Kraft kosten, und in diesem Moment verflog jegliche Wut auf Sam, und sie legte die Hand an die Scheibe und wartete, bis er das gleiche tat, um ihm zu sagen, dass sie ihn liebte, dass sie ihn da raus holen würde, dass er sich keine Sorgen machen brauchte, denn sie war stark. Und sie hatte Hilfe. Mehr, als sie dachte. Mehr, als sie glaubte.
Flashback Ende
Jess wirft einen Jonglierball in seiner rechten Hand auf und ab.
Logan Huntzberger hat seit über drei Jahren keines von seinen Kindern sehen dürfen, sagt er und wirft den Ball quer über den Tisch zu Otello. Dieser fängt ihn auf und wirft ihn im gleichen Augenblick zurück, mit den Worten:
Rory Gilmore hatte das alleinige Sorgerecht!
Das Besuchsrecht war nicht ausgeschlossen, erwidert Jess, der den Ball aufgefangen hat und ihn nun behände zurück über den Tisch befördert.
So geht das nun schon seit einer halben Stunde. Es ist ein Spiel, das die beiden erfunden haben um sich besser auf den Fall vorzubereiten. Jess übernimmt dabei die Rolle von Logans Anwalt, und widerlegt alles, das Otello sagt, in winzige Einzelteile. Auf diese Weise müssen sie spontan auf das Argument des anderen antworten, ohne groà zu überlegen.
Ich sitze Grandpa gegenüber, und wir sehen den beiden bei ihrem „Spiel“ zu. Die Bemerkungen der beiden nehme ich nicht persönlich. Im Gegenteil. Es hilft auch mir mich auf den Prozess vorzubereiten. So kann ich selbst die ungewöhnlichsten und schmerzhaftesten Antworten verkraften. Trotzdem bewundere ich die Kühle in Jess Stimme, wenn er Otello antwortet.
Rory Gilmore hatte ihre Gründe, so zu reagieren, erwidert Otello, und Jess funkelt ihn gespielt böse an.
Er hatte ein Recht seine Kinder zu sehen. Dieses Recht wurde ihm genommen, also musste er handeln, Jess sieht unglücklich drein, denn sein Argument ist absolut durchsichtig.
Wollen Sie etwa Logan Huntzbergers Verhalten rechtfertigen? Wollen Sie sagen, dass er keine andere Wahl hatte? fragt Otello und Jess fängt den Ball auf, während er unüberlegt mit der impulsiven Antwort rausrückt.
Nein! ruft er empört.
Doch! sagt Grandpa laut und ich sehe schmunzelnd von einem zum anderen.
Ãhm... ja, doch. Natürlich, sagt Jess schnell und ich muss grinsen.
Dieses Spiel wird unterbrochen, als es an der Tür klopft. Ich stehe auf und gehe hinüber. Als ich öffne, fällt mir Claire freudig entgegen. Mummy! Ruft sie und ich nehme sie hoch.
Hey, meine Kleine! Sage ich und drücke sie fest. Danach wende ich mich an Mum, die hinter der Kleinen stand und mich nun ebenfalls drückt.
Wie war euer Flug? Frage ich und lasse Claire wieder runter.
Anstrengend, gähnt Mum. Ich musste ihr alle Städte erklären über die wir geflogen sind. Als wir über Las Vegas flogen, wollte sie aussteigen, meint Mum und lächelt.
Ich lache und sehe zu meiner Tochter. Sie steht zwischen Jess und Grandpa und unterhält sich mit ihnen. Jess hält den Jonglierball in der Hand und lächelt die Kleine liebevoll an.
Ich weià nicht genau warum, aber ich fühle mich geborgen und alle meine Ãngste sind für einen Augenblick nicht mehr vorhanden. Ich denke, ich könnte alles schaffen, egal, was es ist. Egal, wie lange es dauern mag, doch es scheint alles so einfach, so unglaublich leicht.
Jess sieht von Claire auf und direkt in meine Augen. Ein merkwürdiges Gefühl der Wärme durchströmt mich, und in diesem Moment weià ich, er liebt mich tatsächlich. Habe ich jemals daran gezweifelt? War es jemals anders? Gab es auch andere Gefühle? Ich weià es nicht. Ich kann nur eines tun: lächeln.
Mum reiÃt mich aus meinen Gedanken, denn sie legt ihren Arm um mich und sieht mich beunruhigt an. Du siehst müde aus. Willst du dich nicht etwas hinlegen? Morgen wird ein sehr anstrengender Tag.
Ich schüttele nur mit dem Kopf. Nein. Mir geht’s gut, sage ich und lächle sie beruhigend an.
An diesem Tag bin ich wirklich lange aufgeblieben. Im Nachhinein muss ich sagen, ich hatte Angst schlafen zu gehen. Wer weiÃ, was der nächste Morgen bringen würde... Ich hatte einfach Angst vor dem Prozess. Angst vor Logan und seinem Anwalt, der Otellos Angaben zufolge ein ziemlicher Rottweiler zu sein scheint.
Als ich endlich einschlafe, ist es nach drei. Claire und Mum liegen im Nebenzimmer und schlummern friedlich. Jess liegt neben mir und schläft auch längst. Zumindest denke ich dies. Denn wenn ich näher hingesehen hätte, hätte ich feststellen müssen, dass er sich durch wilde Alpträume wälzte, in denen Josh Healy, Logans Anwalt, ihm den Kopf abriss. Er würde es mir erst Jahre später gestehen, doch das milderte die Kraft der Träume nicht ab. Er hat es sehr schwer, zumal er noch immer an seinen Schusswunden zu knabbern hat. Das Schuldgefühl raubt ihm jegliche ruhige Minute, und selbst wenn er es nicht zugeben will, so weià ich, dass die Tatsache, notwendiges Beweismaterial verloren zu haben, schwer auf seinem Gemüt lastet.
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Und nun ran ans Fb schreiben...

Gurke: Freue mich dass du liest.
Sariche: Hab dich ganz doll lieb, danke für dein Re-Re-Fb...
Viel Spass nun beim Lesen, und freue mich auf euer Fb.
Kapitel 33. Vorbereitungstaktik
Langsam schlage ich die Augen auf. Es war eine lange Nacht, und das ewige Tuten des blöden Weckers geht mir tierisch auf den Nerv. Blinzelnd hebe ich den Arm und schlage nach dem Störenfried auf dem Nachttisch. 8:30, zeigt er an, und als das nervtötende Geräusch verstummt, lasse ich mich stöhnend zurück in das weiche Kissen sinken. Mein Kopf brummt ein bisschen und veranlasst mich zu dem Gedanken mich einfach wieder umzudrehen und weiter zu schlafen. Als ich den Kopf zur Seite drehe, sehe ich nur das leere Bett. Stirn runzelnd setze ich mich auf. Wann ist er aufgestanden?
Entschlossen schlage ich die Bettdecke zurück und stehe auf. Die Pyjamahose an die richtige Stelle rückend trete ich ans Fenster und sehe in das kalte Stadtleben hinaus.
Zum wiederholten Male fühle ich mich alleine. Die Leute, die durch die frische Morgenluft hetzen, scheinen unter permanentem Zeitdruck zu stehen. Sie wissen nicht, was das schöne im Leben ist, kennen das gute nicht, sind wie Marionetten an einem unsichtbaren Faden, geführt von einem Spieler, dessen Hände von ihren Seelen besessen scheint.
Wir sind vorgestern Nacht sehr spät angekommen. Zum Glück hatte Grandpa uns in diesem gemütlichen Hotel ein Zimmer reserviert. So konnten wir gleich ins Bett fallen und einfach einschlafen. Ich drehe mich um und sehe auf das durchwühlte Bett. Dann muss ich lächeln. Lange haben wir gestern noch darin gelegen und einfach nur geredet. Ãber alles Mögliche. Ãber die Kinder. Ãber ihn. Ãber mich. Ãber uns.
Flashback
Du riechst gut, sagt sie, als er sich neben sie auf das Bett setzt und sich an das Kopfende lehnt. Sein Haar ist tropfnass und bildet kleine kreisrunde Flecken auf Kopfkissen, Decke und seinem Shirt. Doch es macht ihm nichts aus. Er lächelt sie nur an und schweigt. Dann senkt er den Kopf und scheint in Gedanken versunken.
Danke, dass du da bist, sagt sie, und kommt sich langsam nervig vor, weil sie immer das gleiche sagt.
Er sieht sie erstaunt an. Das hatten wir doch schon, sagt er heiser und räuspert sich leise.
Ich weiÃ, sagt sie lächelnd. Aber ich denke, dass es nicht selbstverständlich ist, was du für mich tust. Du könntest dich auch einfach raushalten.
Er sieht sie lange an, tut einfach nichts. Schweigend sehen sie sich an, und sie spürt ein wenig Angst. Angst, dass er es sich anders überlegen könnte. Angst, dass er ihr nun sagt, dass er das alles nicht länger mit sich rumschleppen kann, dass er gehen muss, Zeit braucht, dass er weg will. Einfach nur weg. Das schlimmste ist: sie würde es sogar verstehen.
Und doch tut er nichts. Gar nichts. Ruhig sehen sie sich an. Schweigend. Bis er endlich reagiert. Er dreht sich ein bisschen zur Seite und rutscht am Kopfende runter, bis er direkt neben ihr liegt. Lange sieht er sie an. In ihre wundervollen blauen Augen, tief wie das Meer. Und versinkt in ihnen. Denkst du, dass ich das will? Fragt er schlieÃlich und seine Stimme klingt belegt, wie als wolle er im nächsten Moment in Tränen ausbrechen.
Rory senkt den Blick und antwortet nicht.
Rory... du weiÃt doch, was los ist, sagt er und streicht ihr eine Strähne aus der Stirn. Ich werde dich nicht einfach alleine lassen. Ich liebe dich. Und auch wenn es noch nicht geht, es wird so bleiben, egal was passiert. Das weiÃt du. Natürlich könnte ich mich raushalten. Aber das entspricht nicht meiner Vorstellung. Ich will dir helfen, ich will bei dir sein, ich will, dass Michael zurückkommt, dass es endlich gut wird. Verstehst du? Und das geht nicht, wenn ich mich zuhause in eine Ecke hocke und nichts tue. Ich will dir eine Hilfe sein, keine Last, seine Stimme klingt fest und kraftvoll, und sie dankt ihm dafür, denn er schenkt ihr das nötige Vertrauen in sich selbst. In ihn. In sie beide.
Leise lächelt sie ihn an und nickt. Es ist eine merkwürdige Situation. Beide wissen, was sie für den jeweils anderen empfinden, doch sie wissen auch, dass es besser ist, wenn sie den Prozess abwarten. Und es wird nicht mehr lange dauern. Ãber dieses Jahr hinweg, sind sie noch näher zusammen geschweiÃt worden, und das ist gut so. Ohne ihre Liebe weit in die Welt hinaus zu schreien, ohne jegliche körperliche Liebe, ohne leidenschaftliche Berührungen und begehrende Blicke. Einfach nur gesunde Freundschaft mit liebevollen Blicken und Worten. Ohne jeglichen Zeitdruck, ganz ohne Angst.
Sie kuschelt sie ein bisschen an ihn und nimmt seine Hand. Verträumt spielt sie damit herum, fährt jeden Finger mit ihrem nach, streicht sanft über seine frische Haut.
Noch wissen sie nicht, dass beide auf eine harte Probe gestellt werden, wenn der Prozess beginnt. Viele Tränen werden vergossen werden, Geheimnisse werden auffliegen. Und alles wir anders sein...
Flashback Ende
Ich höre, wie die Tür geöffnet wird, fahre erschrocken herum. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht, als ich ihn sehe. Er trägt eine dunkle Hose und ein graues Sweatshirt. In seiner Hand, unzertrennlich, der Gehstock. Seine Augen glitzern schwarz unter seinem dunklen Haar hervor. Er ist schmal geworden, was sicherlich daran liegt dass er ebenfalls Angst vor dem Prozess hat. Selbst wenn er ein wenig ungesund aussieht, so hat sein Arzt gesagt, es sei gar nicht verkehrt. So könnte sich sein Knie sehr viel besser erholen. Ein bisschen paradox, wie ich finde.
Ãberhaupt hat sein Arzt einen an der Klatsche, ich weià nicht einmal, warum ich das denke. Aber er ist tatsächlich nicht ganz normal. Ich denke an seine Tage in der Rehaklinik zurück. Tränen sind geflossen, viele davon. Tränen des Schmerzes, von seiner Seite aus. Sowohl psychisch wie auch physisch. Letzteres wohl mehr. Ich war täglich bei ihm, habe gesehen wie er gelitten hat, sich mit Schmerzmitteln voll gepumpt hat, um überhaupt stehen zu können.
An manchen Tagen war es gut, er war gut gelaunt und lachte viel. Doch an den schlechten, die zu Anfang die überwiegenden waren, schluckte er stündlich Tabletten, und im Nachhinein bin ich sicher, er wollte nur nicht, dass ich seine Schmerzenstränen sehe. Ich sah sie trotzdem. Wenn er sich an seinem Krückstock den Gang zu seinem Zimmer hochquälte, mit zusammen gebissenen Zähnen und mit Tränen in den Augen.
Ich fühlte mit ihm, wollte ihm alles abnehmen. Doch er lieà es nicht zu. Mit unerbittlichem Mut und Kraft kämpfte er weiter, trieb mich voran, hielt niemals inne.
Zunächst hatte ich Angst. Angst um ihn. Ich dachte zu Anfang, er würde niemals von seinen Tabletten los kommen. Wenn ich abends nach Hause kam, geschafft von der Arbeit, mit Einkauf und Sully an der Leine, sah ich ihn oftmals mit Claire vor dem Fernseher schlafen. Er hat immer auf mich gewartet, und war zusammen mit ihr eingeschlafen. Und selbst im Schlaf hatte er einen angestrengten und sehr schmerzvollen Ausdruck auf dem Gesicht. Und immer wenn ich ihn weckte, schluckte er seine Tabletten.
Es ging so weit, dass ich heimlich seinen Arzt anrief und ihn fragte, ob es normal sei. Doch dieser war sowieso so durchgeknallt, dass ich sein zwielichtiges Urteil auÃer Acht lieÃ. Als ich eines Abends nach Hause kam, hörte ich, wie er im Badezimmer herum wuselte. Die Tür stand offen, und als ich hineinkam, war er gerade dabei alle seine Tabletten die Toilette hinunter zu spülen. Als er mich sah, hatte er nur gelächelt und gemeint, die schlimme Zeit sei nun vorüber, und er würde sie nun nicht mehr brauchen.
Ich war damals sehr stolz auf ihn gewesen, hatte ihn angelächelt und ihm liebevoll mit der Hand durch das Haar gefahren. SchlieÃlich hatten wir es uns im Wohnzimmer gemütlich gemacht, und waren beim Fernsehen friedlich eingeschlafen.
Nun humpelt er langsam auf mich zu, mit einer Papiertüte in seiner linken.
Hey... sagt er leise. Ich hab dir Kaffee und Bagels mitgebracht. Ich dachte, du schläfst noch. Er lächelt. Und ich tue es ihm gleich.
Danke, sage ich sanft und nehme ihm die Tüte ab. Wann bist du aufgestanden? Frage ich, nur um etwas zu fragen.
Um sechs, sagt er und meine Augen weiten sich erschrocken.
So früh? Was hast du gemacht? Frage ich erstaunt.
Spazieren. Sully fehlt mir ein bisschen, gibt er zu.
Ich weiÃ, sage ich. Aber wir konnten sie ja schlecht mit in ein winziges Hotelzimmer nehmen.
Er nickt und setzt sich auf das Bett.
Wann kommt Otello? Fragt er irgendwann.
Ich trinke einen Schluck von meinem Kaffe und sehe wieder aus dem Fenster. Bald. Er ist in Hartford, bei Sam, sage ich und falle sofort zurück in Gedanken.
Flashback
Hi, Sam. Ich muss mit dir reden... beginnt sie, und er sieht sie nur fragend an. Ihre Stimme klingt auÃerordentlich kühl, und es ist kein Wunder, bei dem was sie aus Jess rausbekommen hat.
Ich muss wissen, was auf dem Laptop war, den du Jess anvertraut hast.
Sams Augen weiten sich. Du weisst davon? Fragt er besorgt. Jess hat es dir also erzählt, es klingt enttäuscht, als hätte Jess ein gehütetes Geheimnis einfach so ausgeplaudert.
Er musste es, wohl oder übel. Nachdem er deswegen zusammen geschlagen und schlieÃlich mit zwei Schussverletzungen auf der StraÃe liegen gelassen wurde... konnte er mir schlussendlich nicht mehr verschweigen, was da war.
Sams Augen weiten sich erschrocken und er drückt den Hörer näher an sein Ohr. So nah und so fest, dass seine Knöchel weià werden.
Sam, er hat diesen blöden Computer mit allen Mitteln zu verteidigen versucht. Er wäre für das ScheiÃteil beinahe draufgegangen. Reicht dir das nicht? Ich hoffe, er war es wenigstens wert, sie schimpft laut vor sich hin, und Sam sieht sie erschrocken an, denn es ist untypisch für sie, so viele Schimpfwörter hintereinander zu benutzen.
Was war so wichtig, dass du es mir nicht sagen konntest? Was war so wichtig, sag es mir! Warum musste das passieren? Sagt sie so laut, dass Sam erschrocken um sich blickt. Er schluckt, wirkt eingeschüchtert und wird unglaublich bleich. Sie ist viel zu aufgeregt, um darauf einzugehen. Trotzdem stutzt sie vor dem unsicherem Sam. Normalerweise lässt er sich nicht so leicht in die Schranken weisen. Doch sie schiebt es nur auf Jess’ Aufenthalt im Krankenhaus.
Rory, es gibt Dinge, die können wir nicht verhindern, beginnt er, doch Rory schneidet ihm das Wort ab.
Das hier hätte verhindert werden können! Was lässt dich zu dem Schluss kommen, dass es gut und gerne geheim hätte bleiben können. Jess ist nicht schuld daran, dass das blöde Ding jetzt weg ist! Du wusstest, dass Logan seine Mittel hat, und es ist absolut klar, dass er dahinter steckt. Also... warum zum Teufel noch mal, wollte er das Ding haben, ihre Stimme ist hart, vorwurfsvoll und kalt. So kalt, dass sie selbst eine Gänsehaut bekommt. So kalt, dass sie Sam im nächsten Moment am liebsten in den Arm genommen hätte. Doch auch Sam bleibt auÃergewöhnlich hart, und auch wenn er Rory am liebsten in die Arme genommen hätte, so ist da etwas auÃer der Plexiglasscheibe zwischen ihnen, das ihn daran hindert.
Dahinter steckt ein rein psychologischer Hintergrund. Das solltest du wissen. Logan ist vollkommen auÃer Kontrolle. Wenn er etwas will, dann bekommt er es, beginnt Sam erneut, doch Rory will endlich wissen, was er über Logan herausgefunden hat. Sie will wissen, womit sie es zu tun hat, sie will wissen, ob Jess’ Worte berechtigt waren.
Das hat er uns ja nun allen bewiesen, sagt sie eisern und jagt ihm eine Gänsehaut über den ganzen Körper.
Es ist nicht so dramatisch, wie du denkst, erwidert er leise, kleinlaut. Verzweifelt.
Lüg mich nicht an, Sam, sagt sie ruhig. Du lügst sehr schlecht, das weiÃt du. Sag mir bitte endlich die Wahrheit.
Er sieht sie lange an. Seine Augen sehen verzweifelt aus und er beiÃt nervös auf seiner Unterlippe herum. Die Wahrheit, Rory... die Wahrheit ist, dass du längst kapiert hast, was los ist. Du hast es schon geahnt, da war Claire nicht einmal geboren. Du hast es schon geahnt, da hattest du noch keine Ahnung von dem, was kommen würde. Du hast mir eine E-Mail geschickt, weiÃt du noch? Du wolltest sie sofort losschicken, aber Claire funkte dazwischen. Du hast sie dann zwei Wochen später zu mir geschickt. Es war eine grauenvolle E-Mail, weiÃt du das nicht mehr? Hast du vergessen, was du vermutet hast?
Rory sieht ihn schockiert an. Du meinst also, dass es tatsächlich so ist? Fragt sie und sieht auf seine Hände, die den orangefarbenen Overall ein wenig hochkrempeln. Blaue Flecken kommen zum Vorschein. Sam macht es nicht einmal mit Absicht, doch es reicht aus um Rorys Wut mit einem Mal verfliegen zu lassen.
Was haben sie dir angetan? Fragt sie, ohne auf ihre letzte Frage zu achten.
Sam sieht erschrocken auf seine Arme, greift erneut nach dem Hörer, der zwischen seinem Ohr und der Schulter klemmt und lässt den anderen Arm geschwind unter dem Tisch verschwinden.
Damals hatte sie verstanden, dass es einfach zu viel war. Dass diese Situation mehr verlangte, als einen einfachen Prozess. Dass Logan mehr brauchte, als nur eine Gefängniszelle. Dass es so schnell nicht vorbei sein würde. Es würde sie Kraft kosten, und in diesem Moment verflog jegliche Wut auf Sam, und sie legte die Hand an die Scheibe und wartete, bis er das gleiche tat, um ihm zu sagen, dass sie ihn liebte, dass sie ihn da raus holen würde, dass er sich keine Sorgen machen brauchte, denn sie war stark. Und sie hatte Hilfe. Mehr, als sie dachte. Mehr, als sie glaubte.
Flashback Ende
Jess wirft einen Jonglierball in seiner rechten Hand auf und ab.
Logan Huntzberger hat seit über drei Jahren keines von seinen Kindern sehen dürfen, sagt er und wirft den Ball quer über den Tisch zu Otello. Dieser fängt ihn auf und wirft ihn im gleichen Augenblick zurück, mit den Worten:
Rory Gilmore hatte das alleinige Sorgerecht!
Das Besuchsrecht war nicht ausgeschlossen, erwidert Jess, der den Ball aufgefangen hat und ihn nun behände zurück über den Tisch befördert.
So geht das nun schon seit einer halben Stunde. Es ist ein Spiel, das die beiden erfunden haben um sich besser auf den Fall vorzubereiten. Jess übernimmt dabei die Rolle von Logans Anwalt, und widerlegt alles, das Otello sagt, in winzige Einzelteile. Auf diese Weise müssen sie spontan auf das Argument des anderen antworten, ohne groà zu überlegen.
Ich sitze Grandpa gegenüber, und wir sehen den beiden bei ihrem „Spiel“ zu. Die Bemerkungen der beiden nehme ich nicht persönlich. Im Gegenteil. Es hilft auch mir mich auf den Prozess vorzubereiten. So kann ich selbst die ungewöhnlichsten und schmerzhaftesten Antworten verkraften. Trotzdem bewundere ich die Kühle in Jess Stimme, wenn er Otello antwortet.
Rory Gilmore hatte ihre Gründe, so zu reagieren, erwidert Otello, und Jess funkelt ihn gespielt böse an.
Er hatte ein Recht seine Kinder zu sehen. Dieses Recht wurde ihm genommen, also musste er handeln, Jess sieht unglücklich drein, denn sein Argument ist absolut durchsichtig.
Wollen Sie etwa Logan Huntzbergers Verhalten rechtfertigen? Wollen Sie sagen, dass er keine andere Wahl hatte? fragt Otello und Jess fängt den Ball auf, während er unüberlegt mit der impulsiven Antwort rausrückt.
Nein! ruft er empört.
Doch! sagt Grandpa laut und ich sehe schmunzelnd von einem zum anderen.
Ãhm... ja, doch. Natürlich, sagt Jess schnell und ich muss grinsen.
Dieses Spiel wird unterbrochen, als es an der Tür klopft. Ich stehe auf und gehe hinüber. Als ich öffne, fällt mir Claire freudig entgegen. Mummy! Ruft sie und ich nehme sie hoch.
Hey, meine Kleine! Sage ich und drücke sie fest. Danach wende ich mich an Mum, die hinter der Kleinen stand und mich nun ebenfalls drückt.
Wie war euer Flug? Frage ich und lasse Claire wieder runter.
Anstrengend, gähnt Mum. Ich musste ihr alle Städte erklären über die wir geflogen sind. Als wir über Las Vegas flogen, wollte sie aussteigen, meint Mum und lächelt.
Ich lache und sehe zu meiner Tochter. Sie steht zwischen Jess und Grandpa und unterhält sich mit ihnen. Jess hält den Jonglierball in der Hand und lächelt die Kleine liebevoll an.
Ich weià nicht genau warum, aber ich fühle mich geborgen und alle meine Ãngste sind für einen Augenblick nicht mehr vorhanden. Ich denke, ich könnte alles schaffen, egal, was es ist. Egal, wie lange es dauern mag, doch es scheint alles so einfach, so unglaublich leicht.
Jess sieht von Claire auf und direkt in meine Augen. Ein merkwürdiges Gefühl der Wärme durchströmt mich, und in diesem Moment weià ich, er liebt mich tatsächlich. Habe ich jemals daran gezweifelt? War es jemals anders? Gab es auch andere Gefühle? Ich weià es nicht. Ich kann nur eines tun: lächeln.
Mum reiÃt mich aus meinen Gedanken, denn sie legt ihren Arm um mich und sieht mich beunruhigt an. Du siehst müde aus. Willst du dich nicht etwas hinlegen? Morgen wird ein sehr anstrengender Tag.
Ich schüttele nur mit dem Kopf. Nein. Mir geht’s gut, sage ich und lächle sie beruhigend an.
An diesem Tag bin ich wirklich lange aufgeblieben. Im Nachhinein muss ich sagen, ich hatte Angst schlafen zu gehen. Wer weiÃ, was der nächste Morgen bringen würde... Ich hatte einfach Angst vor dem Prozess. Angst vor Logan und seinem Anwalt, der Otellos Angaben zufolge ein ziemlicher Rottweiler zu sein scheint.
Als ich endlich einschlafe, ist es nach drei. Claire und Mum liegen im Nebenzimmer und schlummern friedlich. Jess liegt neben mir und schläft auch längst. Zumindest denke ich dies. Denn wenn ich näher hingesehen hätte, hätte ich feststellen müssen, dass er sich durch wilde Alpträume wälzte, in denen Josh Healy, Logans Anwalt, ihm den Kopf abriss. Er würde es mir erst Jahre später gestehen, doch das milderte die Kraft der Träume nicht ab. Er hat es sehr schwer, zumal er noch immer an seinen Schusswunden zu knabbern hat. Das Schuldgefühl raubt ihm jegliche ruhige Minute, und selbst wenn er es nicht zugeben will, so weià ich, dass die Tatsache, notwendiges Beweismaterial verloren zu haben, schwer auf seinem Gemüt lastet.
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Und nun ran ans Fb schreiben...

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