27.05.2006, 00:20
Okay weil ich mich so über dein Feedback freue und du noch on bist hier der 2. Teil des Kapitels:
Sie hatte sich die ganze Zeit bemüht freundlich zu bleiben, von einigen Spitzen während der Führung abgesehen. Und jetzt fragte er sie so was. Er musste doch genau wissen was los war. Er konnte sich doch denken, dass Felipe das Telefongespräch nicht für sich behalten hatte. Jetzt war sie wirklich wütend.
Bevor sie etwas sagte hob sie jedoch ihre Gabel vom Boden auf, dann wetterte sie los.
„Was Sie mir getan haben? Och, eigentlich nichts. Sieht man mal davon ab, dass Sie hier jetzt plötzlich auftauchen, nachdem Sie sich in den zwanzig Jahren, die ich hier arbeite, kein einziges Mal haben sehen lassen und unsere Arbeit in Frage stellen. Aber damit nicht genug. Ohne jemals hier gewesen zu sein teilen Sie telefonisch mit, dass Sie die Führungsetage umstrukturieren wollen, was im Klartext bedeutet, dass Sie uns rauswerfen. Und Sie fragen mich was sie mir getan haben ?! In den zwanzig Jahren die ich hier arbeite habe ich immer gute Arbeit geleistet und auch einige Preise mit meinem Team gewonnen. Ich habe immer nur für meinen Job gelebt. Und jetzt kommen Sie aus ihrer arabischen Glitzerwelt hierher und werden mir alles nehmen was ich mir aufgebaut habe!“ Im Laufe ihres Vortrags war sie immer lauter geworden und zum Schluss kurz davor zu schreien. Dieser Mann hatte es geschafft sie mit einem einzigen Satz auf hundertachtzig zu bringen. Eine Leistung die weder ein Kollege noch ein Gast je fertig gebracht hatte. Als sie fertig war knallte sie die Gabel auf den Tisch und stürmte durch den Türbogen in die Rezeptionshalle und von dort aus in ihr Büro, wo sie die Tür hinter sich zuwarf. Said blieb für einen kurzen Moment völlig perplex sitzen, dann fing er sich und lief ihr hinterher.
Sie hatte gerade das Fenster aufgerissen und sich eine Zigarette angesteckt, als es leise an der Tür klopfte. Fast hätte sie „Was ist?“ geschrieen, doch dann riss sie sich zusammen und entschied sich einfach nichts zu sagen, sie hatte das Klopfen einfach nicht gehört.
Doch Said öffnete trotzdem vorsichtig die Tür und schaute um die Ecke. Sie drehte sich um und für einen kurzen Augenblick sah sie Athina in der Tür stehen, die genau so vor einer Woche um die Ecke geschaut hatte.
Schweigend sah sie ihn dann an, sie hatte alles gesagt, jetzt war er dran. Er sah das wohl genauso, denn er trat ein und schloss leise die Tür hinter sich.
„Hören Sie, seien sie mir jetzt bitte nicht böse, aber was Sie da erzählt haben ist Quatsch und Sie sind völlig hysterisch!“ Encarna schnappte nach Luft.
„Ich meine, es stimmt einfach nicht. Ich hatte nie vor hier Leute zu entlassen und ich weià auch, dass ich so was nie gesagt habe. Die Bilanzen hier sind gut.“
„Aber Felipe hat doch…“
„Ach daher haben Sie das, jetzt verstehe ich auch weshalb mich hier alle so böse anfunkeln. Ich habe am Telefon angedeutet, dass ich mit der Führungsetage, das heiÃt mit Felipe, nicht ganz einverstanden bin und deshalb über Umstrukturierungen nachdenke. Von Ihnen oder anderen war nie die Rede. Können Sie ihr Kriegsbeil jetzt also wieder einpacken und wir wieder zurück in den Speisesaal gehen. Ich habe immer noch Hunger!“
Jetzt war Encarna völlig perplex. Ihr war ihr Ausbruch plötzlich so peinlich, weil sie ihm unrecht getan hatte, dass sie nicht wusste wo sie hin schauen sollte. Deshalb drehte sie sich einfach, ohne ihm zu antworten wieder zum Fenster und starrte hinaus.
Er trat daraufhin von hinten an sie heran und legte ihr die Hände auf die Schultern. Dann lehnte er sich nach vorn und lächelte ihr von der Seite zu.
„Können wir?“. Im ersten Moment war sie zusammen gezuckt, doch dann lächelte sie zurück.
„Gehen wir. Jetzt habe ich auch Hunger!“ Sie drückte noch schnell ihre Zigarette aus und folgte ihm dann zur Tür. Als er ihr wieder die Tür aufhielt sagte er „Madame“ und machte eine tiefe Verbeugung. Sie musste lachen. „Monsieur“. Dann schauten sie sich kurz an und auch er begann zu lachen.
„Uff das wäre geschafft, Sie sind mir also nicht mehr böse“ sagte er immer noch lachend, nachdem sie sich etwas zu essen geholt hatten und am selben Tisch wie zuvor Platz nahmen.
Sie lachte daraufhin nur, wusste nicht so recht was sie antworten sollte.
So saÃen sie sich einige Zeit gegenüber, keiner wusste was er sagen sollte und so aÃen sie schweigend.
Dann fiel Encarna ein, dass er Kinder erwähnt hatte.
„Sagen Sie mal, Sie haben vorhin von Kindern gesprochen. Wie viele haben Sie denn?“ „ Neun.“. Encarna verschluckte sich am Wasser. Sie hatte mit drei oder vier gerechnet. Aber neun? Er lachte kurz dann fuhr er fort
“Eigentlich sind es nur sieben. Wenigstens leibliche Kinder. Meine Exfrau hat schon zwei Töchter mit in die Ehe gebracht.“ Encarna war immer noch verblüfft.
„Neun Kinder. Meine Güte! Das ist doch bestimmt anstrengend, neben der Arbeit auch noch die Kinder!“
Er begann zu lachen und sie blickte überrascht auf. „Wissen Sie, meine Kinder sind eigentlich keine Kinder mehr. Sie sind 33,31,29, 28,27,25,24,22 und 18 Jahre alt.“ „Wow!“ entfuhr es ihr.33? So alt sah er noch gar nicht aus. Sie schaute ihn an und überlegte dabei wie alt er wohl sein konnte.
„Ich bin 53, falls Sie deshalb so schauen“ grinste er. Sie fühlte sich ertappt. Er hatte schon wieder ihre Gedanken erraten.
„Es könnte also durchaus sein. Ist es aber nicht. Meine Ex-Frau war sechs Jahre älter als ich. Sie war übrigens Amerikanerin. Deshalb sprechen alle unsere Kinder perfektes Englisch.“ Verkündete er so stolz, dass Encarna wieder lachen musste.
„Sie brauchen nicht zu grinsen, ist wirklich so. Dafür spricht kaum einer Arabisch. Um genau zu sein eigentlich nur einer. Mein ältester Sohn. Und meine beiden Töchter aus meinen Affären, die bei den neun Kindern übrigens schon mitgerechnet sind. Ja, schauen Sie nicht so entsetzt, ich bin fremdgegangen.“ Dann lachte er erneut, und schaute sie an als hätte er das Normalste der Welt erzählt. Aber es wunderte sie nicht das er von Affären sprach. Keine Frau der Welt würde diesen Mann für sich haben, da war sie sich sicher. „Eigentlich nettes Gesprächsthema für ein erstes Essen, was?“ fragte er. Dann lachten sie beide und Encarna gab ihm Recht. Während des restlichen Essens kam sie kaum zu Wort. Er erzählte Anekdoten von seinen Kindern über die sie beide lachen mussten, von ihren Hobbys und ihren Besonderheiten. Ihr fiel auf dass bei allem was er von ihnen erzählte immer Stolz mitklang. Sie war sich sicher, dass er seine Kinder vergötterte. Er erzählte von den Shows im Hotel bei denen sie mitmachten, vom Gesangsunterricht und Balletttraining und von seinen Enkeln.
Als er fertig war kam einer der Kellner an den Tisch und machte sie dezent darauf aufmerksam, dass sie die letzten Gäste im Saal waren und dass man anfangen müsste fürs Abendessen zu decken.
Etwas widerwillig erhoben sich die beiden und beschlossen sich an die Arbeit zu machen. Encarna erschrak als sie feststellte wie spät es war. Eigentlich hatte sie doch heute früher gehen wollen.
Als sie begannen stellte Encarna überrascht fest, dass Said sich mit allem bestens auskannte. Er half ihr sehr und man merkte, dass er von dem was er tat Ahnung hatte. Manchmal km er mit den Begriffen und Wörtern nicht zurecht und Encarna versuchte sie ihm zu übersetzen. Trotzdem kamen sie sehr zügig voran. So machte es nichts, dass sie ewig zu Mittag gegessen hatte.
Als sie fast fertig waren meldete sich Said zu Wort und brach damit die Stille die bisher geherrscht hatte.
„Haben Sie eigentlich Familie? Ich habe vorhin soviel geredet dass sie gar nicht zu Wort kamen. Was machen Sie so? Sind Sie verheiratet? Welche Hobbys haben Sie?“ Etwas überrascht sah Encarna aus ihren Akten auf. Dann antwortete sie langsam und zögernd „ Nein, ich habe keine Kinder, leider. Aber ich war auch nur kurz verheiratet. Es stellte sich heraus, dass mein Mann schon vor unserer Hochzeit eine Affäre hatte. Die Ehe hielt nicht lange.“In dem Moment in dem sie es sagte hätte sie sich ohrfeigen können. Warum erzählte sie ihm das? Es ging ihn nichts an, eigentlich ging es niemanden etwas an. Schnell schaute sie wieder in ihre Akten. Said merkte dass es ihr immer noch zu schaffen machte. „Das tut mir Leid für Sie. Dieser Mann muss ein kompletter Idiot gewesen sein. Wie konnte er dir das antun?“ Geschockt über das plötzliche „du“ starrte sie ihn an und sah, dass er sie mindestens genauso überrascht ansah. „Wollen wir nicht beim du bleiben, wenn es mir jetzt schon rausgerutscht ist?“ fragte er nach kurzem räuspern. Sie war einverstanden und nickte. Dieser Mann hatte unglaubliche riesengroÃe braune Augen. „Und was für Hobbys hast du?“ fragte er und riss sie damit aus ihren Gedanken. „Wenn ich Zeit habe gehe ich manchmal mit Freunden segeln. Allerdings habe ich selten Zeit, weshalb auch Tennis und joggen mit der Zeit flach fiel.“ „Das kenne ich nur zu gut. Sport mache ich nur wenn ich zuhause bin. Meine Töchter treiben mich dazu an. Die beiden tanzen für ihr Leben gern. Schon seit sie ganz klein sind. Meine Jüngste konnte kaum laufen da fing sie schon mit Ballett an, weil ihre älteren Schwestern das ja auch machten. Das war zu niedlich…“ Und dann erzählte Said den Rest des Abends wieder von seinen Kindern.
Diese Erzählungen wurden in den nächsten sechs Wochen in denen sie zusammenarbeiteten ergänzt. Ständig erzählte er von ihnen. Besonders von seinen jüngsten Töchtern, den beiden aus den Affären, gab es einiges. Encarna sah die Kinder regelrecht vor sich wie sie ihrem Vater auf der Nase rumtanzten, was er sich anscheinend gern gefallen lieÃ. Besonders die Jüngste, Rana, hatte ihn anscheinend fest im Griff. Aber nicht nur ihn, seinen Schilderungen nach tanzte die ganze Familie nach ihrer Pfeife.
Als sie nachmittags wieder einmal gemeinsam die Bilanzen durchgingen klingelte Saids Handy. Wie immer meldete er sich mit einem Lächeln auf den Lippen, denn er hatte Encarna einmal erklärt, dass er gelesen habe, dass sich das Lächeln in der Stimme erkennen lieÃe. Eine Frauenstimme war zu hören, ohne dass Encarna jedoch erkennen konnte was sie sagte oder welche Sprache sie sprach.
Die Nachrichten die sie hatte mussten aber alles andere als gut sein, denn Said wurde am Telefon immer stiller. Sein Lächeln verschwand innerhalb von Sekunden. Vielleicht war es eine seiner Affären die ihm Ãrger machte, dachte Encarna und tat als würde sie nicht weiter auf ihn achten.
Als er aufgelegt hatte lieà er sich in Encarnas Schreibtischstuhl fallen und fuhr sich mit der rechten Hand übers Gesicht. Sein Lächeln war nicht einmal mehr zu erahnen und man konnte fühlten, dass er Angst hatte. Sein Gesichtsausdruck war verbissen und traurig. „Was ist?“ fragte sie vorsichtig und setzte sich vor ihn auf den Schreibtisch. „Rana“ sagte er und schüttelte dann den Kopf. „Was ist mit ihr?“ „Diese verdammte Krankheit“ schrie er im nächsten Moment, sprang auf und schlug mit der rechten Hand alle Papiere vom Tisch. Encarna erschrak und sprang vom Schreibtisch weg, danach schaute sie ihn schockiert an. „Entschuldige bitte!“ sagte er als er ihren ängstlichen Blick sah, drehte sich dann zum Fenster und starrte hinaus.
Einen Moment lang wollte sie aus dem Raum gehen, ihn alleine lassen, damit er sich abregen konnte, dann blieb sie doch. Sie ging zum Regal und schenkte ihm ein Glas Wasser ein das sie ihm dann brachte. Er bedankte sich, schien es aber nicht wirklich war zu nehmen. Ein paar Minuten stand sie neben ihm und starrte mit ihm aus dem Fenster, dann setzte sie sich leise an ihren Schreibtisch und begann wieder zu arbeiten. Es dauerte fast eine viertel Stunde bis er sich wieder rührte. Er zog sie an der Rückenlehne ein Stück vom Schreibtisch weg und drehte dann den Stuhl zu sich um. „Können wir spazieren gehen? Ich muss hier raus“ fragte er. Als sie zögerte fügte er ein „Bitte“ hinzu und Encarna erhob sich. Dieses Mal vergaà er ihr die Tür auf zu halten, sondern trottete langsam hinter ihr her. „Es muss wirklich schlimm sein“ dachte sie und ging aus dem Hotel, rechts die StraÃe runter bis zur Strandpromenade. Dort wartete sie auf ihn.
TBC
Sie hatte sich die ganze Zeit bemüht freundlich zu bleiben, von einigen Spitzen während der Führung abgesehen. Und jetzt fragte er sie so was. Er musste doch genau wissen was los war. Er konnte sich doch denken, dass Felipe das Telefongespräch nicht für sich behalten hatte. Jetzt war sie wirklich wütend.
Bevor sie etwas sagte hob sie jedoch ihre Gabel vom Boden auf, dann wetterte sie los.
„Was Sie mir getan haben? Och, eigentlich nichts. Sieht man mal davon ab, dass Sie hier jetzt plötzlich auftauchen, nachdem Sie sich in den zwanzig Jahren, die ich hier arbeite, kein einziges Mal haben sehen lassen und unsere Arbeit in Frage stellen. Aber damit nicht genug. Ohne jemals hier gewesen zu sein teilen Sie telefonisch mit, dass Sie die Führungsetage umstrukturieren wollen, was im Klartext bedeutet, dass Sie uns rauswerfen. Und Sie fragen mich was sie mir getan haben ?! In den zwanzig Jahren die ich hier arbeite habe ich immer gute Arbeit geleistet und auch einige Preise mit meinem Team gewonnen. Ich habe immer nur für meinen Job gelebt. Und jetzt kommen Sie aus ihrer arabischen Glitzerwelt hierher und werden mir alles nehmen was ich mir aufgebaut habe!“ Im Laufe ihres Vortrags war sie immer lauter geworden und zum Schluss kurz davor zu schreien. Dieser Mann hatte es geschafft sie mit einem einzigen Satz auf hundertachtzig zu bringen. Eine Leistung die weder ein Kollege noch ein Gast je fertig gebracht hatte. Als sie fertig war knallte sie die Gabel auf den Tisch und stürmte durch den Türbogen in die Rezeptionshalle und von dort aus in ihr Büro, wo sie die Tür hinter sich zuwarf. Said blieb für einen kurzen Moment völlig perplex sitzen, dann fing er sich und lief ihr hinterher.
Sie hatte gerade das Fenster aufgerissen und sich eine Zigarette angesteckt, als es leise an der Tür klopfte. Fast hätte sie „Was ist?“ geschrieen, doch dann riss sie sich zusammen und entschied sich einfach nichts zu sagen, sie hatte das Klopfen einfach nicht gehört.
Doch Said öffnete trotzdem vorsichtig die Tür und schaute um die Ecke. Sie drehte sich um und für einen kurzen Augenblick sah sie Athina in der Tür stehen, die genau so vor einer Woche um die Ecke geschaut hatte.
Schweigend sah sie ihn dann an, sie hatte alles gesagt, jetzt war er dran. Er sah das wohl genauso, denn er trat ein und schloss leise die Tür hinter sich.
„Hören Sie, seien sie mir jetzt bitte nicht böse, aber was Sie da erzählt haben ist Quatsch und Sie sind völlig hysterisch!“ Encarna schnappte nach Luft.
„Ich meine, es stimmt einfach nicht. Ich hatte nie vor hier Leute zu entlassen und ich weià auch, dass ich so was nie gesagt habe. Die Bilanzen hier sind gut.“
„Aber Felipe hat doch…“
„Ach daher haben Sie das, jetzt verstehe ich auch weshalb mich hier alle so böse anfunkeln. Ich habe am Telefon angedeutet, dass ich mit der Führungsetage, das heiÃt mit Felipe, nicht ganz einverstanden bin und deshalb über Umstrukturierungen nachdenke. Von Ihnen oder anderen war nie die Rede. Können Sie ihr Kriegsbeil jetzt also wieder einpacken und wir wieder zurück in den Speisesaal gehen. Ich habe immer noch Hunger!“
Jetzt war Encarna völlig perplex. Ihr war ihr Ausbruch plötzlich so peinlich, weil sie ihm unrecht getan hatte, dass sie nicht wusste wo sie hin schauen sollte. Deshalb drehte sie sich einfach, ohne ihm zu antworten wieder zum Fenster und starrte hinaus.
Er trat daraufhin von hinten an sie heran und legte ihr die Hände auf die Schultern. Dann lehnte er sich nach vorn und lächelte ihr von der Seite zu.
„Können wir?“. Im ersten Moment war sie zusammen gezuckt, doch dann lächelte sie zurück.
„Gehen wir. Jetzt habe ich auch Hunger!“ Sie drückte noch schnell ihre Zigarette aus und folgte ihm dann zur Tür. Als er ihr wieder die Tür aufhielt sagte er „Madame“ und machte eine tiefe Verbeugung. Sie musste lachen. „Monsieur“. Dann schauten sie sich kurz an und auch er begann zu lachen.
„Uff das wäre geschafft, Sie sind mir also nicht mehr böse“ sagte er immer noch lachend, nachdem sie sich etwas zu essen geholt hatten und am selben Tisch wie zuvor Platz nahmen.
Sie lachte daraufhin nur, wusste nicht so recht was sie antworten sollte.
So saÃen sie sich einige Zeit gegenüber, keiner wusste was er sagen sollte und so aÃen sie schweigend.
Dann fiel Encarna ein, dass er Kinder erwähnt hatte.
„Sagen Sie mal, Sie haben vorhin von Kindern gesprochen. Wie viele haben Sie denn?“ „ Neun.“. Encarna verschluckte sich am Wasser. Sie hatte mit drei oder vier gerechnet. Aber neun? Er lachte kurz dann fuhr er fort
“Eigentlich sind es nur sieben. Wenigstens leibliche Kinder. Meine Exfrau hat schon zwei Töchter mit in die Ehe gebracht.“ Encarna war immer noch verblüfft.
„Neun Kinder. Meine Güte! Das ist doch bestimmt anstrengend, neben der Arbeit auch noch die Kinder!“
Er begann zu lachen und sie blickte überrascht auf. „Wissen Sie, meine Kinder sind eigentlich keine Kinder mehr. Sie sind 33,31,29, 28,27,25,24,22 und 18 Jahre alt.“ „Wow!“ entfuhr es ihr.33? So alt sah er noch gar nicht aus. Sie schaute ihn an und überlegte dabei wie alt er wohl sein konnte.
„Ich bin 53, falls Sie deshalb so schauen“ grinste er. Sie fühlte sich ertappt. Er hatte schon wieder ihre Gedanken erraten.
„Es könnte also durchaus sein. Ist es aber nicht. Meine Ex-Frau war sechs Jahre älter als ich. Sie war übrigens Amerikanerin. Deshalb sprechen alle unsere Kinder perfektes Englisch.“ Verkündete er so stolz, dass Encarna wieder lachen musste.
„Sie brauchen nicht zu grinsen, ist wirklich so. Dafür spricht kaum einer Arabisch. Um genau zu sein eigentlich nur einer. Mein ältester Sohn. Und meine beiden Töchter aus meinen Affären, die bei den neun Kindern übrigens schon mitgerechnet sind. Ja, schauen Sie nicht so entsetzt, ich bin fremdgegangen.“ Dann lachte er erneut, und schaute sie an als hätte er das Normalste der Welt erzählt. Aber es wunderte sie nicht das er von Affären sprach. Keine Frau der Welt würde diesen Mann für sich haben, da war sie sich sicher. „Eigentlich nettes Gesprächsthema für ein erstes Essen, was?“ fragte er. Dann lachten sie beide und Encarna gab ihm Recht. Während des restlichen Essens kam sie kaum zu Wort. Er erzählte Anekdoten von seinen Kindern über die sie beide lachen mussten, von ihren Hobbys und ihren Besonderheiten. Ihr fiel auf dass bei allem was er von ihnen erzählte immer Stolz mitklang. Sie war sich sicher, dass er seine Kinder vergötterte. Er erzählte von den Shows im Hotel bei denen sie mitmachten, vom Gesangsunterricht und Balletttraining und von seinen Enkeln.
Als er fertig war kam einer der Kellner an den Tisch und machte sie dezent darauf aufmerksam, dass sie die letzten Gäste im Saal waren und dass man anfangen müsste fürs Abendessen zu decken.
Etwas widerwillig erhoben sich die beiden und beschlossen sich an die Arbeit zu machen. Encarna erschrak als sie feststellte wie spät es war. Eigentlich hatte sie doch heute früher gehen wollen.
Als sie begannen stellte Encarna überrascht fest, dass Said sich mit allem bestens auskannte. Er half ihr sehr und man merkte, dass er von dem was er tat Ahnung hatte. Manchmal km er mit den Begriffen und Wörtern nicht zurecht und Encarna versuchte sie ihm zu übersetzen. Trotzdem kamen sie sehr zügig voran. So machte es nichts, dass sie ewig zu Mittag gegessen hatte.
Als sie fast fertig waren meldete sich Said zu Wort und brach damit die Stille die bisher geherrscht hatte.
„Haben Sie eigentlich Familie? Ich habe vorhin soviel geredet dass sie gar nicht zu Wort kamen. Was machen Sie so? Sind Sie verheiratet? Welche Hobbys haben Sie?“ Etwas überrascht sah Encarna aus ihren Akten auf. Dann antwortete sie langsam und zögernd „ Nein, ich habe keine Kinder, leider. Aber ich war auch nur kurz verheiratet. Es stellte sich heraus, dass mein Mann schon vor unserer Hochzeit eine Affäre hatte. Die Ehe hielt nicht lange.“In dem Moment in dem sie es sagte hätte sie sich ohrfeigen können. Warum erzählte sie ihm das? Es ging ihn nichts an, eigentlich ging es niemanden etwas an. Schnell schaute sie wieder in ihre Akten. Said merkte dass es ihr immer noch zu schaffen machte. „Das tut mir Leid für Sie. Dieser Mann muss ein kompletter Idiot gewesen sein. Wie konnte er dir das antun?“ Geschockt über das plötzliche „du“ starrte sie ihn an und sah, dass er sie mindestens genauso überrascht ansah. „Wollen wir nicht beim du bleiben, wenn es mir jetzt schon rausgerutscht ist?“ fragte er nach kurzem räuspern. Sie war einverstanden und nickte. Dieser Mann hatte unglaubliche riesengroÃe braune Augen. „Und was für Hobbys hast du?“ fragte er und riss sie damit aus ihren Gedanken. „Wenn ich Zeit habe gehe ich manchmal mit Freunden segeln. Allerdings habe ich selten Zeit, weshalb auch Tennis und joggen mit der Zeit flach fiel.“ „Das kenne ich nur zu gut. Sport mache ich nur wenn ich zuhause bin. Meine Töchter treiben mich dazu an. Die beiden tanzen für ihr Leben gern. Schon seit sie ganz klein sind. Meine Jüngste konnte kaum laufen da fing sie schon mit Ballett an, weil ihre älteren Schwestern das ja auch machten. Das war zu niedlich…“ Und dann erzählte Said den Rest des Abends wieder von seinen Kindern.
Diese Erzählungen wurden in den nächsten sechs Wochen in denen sie zusammenarbeiteten ergänzt. Ständig erzählte er von ihnen. Besonders von seinen jüngsten Töchtern, den beiden aus den Affären, gab es einiges. Encarna sah die Kinder regelrecht vor sich wie sie ihrem Vater auf der Nase rumtanzten, was er sich anscheinend gern gefallen lieÃ. Besonders die Jüngste, Rana, hatte ihn anscheinend fest im Griff. Aber nicht nur ihn, seinen Schilderungen nach tanzte die ganze Familie nach ihrer Pfeife.
Als sie nachmittags wieder einmal gemeinsam die Bilanzen durchgingen klingelte Saids Handy. Wie immer meldete er sich mit einem Lächeln auf den Lippen, denn er hatte Encarna einmal erklärt, dass er gelesen habe, dass sich das Lächeln in der Stimme erkennen lieÃe. Eine Frauenstimme war zu hören, ohne dass Encarna jedoch erkennen konnte was sie sagte oder welche Sprache sie sprach.
Die Nachrichten die sie hatte mussten aber alles andere als gut sein, denn Said wurde am Telefon immer stiller. Sein Lächeln verschwand innerhalb von Sekunden. Vielleicht war es eine seiner Affären die ihm Ãrger machte, dachte Encarna und tat als würde sie nicht weiter auf ihn achten.
Als er aufgelegt hatte lieà er sich in Encarnas Schreibtischstuhl fallen und fuhr sich mit der rechten Hand übers Gesicht. Sein Lächeln war nicht einmal mehr zu erahnen und man konnte fühlten, dass er Angst hatte. Sein Gesichtsausdruck war verbissen und traurig. „Was ist?“ fragte sie vorsichtig und setzte sich vor ihn auf den Schreibtisch. „Rana“ sagte er und schüttelte dann den Kopf. „Was ist mit ihr?“ „Diese verdammte Krankheit“ schrie er im nächsten Moment, sprang auf und schlug mit der rechten Hand alle Papiere vom Tisch. Encarna erschrak und sprang vom Schreibtisch weg, danach schaute sie ihn schockiert an. „Entschuldige bitte!“ sagte er als er ihren ängstlichen Blick sah, drehte sich dann zum Fenster und starrte hinaus.
Einen Moment lang wollte sie aus dem Raum gehen, ihn alleine lassen, damit er sich abregen konnte, dann blieb sie doch. Sie ging zum Regal und schenkte ihm ein Glas Wasser ein das sie ihm dann brachte. Er bedankte sich, schien es aber nicht wirklich war zu nehmen. Ein paar Minuten stand sie neben ihm und starrte mit ihm aus dem Fenster, dann setzte sie sich leise an ihren Schreibtisch und begann wieder zu arbeiten. Es dauerte fast eine viertel Stunde bis er sich wieder rührte. Er zog sie an der Rückenlehne ein Stück vom Schreibtisch weg und drehte dann den Stuhl zu sich um. „Können wir spazieren gehen? Ich muss hier raus“ fragte er. Als sie zögerte fügte er ein „Bitte“ hinzu und Encarna erhob sich. Dieses Mal vergaà er ihr die Tür auf zu halten, sondern trottete langsam hinter ihr her. „Es muss wirklich schlimm sein“ dachte sie und ging aus dem Hotel, rechts die StraÃe runter bis zur Strandpromenade. Dort wartete sie auf ihn.
TBC