20.03.2009, 16:24
Hey! Also, erst mal danke für das tolle FB. Ihr seid klasse!
Und hier der neue Teil. Er ist diesmal etwas kürzer, aber ich schreib noch einen längeren. Vielleicht schaff ichs ja noch bis heut Abend:
David bleibt 15 Minuten in Sarahs geschlossenem Zimmer und als er herauskommt, sieht er aus wie eine Bombe kurz vor der Detonation. Er läuft durch die Flure der Kinder-Intensivstation. âIch kümmere mich um ihnâ, sagt Logan und folgt David.
Elena sitzt mit dem Rücken zur Wand. Auch sie ist wütend. âIch mach das nicht.â
Ich gehe in die Hocke. âGlaub mir, ich wäre froh, wenn ich das nicht von dir verlangen müsste. Aber, Elena, wenn du das nicht tust, wird es dir irgendwann leid tun.â
Verstockt geht Elena in Sarahs Zimmer, setzt sich auf einen Stuhl. Sarahs Brust hebt und senkt sich, die Arbeit eines Beatmungsgerätes. Alle Aggressivität weicht aus Elena, als sie die Hand ausstreckt und die Wange ihrer Schwester berührt. âKann sie mich hören?â
âNatürlichâ, antworte ich, mehr für mich als für sie.
âIch fahre nicht nach Minnesotaâ, flüstert Elena. âIch fahre nirgendwohin, niemals.â Sie beugt sich ganz nahe heran. âWach auf, Sarah.â
Wir halten beide den Atem an, aber nichts passiert.
Ich habe nie verstanden, warum es heiÃt, ein Kind verlieren. So unachtsam sind Eltern nicht. Wir alle wissen genau, wo unsere Söhne und Töchter sind; es gefällt uns immer nur nicht, wo sie sind.
Logan und Sarah und ich bilden einen Kreis. Wir sitzen links und rechts vom Bett und halten uns an den Händen und jeder von uns hält eine Hand von Sarah. âDu hattest rechtâ, sage ich zu ihm. âWir hätten sie nach Hause bringen sollen.â
Logan schüttelt den Kopf. âWenn wir die Arsentherapie nicht ausprobiert hätten, hätten wir und bis ans Ende unseres Lebens Vorwürfe gemacht.â Er streicht die blassen Haare nach hinten, die Sarahs Gesicht umrahmen. âSie hat immer alles getan, was du wolltest.â Ich nicke, unfähig zu sprechen. âDeshalb hält sie durch, weiÃt du. Sie möchte deine Erlaubnis, dass sie gehen kann.
Er beugt sich zu Sarah hinunter und weint so heftig, dass er keine Luft mehr bekommt. Ich lege ihm meine Hand auf den Kopf. Wir sind nicht die ersten Eltern, die ein Kind verlieren. Aber wir sind die ersten Eltern, die unser Kind verlieren. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Als Logan einschläft, den Oberkörper über das FuÃende des Bettes gelegt, nehme ich Sarahs vernarbte Hand zwischen meine Hände und rücke meinen Stuhl näher ans Bett.
âWeiÃt du noch, wie wir dich einmal fürs Sommerlager angemeldet haben? Und am Abend vor der Abreise hast du gesagt, du hättest es dir anders überlegt und wolltest zu Hause bleiben? Ich habe gesagt, du sollst dir im Bus einen Platz auf der linken Seite suchen, dann könntest du, wenn der Bus abfährt, zurückschaun und sehen, wie ich dort stehe und auf dich warte.â Ich presse ihre Hand an meine Wange, so fest, dass sie einen Abdruck hinterlässt. âIm Himmel bekommst du den gleichen Platz. Einen, von dem aus du sehen kannst, wie ich zu dir hochschaue.â
Ich vergrabe das Gesicht in der Bettdecke und sage meiner Tochter wie sehr ich sie liebe. Ich drücke ihre Hand ein letztes Mal.
Und plötzlich spüre ich ein ganz schwaches Pulsieren, ein ganz leises Greifen, einen ganz sachten Druck von Sarahs Fingern, als sie sich zurück in die Welt zieht.
Und hier der neue Teil. Er ist diesmal etwas kürzer, aber ich schreib noch einen längeren. Vielleicht schaff ichs ja noch bis heut Abend:
David bleibt 15 Minuten in Sarahs geschlossenem Zimmer und als er herauskommt, sieht er aus wie eine Bombe kurz vor der Detonation. Er läuft durch die Flure der Kinder-Intensivstation. âIch kümmere mich um ihnâ, sagt Logan und folgt David.
Elena sitzt mit dem Rücken zur Wand. Auch sie ist wütend. âIch mach das nicht.â
Ich gehe in die Hocke. âGlaub mir, ich wäre froh, wenn ich das nicht von dir verlangen müsste. Aber, Elena, wenn du das nicht tust, wird es dir irgendwann leid tun.â
Verstockt geht Elena in Sarahs Zimmer, setzt sich auf einen Stuhl. Sarahs Brust hebt und senkt sich, die Arbeit eines Beatmungsgerätes. Alle Aggressivität weicht aus Elena, als sie die Hand ausstreckt und die Wange ihrer Schwester berührt. âKann sie mich hören?â
âNatürlichâ, antworte ich, mehr für mich als für sie.
âIch fahre nicht nach Minnesotaâ, flüstert Elena. âIch fahre nirgendwohin, niemals.â Sie beugt sich ganz nahe heran. âWach auf, Sarah.â
Wir halten beide den Atem an, aber nichts passiert.
Ich habe nie verstanden, warum es heiÃt, ein Kind verlieren. So unachtsam sind Eltern nicht. Wir alle wissen genau, wo unsere Söhne und Töchter sind; es gefällt uns immer nur nicht, wo sie sind.
Logan und Sarah und ich bilden einen Kreis. Wir sitzen links und rechts vom Bett und halten uns an den Händen und jeder von uns hält eine Hand von Sarah. âDu hattest rechtâ, sage ich zu ihm. âWir hätten sie nach Hause bringen sollen.â
Logan schüttelt den Kopf. âWenn wir die Arsentherapie nicht ausprobiert hätten, hätten wir und bis ans Ende unseres Lebens Vorwürfe gemacht.â Er streicht die blassen Haare nach hinten, die Sarahs Gesicht umrahmen. âSie hat immer alles getan, was du wolltest.â Ich nicke, unfähig zu sprechen. âDeshalb hält sie durch, weiÃt du. Sie möchte deine Erlaubnis, dass sie gehen kann.
Er beugt sich zu Sarah hinunter und weint so heftig, dass er keine Luft mehr bekommt. Ich lege ihm meine Hand auf den Kopf. Wir sind nicht die ersten Eltern, die ein Kind verlieren. Aber wir sind die ersten Eltern, die unser Kind verlieren. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Als Logan einschläft, den Oberkörper über das FuÃende des Bettes gelegt, nehme ich Sarahs vernarbte Hand zwischen meine Hände und rücke meinen Stuhl näher ans Bett.
âWeiÃt du noch, wie wir dich einmal fürs Sommerlager angemeldet haben? Und am Abend vor der Abreise hast du gesagt, du hättest es dir anders überlegt und wolltest zu Hause bleiben? Ich habe gesagt, du sollst dir im Bus einen Platz auf der linken Seite suchen, dann könntest du, wenn der Bus abfährt, zurückschaun und sehen, wie ich dort stehe und auf dich warte.â Ich presse ihre Hand an meine Wange, so fest, dass sie einen Abdruck hinterlässt. âIm Himmel bekommst du den gleichen Platz. Einen, von dem aus du sehen kannst, wie ich zu dir hochschaue.â
Ich vergrabe das Gesicht in der Bettdecke und sage meiner Tochter wie sehr ich sie liebe. Ich drücke ihre Hand ein letztes Mal.
Und plötzlich spüre ich ein ganz schwaches Pulsieren, ein ganz leises Greifen, einen ganz sachten Druck von Sarahs Fingern, als sie sich zurück in die Welt zieht.