Streiche, Liebe und Strategen
#24

Hey ihr

es tut mir wahnsinnig leid dass ich schon wieder so einen aussetzter hatte.
aber dafür gibt es heute dann zwei teile.

reviews wie immer erwünscht
lg und cous
jessy

Von Schlittschuhen, Freundinnen und anderen Ernsthaftigkeiten

Trotz der Ungewissheit, die an mir nagte, fühlte ich mich nicht leer, sondern…ja, wie eigentlich?
Mein Zwilling hatte einen ganz klaren Vorteil: Sam war ein Gentleman mit viel zu viel Gewissen, um sie im betrunkenen Zustand flachzulegen. Wie das mit Dean aussah…
Ich seufzte und schmiegte den schmerzenden Kopf ins Kissen.
Lasst mich in Ruhe sterben.
Ich musste eingeschlafen sein, denn als es an der Tür klopfte, war es bereits später Nachmittag.
„Bella?“
„Mum?“ murmelte ich verschlafen und setzte mich auf.
„Schatz, machst du bitte die Tür auf?“
Ich kam auf die Füße, schwankte zur Tür und öffnete. Wenn ich dem Blick meiner Mutter trauen konnte, sah ich auch so aus, wie ich mich fühlte.
„Was du mir auch vorwerfen willst, bitte nicht schreien.“
Ein schmales Lächeln ging über ihre Lippen und sie strich mir das unordentliche Haar aus dem Gesicht. „Wie geht es dir?“
„Wie seh ich denn aus?“
„Möchtest du das wirklich wissen?“
Ich zögerte, dann schüttelte ich den Kopf. „Ich glaube nicht.“
Sie lächelte und küsste mich kurz auf die Stirn. „Auch der eine oder andere Kater gehört zum erwachsen werden, mein Schatz.“
„Wie geht es Lorelai?“ wollte ich wissen und die Mundwinkel von Catherine Black zuckten.
„Sie ist unter der Dusche. Wenn mich nicht alles täuscht, singt sie.“
„Dann kann es so schlimm nicht sein.“ Sagte ich mit einem leisen Lachen.
Mein Zwilling sollte glücklich sein und ich würde jedem – absolut jedem – ins Gesicht springen, der sie unglücklich machte.
Sollte das einer wagen…er würde sich wünschen, meiner Schwester nie begegnet zu sein.
„Sie sollte was essen, bevor sie sich heute Abend auf den Weg macht.“ Sagte ich und lehnte mich gegen den Türrahmen.
„Was ist mit dir?“ wollte unsere Mutter wissen.
„Ich will nur eine Kopfschmerztablette und meine Ruhe.“
Sie lachte. „Okay, ich muss jetzt los. Die Verhandlung beginnt in einer halben Stunde.“
„Mach sie platt, Mum.“
Die Haustür fiel hinter ihr ins Schloss und ich lehnte mich gegen den Türrahmen.
Warum musste es eigentlich Tage geben, an denen ich nicht mal den Hauch einer Ahnung von dem hatte, was ich tat?
Die Tür des Badezimmers ging auf und Lorelai kam mir in ein Handtuch gewickelt entgegen. Sie sah besser aus als ich, was wohl an der Dusche liegen mochte.
Mein Make-up war verschmiert, meine Haare eine einzige Sturmfrisur - ich sah aus wie Tod auf Urlaub.
„Geht’s dir besser?“ fragten wir im Chor und mir entrang sich ein Lachen.
„Ich freu mich für dich.“
Sie lächelte. „Ich mich auch. Das wird bestimmt ganz toll.“
Ich hob die Augenbrauen. „Auch wenn du nicht Schlittschuh fahren kannst?“
„Komm, ich stell mich dabei immer noch geschickter an, als du.“
Da hatte sie nicht Unrecht.
„Wann holt er dich ab?“ wechselte ich deswegen das Thema und sie sah auf die Uhr.
„In einer knappen Stunde.“
„Dann beeil dich lieber.“ Sagte ich und stieß das Fenster in meinem Zimmer auf. „Sonst muss Romeo noch auf dich warten.“
Ich hörte meinen Zwilling lachen und das Glück das daraus klang, war so offen und ehrlich, das selbst mir die schlechte Laune verging.
Tatsächlich…Lorelai war ansteckend.
Als es klingelte, fühlte ich mich schon besser. Ich hatte geduscht, war umgezogen und etwas gegessen. Meine Gesichtsfarbe sah ziemlich menschlich aus und auch meine Kopfschmerzen, hatten sich beruhigt.
Was wollte ich mehr?
Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, war mein Zwilling noch nicht ganz fertig, also ging ich zur Tür und ließ Sam herein.
„Hi.“ Sagte ich und fuhr mir durch das noch nasse lange Haar.
„Hi.“ Erwiderte er. „Wie geht’s dir?“
Ich grinste schwach. „Habe ich ein Schild auf der Stirn auf dem steht, das ich keinen Alkohol vertrage?“
Er grinste. „So wie du heute Morgen ausgesehen hast, war das gar nicht nötig.“
Ich seufzte. „Schon gut.“
Ein Zögern überkam mich, dann riss ich mich zusammen. „Sag mal, Sam?“
„Ja?“
„Dean hat doch nicht…ich meine…er und ich haben nicht…oder?“
Er zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich nicht. Er ist zwar mein Bruder, aber…Dean ist immer noch Dean.“
„Ich verstehe.“ Sagte ich und seufzte. „Ich werde ihn wohl selbst fragen müssen.“
Wenn er etwas erwidern wollte, dann kam er in jedem Fall nicht mehr dazu, denn mein Zwilling kam die Stufen in den Flur hinab.
Dafür, dass wir beide heute Morgen noch wie frisch dem Grab entflohen ausgesehen hatten, war sie bemerkenswert gut drauf. Das braune Haar fiel geschmeidig bis über ihre Schultern hinweg, sie strahlte wieder und sah insgesamt auch sehr gut aus. Ein schwarzer Pullover, dunkle Jeans und helle Turnschuhe. Meine Schwester eben.
„Hi.“ Lächelte sie und ich schien plötzlich völlig der Szene entstiegen zu sein.
„Hi. Du siehst…besser aus als heute Morgen.“
„Danke.“ Erwiderte sie und das Strahlen nahm noch um ein paar Nuancen zu.
Ungetrübtes Glück nannte man das wohl.
„Wollen wir los?“
„Ja, gern.“
Ich lächelte und gab ihr noch ihre Tasche, ehe sie das Haus verließ. Schlüssel, Handy, Portemonnaie, falls sie sich ausweisen müsste. Ich würde auf sie warten – so hielten wir es seit Jahren. Sehen Sie, seit unser Dad gestorben war, passten wir mehr aufeinander auf, denn je. Wir wussten immer, wo der andere war, wenn er das Haus verließ.

„Du fährst ganz anders als Dean.“ Bemerkte Lorelai, als Sam den schwarzen Impala eingeparkt hatte. Womit sie übrigens Recht hatte, Dean hatte einen anderen Fahrstil, als sein Bruder.
Okay, Lorelai fuhr wie ein Henker, aber das sei jetzt mal dahin gestellt.
„Oh, das will ich hoffen.“ Antwortete Sam und lächelte.
Wie vorsichtig sie immer noch miteinander waren…als wüssten sie genau, wo der andere gleich sein würde und wichen aus, weil sie nicht wussten, wie sie reagieren würden.
„Sag mal, warum fährst du eigentlich nie?“
„Wie kommst du darauf?“ wich meine Schwester der Frage aus, oder versuchte es zumindest.
Sam musste grinsen. Es schien ganz so, als hätte er da einen interessanten Nerv getroffen. „Na ja, ich habe bisher immer nur Bella fahren sehen.“
„Ja…also…weißt du…“ murmelte sie und spürte den interessierten Blick. „Ich…“
„Ja?“ ein leichtes Grinsen huschte über seine Züge.
„Ich bin geblitzt worden.“ Sagte sie dumpf und Sam lachte leise.
„Ich verstehe.“
Sie strich sich verlegen das Haar aus dem Gesicht. „In knapp zwei Wochen habe ich meinen Führerschein wieder, denke ich.“
„Als ich mir Deans Wagen zum ersten Mal ausgeliehen habe, bin ich in eine Verkehrskontrolle geraten.“ Erwiderte er. „Und was hatte ich natürlich vergessen?“
„Die Papiere?“ riet Lorelai und Sam grinste.
„Genau.“
Mein Zwilling lachte. Wie heißt es gleich? Geteiltes Leid ist halbes Leid und Sam hatte eine interessante Art und Weise, ihr zu zeigen, dass er sie deswegen nicht auslachen würde.
Schließlich saßen sie im Umkleideraum und meine Schwester verzog das Gesicht, als sie ihre Schuhe ablegte.
„Du bist sicher, das du das willst?“
Sam lachte. „Glaub mir, wenn du Dean auf Schlittschuhen gesehen hättest, wüsstest du, das es nicht schlimmer kommen kann.“
„Okay.“ Sagte Lorelai zögernd, schloss ihre Schuhe in einem der Schränke ein und stand zögernd auf. Auf Gummi das Gleichgewicht zu halten, war um so vieles weniger schwierig, als auf spiegelglattem Eis.
Vorerst tastete sie sich am Rand entlang, dann ging sie zögernd Schritt um Schritt auf die Eisfläche.
Sam ging vor ihr her. Er bewegte sich auf dem Eis, wie auf normalem Boden. Bei ihm sah es ganz einfach aus.
Mein Zwilling seufzte innerlich.
Worauf hatte sie sich da bloß eingelassen?
Mut zur Blamage, Lorelai. Mut zur Blamage.
Sie holte Schwung, schlitterte auf Sam zu und kippte nach vorne. Er fing sie auf und fuhr geschickt rückwärts, während meine Schwester sich an ihm festhielt.
„Siehst du? Es ist ganz einfach.“ Sagte er leise und sah sie amüsiert an.
Sie ergriff seine Hände und ließ sich vorerst von ihm über die Eisbahn ziehen.
„Okay…ich…ich versuch´s mal allein.“ Sagte sie schließlich und ließ ihn los.
Das musste sie natürlich prompt büßen, denn sie verlor das Gleichgewicht und landete schmerzhaft auf dem Steißbein.
„Au!“
Sam verbiss sich das Lachen, wollte er doch fair sein und bot ihr die Hand an. „Hast du dir wehgetan?“
„Nein.“ Sagte mein Zwilling trotzig und übersah seine Hand – was lediglich zu einem Heiterkeitsausbruch führte.
Sie sah Sam trotzig an, der allmählich zu lachen aufhörte. „Entschuldige.“ Sagte er schließlich.
„Ja.“ schmollte meine Schwester mit unverhohlenem Amüsement. „Schon klar.“
Im Augenblick stand sie frei auf dem Eis und machte ein paar zögernde Schritte nach vorne. Eine kleine Unebenheit im Eis, ein zu enthusiastischer Schwung und mein Zwilling verlor das Gleichgewicht. Diesmal hatte Sam aufgepasst und fing sie auf.
„Na, na.“ Sagte er. „Vorsicht. Sonst denkt deine Schwester am Ende noch, ich hätte dich misshandelt.“
„Ich glaube, dieser Sport ist nichts für mich.“ Murmelte Lorelai.
Trotz und Stolz hin oder her, sie hielt sich an Sam fest und sie wusste genau, warum sie das tat.
Go, Lorelai.
Es war später Abend, als die zwei genug hatten und Lorelai leise fluchend die Schlittschuhe ablegte. Sam grinste. „Ich hoffe, ich habe dich nicht abgeschreckt.“
„Jedenfalls nicht so sehr, als das ich auf dich schießen würde.“ Murmelte mein Zwilling angesäuert.
„Das ist gut.“ spottete Sam und hob die Augenbrauen. „Darf ich das hier also trotz blauer Flecken unter Erfolg verbuchen?“
Lorelai lachte. „Wenn du mich jetzt auch noch unfallfrei nach Hause bringst, dann ja.“
„Ich bemühe mich.“
Sie grinste, schob die Hand in die seine und gab die Schlittschuhe dankbar wieder ab.
Auch die Fahrt zurück verlief gut. Wie ich schon sagte, ihnen beiden, gingen die Gesprächsthemen nicht aus.
Weder Lorelai noch ich, konnten gut mit Menschen umgehen, die einfach nur schwiegen.
Er bracht sie noch zur Tür und schien plötzlich seltsam angespannt. Sein Handy hatte im Auto kurz gepiept, es mochte eine SMS gewesen sein.
„Gute Nacht.“ Sagte Lorelai leise und lächelte.
„Gute Nacht.“ Erwiderte Sam einfach und sah dabei so kalt aus, wie nie zuvor in der Gegenwart meiner Schwester.
Er ging, ohne ein weiteres Wort.
Lorelai sah ihm nach und war einen Augenblick lang völlig fassungslos. „Im Ernst jetzt?“
Sie ging ins Haus und warf die Tür hinter sich zu. Dann schleuderte sie die Schuhe durch den Flur und stieg die Stufen hinauf.
„Im Ernst jetzt?“ sie öffnete die Zimmertür von Jason.
Er lag auf seinem Bett und las, als sie hereinkam. „Im Ernst jetzt.“
Sie legte sich neben ihn und er sah sie überrascht an. „Was ist passiert?“
„Im Ernst jetzt.“

Mein Abend verlief leider nicht so prickelnd, wie der meiner Schwester.
Kurz nachdem sie und Sam gefahren waren, nahm ich meinen Mut zusammen, zog mir die Schuhe an und schob mich erneut durch die große Hecke auf das Nachbargrundstück.
Es war John der öffnete. Ein amüsiertes Lächeln huschte über seine Lippen. „Guten Abend. Ich nehme nicht an, das du hier bist, um nach deinem Stand in Mathe zu fragen?“
Mir entrang sich ein Lächeln. „Besser nicht. Nein, ich wollte zu Ihrem Sohn.“
„Zu Dean nehme ich an?“
„Ja. Sam ist mit meiner Schwester unterwegs.“
„Dann musst du Bella sein.“
Ich hielt inne und sah ihn überrascht an. Daran hatte ich gar nicht gedacht. „Oh. Ja, entschuldigen Sie bitte.“
Er lächelte und schloss die Tür hinter mir. „Er ist oben in seinem Zimmer.“
„Danke.“
Ich stieg die Stufen hinauf, ebenso zögernd, wie Lorelai und ich es an einem Abend getan hatten, der so weit zurückzuliegen schien. Schon als ich vor der schlichten dunklen Holztür stand, wusste ich, dass etwas passieren würde, das mir nicht gefallen würde.
Ich wusste nur nicht, was es war.
Also klopfte ich und öffnete leise die Tür, als er mich hereinrief.
„Bella?“
„Ja.“ sagte ich angespannt. Das Schließen der Tür hallte seltsam laut wieder.
„Was verschafft mir die Ehre?“ spottete Dean, der gelassen auf dem Fensterbrett saß, so wie ich es manchmal tat.
„Als ob du das nicht wüsstest.“ Erwiderte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht weiß ich es, vielleicht nicht. Also?“
Ich holte tief Luft und überwand mich zu der Frage. „Du…du hast es nicht ausgenutzt, oder?“
„Was denn?“
„Stell dich nicht dumm.“ Knurrte ich und er tat, als fiele ihm erst jetzt auf, was ich meinen könnte.
„Ach, davon sprichst du.“
„Rede schon.“ Verlangte ich und sah das Amüsement durch seine Augen huschen.
„Würdest du die Frage noch einmal stellen?“
Doch zu Spielchen hatte ich keine Lust.
„Na schön. Haben wir miteinander geschlafen?“
Er stand auf und sah mich spottend an. „Nein,.“
Gut.
Ich atmete aus und merkte erst jetzt, dass ich die Luft angehalten hatte. „Okay.“
Kurzes Schweigen entstand.
„Warum nicht?“ brachte ich schließlich hervor und er sah mich offen an.
„Weil ich eine Freundin habe.“
Ich brauchte einen Augenblick, bis ich begriffen hatte, was er gesagt hatte.
„Was?“ meine Stimme hatte nicht einmal annährend so entgeistert geklungen, wie sie es hätte tun sollen.
Ein spöttisches Lächeln huschte über seine Lippen und er stand auf. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich vor ihm zurückgewichen, aber ich hatte ja die Tür im Rücken.
„Weil ich eine Freundin habe. Du hast die Knutscherei im Dance doch nicht ernst genommen?“
Etwas Hartes entstand in meinem Hals, wurde größer und machte das Atmen schwer. Wie hatte ich so naiv sein können?
Ich riss die Tür auf, huschte die Stufen hinunter und verließ das Haus, ehe ich vor seinen Augen losheulen würde.
„Im Ernst jetzt.“ Brachte ich hervor, als ich wie mein Zwilling vor mir, die Turnschuhe in die Ecke warf, die Treppe hinaufging und die Zimmertür meines Bruders aufriss.
„Im Ernst jetzt.“
Ich legte mich auf Jasons anderer Seite zu den beiden.
„Für drei Leute ist dieses Bett zu klein.“ Bemerkte Jason, doch ich achtete gar nicht auf ihn.
„Im Ernst jetzt.“
„Sam hat mich zum Abschied nicht mal geküsst.“ Sagte Lorelai und ich hob den Kopf.
„Im Ernst jetzt?“
„Im Ernst jetzt.“
„Dean hat eine Freundin.“ Murmelte ich und sah die aufsteigende Wut im Blick meines Zwillings.
„Im Ernst jetzt?“
„Ruhe, alle beide.“ Sagte Jason und löschte das Licht.
Es war mitten in der Nacht, als ich doch noch aufstand. Unser großer Bruder schlief ruhig, doch auch seine andere Seite war leer. Die Geräusche von unten verrieten mir, dass mein Zwilling in der Küche stand.
Ich stand auf und schlich mich wie ein Schatten nach unten.
„Lorelai?“
Sie stand an der Anrichte und hatte den Frustpralinenschrank unserer Mutter geöffnet. Als ich sie ansprach, drehte sie sich beinahe schuldbewusst zu mir um.
„Bella.“
„Ich kann nicht schlafen.“ Sagte ich einfach und ließ mich auf einem der Küchenstühle nieder.
„Ich auch nicht.“ Murmelte sie und lehnte sich gegen die Anrichte.
„Wie konnte ich so blöd sein?“ fragte ich und warf mir eine der Rumpralinen in den Mund.
Mein Zwilling setzte sich neben mich. „Er ist ein Mistkerl.“
Vielleicht wollte sie mich vor dem weinen bewahren, aber ich hatte nicht vor mir die Augen aus dem Kopf zu heulen.
Nicht wegen Dean Winchester.
„Er hat dich wirklich nicht geküsst?“
„Nein.“ Sagte mein Zwilling dumpf. „Dabei habe ich mir extra noch die Beine rasiert.“
Auch sie schob sich eine der Pralinen in den Mund.
„Im Ernst jetzt.“

„Ich fühle mich irgendwie leer.“ Sagte Lorelai und ließ sich auf den Badezimmerfußboden sinken.
„Könnte vom Gekotze kommen.“ Bemerkte ich, die ich in der leeren Badewanne lag.
Meine Schwester und ich hatten den Pralinenschrank unserer Mutter ausgeräumt. Wir hatten nur leider nicht darauf geachtet, dass es Rumkonfekt gewesen war.
„Ich fühl mich irgendwie stinksauer.“
„Stimmt.“ Murrte Lorelai.
„Ich meine, er hätte sich nichts dabei gebrochen, mir vorher zu sagen, das er eine Freundin hat, oder?“
„Nein.“ Stimmte Lorelai zu. „Und ganz im Ernst, sah ich gestern etwa scheiße aus?“
„Nein.“ Erwiderte ich.
„Ich glaub, mir wird schon wieder schlecht.“
Ich zog die Trennwand der Badewanne zu und ließ den Kopf auf die wohltuend kalten Fliesen sinken.
„Okay, falscher Alarm.“
Jemand klopfte an die Tür und ich schob die Trennwand auf. „Wer ist da?“
„Ich.“ Antwortete Catherine und Lorelai schloss die Tür auf.
Unsere Mutter kam herein und ließ sich auf den Fliesen neben ihrer jüngsten Tochter nieder.
Noch so ein Scheißtag, hm?
„Schokolade.“ Murmelte sie und mir entrang sich ein schwaches Lächeln, als Lorelai ihr eine der letzten noch vollen Packungen zuschob.
„Das Gefühl kenn ich.“
Anwältin hin oder her, diese Frau war immer noch unsere Mutter.
„Was ist passiert?“ fragte ich schließlich und Catherine betrachtete kurz die Praline, ehe sie sie in den Mund schob.
„Mir fehlt ein Puzzleteil.“
So sprach sie öfter, wenn ihr eine Kleinigkeit in einem Fall fehlte.
„Hast du die ganze Nacht im Büro gesessen?“ wollte Lorelai wissen.
„Ja.“ murmelte unsere Mutter und seufzte. „Es hat mir trotzdem nichts genützt.“
Es klopfte erneut an der Tür und wir hoben die Köpfe.
„Was?“ kam es müde und genervt von uns dreien.
Jason kam mit einem Tablett herein und stellte es in der Mitte ab. „Kaffee mit Milch, Zitronentee, heißer Kakao, Aschenbecher, Feuerzeug und Zigaretten.“
„Du bist ein Schatz.“ Antworteten wir drei, ehe sich die Tür wieder schloss.
Wie auch Lorelai, war Catherine Gelegenheitsraucher und konnte folglich die wenigsten Gegenargumente vorbringen.
„Bella, stört´s dich, wenn…?“
Ich schüttelte den Kopf, griff nach dem Zitronentee und gähnte. „Nur zu.“
„Versprecht mir, niemals Jura zu studieren.“
„Versprochen.“ Antworteten mein Zwilling und ich im Chor.
Aus Rücksicht auf mich, blies Lorelai den Rauch in die andere Richtung.
„Was ist bei euch passiert?“ wollte Catherine schließlich wissen. „Es ist selten, das wir zu dritt hier sitzen.“
Das stimmte.
„Sam ist ein ignoranter Idiot.“ Murrte Lorelai.
„Dean hat eine Freundin.“ Sagte ich und unsere Mutter legte die Zigarette weg und ergriff die Kaffeetasse.
„Und was lernen wir daraus?“
„Männer sind Schweine?“ riet ich.
„Traue niemals einem Mann?“ fragte Lorelai, doch Catherine schüttelte den Kopf.
„Nein, sie wissen es nicht besser.“
„Wie?“ wollte mein Zwilling wissen. „Unwissenheit schützt vor Strafe?“
Unserer Mutter grinste. „Das wollte ich damit nicht sagen.“
„Gut. Denn ich nehme Dean auseinander, wenn ich ihn das nächste Mal sehe.“ Sagte meine Schwester und ließ den Kopf auf die kühlen Fliesen sinken.
„Dann habe ich wenigstens anderes zu tun, als mich mit Kleinkram herumzuärgern.“ Murmelte Catherine und mir entrang sich ein schwaches Lächeln.
Als es an der Haustür klingelte, stand keiner von uns auf.
„Es hat geklingelt.“ Rief Jason aus seinem Zimmer.
„Dann mach doch die Tür auf.“ Riefen wir drei zurück und hörten, wie er leise fluchend die Treppen hinab ging.
Wir hörten, wie er sich mit jemandem unterhielt, dann kamen zwei Leute die Stufen hinauf und es klopfte an der Tür.
„Nein.“ Sagte ich müde und hörte leises vertrautes Lachen.
„Ich bins.“
„Ich weiß.“ Antwortete Lorelai und öffnete die Tür.
Harley schob sich zu uns ins Badezimmer und setzte sich neben unsere Mutter auf die Fliesen.
„Hallo, Mrs. Black.“
„Catherine.“ Sagte sie und reichte ihr die Hand. „Ich finde nach 1 ½ Jahren, kannst du mich beim Vornamen nennen, Hailey.“
Sie grinste, ergriff jedoch ihre Hand. „Nennen Sie mich Harley. Darf ich fragen, was passiert ist?“ fragte sie schließlich.
„Männer, Männer und Puzzleteile.“ Antwortete unsere Mutter dumpf und ich verzog das Gesicht.
„Lorelai und Bella haben mir von Ihren Fällen erzählt.“ Sagte Harley. „Ich interessiere mich für Juristerei.“
Catherine lächelte. Harleys Neugierde schien sie ein wenig aufzumuntern und die nächsten 2 Stunden verbrachten wir damit, Harley über Staatsrecht, Bürgerrecht, Strafrecht und Jura zu informieren.
Ich bemerkte selbst, dass ich mich, je mehr ich schwieg, meinen Gedanken zu überlassen begann. Und das war nicht gut.
Sehen Sie, ich bin ein Mensch, der nicht in der Lage ist zu hassen, das konnte ich noch nie. Doch hätte ich hassen können, so wäre ich mir nicht einmal sicher, ob ich Dean wirklich so sehr verabscheuen könnte.
Er hatte sich wie der letzte Mistkerl benommen, hatte mich belogen und mir möglicherweise Hoffnungen gemacht, die nicht bestanden. Verstehen Sie, wer immer das andere Mädchen war, ich hatte kein Recht ihr etwas zu wegzunehmen, das sie liebte.
Dean hatte sie – ich war völlig belanglos.
Eine natürliche Reaktion wäre es vielleicht gewesen zu weinen, zu schreien, zu fluchen oder einfach nur zu…verzweifeln? Ich tat nichts davon, sondern vergrub mich in mir selbst. Ich hatte etwas zu tun, einen Zwilling, auf den ich aufpassen musste und ein Ziel, das ich erreichen wollte.
Genügend also, um Dean Winchester zu vergessen.
Genau.
Wir saßen bis Mittag im Badezimmer. Es mag Ihnen seltsam vorkommen, aber hey, Lorelai, meine Mum und ich hatten ein gesundes Mutter-Tochterverhältnis. Andere gingen zusammen zum Friseur, wir saßen eben im Badezimmer.
Irgendwann rief Jason von unten, das er keine Lust hätte die Pizza nach oben zu bringen und so stiegen wir schließlich doch nach unten. Mein Zwilling hatte gestern Abend zum anbeißen ausgesehen – jetzt sah sie zum ausspucken aus.
Sie warf mehr zufällig denn absichtlich einen Blick in den Spiegel im Flur, dann blieb sie stehen. Harley, die hinter ihr hergelaufen war, hatte sich gerade mit Catherine unterhalten und stieß mit ihr zusammen.
„Jason?“
„Ja, Lorelai?“
„Würdest du…“ mein Zwilling zögerte. „Würdest du das Essen noch kurz warm stellen?“
Jason grinste schmal. „Du hast zwanzig Minuten.“
„Mehr brauche ich nicht.“
Ohne ein Wort lief sie die Treppe wieder hinauf.
Ich konnte es ihr nicht verübeln. Kaum zwei Minuten später hörte ich das Wasser der Dusche rauschen und lehnte die Stirn gegen das kühle Küchenfenster. Es war wohl unsere Art uns vom gestrigen Tag zu verabschieden.
Adieu Katastrophe, hallo…Chaos?
Wie auch immer.


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