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Es geht weiter......
Veränderungen
Rory stand am Fenster und blickte hinunter auf die StraÃe. Da stieg gerade Jess aus seinem nagelneuen Auto aus. Es war ein schwarzer Audi und Jess hatte sich auf den ersten Blick darin verliebt. In der einen Hand hielt er eine schwarze Aktentasche, in der anderen balancierte er einen Pappbecher mit frischem Kaffee, wie Rory vermutete. AuÃerdem baumelte von seinem Unterarm der Anzug, den er wohl gerade von der Reinigung geholt hatte. Rory seufzte. So viel war passiert in den letzten Monaten.
Nachdem sich Luke wieder mit ihrer Mum versöhnt hatte, waren die beiden doch tatsächlich Zelten gefahren. Rory hatte sie noch Wochen später damit aufgezogen, da sich Lorelai dabei doch tatsächlich eine Lebensmittelvergiftung zugezogen hatte. In ihrem Wahn, eins mit der Natur zu sein, wollte Lorelai unbedingt Jäger und Sammler spielen und hatte irgendwo im Wald giftige Beeren gefunden. Und ohne den erfahreneren Luke zu fragen, hatte sie sich sogleich eine handvoll in den Mund geschoben. Mit dem Ergebnis, dass der Zelturlaub vorzeitig abgebrochen wurde und Lorelai der Magen ausgepumpt werden musste.
Bei dem Gedanken daran musste Rory grinsen.
Und dann hatte in Stars Hollow wieder ein Edgar Allan Poe-Treffen stattgefunden. Anfangs waren die Bewohner ziemlich skeptisch, nachdem das Treffen ein paar Jahre vorher nicht der groÃe Knüller war, doch diesmal hatte Taylor das alles ganz groà hochgezogen. Ein 3-tägiges Treffen mit Empfängen, Presse und zum Abschluss einem groÃen Feuerwerk. Da war es auch dazu gekommen, dass Jess das Jobangebot erhielt.
Flashback
Es war noch früh und Jess war alleine im Buchladen. Noch wirkte Stars Hollow wie ausgestorben. Die ganzen Poe-Doubles waren noch im Bett und bereiteten sich darauf vor, wie sie sich wieder gegenseitig in der Ãffentlichkeit zerfleischen könnten. Heute stand nämlich die Wahl zum besten Doppelgänger an. Die meisten Pressefuzzis waren auch noch nicht unterwegs, nur einige wenige machten Aufnahmen der verschlafenen Kleinstadt. Der einzige, der schon emsig bei der Arbeit war, war Taylor, der Kirk in der Gegend herumschickte und ihm da und dort Aufgaben erteilte.
Jess schüttelte den Kopf und wandte sich vom Fenster ab. Er setzte sich auf seinen Kassenstuhl und widmete sich seinem Buch. Einige Minuten später hörte er die Glocke über der Tür und er verdrehte die Augen. Kundschaft, die ihn vom Lesen abhielt. âBin gleich bei ihnen!â, rief er und las das Kapitel fertig. Dann legte er das Buch zur Seite und stand auf. Er umrundete einige Regale, bevor er vor einer Frau mittleren Alters stand.
Sie inspizierte ziemlich genau das Regal mit der Abteilung âRaritätenâ.
âKann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?â, fragte er so freundlich wie es ihm möglich war.
Die Frau zuckte zusammen. Offenbar hatte sie ihn zuvor nicht bemerkt.
âOh, ähm, ja, ich suche ein Buch von John Updike. Rabbit in Ruhe, kennen Sie das?â
Jess blickte sie erstaunt an. Die Frau machte ein enttäuschtes Gesicht.
âOh, sie haben es wohl nichtâ, meinte sie mit trauriger Stimme.
âOh, ähm, dochâ¦â, Jess fand seine Sprache wieder. âFür gewöhnlich erkundigt sich nur hier niemand nach solchen Büchern. Ich meine, das ist Stars Hollow und nicht so eine Literaturstadt, wie sie sich jetzt präsentiert. Bevor es das erste Treffen hier gab, dachten wahrscheinlich alle, Edgar Allan Poe wäre ein Schauspieler. Und auÃer meiner Frau hat hier wahrscheinlich auch noch nie jemand etwas von John Updike gehört.â
Die Frau musste über seinen Kommentar lachen.
âAber warum suchen sie das Buch denn hier bei den Raritäten?â, fuhr Jess vor.
âNajaâ, entgegnete die Frau, â Ich habe die anderen Rabbit-Bücher gelesen aber dieses habe ich nirgendwo gefunden. In keinem Geschäft, auch nicht über Internet und selbst meine ganzen Connections haben mir dabei nicht weiter geholfen.â
Jess schmunzelte und deutete der Frau, ihm zu folgen.
âSie hätten schon früher hierher kommen müssen. Ich habe hier eine eigene John Updike Abteilung eingerichtet.â
Die Frau bewunderte Jessâ Arbeit.
âAls ich hier zu arbeiten begann, dachte ich, dass so ein groÃer Autor wie Updike nicht in der Menge untergehen sollte. Dafür geht meine Arbeit hier irgendwie unter. Ich denke, bisher hat hier noch nie jemand ein Buch aus dieser Abteilung gekauft.â
Jess stutzte. Warum erzählte er das alles? Er war doch sonst auch nicht so redselig. Fremden gegenüber schon gar nicht. Aber es ging um Bücher, und da war er nun mal in seinem Element.
Ohne auch nur einen Moment suchen zu müssen, zog er das gesuchte Buch aus dem Regal. So als hätte er immer gewusst, dass es genau dort stand. Die Frau nahm es entgegen und strich sanft über den Einband.
âIch nehme an, dass Sie es schon gelesen habenâ, erkundigte sie sich bei Jess.
âNaja, es ist eines dieser unvergleichlichen Updike-Bücherâ, antwortete Jess nur, um nicht zu viel zu verraten. âAber man sollte es auf alle Fälle gelesen haben.â
Die Frau folgte ihm zur Kasse und beobachtete, wie er den Preis eintippte.
âHören Sie, Mr. â¦â
âJess. Jess Mariano.â
âAlso gut, Mr. Jess Mariano, Ich finde nicht, dass ihre Arbeit untergehen sollte.â
âWas Sie nicht sagenâ, entgegnete Jess und hoffte, dass man den Sarkasmus nicht zu deutlich heraushörte.
âIch meine es ernst. Ich bin zwar wegen dem Poe-Treffen in diese Stadt gekommen, aber ich habe ein tolles Buch und einen jungen Mann gefunden, der wohl mehr von Büchern versteht, als die meisten anderen.â
âHören Sie, ich weià nicht was sie wollen, alsoâ¦â Jess reichte ihr die Tasche mit dem Buch und deutete auf die Tür.
âIch möchte Ihnen einen Job anbieten.â
Jess sah sie sprachlos an.
âIch arbeite für die Luxury Community. Das ist eine â¦â
âVerlagsgesellschaft, ich weiÃâ, unterbrach sie Jess.
âGenau, und ich bin die Geschäftsführerin der Zweigstelle in Hartford. Naja, um auf den Punkt zu kommen. Sie wären genau richtig für unser Team.â
âIch binâ¦, ähmâ¦â, stammelte Jess.
Die Frau zog eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie Jess. Ein groÃes LC-Logo prangte darauf und darunter stand Melinda Heigel, Geschäftsführung. Und ein paar Daten und Telefonnummern.
âÃberlegen Sie es sichâ, sagte Melinda und schon war sie zur Tür raus.
Flashback Ende
Ein paar Tage später hatte Jess den Job angenommen und seither prangte auf seinem Koffer, auf seinen Stiften und auf jedem seiner Ordner ebenfalls das LC-Logo. Wenn Rory jetzt Freitagmittag aus Yale kam, war die Wohnung leer. Einen Umstand, an den sie sich erst gewöhnen musste. Es war ja nicht so, dass sie Jess diesen Job nicht gönnte. Sie freute sich von Herzen für ihn, aber es war doch eine Umstellung.
Sie hörte den Schlüssel im Schloss und kurz darauf stand Jess in der Küche.
âHey!â, begrüÃte er sie, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und reichte ihr den Kaffeebecher.
Rory lächelte und trank einen Schluck. Er war nur mehr lauwarm, aber das störte sie nicht.
âWie war die Arbeit?â, erkundigte sie sich bei ihrem Mann.
âGanz okay. Wie war Yale?â
âAuch ganz okay. Was möchtest du heute Essen?â
âIch bin nicht wählerischâ, meinte Jess und zuckte mit den Achseln. Dann trug er seinen frischen Anzug ins Schlafzimmer.
Rory seufzte. Irgendwas war anders. Es war ihr schon vor einigen Wochen aufgefallen. Irgendwas hatte sich verändert. Jess war so abweisend. Sie fand keinen Zugang mehr zu ihm. Und das brachte sie beinahe um den Verstand. Das hatte sie schon einmal durchstehen müssen. Dieses Schweigen. Damals, als sie noch ein Paar waren. Und jetzt waren sie verheiratet. Sie wusste nicht, ob sie das noch einmal ertragen konnte.
Tritt nicht in die FuÃstapfen anderer, du hinterläÃt sonst selbst keine Spuren.
Rückkehr nach Stars Hollow, Wird er sich jemals ändern? Auf der schiefen Bahn
Kurzgeschichte:
Sometimes it's too late
Die Zeit heilt nicht alle Wunden, aber sie lehrt uns mit dem Schmerz umzugehen.