Ein Neuer Tag

Es geht weiter :freu:

Zitat:
"Charlie?"

"... schläft jetzt." Zeitgleich mit seiner Aussage, schaltete er die Leuchte auf dem Beistelltisch neben sich aus
Lustig geschrieben Big Grin

Gut, dass Charlie gleich einsah, dass es ein Fehler war Kelly zu küssen!

Super, dass Charlie und Don sich nun so gut verstehen Smile

Nicht so gut ist, dass Kelly sich offensichtlich in Charlie verliebt hat Sad

Endlich weiss man, was mit Alan los ist.

Der Gips von Amita kommt ab Confusedmile:

Vielleicht könnte ja Charlie statt Alan Amita abholen gehen Wink
Nur so eine Idee.
Bin jedenfalls schon gespannt wie es weitergeht!
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Vielen Dank für den Kommentar, Katalin. Näheres wirst Du hoffentlich im nachfolgenden Kapitel erfahren. Viel Spaß beim Lesen.
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23.

Als die Nachricht zu Ende war, rief Alan sofort Amita an. Nach den üblichen Begrüßungsfloskeln kam er gleich auf den Punkt. "Das klappt morgen. Wann und wo?" Für den Moment lauschte er ihrer Stimme. "Moment, ich notiere mir das eben. Nach Charlies Vorlesung um 12 Uhr am Haupteingang." Wieder hörte er ihr zu. "Ja, ich hab alles. Bis morgen." Er legte das Telefon zurück und drehte sich zu seinem Sohn, der ihn anschaute. "Kannst Du das morgen übernehmen?"

"Natürlich." Seine Augen leuchteten schon jetzt vor Freude, obwohl er sich auch schuldig fühlte. Auf jeden Fall hatte er das Gefühl, etwas wieder gutmachen zu müssen. "Ich geh nach oben. Nacht Dad."

"Schlaf schön, Charlie."

Alan blieb unten, denn er hatte eine Entscheidung getroffen und wollte gleich mit der Umsetzung beginnen. Obwohl er seine Frau noch immer liebte, hatte er eingesehen, dass er endlich Abschied nehmen musste. Seine Söhne sollten sich keine Sorgen um ihn machen müssen. Deshalb trat er ins Wohnzimmer und begann einen Teil der Dinge, die er mit seiner Frau verband und in Erinnerung an sie stehen gelassen hatte, einzusammeln. Dazu gehörten die aufgeschlagenen Klaviernoten der Partitur, die sie zuletzt gespielt hatte, die Statue, die sie während ihrer Flitterwochen gekauft hatten und vieles anderes. Als alles sorgsam verpackt war, ging er hoch ins Schlafzimmer, begann im dort ihre Kleidung aus dem Schrank zu nehmen und legte auch die ordentlich zusammengefaltet in Kartons. Irgendwann beendete er auch das, ging wieder hinunter und landete bei den alten Fotoalben. Die ältesten Fotos zeugten von ihrer und von seiner Kindheit, in der sie sich noch nicht kannten. Hierbei schwelgte er besonders in Erinnerungen, nicht nur an seine Frau sondern an sein ganzes Leben.

--

Am nächsten Morgen wachte Charlie voller Elan auf, denn der Tag hielt nur Gutes für ihn bereit, da war er sich sicher. Dementsprechend ging er schwungvoll die Treppe hinunter und ins Esszimmer, in dem für ihn wieder einmal das Frühstück vorbereitet war. "Morgen Dad", rief er in Richtung Küche, in der er seinen Vater vermutete.

"Morgen Charlie", lautete Alans Antwort, die kam jedoch nicht aus der Küche sondern aus dem Wohnzimmer.

Überrascht drehte Charlie sich um und sah seinen Vater in Mitten der Familienalben sitzen. "Was machst Du da?"

"Ich ordne mein Leben", antwortete er, ohne aufzuschauen. Die ganze Nacht hatte er nicht geschlafen und sich so von seiner Frau verabschiedet. Just in diesem Moment fiel ihm ein Bild von Magaret aus den sechziger Jahren in die Hände, aus ihrer wilden Zeit. Er musste Lächeln. "Ihr müsst Euch keine Sorgen um mich machen", sagte er sehr leise.

Den letzten Satz seines Vaters hatte er nicht verstanden. "Wie bitte?"

"Nichts", erwiderte Alan und schaute seinen Sohn jetzt das erste Mal an. Sein Blick war fest und kräftig, ganz anders als in der Vergangenheit.

"Frühstückst Du mit mir?", fragte Charlie mit guter Laune, die sich beim Anblick seines Vaters noch gebessert hatte.

"Heute nicht. Ich habe noch viel zu tun." Unlängst hatte Alan sich wieder in die Bilder um ihn herum vertieft.

Das Verhalten seines Vaters hatte sich fast gänzlich geändert, daher ließ er ihn in Ruhe, schmierte sich ein Brot, das er in die Hand nahm. Dann stand er auf und ging zur Tür. "Ich fahr dann los."

"Mach das und denk an Amita. Grüß sie bitte herzlich."

"Werde ich." Nachdem alles gesagt war, ging Charlie zum Auto und fuhr los.

--

Er betrat sein Büro und startete wieder einmal seinen Computer. Sogar während seiner kurzen Abwesenheit hatte er einige E-Mails bekommen, die er nun überflog. Der Großteil kam von Studenten, die Fragen hatte; eine war jedoch von seinem Fachbereichsleiter. Die interessierte ihn am meisten, obwohl sie keinen Betreff hatte. Daher öffnete er sie als erste.

Hallo Dr. Eppes,
Ihr Kolloquium findet am Freitag in einer Woche um 15:00 Uhr statt.
Gruß Zewick


Nachdem er das gelesen hatte, wollte er vor Freude tanzen, denn in gut zweieinhalb Wochen war es endlich so weit und seine Habilitation würde einen weiteren Schritt nach vorne machen. Mittlerweile fragte er sich, was dieser Tag noch alles an großartigen Neuigkeiten bringen würde. Von der letzten musste er Larry berichten und griff nach dem Telefon, das just in diesem Moment zu läutete.

Er nahm den Hörer ab und meldete sich: "Eppes."

"Hast Du's schon gehört?", fragte Larry, wobei er auf jegliche Begrüßung verzichtete.

"Nein, gelesen", reagierte Charlie lächelnd auf die Frage seines Mentors, der scheinbar denselben Gedanken gehabt hatte.

"Das klappt ja alles bestens. Du musst Dich darauf vorbereiten", antwortete Larry ernsthaft.

"Mach ich. Hilfst Du mir dabei wieder?"

"Selbstverständlich. Ich wüsste auch einen Weg, wie Du dich revanchieren kannst." Für einen Moment hielt Larry inne. "Meine Studentengruppe hat nächsten Woche Mittwoch ein Treffen, allerdings halte ich an dem Tag einen Vortrag. Deshalb muss das jemand übernehmen."

"Warte kurz.“ Flink öffnete Charlie seinen Terminkalender im PC und schaute sich die Termine am besagten Tag an. „Nachmittags hab ich Sprechstunde, aber vormittags bin ich frei", antwortete er.

„Das ist immer vormittags, also trag ich Dich als Vertretung ein.“

Nun kam Charlie wieder aufs ursprüngliche Thema zurück: "Und wann treffen wir uns?"

"Wieso treffen?" Während der kurzen Zeit war Larry schon wieder in seiner Welt verschwunden.

"Kolloquium?!", erinnerte Charlie lächelnd, was sein Mentor nicht sehen aber vielleicht hören konnte. Langsam gewöhnte er sich an Larrys Art, die ihm durchaus gefiel - der zerstreute Professor.

"Ach so. Das klären wir noch mal ab, denn ich hab gleich eine Vorlesung."

"Okay." Charlie hatte das Wort noch nicht mal ganz ausgesprochen, da hörte er schon das Klicken in der Leitung, als Larry auflegte.

Es gab noch eine andere, bedeute Neuigkeit, der teilen musste und wollte. Die Telefonnummer hatte er ausnahmsweise mal nicht in seinem Kopf gespeichert, vermutlich weil er sie lange Zeit nicht speichern wollte. Auch ein Mathematikgenie konnte seinen eigenen Kopf überlisten, wenn er es wollte. Schon suchte er in seinem Filofax die Nummer heraus und tippte sie ein. Nach einigen Freizeichen erklang die verschlafene Stimme seines Bruders, die ihn gähnend begrüßte. Daraufhin erzählte Charlie seinem Bruder ohne Punkt und Komma alles, was er am Morgen gesehen hatte. Zufrieden endete er schließlich. Da Don noch nicht gänzlich wach war, legte er bald wieder auf.

Über das Gespräch hatte Charlie beinahe seine eigene Vorlesung vergessen, doch ihm blieb noch genug Zeit, um sich bei einem kleinen Umweg durch die Cafeteria einen Kaffee zu holen. Erst dann ging er zum Hörsaal, in dem noch niemand war.

Er ging zu seinem Tisch und stellte seine Tasche sowie den Kaffee darauf ab. Dann holte er ein paar Arbeitsblätter hervor. Gleichzeitig betraten die ersten Studenten den Raum, der sich nach und nach füllte. Natürlich entging ihm Amitas Eintreten nicht, die sich heute für einen Rock und ein Top entschieden, die er mit ihr ausgesucht hatte. Zu lang ließ er seinen Blick nicht auf ihr verweilen und konzentrierte sich wieder auf seine Vorbereitung.

Als es an der Zeit war, die Vorlesung zu beginnen, schloss Charlie die Türen und verteilte dann seine Arbeitsbögen. Keine Minute später stand er wieder vor der Tafel hinter seinem Tisch und begann die Vorlesung.

--

Alle Fragen zum Thema waren geklärt, so dass Charlie die Vorlesung beenden konnte. Während er seine Sachen zusammenlegte, taten das auch seine Studenten und verließen dann in Gruppen den Raum. Auch Amita stand auf und ging von der letzten Reihe aus auf den Ausgang zu und an ihm vorbei.

Trotz seiner Geschäftigkeit hatte er auf sie geachtet, so dass ihm das nicht entging. „Amita“, hielt Charlie sie deshalb rechtzeitig zurück.

Sie drehte sich um und schaute ihn fragend an.

Derweil nahm er seine fertig gepackte Tasche und ging auf sie zu. „Dad hat mich gebeten, Dich zum Krankenhaus zu fahren. Er ist ... beschäftigt“, erklärte er ihr.

„Okay. Können wir dann los?“, fragte sie, ungewollt schwang etwas Nörgelndes in ihrer Stimme mit. „Mein Termin ist in einer halben Stunde.“

„Ja. Das Auto steht auf dem Parkplatz.“ Den Unterton ignorierte er.

Darauf sagte sie nichts mehr sondern ging auf den Ausgang zu.

Charlie folgte ihr und freute sich immer mehr. Zu all dem Guten, was heute schon geschehen war, kam jetzt auch noch Freizeit mit ihr. Doch zur selben Zeit machte sich sein schlechtes Gewissen bemerkbar, das bislang noch keinen großen Auftritt hatte.

Beim Auto angekommen öffnete er ihr die Tür und stieg dann selbst ein. Beide sagten nichts, irgendwie war es für den Moment komisch. Die Fahrt brachten sie deshalb komplett schweigend hinter sich. Am Krankenhaus parkte er so nah wie möglich am Eingang. Trotz des Schweigens begleitete er sie hinein. Dort meldete sie sich in der Aufnahme an, woraufhin sie in den Wartebereich verwiesen wurden. Sie setzten sich auf zwei freie Plätze am Fenster hin. Die Stille zwischen ihnen war ungebrochen.

„Terry und Don haben sich über Dein Geschenk gefreut“, sagte Charlie und hoffte, ein neutrales Thema gefunden zu haben, wobei er schon jetzt wusste, dass es für ihn nicht neutral war.

„Ich weiß. Ich habe gestern kurz mit den beiden telefoniert. War es eine schöne Verabschiedung?“

„Das übliche. Reden, Zeugnisse, Fotos und schließlich Party“, ratterte er herunter, dabei ließ er jegliches Detail aus, so auch Kelly. Er hoffte, dass sein Bruder das auch getan hatte. Seine Gewissensbisse spiegelten sich unmerklich in seinem Gesicht wieder.

Sie war sich nicht sicher, ob sie eine Regung bemerkt hatte. Wenn es eine gegeben hatte, so konnte sie diese nicht deuten, doch sie machte sich darum auch keine Gedanken. „Hört sich toll an. Wie ist Terry so? Ich habe sie gestern kurz gesprochen, da sie sich persönlich bedanken wollte.“

Noch war kein Wort über seine mögliche Liaison gefallen. „Sie ist...“ Weiter kam er nicht.

„Ms Ramanujan, sie sind jetzt dran“, unterbrach ihn eine Krankenschwester. „Folgen Sie mir bitte.“

Langsam richtete Amita sich auf und folgte der Krankenschwester.

--

Nach etwas über einer Stunde kehrte sie langsam, darauf bedacht, ihr gipsfreies Bein nur wenig zu belasten, zurück.

Charlie wartete auf sie. „Alles okay mit Deinem Bein?“, fragte er besorgt und berührte sie leicht am Arm.

Sie nickte. „Ja, aber ich soll es noch schonen.“

„Gut“, erwiderte er. „Wir sollten das feiern.“

Obwohl sie sich über ihr gesundes Bein freute, hatte Charlie indirekt ein Thema angeschnitten, das ihr nicht gefiel. Bei ihrer letzten gemeinsamen Unternehmung hatte sie viel Geld ausgegeben, zu viel für ihre Verhältnisse. Das hatte sie mittlerweile ausgeglichen, doch rosig sah es auch diesen Monat nicht aus, denn für zwei Seminare musste sie noch Bücher besorgen. Das konnte sie nicht vergessen, so gerne sie etwas mit ihm unternehmen wollte. „Es tut mir leid, aber... Ich...“, druckste sie herum, traute sich aber nicht, das Thema auf den Punkt zu bringen.

Nun war er verwirrt und fragte sich, ob er was Falsche gesagt oder getan hatte. „Wir müssen nicht, wenn Du nicht möchtest. Das war nur eine Idee.“ Unsicher schaute er sie an.

Der besorgte Blick seiner Augen brachte sie dazu, ehrlich zu sein. „Mein Geld ist etwas knapp im Moment, deshalb kann ich mir keine unnötigen Ausgaben leisten“, sagte sie nun gerade heraus, auch wenn es ihr unangenehm war.

„Oh. Das wusste ich nicht. Ich wollte Dich nicht drängen“, entschuldigte er sich sogleich, wollte aber immer noch etwas mit ihr unternehmen. „Ich lade Dich einfach ein.“

„Lass gut sein, Charlie. Wir machen das ein anderes Mal. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, versuchte sie, ihn zu beruhigen.

„Das ist mir egal, wir unternehmen etwas. Hier und jetzt.“

„Charlie...“, begann sie von neuem.

„Keine Widerrede. Worauf hast Du Lust?“

Obwohl es Amita nicht gleichgültig war, zuckte sie mit den Schultern. So wollte ihm sie ihm signalisieren, dass es nicht notwendig war und er es einfach sein lassen sollte, obwohl sie nichts lieber tat, als mit ihm Zeit zu verbringen.

„Wenn Du nicht möchtest, dann entscheide ich. Wir gehen Essen.“ Insgeheim beruhigte Charlie mit seiner Geschäftigkeit und seiner Überzeugungsarbeit sein schlechtes Gewissen, das durch das vorangegangene Gespräch Platz in seinem Inneren eingenommen hatte.

Ihre Freude über einen gemeinsamen Nachmittag war noch immer da, doch sie fragte sich, was in ihn gefahren war, denn er benahm sich so anders, beinahe schon merkwürdig. Doch sein Angebot konnte sie nicht ausschlagen, das wäre unhöflich. „Pizza?“, schlug sie daher vor.

„Gerne.“ Ohne lange zu überlegen, wusste er, wo es die beste Pizza gab. „Bei Luigis gibt es die beste Pizza, auch wenn Luigi nicht mehr dabei ist.“

Scheinbar kannte er das Lokal gut und wusste, wovon er sprach. „Dann zeig es mir“, stimmte sie deshalb zu.

--

Sie verließen das Krankenhaus und gingen zu Fuß. Wieder überraschte Amita, wie belastbar ihr Bein war und konnte locker mit Charlie mithalten, der allerdings aus Rücksicht langsamer lief. Schließlich betraten sie das Lokal, in dem alle üblichen Klischees vorhanden waren: rotweiß karierte Tischdecken, alte zu Kerzenhaltern umfunktionierte Rotweinflaschen, Stühle mit aus Korb geflochtenen Sitzflächen.

Ehe sie sich einen Platz aussuchen konnten, kam eine ältere, stämmige Frau auf sie zu und drückte Charlie herzlich an sich. Ihre Haare hatte sie im Nacken fest zu einem Knoten gesteckt, was ihrem Aussehen eine Strenge verlieh, die ihrem Handeln widersprach. Nachdem sie ihn losgelassen hatte, begrüßte sie ihn: „Hallo Charlie.“ In jeder Silbe war ihr italienischer Akzent hörbar. „Du bist groß geworden. Wie geht es Dir? Wo ist Dein Vater? Er war lang nicht mehr hier. Was macht Don?“, fragte sie neugierig, ohne ihm überhaupt Zeit zum Antworten zu lassen, erst dann fiel ihr Augenmerk auf Amita. „Und wer ist die junge Frau an Deiner Seite?“

Sofort fühlte sich Charlie in alte Zeiten zurück versetzt. „Hallo Francesca“, begrüßte er sie erst einmal, als er zu Wort kam. „Darf ich Dir Amita vorstellen“, fuhr er fort und hielt seine geöffnete Hand in ihre Richtung. Dann wandte er sich Amita zu. „Das ist Francesca. Sie ist eine Freundin der Familie.“

Amita streckte ihr die Hand entgegen, die die Wirtin nahm und drückte.

„Ich wusste schon immer, dass Du den guten Geschmack Deines Vaters geerbt hast, aber Deine Freundin übertrifft jegliche Vorstellung“, sagte sie mit bewundernder Stimme. „Du warst ja aber schon immer ein Charmeur“, fügte sie zwinkernd hinzu.

Verlegen schaute Amita zur Seite.

Obwohl Charlie das Gesagte unangenehm war, reagierte er darauf. „Amita ist eine ...“, er suchte nach dem passenden Wort und entschied sich für die Wahrheit, „... Studentin von mir.“

„Trotzdem bist Du eine Schönheit“, sagte Francesca ausdrücklich und beugte sich dann zur ihr hinunter. „Auch wenn er das noch nicht wahrhaben will“, fügte sie flüsternd hinzu.

„Vielen Dank“, reagierte Amita, wobei ihre Wangen ein Hauch Schamesröte zierte.

„Setzt Euch ans Fenster. Ich komme gleich zu Euch.“ Sie deutete noch kurz auf einen Tisch und verschwand dann hinterm Tresen.

Der Anweisung folgten die beiden und setzten sich. Dabei stand Amita die Neugierde, wer diese Frau war und was sie mit Charlie verband, ins Gesicht geschrieben.

Diese Frage konnte Charlie quasi lesen. „Früher als Mum noch lebte...“, begann er stockend, denn er mochte noch immer nicht darüber reden.

Sie legte ihm die Hand auf den Arm. „Ich kenne die Geschichte, Don hat sie mir schon erzählt.“

„Okay.“ Mit seinen großen, dunklen Augen sah er sie an, denn er war überrascht, was Don ihr erzählt hatte. Er musste tatsächlich mit ihr befreundet sein, denn so viel Offenheit war er von seinem Bruder nicht gewohnt. „Francesca und Mum haben sich kennen gelernt, bevor ich auf der Welt war und waren befreundet. Als ich noch ein Baby war eröffnete sie dieses Lokal mit ihrem Mann, Luigi, deshalb haben wir hier oft mit der Familie gegessen. Ihr Mann Luigi stand in der Küche und machte uns tolle Pizzen mit Gesichtern, manchmal durften wir auch selbst in die Küche. Das war toll“, schwelgte Charlie für einen Moment in Erinnerungen. „Die beiden haben sich getrennt, als ich neun oder zehn war, da er eine jüngere Frau hatte und mit ihr wieder nach Italien wollte.“ Er blickte Amita zwar an, sah vor seinem Auge aber viele Alter Bilder ablaufen. „Kurz nach der Trennung war Francesca oft bei uns und hat viel mit Mum geredet, dadurch sind wir ihr noch etwas näher gekommen, denke ich. Auf jeden Fall behielt sie das Lokal und führte es fortan alleine. Seither habe ich keinen Mann mehr an ihrer Seite gesehen.“ Langsam schweifte er ab. „Wir sind bis zu Mums Tod weiterhin hergekommen, ich bin seitdem aber nicht mehr hier gewesen. Zu viele Erinnerungen“, endete er schließlich.

Gleichzeitig trat Francesca an ihren Tisch. „Wie geht’s Deinem Vater, Charlie? Du hast mir gar nichts erzählt. Er war vor ein, zwei Monaten das letzte Mal hier. Das ist sehr lange her für ihn“, sagte sie. Zeit zum Antwort ließ sie ihm wieder nicht, sondern fuhr gleich fort. „Dass Du jetzt wieder hier bist, war die letzte große Neuigkeit, die er mir mitgeteilt hat.“ Herzlich schaute sie Charlie an. „Magaret wäre stolz auf Dich“, fügte sie lächelnd hinzu. „Doch ihr seit sicherlich nicht hier, um über Alan oder Deinen Werdegang zu sprechen. Was wollt ihr trinken?“ Erst jetzt unterbrach sie ihren Redefluss und schaute beide an.

„Wasser“, sagte Amita sofort.

Die Bestellung ergänzte Charlie nur: „Einen Krug.“

„Sag Deinem Vater, dass er sich mal wieder zeigen soll, sonst bekommt er von mir nie wieder etwas zu essen.“

Den Befehl bestätigte er mit einem Nicken, da war sie aber schon wieder auf dem Weg zum Tresen. Er zuckte mit den Schultern und drehte sich wieder zu seiner Begleitung um.

Fragend schaute Amita ihn an. „Wir haben nichts bestellt?!“

Er grinste. „Ich hätte Dich vorwarnen sollen, hier bestellt man nicht sondern wird bedient. Lass Dich überraschen.“

„Okay.“ Dieses Lokal faszinierte sie, denn es hatte eine Bedeutung für Charlie. Sie war froh, dass sie einer gemeinsamen Unternehmung zugestimmt hatte. „Ich lass mich überraschen.“ Für ihn ließ sie ihr strahlendes Lächeln zu Tage treten.

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Währenddessen stand Francesca hinterm Tresen und tat beschäftigt, beobachtete die beiden aber insgeheim. Eigentlich bevorzugte sie geschäftige Tage, doch heute war sie froh, dass keine anderen Gäste da waren. Glücklicherweise hatten die beiden sich eine untypische Zeit ausgesucht - zu spät fürs Mittagessen und zu früh fürs Abendbrot. Sie fragte sich, wem Charlie etwas vormachen wollte, denn die beiden waren sicherlich alles, nur nicht Dozent und Studentin. Ihr war bewusst, dass es sie nichts anging, doch für seine Mutter, aber auch für seinen Vater würde sie ihm einen Schubs in die richtige Richtung geben. Es war fast so, als ob ihr eigener Sohn dort saß.

Leider hatte sie noch andere Aufgaben, außer ihre Gäste zu beobachten und so ging sie rasch in die Küche und schaute nach dem Essen. Dabei hoffte sie, nicht zu viel von dem zwischenmenschlichen Spiel zu verpassen. Amita war der geborene Lasagne-Typ hatte sie beschlossen, während Charlie eine deftige, gut gewürzte Pizza mit Salami, Schinken und viel Käse bekam. Beide Speisen waren fertig. So holte sie erst die Lasagne aus dem Ofen und stellte die Form auf ein Holzbrett, danach zog sie die Pizza gekonnt heraus und legte sie auf einen extra großen Teller. Anschließend nahm sie beides hoch und brachte es an den Tisch.

Sie lächelte die Turteltauben, wie sie die beiden insgeheim betitelt hatte, freudestrahlend an und stellte die dampfenden Teller vor ihnen auf den Tisch. "Guten Appetit", wünschte sie den beiden und ging unverzüglich zurück zum Tresen, um nicht zu lange zu stören. Ihre romantische Ader war in Wallung und sie konnte sich nicht stoppen, so dass sie sich schon beinahe die Kinder der beiden erdachte.

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Charlie hatte die ersten Bissen der denkwürdig guten Pizza gegessen, als er inne hielt. "Und? Hat Sie Deinen Geschmack getroffen?"

"Ja. Die Lasagne ist göttlich. Ich verstehe zwar, dass Du hier nicht mehr warst, kann es aber gleichzeitig nicht verstehen. Auf so ein tolles Essen könnte ich nur nicht verzichten." Ihre Aussage unterstrich sie mit einem zufriedenen Lächeln. "Danke, dass Du mich her geführt hast." Sie war sich sicher, dass es für ihn nicht einfach war hier zu sitzen, aber über Gefühle reden, war nicht seine Sache. Deshalb beließ sie es bei der Aussage.

Das Lächeln erwiderte er. "Wenn ich Dad erzähle, dass ich hier war, werde ich demnächst wohl wieder herkommen - mit ihm. Du kannst dann gerne mitkommen."

"Vielen Dank für das Angebot Charlie, aber ich denke nicht, dass ich..."

Noch im Reden unterbrach er sie. "Verschwende keine Gedanken ans Geld, das bezahl ich."

"Das möchte ich aber nicht. Du sollst mich nicht aushalten, nur weil ich gesagt habe, dass ich nicht so viel Geld habe."

"Was nützt es mir, Geld zu haben, wenn ich trotzdem nichts machen kann, weil die Freunde, die keines haben, nichts mit mir machen können?", reagierte er schlagfertig.

Daraufhin schwieg sie nur und aß still weiter. Auch er verfiel in Schweigen und steckte Bissen für Bissen in den Mund. Da beide kein Wort mehr sagten, dauerte es nicht lange, bis sie fertig waren.

Erst als Francesca an den Tisch trat, um die Teller abzuräumen, wurde wieder gesprochen. „Hat’s Euch geschmeckt?“, fragte sie.

„Sehr lecker, wie immer“, antwortete Charlie sofort.

„Das Essen war toll, obwohl ich auf Pizza aus war. Die Lasagne kann ich nur empfehlen“, erwiderte Amita.

„Das freut mich. Kann ich Euch noch etwas Gutes tun, einen Nachtisch vielleicht?“

„Ich bin satt“, sagte Amita.

„Nein danke.“

Nun kehrte Francesca mit den Tellern in die Küche zurück, um dann wieder ihren Beobachtungsplatz hinterm Tresen einzunehmen.

„Ich möchte jetzt gerne nach Hause“, sagte Amita, sobald sie wieder alleine waren.

„Okay. Ich geh dann kurz bezahlen.“ Während Charlie aufstand, nickte sie. Dann ging er zum Tresen.

Sofort sah er Francesca Ausschau halten und grinste. „Etwas Besonderes entdeckt?“, fragte er.

Sie schreckte sie hoch. „Schäm Dich, Charlie, mich so zu erschrecken.“ Entgegen ihrer Aussage, lächelte sie.

„Ich möchte zahlen.“ Noch während er sprach, holte er sein Portemonnaie aus der Gesäßtasche.

„Das lässt Du schön stecken“, sagte sie und deutete darauf. „Sie ist eine Schönheit, Charlie.“ In Gedanken wanderte sie zu ihrer ersten großen Liebe zurück, Mario. Deshalb schaute sie ihn für den Bruchteil einer Sekunde schwärmerisch an, riss sich dann aber zusammen. „Geh zu ihr, anstatt bei einer alten, welken Frau zu stehen.“

„Du bist weder alt noch welk sondern in den besten Jahren.“ Er schenkte ihr ein Lächeln, ging zurück und holte Amita.

Zusammen gingen sie zu Francesca, um sich zu verabschieden.

„Bis bald“, sagte Charlie einfach.

„Es hat mich gefreut Dich wiederzusehen“, sagte sie und drückte ihn an ihre Brust.

„Auf Wiedersehen“, Amita streckte ihr die Hand entgegen.

Die Geste beachtete Francesca nicht sondern umarmte sie herzlich. „Komm mal wieder und nimm ihn oder seinen Vater mit, die verhungern mir sonst“, verabschiedete sie.

Kurz nickte Amita, ehe sie zusammen mit Charlie das Lokal verließ.

Schweigend gingen sie zum Parkplatz des Krankenhauses.

Währenddessen dachte sie nach und ihr wurde klar, dass Charlies Angebot nur nett gemeint war. Sie hätte es annehmen sollen, wenn auch nur aus Höflichkeit. Um sicherzugehen, rief sie sich den Satz noch einmal ins Gedächtnis. Dabei erkannte sie, dass das Angebot nicht das eigentliche Problem war, das lag woanders.

Auch Charlie dachte über die Situation nach, konnte sich jedoch keinen Reim auf Amitas Verhalten machen, weshalb wieder einmal seine Unsicherheit zu Tage trat.

Am Auto angekommen, wollte er ihr wieder die Tür aufhalten, ließ es dann aber bleiben. Es kam ihm übertrieben vor, schließlich kam sie sich wieder bestens alleine klar, auch wenn sein Zögern einen anderen Grund hatte.

Amita bemerkte Charlies Zögern zwar, dachte sich dabei aber nichts, denn sie freute sich einfach nur, wieder alles alleine zu können.

--

Irgendwann zwischen Krankenhaus und Studentenwohnheim brach Amita die Stille: „Mein Verhalten vorhin tut mir leid. Dein Angebot ist sehr nett“, entschuldigte sie sich.

„Kein Problem“, erwiderte er.

„Dann bin ich beruhigt“, erwiderte sie einfach.

„Übrigens soll ich Dich von Dad grüßen“, sagte Charlie, um das Thema zu wechseln. Während er sprach, brachte er gleichzeitig den Wagen vorm Haupteingang des Studentenwohnheims zum Stehen. „Ich bring Dich noch zur Tür“, sagte Charlie und stieg aus.

Amita tat das Gleiche und ging dann an Charlies Seite auf den Eingang zu. Dort hielt sie und drehte sich zu ihm um.

„Vielen Dank für alles“, sagte sie. „Bis bald.“ Sie wandte sich zur Tür.

Einer Intuition folgend fasste er sie am Arm und brachte sie so dazu, sich wieder zu ihm umzudrehen. „Ich hab Dich auf der Abschlussparty vermisst, denn ich hätte sehr gerne mit Dir getanzt“, sprach er seinen Gedanken aus, was er sofort bereute.

Sie war verwirrt. „Es gibt bestimmt irgendwann eine Möglichkeit, das nachzuholen“, erwiderte sie deshalb schlicht und ging dann durch die Tür. „Tschüß.“

„Auf Wiedersehen“, flüsterte Charlie, ehe er wieder zum Auto ging.

--

Kurze Zeit später war er Zuhause. Als er das Haus betrat, bemerkte er als erstes die Veränderungen im Wohnzimmer. Viele Erinnerungsstücke waren verschwunden. Es hatte sich etwas geändert, nicht nur das Offensichtliche.

„Hallo Charlie“, tönte Alans Stimme vom Hintereingang.

„Hi Dad.“ Er drehte sich um.

Alan schloss die Tür hinter sich. „Wie war Dein Tag?“, fragte er

„Lang. Ich soll Dich von Amita grüßen.“ Dann fasste Charlie kurz den Tag zusammen, vor allem das Zusammentreffen mit Francesca. „Na ja, ich geh hoch. Bis morgen“, endete er schließlich

„Bis morgen“, sagte Alan nachdenklich.

Danke an Jo & XY ungelöst - die weltbesten Künstlerinnen
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Zuerst einmal, es hat sich echt gelohnt einen Monat auf den neuen Teil zu warten Smile
Alan hat die ganzen Erinnerungen an seine Frau verpackt.
Francesca ist echt cool Big Grin
Amita und Charlie sollten sich näher kommen, finde ich Smile
Bin schon gespannt wie es weitergeht und warte gespannt auf den nächsten Teil, auch wenns wieder einen Monat geht Wink
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Vielen Dank für Deinen lieben Kommentar, Katalin. Dieses Mal hast Du noch länger gewartet.^^

Dieser Teil hat wesentlich länger gedauert, als ich erwartet habe. Es tut mir leid. Trotzdem wünsche ich Euch viel Spaß beim Lesen. Reviews sind immer noch gerne gelesen.
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24.

Seit der Abreise von Dons Familie hatten Terry und er sich um den Umzug gekümmert. Sie hatten eine Woche Zeit, doch sie wollten so schnell wie möglich fertig sein. Noch am selben Tag begannen sie zu packen, die Kartons hierfür hatten sie sich schon im Vorwege besorgt, so dass sie wirklich nur noch packen mussten. Dabei half Kelly ihnen, die ein paar Tage länger blieb. Am Montagmittag wurde ein Ende in Terrys Wohnung absehbar, so dass sie sich um ein Umzugsunternehmen und zwei Flugtickets kümmerte. Ihre einzige Chance war der Umzug am Mittwochmorgen und Abflug dann am frühen Nachmittag. Diesen Termin nahm sie an, denn zum Sonntag musste sie aus ihrer Wohnung raus sein, komme was da wolle.

Von da an arbeiteten sie noch mehr, um alles rechtzeitig zu verpacken und auseinander zu schrauben. Am Dienstagmittag verließ Kelly sie, nahm den beiden jedoch eine Last ab und kaufte Don den Volvo ab, den er nicht mitnehmen wollte. Sein Angebot, ihr den Wagen zu schenken, wollte sie partout nicht annehmen, dazu war sie zu stur. Am selben Tag hatte sie Terry noch vom Schrottplatz abgeholt, bei dem sie ihren geliebten VW-Bus ließ, denn eine Reise quer durchs Land würde er nicht mehr überstehen. Auf dem Rückweg kauften sie noch etwas zu Essen, doch Kelly musste zurück, so dass sie nichts mehr davon hatte. Vor Terrys Wohnung verabschiedeten sie sich von einander und versprachen sich, fortan auch über die Eltern hinweg in Kontakt zu bleiben.

Mit der großen Pizza in der Hand betrat Terry am Dienstagabend zum letzten Mal ihre Wohnung. Hier nahmen die beiden gemeinsam von den letzten drei Jahren Abschied. Die Einrichtung bestand nur noch aus Kartons, auseinander geschraubten Möbeln und einem provisorischen Nachtlager, das sie im Schlafzimmer anstatt des Bettes aufgebaut hatten. Zwei Isomatten und zwei Schlafsäcke lagen dort, daneben stand eine Lampe. Sie setzten sich auf den Boden und aßen ein Stück Pizza nach dem anderen und erinnerten sich an die vielen Abende, die sie hier als Freunde verbracht hatten, aber auch als Paar. Ein Teil ihres Lebens würden sie hier zurücklassen.

Als sie sich schließlich hinlegten, tauschten sie einen Gutenachtkuss, ehe sie sich an seine Brust schmiegte und so einschlief. Auch er schlief schließlich ein, nachdem er noch einige Zeit nachgedacht hatte.

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Viel zu früh klingelte am Mittwochmorgen der Wecker. Verschlafen streckte Terry ihren Arm danach aus und drückte kräftig den Knopf herunter, damit er schnellstmöglich wieder verstummte. Doch sie wusste, dass sie aufstehen musste, denn bald würde das Umzugsunternehmen vor der Tür stehen. Sie drehte sich zu Don um, der auf der Seite lag und den Kopf auf seine aufgestellte Hand stützte. Mit einem unergründlichen Blick schaute er sie an und lächelte.

"Guten Morgen", begrüßte sie ihn verschlafen, lächelte dabei aber schon.

"Weißt Du eigentlich, wie schön Du bist, wenn Du aufwachst?" Sein Blick sagte mehr als seine Worte.

"Nein", erwiderte sie und legte ihm dann den Zeigefinger auf die Lippen, "das kannst Du mir später erzählen, jetzt haben wir keine Zeit dafür." Dann schob sie ihren Schlafsack beiseite, nahm ihre Kleidung und ging durch die Kartonwüste ins Bad.

Spätestens wenn sie zu Hause ankamen, würde er auf das Angebot zurückkommen, so viel war klar. Doch als sie ins Bad ging und er ihr lächelnd hinterher schaute, dachte er an etwas anderes, woran er schon gestern gedacht hatte. Noch immer war er sich sicher.

Sie war fast fertig mit dem Zähneputzen, als Don das Bad betrat. Im Spiegel beobachtete sie ihn für einen Moment und sah das Lächeln auf seinen Lippen, das nicht verschwunden war. Ihren Blick löste sie widerwillig für einen Moment, als sie ihre Zahnbürste weglegte und anschließend den Schaum ausspuckte. In dem Augenblick legte er von hinten seine Arme um ihre Taille legte. Daraufhin hob sie ihren Kopf wieder und schaute ihm durch den Spiegel in die Augen.

Ihren Blick erwiderte er, hielt ihn fest. "Ich liebe Dich, Terry." Seine Worte waren ehrlich.

Nun drehte sie sich zu ihm um. "Ich liebe Dich auch."

Tief schaute er ihr in die Augen und nahm ihr Gesicht in seine Hände. Sanft wischte er mit der Daumenkuppe einen Rest Zahnpastaschaum weg, den sie nicht bemerkt hatte. Noch immer war sein Lächeln allgegenwärtig. "Lass uns zusammenziehen in L.A. Ich möchte nicht ohne Dich aufwachen müssen." Während er das sagte, zog er seine Hände zurück, um ihr Raum zulassen, hielt den Blickkontakt aber aufrecht.

Leicht nickte sie und umarmte ihn dann, schließlich besiegelten sie ihren Plan mit einem Kuss, der nur ein Anfang war, doch ihre praktische Ader siegte und sie ließ ihn los. "Beeil Dich. Ich räum den Rest zusammen." Sie griff nach ihrer Hose, die sie anzog und dann nach dem T-Shirt, während er widerwillig zur Dusche ging. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Don seine Unterhose fallen ließ, was ihr freien Blick auf seinen unverschämt wohlgeformten Po gewährte. Dann stieg er unter die Dusche, wobei seine trainierten Muskeln ein faszinierendes Spiel betrieben. Zu gerne hätte sie ihn begleitet, doch das musste warten.

Stattdessen kehrte sie ins Schlafzimmer zurück und rollte die Isomatten sowie die Schlafsäcke zusammen, zog die Lampe aus der Steckdose und legte alles in den einzigen noch offenen Karton, den sie anschließend mit Packband zuklebte. Dann holte sie aus dem Kühlschrank eingeschweißte, belegte Sandwichs sowie Mineralwasser und frühstückte. Als sie das erste Mal abbiss, klingelte es. Das Umzugsunternehmen war da. Sie zeigte den zwei Männern alles und widmete sich dann wieder ihrem Frühstück. Bald darauf trat Don aus dem Bad, seine Haare noch feucht und strubbelig. Er hatte alte Kleidung angezogen und packte, nachdem er kurz von Terrys Sandwich abgebissen hatte, mit an. Karton um Karton brachte er nach unten. Als sie schließlich ihr Frühstück beendet hatte, half auch Terry mit.

So war nach eineinhalb Stunden fast alles verladen, als es abermals klingelte und Lucy vor der Tür stand. Nach einer schnellen Begrüßung half auch sie mit, für Gespräche blieb keine Zeit. Es dauerte nicht lange und die Wohnung war komplett leer, während Don mit dem Umzugsunternehmen in seine Wohnung fuhr, blieben Terry und Lucy zurück, um die Wohnungsübergabe zu regeln. Der Vermieter hatte keine Beanstandungen und so fuhren die zwei Frauen schließlich auch in Dons Wohnung, die kleiner war und weniger Sachen enthielt. Deshalb waren die Arbeiten schon weit fortgeschritten, als sie eintrafen, für sie gab es nichts zu tun. Daher legten sie die Taschen, die Terry und Don für den Übergang an der Westküste mitnahmen, schon mal in den Kofferraum von Lucys Ford. Keine halbe Stunde später verabschiedeten sich die Möbelpacker und fuhren los. Anschließend übergab Don die Wohnung, bei der auch nichts beanstandet wurde.

Früher als erwartet waren sie fertig, deshalb gingen sie langsam auf Lucys Wagen zu. Don setzte sich automatisch nach hinten, denn er wollte den Frauen, die auch Freundinnen waren, ein wenig Zeit zusammen geben.

Lucy lenkte den Wagen auf die Straße. „Ich habe eine Stelle im FBI-Büro von Las Vegas bekommen, werde also nicht so weit weg sein“, begann sie während der Fahrt zu erzählen, denn sie war eine der wenigen, die vorm Abschluss nicht wussten, was sie hinterher machen würden. „Allerdings wird die Stelle erst in einem Monat frei. Ich muss mich noch um einiges kümmern, deswegen passt es mir ganz gut. Bei mir muss das nicht schnell gehen. Zum Glück.“ Kurz schaute sie zum Beifahrersitz, auf dem Terry saß. „Wie sieht Eure Wohnungssituation denn aus?“, fragte sie interessiert.

Kurz schaute Terry nach hinten. „Wir suchen nicht mehr nach zwei kleinen sondern nach einer großen Wohnung.“

Irritiert schaute Lucy wieder zur Seite, als ihr klar wurde, was ihre Freundin gesagt hatte. „Ihr zieht zusammen?! Das ist toll. Ich freu mich für Euch.“ Ihre ansteckende Fröhlichkeit, die Terry so sehr an ihr mochte, kam hervor.

„Und Du kommst zur Einweihungsfeier. Nevada ist so nah.“ Je weiter sie fuhren desto bewusster stellte Terry fest, dass sie wirklich Abschied nehmen musste.

„Natürlich.“

Am Flughafen hatte Lucy Glück und fand auf Anhieb einen Parkplatz, der nicht einmal weit vom Hauptgebäude entfernt war. Nachdem der Wagen stand und der Motor aus war, verließen sie den Pkw. Don holte aus dem Kofferraum die Reisetaschen, ehe sie gemeinsam hineingingen. Am Schalter der Fluggesellschaft checkte das Paar ein und gab das Gepäck auf. Dann gingen sie in Richtung des Sicherheitsbereichs, hielten aber kurz davor an. Die Zeit des Abschieds war gekommen.

Don, der Lucy durch die Ausbildung zwar kannte, aber nicht wie Terry mit ihr befreundet war, reichte ihr die Hand. „Vielen Dank für Deine Hilfe.“

„Keine Ursache.“ Sie nahm seine Hand und strahlte ihn an. „Wir sehen uns hoffentlich bald wieder.“

Nun wandte sich Terry an sie. „Vielen Dank, Lucy. Du bist ein Engel“, sagte sie und umarmte ihre Freundin. Nachdem sie sich gelöst hatte, schaute Terry sie ein letztes Mal an. „Streich ‚hoffentlich’, denn wir werden uns bald wieder sehen, schließlich kommst Du zur Einweihungsfeier unserer noch nicht vorhandenen Wohnung.“

„Okay.“ Lucy strahlte noch immer. „Kommt gut an.“ Sie winkte den beiden hinterher, als sie fortschritten.

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Keine halbe Stunde später saßen Terry und Don nebeneinander im Wartebereich.

„Ich mag Deine Familie, sie ist viel normaler als Du denkst“, wandte sie sich an ihn.

„Du hast Charlie und mich noch nicht in Aktion erlebt.“ Während er sprach, schaute er sie an.

„Doch, habe ich und ihr habt wunderbar zusammengearbeitet. Alan war wie ausgewechselt, als wir uns im Diner verabschiedet haben.“

„Wir haben seit Jahren nicht mehr zusammengelebt, ich weiß nicht, ob ich das kann.“

„Es ist vorübergehend. Wir schaffen das. Zur Not bin ich da, dann geht alles“, sagte sie lächelnd, „Oder?“

Anstatt zu antworten, nickte er nur und verfiel dann in Schweigen.

Lange hielt das aber nicht an, denn ihr Flug wurde aufgerufen. Sie standen auf und gingen Hand in Hand auf den Angestellten der Fluggesellschaft zu, der sie kurz darauf passieren ließ. Als sie im Inneren des Flugzeugs waren, suchten Don und Terry ihre Plätze. Es war eben nach Mittag.

Nebeneinander sitzend fiel der Stress der letzten Tage von beiden ab und sie entspannten endlich. Terry ergriff Dons Hand, schaute ihn an und legte ihren Kopf an seine Schulter. Noch bevor das Flugzeug abgehoben war, schlief sie. Derweil betrachtete Don sie und strich ihr übers Haar.

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Am Dienstagabend ging Charlie früher als gewöhnlich in sein Zimmer, denn er war müde. Trotzdem setzte er sich noch an seinen Schreibtisch und bereitete seinen morgigen Arbeitstag vor. Anschließend legte er sich ins Bett. Nachdem er sich auf die Seite gedreht und die Decke bis zum Kinn hochgezogen hatte, schloss er die Augen schloss und schlief sofort ein.

Eine matronenhafte Frau kam auf ihn zu. Nachdem sich seine Augen an das schummrige Licht gewöhnt hatten, erkannte er sie. Doch sie kam nicht auf ihn zu, wie er fälschlicherweise gedacht hatte sondern auf seinen Vater, der mit ihm am Tisch saß. Wie er, so drückte sie nun herzlich Alan an ihre weiche, voluminöse Brust. Sie ließ sich nicht davon abhalten. Selbst die Eieruhr, die in der Küche zu piepen begonnen hatte, war kein Grund. Deshalb ließ er sie fortfahren, stand auf, ging in die Küche und stellte die Eieruhr aus, doch das Piepen endete nicht.

Vom nervtötenden Geräusch seines Weckers wurde Charlie aus dem Traum gerissen. Verwirrt schaute er sich für einen Moment um und stand auf, nachdem er die Orientierung wiedererlangt hatte. Er erledigte seine morgendliche Toilette und zog sich an, um dann nach unten zu gehen und rasch zu frühstücken. Wie sein Vater ihn am Vortag gebeten hatte, führte sein Weg ihn anschließend in die Garage, in der er Platz schaffte, indem er seine Mathesachen zusammen räumte, Kartons stapelte und Gerümpel, das niemand mehr benötigte, nach draußen stellte. Ebenso rückte er in der Abstellkammer unter der Treppe die Sachen zusammen, so schaffte er auch dort ein wenig Raum. Als er damit fertig war, lief er wieder die Treppe hoch und half Alan im Gästezimmer, die Möbel an die Seite zu schieben. Während der Arbeit dachte er nicht einmal über seinen Traum nach. Mit einem Blick auf die Uhr stellte er fest, dass er die Zeit vergessen hatte.

„Ich muss zur Uni, Dad“, verabschiedete sich Charlie.

„Bis heute Abend. Sei pünktlich, schließlich wollen wir ihre Ankunft feiern“, entgegnete Alan. „Wir könnten Essen gehen.“

Sofort erinnerte Charlie sich an seinen Traum. „Was hältst Du von Luigi’s?“

„Du warst doch erst gestern dort. Wir könnten auch das kleine französische Bistro nehmen, das letzte Woche neu eröffnet hat.“ Händeringend suchte Alan nach einer Alternative.

„Das finde ich nicht gut, die kennen wir nicht und wir wollen doch die Ankunft der beiden feiern. Wäre da etwas familiäres, das wir kennen, nicht besser?“

„Wir müssen nicht an den alten Traditionen festhalten, nur weil wir dort früher oft als Familie waren. Wir könnten etwas Neues probieren“, antwortete Alan, der seinen Standpunkt vertreten wollte.

„Dad! Du wolltest jahrelang, dass Don und ich als Geschwister klarkommen. Jetzt gelingt uns das und Du willst es boykottieren, indem Du in irgendein nichts sagendes, unbedeutendes Restaurant gehen möchtest!“

„Wenn Du meinst, dass das Luigi’s die bessere Wahl ist, dann gehen wir dorthin“, gab Alan schließlich nach. „Frag Amita, ob sie auch kommen möchte.“

„Mach ich.“ Mit der Antwort war Charlie zufrieden, jetzt musste er nur noch mit Don sprechen. Das würde vermutlich schwerer werden als gedacht, da sie später die ganze Zeit unter der Beobachtung ihres Vaters standen.

Dann verließ er das Haus, schwang sich auf sein Fahrrad und fuhr damit zur CalSci. Dort angekommen, kettete er es an und betrat das Gebäude. Langsam schlenderte er durch die Korridore, da er noch genügend Zeit hatte und ging in die Cafeteria, dort holte er zwei große Pappbecher Kaffee und ging damit zum Büro seines Mentors. Höflich klopfte er an, wartete aber auf keine Reaktion sondern trat einfach ein, da er erwartet wurde.

„Hallo Larry.“ Sofort, als er den Raum betrat, fiel ihm die zweite Person auf.

„Ah, Charles Du bist früher da“, antwortete Larry, der zur Tür blickte. „Lass mich das hier kurz beenden, das wird nicht lange dauern. Warte bitte draußen.“

Seinen Blick auf sie gerichtet nickte er und verließ das Büro. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, blieb er dort für einen Moment stehen und nippte an seinem Kaffee, während er sich fragte, was Amita im Büro seines Mentors machte.

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Keine fünf Minuten später öffnete sich die Tür und Amita verließ schnellen Schrittes das Büro. Mittlerweile hatte sie sich an die Freiheit gewöhnt, wieder auf zwei Beinen gehen zu können. Manchmal merkte sie zwar, dass ihre Muskeln noch nicht so viel leisten konnten, wie sie gerne wollte, aber damit konnte sie leben. Die Hauptsache war für sie, wieder laufen zu können.

Charlie studierte gerade die Zettel am schwarzen Brett vor Larrys Büro, als sie auf ihn zukam. „Hi“, grüßte er sie.

„Hallo“, erwiderte sie und setzte ihren Weg fort.

Währenddessen berührte er sie noch gerade am Arm, um sie zu stoppen. Daraufhin hielt sie mitten in der Bewegung inne, drehte sich zu ihm und schaute ihn fragend an.

„Dad lässt fragen, ob Du heute Abend mit uns, also Terry, Don, Dad und mir, Essen möchtest.“

„Bei Euch?“ Inständig hoffte sie, dass das der Fall war.

Er schüttelte den Kopf. „Wir gehen zu Francesca.“

Die Neuigkeit nahm sie zur Kenntnis. „Ich kann nicht“, log sie.

„Dad lädt Dich ein.“

„Es geht nicht...“, begann sie.

„Falls es wegen dem Geld ist, das ist okay. Mach Dir keine Sorgen“, unterbrach er sie.

„Charlie, es...“

„Bitte“, unterbrach er sie ein weiteres Mal. Mehr sagte er nicht, schaute sie aber fest an.

„Okay“, sagte sie schließlich, obwohl sie nicht wollte. Gleichzeitig war sie sich aber bewusst, dass er nicht locker lassen würde.

„Sei gegen 20 Uhr da.“

„Werde ich. Ich muss jetzt zur nächsten Vorlesung. Tschüß.“ Sie ging davon.

„Bis später“, sagte Charlie noch, doch er war sich nicht sicher, ob sie es gehört hatte. Dann öffnete die Tür zum Büro seines Mentors.

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Als Charlie dieses Mal Larrys Büro betrat, winkte er ihn mit der linken Hand herein und wies auf den Stuhl gegenüber vom Schreibtisch. Charlie setzte sich.

Gleichzeitig notierte Larry noch etwas auf einem Zettel. „Das ist schade“, murmelte er dabei.

„Wie bitte.“ Die Worte hatte er zwar verstanden, doch sie ergaben keinen Sinn.

Erst jetzt schaute der Mentor ihn an. „Nichts.“ Für einen Augenblick dachte er nach, ob er darüber reden wollte, ließ es dann aber sein.

„Der Kaffee hier ist für Dich.“ Den Becher stellte Charlie auf den Tisch, seinen eigenen behielt er in der Hand und nippte wieder daran

„Vielen Dank.“ Auch Larry trank einen Schluck, um dann gleich aufs Thema zu kommen. „Wir müssen Dich auf Dein Kolloquium vorbereiten, denn die Fachbereichsleiter, einige hoch angesehene Ehemalige sowie der Dekan haben Deine Unterlagen erhalten und werden sich bis zum Termin damit auseinandersetzen. Sie können und werden Deine Lehrtauglichkeit prüfen.“ Er holte sein eigenes Exemplar der Habilitationsschrift hervor.

„Okay.“ Charlie war sich seiner Sache gewiss, er machte sich keine Sorgen.

„Stell Dir das nicht zu leicht vor, denn hier ist viel Potenzial drin.“ Mit seinem Exemplar wedelte er hin und her. „Ich stell Dir deshalb ein paar Fragen, wie sie vielleicht kommen werden“, sagte Larry, schlug die erste Seite auf und begann mit einer Frage zur Netzwerkanalyse.

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Nachdem sie das zwei Stunden lang gemacht hatten, rauchte beiden der Schädel. Gleichzeitig war Charlie noch überzeugter, dass er es schaffen würde, deshalb wollte er auch nicht weiter machen. „Ich denke das reicht, Larry.“

„Da stimme ich Dir zu. Falls Du noch was wissen möchtest, kannst Du mich gerne fragen.“

„Ich möchte tatsächlich noch etwas wissen“, sagte Charlie und machte eine kurze Pause. „Wieso war Amita Ramanujan hier?“

Überrascht schaute Larry ihn an, beließ es aber bei dem Blick und dachte sich seinen Teil. „Sie hat mich gebeten, sie aus meiner Projektgruppe zu streichen. Ein herber Verlust.“

„Hat sie das begründet?“ Mittlerweile versuchte Charlie gar nicht mehr, seine Neugierde zu kaschieren.

„Ihr fehlt die Zeit, sich auf ihr Studium zu konzentrieren, hat sie gesagt.“

Darauf fiel ihm keine Erwiderung ein, deshalb schwieg Charlie.

„Dabei ist Zeit so ein relativer Begriff. Für manche verläuft sie schneller, für andere langsamer. Das wichtigste Detail bleibt aber gleich, sie läuft unaufhörlich.“

„Aber Du weißt selbst, dass das nur die subjektive Auffassung des Menschen ist, Larry. Objektiv betrachtet ist unsere Zeitrechnung sehr ausgereift“, versuchte er den gemeinsamen Stunden wieder eine leichte Note zu geben. Dann stand er auf. „Vielen Dank für Deine Hilfe. Ohne Dich wäre ich aufgeschmissen. Auf Wiedersehen.“

Danke an Jo & XY ungelöst - die weltbesten Künstlerinnen
Ideenlos und stolz darauf!
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Don und Terry wollen zusammenziehen :freu:
Charlies Habilitation oder wie das heisst geht voran Smile
Amita verhält sich irgendwie merkwürdig Unsure
Eek Sie ist aus Larrys Projektgruppe ausgetreten :confused:
Wieso denn das?
Ich hoffe das wirst du im nächsten Teil klären Wink
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Vielen Dank für den Kommentar, Katalin. Die gewünschte Aufklärung folgt.^^
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25.


Nach seinen nachmittäglichen Pflichten war Charlie nach Hause gefahren, dort wartete sein Vater schon auf ihn. Er hatte nur wenig Zeit, um sich umzuziehen, dann mussten er und Alan auch schon wieder los. Zusammen fuhren sie zum Flughafen, um dort Don und Terry abzuholen. Nachdem sie geparkt hatten, gingen sie zum Ankunftsbereich. Auf die Minute genau kamen sie zur Landezeit des Flugzeugs an und warteten, bis sich die Schiebetüren öffneten und die beiden hindurch traten.

Nach einer herzlichen Begrüßung nahmen Don und Charlie das Gepäck und folgten ihrem Vater und Terry, die sich unterhielten, zum Parkplatz. Das Paar setzte sich ins Heck des Wagens, während Alan sie zu Luigis fuhr. Schon während der Fahrt erfuhr Terry alles, was sie über das Lokal wissen musste.


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Als sie in die Straße einbogen, wies Don sie auf die etwas in die Jahre gekommene Leuchtreklame hin und entdeckte Amita, die vorm Eingang auf sie wartete. Nur wenige Meter weiter fand Alan eine Parklücke, die er für sich beanspruchte. Zu viert gingen sie auf das Lokal zu.

„Hallo. Ich bin Amita", stellte sie sich Terry vor, als die vier sie erreichten, und streckte die Hand aus.

„Dass ich Terry bin, weißt Du sicherlich", sagte sie, während sie die Hand ergriff und offen lächelte. „Es freut mich, Dich persönlich kennenzulernen."

Dann wandte sich Amita an die Männer. „Hallo", sagte sie an alle gleichzeitig gerichtet.

Das erwiderten sie, während Don zusätzlich grinste. Dann ging er auf sie zu und umarmte sie freundschaftlich, woraufhin auch sie locker ihre Arme um seinen Rücken legte.

„Lasst uns reingehen", ergriff nun Alan das Wort, der wusste, was ihm bevorstand und es schnellstmöglich hinter sich bringen wollte.

Kaum waren sie über die Schwelle ins Lokal getreten, schon trafen sie auf Francesca. „Die gesamte Familie Eppes", sagte sie überschwänglich. Es schien beinahe so, als wollte sie alle umarmen, doch stattdessen ging sie zu Alan, schüttelte seine Hand und lächelte leicht. Auch sein Gesicht war von einem undeutbaren Lächeln geprägt. „Du bist dünner geworden, zu dünn." Vorwurfsvoll schaute sie ihn an. Erst jetzt bemerkte sie Terry und Don, die sich an den Händen hielten. „Komm her, Don", sagte sie an ihn gewandt und umarmte ihn herzlich. „Du warst viel zu lang nicht mehr hier und hast auch abgenommen", stellte sie mit einem kritischen Blick auf seine Figur fest. „Dagegen müssen wir etwas tun." Dann betrachtete sie Terry. „Wer ist das bezaubernde Wesen an Deiner Seite?", fragte sie neugierig.

„Meine Freundin Terry", stellte er sie vor, dann wandte er sich an Terry. „Das ist Francesca, die Wirtin."

Das war eine Neuigkeit die Francescas Augenbrauen automatisch höher wandern ließen, als sie ihn anschaute. Dann ergriff sie die von Terry entgegen gestreckte Hand. „Hallo." Schließlich wandte sie sich an die letzten beiden Gäste. Sie zog Charlie wieder an ihre Brust, wie sie es schon mit seinem Bruder getan hatte. „Du hast auf mich gehört." Nachdem er das mit einem Nicken kommentiert hatte, wandte sie sich an Amita. „Du bist wieder hier, das freut mich."

Mehr als ein unscheinbares Lächeln brachte Amita nicht zustande.

„Setzt Euch dorthin." Sie deutete auf einen rechteckigen Tisch für sechs Personen in der Ecke von Wand und Fensterfront und ging dann zum Tresen.

Währenddessen setzten sich die Fünf an den Tisch, auf den Francesca zuvor gedeutet hatte, Alan an der Stirnseite mit dem Rücken zum Fenster, Terry und Don rechts von ihm mit dem Rücken zur Wand, Amita und Charlie links von ihm.

Einen Augenblick später trat die Wirtin an den Tisch. „Was möchtet ihr trinken?", fragte sie.

„Kaffee", sagten Terry und Don gleichzeitig, die langsam den langen Tag bemerkten und dringend Koffein benötigten. „Ich nehme eine Cola", sagte Charlie und schaute fragend seine Sitznachbarin an. „Ein Mineralwasser bitte." Als letzter war Alan an der Reihe, doch er sagte nichts.

„Alan?"

Erst jetzt schaute er sie an. „Ein Bier bitte." Danach wurde er wieder still.

Die Brüder tauschten besorgte Blicke aus, die zu ihrem Vater schweiften und dann wieder zu ihrem Gegenüber. Besonders Charlie war verwundert, hatte sein Vater sich doch erst gestern von seinen Erinnerungen getrennt und war regelrecht aufgeblüht. Was zum erneuten Sinneswandel geführt hatte, war ihm ein Rätsel.

Derweil bereitete Francesca die Getränke vor, brachte diese zum Tisch und verteilte sie. „Möchtet Ihr ausnahmsweise die Karte haben?", fragte sie abschließend und schaute in die Runde.

„Das wäre nett, auch wenn Du sicher weißt, was ich möchte." Einen Moment lang hatte Don mit seiner Antwort gewartet, um seinem Vater das Reden zu überlassen, doch der zeigte keine Reaktion, schaute nicht einmal jemand direkt an. Zeitgleich dachte Don an die Worte seines Bruders am Telefon. „Falls Du Zeit und Lust hast, kannst Du Dich gerne zu uns setzen. Schließlich gehörst Du zur Familie."

Daraufhin schaute Francesca wieder in die Runde, um eine Reaktion der anderen zu erhalten. Während Terry und Amita sie freundlich anschauten, aber nichts sagten, lächelte Charlie. Nur Alan zeigte keine Regung und starrte auf einen Punkt irgendwo im Raum. Obwohl sie genau wusste, was ihn störte, nahm sie das Angebot an. „Gerne." Doch bevor sie sich endgültig setzte, ging sie noch einmal davon, um die Karten zu holen.

Wieder nahmen die Brüder Blickkontakt auf, doch keiner sagte ein Wort.

„Hast Du alles geschafft, was Du wolltest? Dein Plan war straff organisiert", brach Amita das Schweigen, das sie als unangenehm und störend empfand.

„Eigentlich ist alles gut verlaufen. Natürlich war es stressig, irgendwie hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, es nicht zu schaffen. Doch letztendlich hat alles geklappt. Wir sind schon hier, unsere Sachen kommen hoffentlich in den nächsten Tagen." Zufrieden lächelte Terry.

„Und der Flug?", fragte Amita weiter.

„Der war sehr entspannend. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schön sein kann, zwischen Passagieren eingeklemmt zu sein", sie hielt inne, „Eigentlich habe ich nur geschlafen und bin schon wieder müde." Ihre Aussage unterstrich sie mit einem Gähnen, das sie mit dem im Kaffee enthaltenen Koffein besänftigen wollte.

Gerade, als Amita den Mund öffnete, um etwas zu erwidern, kehrte Francesca an den Tisch zurück. Begleitet wurde sie von einem jungen Mann.

„Das ist Gabriel", stellte sie ihn vor, „Er arbeitet hier."

Nachdem seine Chefin geendet hatte, nickte er kurz begrüßend in die Runde, während er die Speisekarten verteilte. Als diese nach und nach aufgeschlagen wurden, zog er sich zurück und trat an den Nebentisch, an dem die Rechnung verlangt wurde.


--


Über die Speisekarte hinweg, musterte Terry alle. Don machte sich wegen etwas Sorgen, das hatte sie schon bemerkt, als sie das Lokal betraten. Es war offensichtlich, dass es mit Alan zu tun hatte, denn der war anders, als sie ihn kennen gelernt hatte. Was genau es war, konnte sie allerdings nicht sagen, schwerwiegend musste es aber sein, denn selbst Charlies Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.

Seine Familie war Don ein Rätsel. Jetzt, da er sich Charlie angenähert hatte, machte sein Vater ihm ein Strich durch die Rechnung, in einer glücklichen Familie zu leben. Zumindest hatte er Terry, deren Liebe er sich sicher war. Sie war sein Fixpunkt in diesem Moment, deshalb schaute er zur Seite und betrachtete sie für einen Moment.

Zur gleichen Zeit studierte Amita die Preise. Bevor sie hier hergekommen war, hatte sie genau durchgerechnet, wie viel Geld sie ausgeben konnte. Wenn sie das Getränk herausrechnete, blieb noch genug für einen kleinen Salat oder die Kinderportion Spaghetti Bolognese übrig. Dabei dachte sie über den heutigen Tag nach, an dem sie schweren Herzens Professor Fleinhardts Projektgruppe aufgegeben hatte, damit sie Zeit für einen Nebenjob hatte.

Zum wiederholten Male fragte Charlie sich, was sich plötzlich geändert hatte. Es war alles gut gewesen, das Bild einer perfekten Familie mit nur kleinen, nicht nennenswerten Makeln war wieder hergestellt. Er hatte nicht registriert, was Schuld an der Veränderung war. Heute Morgen, als er sich auf den Weg zur Arbeit machte, war das neue, mittlerweile wieder veraltete Bild noch intakt gewesen.

Francesca brauchte keine Karte, um zu wissen, was sie und die Männer am Tisch essen würden. Don und Alan waren immer für noch blutige Steaks zu begeistern. Charlie war experimentierfreudiger, hatte aber auch seine Standard-Pizzabeläge und Nudelsoßen, die er nur variierte, ihm konnte sie trotzdem alles vorsetzen, was sie wollte. Die jungen Frauen kannte sie noch nicht all zu gut, so dass sie sich nicht festlegen wollte. Darüber dachte sie nur nach, um nicht über das Thema nachzudenken, das die Stimmung am Tisch so herunterzog.

Alan starrte die Karte an, sie war ebenso gut wie jeder andere Punkt geeignet, um seine Gedanken nicht in der Gegenwart zu halten. Deshalb würdigte er der Speisekarte nicht seine Aufmerksamkeit und hing stattdessen der Vergangenheit nach. Vor seinem inneren Auge sah er seine Frau und seine Kinder, wie er mit ihnen hier war. Zusammen mit Magaret saß er an einem Tisch und beobachtete Charlie, der auf dem Fußboden krabbelte, wobei Don im verfolgte, um ihn stets mit seiner Spielzeugwaffe zu verteidigen. Das waren glückliche Zeiten, damals waren sie eine ganz normale Familie. Zwei Elternteile und zwei Kinder. Heute war alles anders. Zwei Kinder, ein Elternteil und ein Fehler.


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„Haben Sie sich entschieden?", fragte Gabriel, der sie dadurch allesamt aus ihren Gedanken riss.

„Ich hätte gerne das Steak mit Pommes und den Salat", antwortete Don als erster, denn sein Magen war mittlerweile jenseits von Appetit.

„Das nehme ich auch", schloss sich Charlie an.

„Machen Sie drei draus", ergänzte Terry.

Bei der großen Bestellung der anderen zögerte Amita einen Moment, ehe sie antwortete: „Den kleinen Salat mit Joghurt-Dressing bitte."

Francesca brauchte nicht zu bestellen, sie aß tagaus, tagein das Gleiche, deshalb notierte sich Gabriel auch schon die große Salami-Pizza mit extra viel Käse.

Nur Alan fehlte noch, doch er antwortete erst, als er die Karte geschlossen hatte. „Steak bitte."

Anschließend ging der Kellner davon, während am Tisch erneut Stille einkehrte.

„Wie soll Deine neue Wohnung denn sein, Terry?", fragte Amita, um irgendein Gespräch zu führen. Nichts war für sie schlimmer als die Stille am Tisch.

„Was kleines, aber nicht winzig. Zwei Zimmer sollte sie mindestens haben, lieber drei oder vier. Das ist dann aber vermutlich zu teuer."

„Das nennst Du klein?" Verwirrt schaute Amita sie an.

„Für mich alleine nicht, aber mit Don zusammen ist es angemessen, denke ich."

„Ihr zieht zusammen?" Kurz schaute Amita von Terry zu Don und ließ dann ihren Blick zurückgleiten. „Mir erzählt offenbar niemand etwas. Ich freue mich für Euch." Ihr Lächeln war einnehmend. „Wie lange seid Ihr jetzt zusammen?"

„Noch nicht lange. Ein paar Wochen, höchstens zwei Monate, aber wir kennen uns schon drei Jahre lang."

„Ich finde bemerkenswert, dass Ihr Euch das traut."

Die Männer und Francesca beteiligten sich nicht am Gespräch. Das wirkte mittlerweile merkwürdig, vor allem auf die beiden Frauen, die die anderen nur bedingt einschätzen konnten. Aus diesem Grund ließen beide die Stille zu, die langsam vom Tisch Besitz ergriff.

„Ich schau mal, was das Essen macht", entschuldigte sich Francesca, die sich trotz Dons herzlicher Einladung nicht willkommen fühlte.

Terry, die abgesehen vom Thema Kelly alles erfahren hatte, was in Quantico geschehen war, stand auf. „Entschuldigt mich bitte", sagte sie in die Runde, ehe sie sich Amita zuwandte, „Du warst schon mal hier. Oder?"

Die Angesprochene nickte.

„Zeigst Du mir den Weg zu den Toiletten?", fragte sie.

„Klar." Obwohl Amita selbst nicht wusste, wo sich die Toiletten befanden, hätte sie jede Gelegenheit wahrgenommen, um den Tisch zu verlassen. Daher kam ihr die Frage wie gerufen.


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Zurück blieben die drei Eppes-Männer.

"Dad...", begann Charlie besorgt, wurde aber von seinem Bruder unterbrochen.

"Wir haben..." Auch Don konnte nicht viel mehr sagen, denn Alan ließ ihn nicht aussprechen.

"Es ist alles okay. Holt Eure Frauen zurück, während ich kurz austrete." Dann stand er auf und ging auf den Tresen zu.

Verwirrt schauten seine Söhne ihm hinterher.

"Sie ist nicht meine Frau", sagte Charlie schließlich, ohne einen wirklichen Bezug zum vorherigen Gespräch zu haben.

"Aber Du möchtest es doch gerne", fügte Don das Aber hinzu, das seiner Meinung nach gefehlt hatte. "Es ist offensichtlich, Charlie. Und Du hast es mir auch schon gesagt, meinetwegen brauchst Du Dich nicht zu verstellen."

"Ich weiß", reagierte er kleinlaut.


--


In der Küche stand Francesca an der Arbeitsplatte und schnitt Zwiebeln. Obwohl sie die Arbeit gewohnt war, liefen ihr Tränen die Wangen herunter.

"Francesca", sagte Alan vorsichtig, als er die Küche betrat.

Sie wandte sich ihm zu.

"Es tut mir leid, dass ich mich wie ein Trampel verhalte." Erst jetzt bemerkte er die Tränen und wollte noch etwas dazu sagen, doch kam ihm zuvor.

"Zwiebeln!", antwortete sie, legte gleichzeitig das Messer ab und schaute ihn aufmerksam an. Im Hintergrund brutzelte das Fleisch in der Pfanne vor sich hin.

"Ich... Ich habe das Gefühl, dass ich Magaret betrogen habe. In meinen Augen wirst Du immer ihre beste Freundin bleiben, darüber kann ich nicht hinwegsehen."

"Warum bist Du dann hier?"

"Vor allem weil Charlie nicht locker gelassen hat, aber auch weil ich die Sache aus der Welt schaffen muss. Es war ein schöner Kuss, doch ich... ich kann das noch nicht und vor allem nicht mit Dir."

"Ich verstehe Dich." Sie streckte ihm ihre Hand entgegen. "Freunde?"

"Freunde!"

Das von ihr angerichtete Zwiebelschlachtfeld überließ sie Gabriel und kehrte gemeinsam mit Alan an den Tisch zurück.


--


Nach ihrem Toilettengang, den sie durch ausgedehntes Händewaschen und anschließenden Smalltalk künstlich verlängert hatten, gingen Amita und Terry zurück zum Tisch. Dort saßen die Brüder mittlerweile alleine. Sobald sie zu viert waren, unterhielten sie sich über nichts sagende Themen, denn alle warteten gespannt auf die Rückkehr der älteren Generation. Sofort bemerkten sie, dass sich die Stimmung zum Guten geändert hatte. Alan war, wie sie ihn kannten, offen, freundlich und um kein Gesprächsthema verlegen. Auch Francesca schaute alle freundlich an.

Nun trat Gabriel mit den ersten Tellern an den Tisch. Als kurz darauf alle mit Essen versorgt waren, wünschten sie sich gegenseitig einen guten Appetit und begannen zu essen. Dabei entstand ein Gespräch, in dem es nicht darum ging, die Stille zu füllen, sondern den Raum mit Leben. Natürlich kamen ein paar peinliche Geschichten über Don und Charlie zu Tage, aber auch lustige Anekdoten, die mit dem Restaurant verbunden waren. Aus dem sehr steif begonnenen Abend wurde eine familiäre, freundschaftliche Vereinigung, dabei wurden die Probleme, die es zuvor gegeben hatte, nicht angesprochen.

Nachdem sie mit dem Essen fertig waren, wurde es Zeit, nach Hause zu fahren, denn Terry und Don konnten kaum die Augen aufhalten.

„Machst Du uns bitte die Rechnung fertig", bat Alan, während er Francesca anschaute.

Gleichzeitig holte Amita, die genau wusste, was sie zu zahlen hatte, ihr Portemonnaie heraus, dabei sprach ihr Gesicht Bände.

Francesca winkte ab. „Steck Deine Börse ein, Amita. Ihr seid natürlich alle eingeladen."

Dafür bedankte sich jeder, dann stand Alan auf und die anderen folgten seinem Beispiel. Zu sechst gingen sie zur Tür, an der sich alle von Francesca verabschiedeten. Dieses Mal kamen alle in den Genuss ihrer herzlichen Umarmung. Schließlich traten sie auf die Straße. Alan, der getrunken hatte, drückte Charlie die Schlüssel in die Hand. Nacheinander verabschiedeten sich nun Alan, Charlie und Terry von Amita. Doch Don hielt sich zurück.

„Fahrt ohne mich los, ich begleite Amita nach Hause", sagte er.

„Wir können sie doch schnell herumfahren", warf Charlie ein.

„Könnten wir, aber ich möchte ein wenig Zeit mit einer Freundin verbringen. Sie wird sicher ankommen und ich nehme den Bus." Damit war das Thema für ihn beendet. „Bis später", sagte Don und gab Terry noch einen flüchtigen Abschiedskuss.

Selbst Charlie wusste das und ging gemeinsam mit den anderen beiden in Richtung des Autos, während Amita und Don in die entgegen gesetzte Richtung auf dem Bürgersteig davon gingen.


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„Was ist los, Amita", fragte Don direkt, als sie außer Hörweite der anderen waren.

„Ist es so offensichtlich?"

„Für mich schon."

„Ich bin pleite." Die Entscheidung, die Wahrheit zu sage, fiel ihr bei ihm leicht, denn sie wusste, dass sie bei ihm gut aufgehoben war. „Ich bin auf der Suche nach einem Job, doch meine Vorlesungen und Seminare habe ich so gut zusammengestellt, dass ich perfekte Zeiten habe, in denen ich arbeiten kann. Fast keine. Natürlich habe ich hier und da mal ein oder zwei Stunden frei, doch wer stellt jemanden ein, der so wenig Zeit dafür übrig hat?"

Mit allem hatte Don gerechnet, vor allem mit Charlie, doch dieses Problem hatte er nicht erahnt. Dafür eine Lösung zu finden, war schwierig, denn ihren Zeitplan konnte er nicht ändern.

„Ich habe sogar die Projektgruppe von Professor Fleinhardt aufgegeben, um mehr Zeit zu haben, dabei war das eine Riesenchance für meine zukünftige Karriere", fuhr sie fort, weil sie keine Antwort erhalten hatte. „Gebracht hat mir das aber nichts, denn die freie Zeit ist immer noch zu wenig."

„Kannst Du denn nicht ein paar Dinge umlegen, so dass es passt?", suchte Don nach einer Lösung.

„Können schon, aber ich möchte auch schnellstmöglich mein Studium abschließen und meine Doktorarbeit schreiben, um bald ins Berufsleben einzusteigen."

„Kommst Du über die Runden? Ich kann Dir Geld leihen." Ihren Lebensplan bewunderte er, sie war sehr strukturiert.

„Auf Eure... Deine Almosen bin ich nicht angewiesen, ich komme schon über die Runden", reagierte sie patzig, war es doch sinngemäß genau das, was auch Charlie ihr vorgeschlagen hatte.

„Das war nicht böse gemeint."

„Ich weiß. Aber Dein Geld bringt mir nur im Moment etwas, so dass ich ein paar Tage hinkomme, aber langfristig benötige ich einen sehr flexiblen Job, bei dem ich am besten meine Zeit selbst einteilen kann. Doch wo finde ich so einen?" Einen Moment hielt sie inne, um sich zu beruhigen. „Entschuldige bitte, dass ich meinen Frust bei Dir ablade."

"Das ist okay, schließlich sind wir Freunde." Für einen Augenblick dachte Don nach. "Leider kann ich Dir nicht helfen, vielleicht solltest Du Deinen Lebensplan ändern", schlug er vor. "Ich werde Dad fragen, er kennt viele Leute. Vielleicht suchen die ja noch jemand."

"Erzähle bitte niemand davon. Es ist mir so schon unangenehm, denn Charlie weiß es auch." Sie schaute ihn an. "Versprich es."

"Okay, ich werde nichts sagen, aber nur unter einer Bedingung. Wenn ich Dich zum Essen einlade, damit Du etwas Geld sparen kannst, nimmst Du das Angebot an."

"Abgemacht", stimmte Amita zu, die wusste, dass sie keinen besseren Deal bekommen würde.

Schweigend liefen sie eine Weile nebeneinander her, so hatten sie schon einen Großteil des Weges hinter sich, als das Gespräch wieder aufgenommen wurde.

"Wie geht es Dir sonst so? Was macht der Typ, von dem Du mir erzählt hast?"

"Mir geht es gut, denn ich habe zwei Entscheidungen gefällt. Zum einen haben wir uns gerade auf einer freundschaftlichen Ebene getroffen, auf der es sich aushalten lässt. Zum anderen passt eine Beziehung momentan nicht in meinen Lebensplan", schloss sie das Thema für sich selbst ab.

Über das Gespräch hinweg hatten sie nicht auf den Weg geachtet und waren beide überrascht, wie schnell sie das Wohnheim erreichten. Für einen Moment standen sie unschlüssig vorm Eingang.

"Ich würde Dich gerne hereinbitten, Don, aber ich muss morgen früh raus. Vielen Dank, dass Du mich nach Hause begleitet hast."

"Gern geschehen. Meld Dich, wenn Du irgendetwas brauchst, egal was. Ein Ohr zum Zuhören, Unterhaltung oder ein Essen."

"Das werde ich. Komm gut heim."

"Mach ich." Langsam ging Don auf sie zu und umarmte sie freundschaftlich. "Bis bald."

"Tschüß."

Als Don in Richtung der Bushaltestelle davonging, betrat sie das Studentenwohnheim.


--


Amita ging auf ihr Zimmer, setzte sich, nachdem sie sich ausgezogen hatte und im Bad gewesen war, an ihren Schreibtisch und las noch ein wenig in einem Fachbuch, das sie für Professor Fleinhardts Projekt benötigt hatte. Das Thema interessierte sie immer noch, doch so gerne sie wollte, sie musste das alles endgültig aufgeben. Zur Ablenkung nahm sie eines der Bücher, die Charlie ihr empfohlen hatte, und las darin. Was das anging, hatte er sie gut beraten, von seinem Gebiet hatte er eine Ahnung.


--


Als Don zu Hause ankam, war das Haus schon stockfinster bis auf ein Licht in seinem alten Zimmer. Als er hochging, schlief Terry. Auf ihrer Brust lag ein aufgeschlagenes Buch, in dem sie zuvor gelesen hatte. So leise wie möglich zog Don sich aus und legte sich nach einer schnellen Dusche zu ihr. Von der Bewegung in dem für zwei Personen zu kleinen Bett wachte sie auf und schaute ihn an.

"Ist alles in Ordnung?", fragte sie.

"Ja. Schlaf weiter." Noch während er redete, löschte er das Licht.

"Ich möchte aber nicht schlafen", flüsterte sie im Dunkeln in sein Ohr.

"Dann sollten wir leise sein, denn die anderen wollen schlafen", erwiderte er grinsend.

Danke an Jo & XY ungelöst - die weltbesten Künstlerinnen
Ideenlos und stolz darauf!
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sehr schöner teil find ich gut mach weiter so

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Liebe kann alles überwinden, das ist wahre Liebe!
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Dann kommt auch mal mein FB.
Sorry, dass es erst so spät kommt, aber wenn Schule ist, habe ich leider nicht so viel Zeit so einen langen Teil zu lesen und FB zu geben Sad
Aber jetzt kommts ja Smile
Francesca war mal wieder toll, wie sie sich freut, als sie Terry und Don zusammen sieht Big Grin
Was ist denn wieder mit Alan los? Unsure
Amita hat die Gruppe verlassen, um Zeit für einen Nebenjob zu haben?
Francesca und Alan haben sich mal geküsst? Eek
Die Situation von Amita bezüglich Geld ist ziemlich verzwickt, hoffentlich findet sie bald was Smile
Zitat: "Ja. Schlaf weiter." Noch während er redete, löschte er das Licht.
"Ich möchte aber nicht schlafen", flüsterte sie im Dunkeln in sein Ohr.
"Dann sollten wir leise sein, denn die anderen wollen schlafen", erwiderte er grinsend.
Das fand ich toll Wub

Bitte schnell weiterschreiben!
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@DASEWIGEESI: Vielen Dank. Das freut mich.

@Katalin: Vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar. Es freut mich immer wieder, Dein FB zu lesen. Irgendwie ist es schön. Bei Dir merke ich richtig, wie Du liest und mitfieberst. Vielleicht findest Du im aktuellen Kapitel wieder etwas, was Dir gefällt.
___________________________________

Ich entwickle gerade Schuldgefühle, weil es fast zwei Monate gedauert hat, das nächste Kapitel zu schreiben. Perfekt finde ich es nicht, aber es wird auch nicht besser werden. Eine aufkeimende Schreibblockade lässt grüßen. Trotzdem wünsche ich Euch viel Spaß beim Lesen und würde mich über Feedback freuen.


26.

Am nächsten Morgen band sich Terry sofort in den Alltag der Familie ein. Nachdem sie ausgeschlafen hatte, was wegen Charlies scheußlich lautem Wecker nicht wirklich als solches zu bezeichnen war, frühstückte sie gemeinsam mit Don und dem Rest seiner Familie. Sie freute sich über die Aufmerksamkeit, die alle drei Männer ihr entgegenbrachten. Schon jetzt fühlte sie sich hier Zuhause und genoss das Theater, das um sie gemacht wurde, denn von ihrer eigenen Familie war sie es nicht gewohnt.

Als Charlie verließ das Haus, sich der Frühstückstisch auflöste und auch Alan aufstand, um in der Küche für Ordnung zu sorgen, erhob auch sie sich und brachte ihr Geschirr in die Küche. Dann machte sie sich daran, die Abstellkammer und den Schuppen auszufegen, bevor die Möbel kamen. Der Rest des Tages stand ihr zur freien Verfügung, so erkundete sie anschließend ihr neues Domizil, von dem sie sich am Vorabend nur das Bad und das Schlafzimmer gesehen hatte. Besonders gefiel ihr die Wohnstube, die eine gewisse Gemütlichkeit ausstrahlte. Sie war sich sicher, dass hier noch die Ehefrau und Mutter der Familie ihre Hände im Spiel gehabt hatte. Trotzdem gab es wenig Zeugnis von ihr hier, denn es hing nur ein einziges Bild an der Wand, auf dem sie zu sehen war. Das wunderte sie sehr, denn Magaret wurde von allen sehr geschätzt, so viel hatte sie mittlerweile mitbekommen.

Nachdem sie ihren Rundgang beendet hatte, sorgte sie für ein schönes Umfeld und legte die Kleidung, die sie am Vorabend nur auf den Boden geworfen hatte, ordentlich zusammen und in einen Schrank. Dann machte sie das Bett und schaute sich oben um. Hier gab es noch viel mehr zu sehen, auch wenn sie in die Zimmer von Charlie und Alan nur einen kurzen Blick warf. Sie war sich sicher, dass sie hier bleiben könnte, aber sie wollte trotzdem wieder auf eigenen Füßen stehen. Schließlich beendete Terry ihren Weg durch das Haus und beschloss, sich an einen Makler zu wenden. Obwohl sie wusste, dass sie willkommen war, wollte sie Charlie und Alan nicht länger zur Last fallen, als es tatsächlich notwendig war. Auch wenn heute noch die Möbel angeliefert würde, so wollte sie doch die Gunst der Stunde nutzen und einen Makler suchen. Deshalb ging sie wieder nach unten, griff nach den Gelben Seiten sowie dem Telefon, ehe sie sich an den Esstisch setzte und wählte.

--

Derweil nahm Don das Auto seines Vaters und fuhr zum FBI-Büro, um sich persönlich bei seinen zukünftigen Kollegen vorzustellen, jetzt da er in Los Angeles angekommen war. Ohne viele Worte Lange wurde Don durch das Büro geführt und dabei auch dem Team vorgestellt, dem er zugeteilt worden war. Die anderen Agents waren jung, Mitte bis Ende 20, nur der Teamleiter, Tom Sanders, war älter. Ihn schätzte Don auf 35 Jahre. Das alles dauerte nicht mal eine halbe Stunde, dann machte er sich auf den Weg.

In seinem Kopf hatten momentan zwei Dinge Priorität: ein Auto und eine Wohnung. Er war glücklich, wieder Zuhause zu sein, doch lange wollte er nicht mit seiner Familie unter einem Dach leben. Ein Platz, um heimzukommen, hatte er sicher, doch er wollte sein eigenes Reich haben, das er sich mit Terry teilen wollte. Das Auto war zwangsläufig notwendig, denn er musste von A nach B kommen können, ohne auf seinen Vater Rücksicht zu nehmen.

Mit der Vorstellung, einen Geländewagen zu kaufen, fuhr zum Gebrauchtwagenhändler. Als er die Preise las, musste er seine Erwartungen drastisch herunterschrauben. Auch bei fünf anderen Händlern bewegten sich die Preise in einem ähnlichen Bereich, so dass er sich schließlich für einen Ford entschied. Nach einer Probefahrt schloss er den Vertrag ab, handelte aber zuvor noch den Preis herunter. Nachdem er auch diesen Punkt auf seiner Liste erledigt hatte, fuhr er wieder nach Hause, es war Mittagszeit. Er war froh, etwas geschafft zu haben.

--

Bevor ihre Vorlesung begann, hatte Amita eine Stunde Zeit, die sie nutzen wollte, um einen Job zu finden. Zuerst schaute sie auf das schwarze Brett der Uni, doch dort hing nichts aus. Zu Fuß ging sie deshalb in die nahe gelegene Einkaufsstraße, in der Charlie ihre Schuhe ruiniert hatte, und betrat den erstbesten Laden, den sie erfolglos wieder verließ, dabei war niemand an ihren Kenntnissen, Fähigkeiten oder gar möglichen Arbeitszeiten interessiert. So erging es ihr überall, meistens sobald sie die CalSci erwähnte. Die Uni schien einen Ruf zu haben, der nicht für die Studenten sprach. Deshalb ging sie mit hängenden Schultern zurück, als es Zeit wurde. Ihre Vorlesung wollte sie nicht versäumen.

Als sie den Raum betrat, in dem Charlies Vorlesung stattfand, waren die meisten Studenten schon da, auch der Doktor höchst persönlich. Am Fenster in einer der hinteren Reihen fand sie einen freien Platz und schaute von dort auf die Tafel, an der Charlie gerade ein paar Zahlenreihen schrieb. Während er das Blatt auf seinem Pult studierte und sich dann wieder der Tafel zuwandte, sah er zufrieden aus. Das fand sie bemerkenswert, es schien ihr so, als ob er seinen Platz gefunden hatte. Das mochte sie an ihm, denn es fiel ihr nicht zum ersten Mal auf. Doch wirklich beschäftigte sie sich nicht mit ihm, sondern war mit ihren Gedanken noch immer bei ihrem Geldproblem. So war es auch noch, als die Vorlesung begann.

Amita hörte nicht zu. Zahlen interessierten sie momentan zwar, aber sie waren anders als die, um die es in der Vorlesung ging. Ihre Gedanken kreisten um den Minusbetrag auf ihrem Konto, von dem Charlie sie nicht ablenkte.

--

Seine Vorlesung hatte Charlie genauestens vorbereitet. Er wusste, dass sie gut war, er wusste, dass sie richtig war. Trotzdem bemerkte er, dass ihm nicht alle Studenten wirklich zuhörten. Besonders Amita schien noch immer abwesend zu sein. Deshalb fragte er sich, ob sein Vortrag vielleicht doch nicht so gut war, wie er meinte. Etwas Merkwürdiges geschah, er war verunsichert. Ein Gefühl, das er zumindest in Bezug auf Mathematik nicht kannte.

Gegen Charlies Willen war Amita zu seiner Messlatte geworden. Begeisterte er sie nicht, so war seine Vorlesung nur mittelmäßig, wenn nicht sogar schlecht. Darüber dachte er nach, anstatt sich auf die Vorlesung zu konzentrieren, weshalb er mehrfach ins Stocken geriet, sich selbst im Weg stand und aus dem Konzept brachte. Aus diesem Grund war er froh, als die Vorlesung endlich zu Ende war und er sich auf das Packen seiner Tasche konzentrieren konnte.

Dass Amita rasch aufstand und den Raum verließ, bemerkte er trotzdem. In seinen Augen hatte es etwas Fluchtartiges, worüber Charlie sich wieder Gedanken machten. Die beschäftigten ihn auch noch, während er auf den Flur trat und zu seinem Büro ging. Er wusste noch nicht, womit er sich ablenken würde, er wusste nur, dass er sich ablenken musste. Eigentlich sollte er sich auch auf etwas anderes konzentrieren, denn sein Termin für das Kolloquium rückte immer näher.

Schließlich erreichte er sein Büro und war überrascht, als er hinein trat, denn das Büro war nicht leer, wie er erwartet hatte. Sofort kehrte er in die Gegenwart zurück.

--

Nachdem auf sein Klopfen nicht reagiert worden war, hatte Larry einfach Charlies offenes Büro betreten. Der ehemals karge Raum war mittlerweile mit wissenschaftlichen Leben gefüllt worden. Er betrachtete die persönliche Note ganz genau, denn seines Erachtens sagte sie viel über einen Wissenschaftler aus. Einige lebten im sortierten Chaos, andere im chaotischen Chaos und eine kleine Randgruppe vertrat die pedantische Ordnung. Charlie gehörte eindeutig zum chaotischen Chaos, ebenso wie er selbst. Auf dem Schreibtisch stapelte sich Papier, während an der Tafel mehrere Ansätze für verschiedene Berechnungen standen.

Irgendwann hatte er sich genug umgeschaut und setzte sich auf den Stuhl vorm Schreibtisch. Aus seiner Tasche holte er ein Buch heraus, in dem er etwas lesen wollte, und wartete darauf, dass Charlie erschien. Als dieser endlich eintraf, musterte Larry ihn genau. Obwohl er sich oft in Charlie - abgesehen von der Geradlinigkeit - wieder erkannte, war er ihm in diesem Moment fremd. Das Glitzern seiner Augen, das er gewöhnlich nach jeglicher Art von Mathematik mit der Menschheit teilte, war nicht zu sehen. Auch sein freundlicher, stets offener Gesichtsausdruck war nicht sichtbar.

Da er selbst die Gedankengänge seines Gehirns ebenso wenig verstand wie ein Außenstehender, ließ er seine bisherigen Begegnungen mit Charlie Revue passieren. Viele Änderungen hatten in dieser Zeit stattgefunden, stellte er fest, gleichzeitig wusste er aber auch, dass sein Schützling noch nicht am Ende seines Weges angekommen war. Obwohl sein Gehirn anders funktionierte, wurde ihm doch klar, dass er etwas sagen sollte, denn das hatte er seit Charlies Eintreten nicht getan.

--

Nachdem Alan mit seiner Familie gefrühstückt hatte, ließ er Terry in Ruhe ankommen und ging in den Garten. Schon länger wollte er sich um die Blumen kümmern, die er zuletzt sehr vernachlässigt hatte. Sie waren sein Hobby, solange er dieses Haus besaß, trotzdem hatte er sie einfach vergessen. Erst gestern war ihm aufgefallen, wie schlecht sie aussahen. Viele ließen die Köpfe hängen, einige waren sogar welk. Mit etwas Wasser, gutem Zureden und ein wenig Hoffnung wollte er sie retten.

Das war sein Plan, als er in die Knie ging und ein paar vertrocknete Blätter abzupfte. Dabei geriet er ins Grübeln über seine Söhne und sich. Beide hatten sie ihr Glück gefunden, der eine lebte es schon, der andere noch nicht. Doch das würde sich bald legen, hoffte er. Anschließend wanderten Alans Gedanken an die Zeit zurück, die er mit seiner Frau in diesem Garten verbracht hatte.

Als sie das Haus kauften, war Magaret schwanger mit Don, deshalb hatte er ihr verboten, auch nur einen Finger im Haus oder im Garten zu rühren. Er selbst hatte jede Rose gepflanzt, wo und wie sie es wollte, dabei waren manchmal ihre Hormone im Weg gewesen, so dass er für einige Blumen mehr als drei Löcher graben musste. Bei diesem Gedanken musste Alan lächeln und beugte sich etwas tiefer, um wieder im Dreck zu wühlen. Dabei tauchten andere Erinnerungen auf, so erinnerte er sich an ein sommerliches Grillfest mit seiner Familie sowie Francesca und ihrem Mann. An diesem Tag hatte er Luigi zum letzten Mal gesehen.

--

Wie an jedem anderen Tag auch war Francesca in ihrem Restaurant und arbeitete. Sie konnte sich nicht an ihren letzten Urlaub erinnern, der lag viele Jahre zurück. Doch im Moment sehnte sie sich danach, denn sie wollte nicht immer zur Tür schauen und auf die Familie Eppes warten. Deren Besuch am vergangenen Abend hatte eine alte Sehnsucht zu Tage gebracht. Ihr Herz hing an den drei Männern und deren Begleiterinnen, für sie war die Familie etwas, das sie selbst nicht hatte und sich so sehr wünschte.

Das Restaurant ließ ihr wenig freie Zeit, um dauerhafte Kontakte zu knüpfen. Natürlich war sie eine herzliche Frau, die jeden Menschen offen empfing, doch sie ließ nur schwer jemand an sich herankommen. So wusste auch nur Magaret, mit der sie eine enge Freundin verbunden hatte und deren Tod sie tief berührt hatte, warum Luigi sie tatsächlich verlassen hatte. Sie konnte keine Kinder bekommen. Deshalb hatten sie und ihr Ex-Mann sich an Don und Charlie geklammert und waren mit ihnen umgegangen, als ob es ihre eigenen Söhne waren. Verlassen hatte er sie dann wegen der Geliebten, aber nicht, weil sie eine bessere Frau war, sondern weil sie schwanger war und er endlich Vater sein konnte.

Längst hatte sie ihm verziehen, es schmerzte nicht mehr, denn sie hatte in der Familie Eppes eine Stütze gehabt. Als Magaret starb, hielt sie sich an Alan, der den Kontakt zu ihr aufrecht erhielt. Dass sie sich dabei verlieben würde, hatte sie nicht erwartet. Es war einige Monate her, dass sie ihr Glück versucht hatte. Seitdem war sie sich sicher, dass auch er bereit war, eine neue Frau zu lieben, wenn auch nicht so wie seine Magaret. Gleichzeitig hatte er offenbar auch Schuldgefühle und hielt sich fortan fern von ihr. Dass er wieder hier gewesen war und sie ihre Differenzen beiseite gelegt hatten, machte ihr Hoffnung und so schaute sie weiterhin regelmäßig zur Tür, während sie nebenbei arbeitete.

Danke an Jo & XY ungelöst - die weltbesten Künstlerinnen
Ideenlos und stolz darauf!
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