Okay, es geht weiter...
Nach ihrem letzten Kurs am Freitag verschwand Rory schnell in Richtung Stars Hollow. Die restliche Woche war sie Angie so gut es ging aus dem Weg gegangen. Sie hatten nach dem kleinen Vorfall kein Wort mehr miteinander gesprochen.
Als Rory in die Auffahrt zu ihrem Haus einbog, kam ihr schon Lorelai entgegen. Rory schaltete den Motor aus und öffnete die Tür.
âMum, wo willst du denn schon wieder hin?â
âZu Luke, wohin denn sonst. Ich brauche noch meine Portion Kaffee bevor ich ins Hotel fahre. Kommst du mit?â
Rory überlegte einen Moment, was sie jetzt machen sollte. Einerseits hatte sie auch eine Tasse Kaffee dringend nötig, andererseits könnte sie dort wieder auf Angie treffen. Und darauf hatte sie keine Lust. Aber im Diner würde auch Jess seinâ¦
âWartest du kurz, ich bring nur noch schnell meine Sachen ins Haus!â, sagte sie schlieÃlich und ging zu ihrem Kofferraum. Sie nahm ihre blaue Tasche heraus und hängte sie sich um die Schultern.
âBeeil dich ein bisschenâ, rief Lorelai ungeduldig und hüpfte von einem Bein aufs andere.
Zwischen ihr und Luke hatte sich zwar in der vergangenen Woche nichts geändert, sie waren immer noch Freunde, aber dennoch zog sie das Diner immer wieder wie ein Magnet an.
Rory schüttelte den Kopf und lief zum Haus. Sie stellte schnell die Tasche im Vorraum ab, dann war sie schon wieder drauÃen und rannte ihrer Mum hinterher.
Als sie auf das Diner zugingen, kam ihnen schon Jess entgegen. In Rorys Magen begann ein groÃer Eisklumpen zu wachsen. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, was sie über ihn gesagt hatte. Sie hatte das natürlich nicht ernst gemeint, aber es erschien ihr als die einzige Möglichkeit Angie loszuwerden.
âHey!â, begrüÃte er die beiden Gilmores und sah Rory durchdringend an.
Sie schluckte. Er ahnte etwas. Oder er wusste es sogar. Hatte Angie ihm etwa alles erzählt?
âKönnen wir kurz reden?â, fragte er Rory.
âÃhm, weiÃt du, Mum und ichâ¦.â
âSchon gut Schatz. Ich finde auch ohne dich ins Dinerâ, unterbrach sie Lorelai und schon rannte sie an Jess vorbei in das Café.
Rory sah ihr nach, wie sie hinter der Tür verschwand und wollte sich schon wieder an Jess wenden, als sie plötzlich spürte, wie er gewaltsam ihren Arm packte und mit sich zog.
Lorelai stellte sich an den Tresen und klopfte dreimal laut auf das Holz. Gleich darauf erschien Luke und funkelte sie wütend an.
âIch weiÃ, dass du hier bist. Du brauchst dich nicht auch noch anzukündigen. Damit störst du meine ganzen Gästeâ, fauchte er sie an.
âBin ich froh, dass du so gut gelaunt bistâ, erwiderte Lorelai mit zuckersüÃer Stimme.
âVersuch erst gar nicht, mich um Kaffee anzubetteln. Heute bekommst du keinen.â
Lorelai schob ihre Unterlippe nach vorne und klimperte mit ihren Wimpern.
âBitte Luke. Ich sterbe ohne Kaffee und dann hast du mich auf dem Gewissen. Kannst du damit Leben? Willst du zu einem Mörder werden?â
âDu wirst nicht gleich daran sterben.â
âLuke komm schon, ich brauche meinen Kaffeeâ, meinte Lorelai und diesmal schlug sie einen gereizten Tonfall an. Wenn die nette Art nicht funktionierte, dann ging es nur noch auf die harte Tour.
Sie blickte Luke herausfordernd an, und schlieÃlich gab er nach. Kopfschüttelnd und mit noch schlechterer Laune goss er ihr Kaffee ein.
âBist ein Schatzâ, rief Lorelai gleich laut aus und nahm einen Schluck von ihrem Lebenselixier.
Luke ging nicht näher darauf ein, sondern widmete sich wieder seinen Gästen. Lorelai beobachtete ihn eine Weile. Irgendwas war faul an der ganzen Sache. Luke war zwar oft mürrisch und schlecht gelaunt, aber so schlimm wie heute war es selten. Jeden fauchte oder schrie er an, wenn ihm etwas nicht passte und Kirk hatte er vor die Tür gesetzt, nur weil er wissen wollte, wie viel Kalorien in einem Chefsalat steckten. Doch den Höhepunkt gab es bei Taylor. Als der nämlich auf das Diner zukam, hatte er schnell abgeschlossen.
âLuke, alles in Ordnung bei dir?â, fragte Lorelai als er wieder einmal hinter dem Tresen stand.
âAlles bestensâ, antwortete er ohne aufzusehen.
âKomm schon, Luke. Irgendetwas stimmt doch nicht. Was ist passiert?â, forschte Lorelai nach.
âNichts ist passiert.â
âJa klar, das hast du mir auch gesagt, als es mit Nicole langsam den Bach runter ging.â
Luke sah kurz auf, dann senkte er schnell wieder den Kopf. Doch Lorelai war das natürlich nicht entgangen.
âMoment mal, geht es etwa schon wieder um Nicole.â
Luke antwortet nicht und Lorelai fasste das als Ja auf.
âIch dachte es wäre aus zwischen euch.â
âIst es auch.â
âUnd was ist dann passiert?â
Luke antwortete nicht, sondern nahm 2 Teller, die César hergestellt hatte, und brachte sie zu den entsprechenden Tischen. Als er zurückkam, saà Lorelai immer noch da und wartete auf eine Antwort. Luke ignorierte sie und nahm neue Bestellungen auf und leitete sie an César weiter.
Lorelai stützte ihren Kopf auf ihrer Handfläche ab und beobachtete Luke durchdringend. Es funktionierte. Er konnte sie nicht länger ignorieren.
âSie war heute hier.â
Sofort sperrte Lorelai ihre Lauscher auf. Nicole war hier gewesen. Das bedeutete nichts Gutes.
âUnd was wollte sie?â, fragte sie zögernd nach.
âNoch eine Chance.â
âNoch eine Chance?â
Als Antwort erhielt sie ein Kopfnicken.
âUnd was hast du zu ihr gesagt?â
Lorelai schloss die Augen. Sie befürchtete die schlimmste aller Antworten.
âNein.â
Sie lehnte sich zurück und atmete erleichtert aus. Gott sei Dank hatte er sie abserviert.
âIch versteh sie nicht. Was glaubt sie eigentlich wer sie ist? Zuerst macht sie Schluss, weil â¦weilâ¦â, Luke brach ab. Das konnte er nun wirklich nicht sagen. Er konnte Lorelai doch nicht sagen, dass Nicole wegen ihr Schluss gemacht hatte.
âWeil was?â
âIst doch egal. Aber ganz plötzlich überlegt sie es sich wieder anders und erwartet sich, dass ich ihr wieder zu FüÃen liege. Ich bin doch nicht Kirk, mit dem man machen kann, was man will.â
Lorelai legte zaghaft ihre Hand auf die von Luke. Es war ein komisches Gefühl. Noch nie hatte sie das getan. Luke und sie waren immer nur Freunde gewesen. Zu solchen Berührungen war es zwischen ihnen bisher nie gekommen.
âDu hast etwas Besseres verdient, Lukeâ, sagte sie leise.
Luke lächelte sie leicht an.
âDanke.â
Einen Moment sahen sie sich nur an. Es war ein Moment wie damals, vor ein paar Tagen, auf der Veranda. Nach dem Videoabend. Nur sie beide. Niemand sonst. Alles andere war unwichtig.
Dann schloss Luke seine Augen und schüttelte den Kopf. Er zog seine Hand unter der von Lorelai weg. Das durfte nicht sein. Er durfte sich nicht in seine beste Freundin verlieben.
âDer Kaffee geht aufs Hausâ, sagte er leise und widmete sich wieder den anderen Gästen.
Traurig sah ihm Lorelai nach, bevor sie aufstand und ins Hotel fuhr.
âJess, lass mich los? Du tust mir weh!â, rief Rory, während Jess sie immer noch hinter sich herschleifte.
âKannst du mir endlich sagen, was das soll?â
An einem ruhigen Plätzchen lieà er sie endlich los und funkelte sie wütend an.
âWas das soll? Das solltest wohl eher du mir sagen.â
âWas meinst du?â
âWie kommst du dazu, Angie irgendwelche Lügen von mir zu erzählen?â
Rory schloss die Augen und senkte den Kopf. Na toll, er hatte es erfahren. Angie hatte also nicht ihre Klappe halten können.
âIch fasse es nicht, dass sie dir davon erzählt hatâ, sagte sie leise, aber laut genug, sodass Jess sie hören konnte.
âNa wenigstens eine ist noch ehrlich zu mir.â
âJess, du verstehst die Situation nicht. Ich wollte nicht so gemeine Sachen über dich erzählen. Aber ich war wütend, weil du ständig mit ihr telefonierst. Mich rufst du nie an, dabei kennen wir uns schon viel länger.â
Jess wich einen Schritt zurück und musterte Rory von oben bis unten. War das denn tatsächlich möglich? Das konnte doch nicht sein.
âIch glaub es nicht, Angie hatte Recht.â
Rory sah ihn verdutzt an. Wovon sprach er? Und womit hatte Angie schon wieder Recht?
âWas meinst du?â
âDu bist eifersüchtig.â
Rory lachte kurz auf.
âSo ein Unsinn. Auf wen sollte ich eifersüchtig sein?â
âAuf Angie.â
âSei doch nicht albern.â
âDann hast du es also ernst gemeint, was du über mich gesagt hast?â
âNein, natürlich nicht. Das war nurâ¦das warâ¦â
âEifersuchtâ, beendete Jess den Satz.
âNein, ich bin nicht eifersüchtig. Weder auf Angie noch auf sonst irgendwen.â
âIch bitte dich, Rory. Gib es doch einfach zu. Du bist eifersüchtig, weil ich mich mit Angie angefreundet habe. Aber ich sage dir doch, Angie und ich sind nur Freunde. So wie du und Dean nur Freunde gewesen seid. So wie wir beide nur Freunde sind.â
âJess, du und ich, wir waren niemals nur Freunde.â
âDa hast du sogar Recht. Und warum? Weil du mich liebst, aber trotzdem willst du nicht wirklich mit mir zusammen sein.â
Rory fuhr sich mit der Hand an die Stirn. Warum musste es zwischen ihnen nur immer so kompliziert sein.
âJess, ich habe es dir doch erklärtâ, sagte sie mit ruhiger Stimme.
âJa, und ich hab gesagt, du bekommst alle Zeit der Welt. Weil ich dich auch liebe. Deshalb verstehe ich nicht, warum du aber eifersüchtig auf Angie bistâ, erwiderte er gereizt.
âAch bitte, als wärst du nie eifersüchtig auf Dean gewesen.â
âDas streite ich auch nicht ab. Ich hatte aber ein Recht dazu, denn immerhin wollte Dean etwas von dir.â
âUnd Angie will etwas von dir.â
Jess runzelte die Stirn und sah sie verwirrt an.
âWovon sprichst du? Das ist doch gar nicht wahr. Angie und ich sind nur Freunde, zum letzten Mal.â
âWas macht dich da so sicher?â
âIch weià es.â
âWoher?â
âIch weià es einfach. Find dich damit ab!â, fuhr er sie an.
Rory wich vor Schreck einen Schritt zurück. So hatte er sie noch nie angeschrieen. Nicht einmal damals, als sie mit ihm abgehauen war.
Jess fuhr sich verzweifelt durch die Haare. Irgendwie war die ganze Sache auÃer Kontrolle geraten. Er hatte nicht so weit gehen wollen.
âRory, esâ¦es tut mir leid.â
âSchon gut. Istâ¦schon gut.â
Jess kratzte sich hinter dem Ohr. Er überlegte fieberhaft, was er jetzt machen sollte. Sie durften nicht im Streit auseinander gehen. Es sollte nicht schon wieder ein Streit zwischen ihnen liegen.
âVielleichtâ¦vielleicht sollten wir ins Diner gehen. Du magst doch bestimmt einen Kaffee.â
âIch bin nicht durstigâ, sagte Rory und schüttelte den Kopf.
Jess biss sich auf die Unterlippe und sah verzweifelt in den Himmel hinauf.
Rory rieb sich die Nase und starrte auf den Boden. So standen sie eine Weile nur da. Und schwiegen.
âIch mussâ¦dann wieder. Luke braucht mich sicherâ, sagte Jess schlieÃlich und hoffte, gleichzeitig, dass Rory ihn begleiten würde.
âJa, ich sollte auch gehen. Ichâ¦muss lernen. Ich hab bald meine erste Prüfungâ, entgegnete Rory geistesabwesend.
Sie drehte sich um und wandte sich zum Gehen, als sie Jessâ Hand auf ihrem Arm spürte.
âRory, du bist doch nicht böse auf mich, oder?â, fragte er sie unsicher.
Sie sah ihn einen Moment an, dann schüttelte sie den Kopf.
âGut, das will ich nämlich nicht.â
âIch auch nichtâ, sagte sie leise.
Jess lächelte leicht. Das war einmal eine gute Nachricht.
âSehen wir uns morgen?â, fragte er.
Rory nickte und erwiderte sein Lächeln. Dann drehte sie sich endgültig um und ging davon.
Tritt nicht in die FuÃstapfen anderer, du hinterläÃt sonst selbst keine Spuren.
Rückkehr nach Stars Hollow, Wird er sich jemals ändern? Auf der schiefen Bahn
Kurzgeschichte:
Sometimes it's too late
Die Zeit heilt nicht alle Wunden, aber sie lehrt uns mit dem Schmerz umzugehen.