30.12.2005, 02:00
Hallo meine Lieben :knuddel:
Vielen, vielen dank für eure tollen FBs! :freu: Hab mich total darüber gefreut!
Ich poste gleich den neuen Teil. Ich hoffe, er gefällt euch.
88. Teil
Jess beobachtete, wie die grüne Landschaft an ihm vorbeizog. Zoe hatte nach einem mehr als fünfzehnminütigen Redefluss kurz inne gehalten um Luft zu holen. Doch es war Jess nicht vergönnt die angenehme Ruhe, sieht man von dem StraÃenlärm und dem Autoradio ab, lange zu genieÃen. Denn nachdem Zoe einen Schluck getrunken und den einzigen Rettungsanker Metallica auf eine unmenschlich leise Lautstärke gedreht hatte, fuhr sie auch schon mit ihren Erzählungen fort. Das Problem bei Zoe war, dass man ihr zuhören musste. Es war schon immer eines ihrer Spitzentalente gewesen, unaufmerksame Menschen mit meist sehr hinterhältigen Fragen zu entlarven. Und war der Täter erst mal gefunden, gab es kein Entrinnen mehr. Sie strafte den Ãbeltäter entweder mit bösen Geschichten aus der Vergangenheit, die in einem Zustand der unkontrollierten Trunkenheit erzählt worden waren, oder mit Ignorierung. Und letzteres war bei einer Frau wie Zoe wohl das Schlimmere.
„Wie ist das mit deinem Arm passiert?“
Jess seufzte. Doch bevor er ihr antworten konnte, tat sie es selbst. „Mal wieder eine Schlägerei gehabt? Du änderst dich wohl nie!“ Sie lachte. „Um was ging es denn? Hat der böse Junge dein Bier ausgetrunken?“ Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Zoe und Jess kannten sich bereits seit sechs Jahren. Bei einer Party zur späten Stunde hatte der vierzehnjährige Jess mit einem Exfreund Zoes um die letzte Dose Bier gekämpft.
„Er hat meine Freundin belästigt.“
Zoe wurde ernst. „Ich hoffe, du hast es ihm gegeben…“
„Allerdings.“ Jess grinste.
„Du warst schon immer sehr ritterlich.“ Meinte sie.
„Fang nicht schon wieder damit an…“ Jess war einmal, ein einziges Mal, als fünfjähriger bei einer Halloweenparty gewesen. Seine Mutter hatte aus lauter Verzückung über ihren kleinen Ritter drei Fotos gemacht. Jess hatte vergessen das letzte zu entsorgen. Und natürlich - wie könnte es auch anders sein - hatte Zoe es gefunden, als sie Jahre später bei ihm übernachtet hatte.
„Du ärgerst dich immer so schön. Das ist lustig.“ Sie grinste verführerisch. „Du bist echt sexy wenn du dich ärgerst. So…männlich…“
Jess rollte mit den Augen. „Schaffst du es nur eine einzige Sekunde lang ernsthaft zu sein?“
„Na klar. Aber wozu. Wir sind nur einmal jung…“
Jess rollte mit den Augen. „Wo ist dein Freund nochmals heute?“
„Lenke nicht ab… Auf einer Familienfeier. Seine Familie ist so langweilig.“ Zoe stöhnte auf. „Jetzt reden wir einmal über dich.“ Sie grinste. Eine weitere Eigenschaft Zoes, von einer Sekunde auf die andere in einer anderen Stimmung zu sein. „Wie heiÃt denn deine Freundin? Mandy schwärmt ja regelrecht von ihr.“
„Rory.“
„Wofür steht das?“
„Lorelai.“
„Der Name ist wunderschön.“ Zoe lächelte. „Warum hast du sie nicht mitgenommen?“
„Sie hat sehr viel Stress.“ Antwortete er schnell.
„Oh…Richtig, Mandy hat es erwähnt, Rory studiert ja auch.“ Sie nickte eifrig. „Alle machen Karriere und ich werde mein Leben in diesem kleinen Gasthaus verbringen.“ Sie seufzte.
„Das wirst du nicht. Du bist die beste Kellnerin der Welt. Was wurde eigentlich aus deinem Vorstellungsgespräch in diesem Nobelrestaurant?“
„Sie brauchen niemanden…“ Ihre Stimme zitterte. „Meine Herkunft gefällt ihnen wohl nicht. Von wegen Gleichberechtigung. Es wird niemals eine Verschiebung der Schichten geben…stell dir vor, Jess. Ich habe gestern eine Bewerbung an das Plaza geschickt. Nicht, weil ich naiv bin. Ich weiÃ, dass die mich genauso wenig brauchen wie alle anderen. Aber ich musste es versuchen. Und weiÃt du, was mein dämlicher, studierender Freund dazu meinte?“ Sie runzelte wütend die Stirn, bevor sie ihren Freund imitierte: „Dann wirst du eben Hausfrau. Mit meinem Geld können wir schon leben. Ich brauche ohnehin jemanden, der den Haushalt schmeiÃt.“
„Das hat er doch nicht wirklich so gesagt?“ Jess starrte sie fassungslos an.
„Nicht wortörtlich. Aber ich bin eine Frau und besitze somit die Möglichkeit zwischen den Zeilen zu lesen…“
„Dieser Idiot hat dich gar nicht verdient.“
„Ich weiÃ…“ Sie blickte schweigend auf die StraÃe. „Und Rory…hat sie dich verdient?“
Mandy lehnte sich zurück und seufzte lächelnd auf. „Deine neue Couch ist herrlich. Ich fürchte, ich muss wieder eine Zeit lang hier wohnen. Deine Schwester wird begeistert sein, wenn sie sieht, was du alles aus der Wohnung gemacht hast.“
„Sie wird mich umbringen.“ Verbesserte Carlos.
„Das kann natürlich auch sein.“ Mandy lachte. „Wann kommt sie denn?“
„Nächstes Monat. Anita kündigt ihre Besuche niemals genau an.“
„Nun, diesmal hat es ja einen speziellen Grund…Ich freue mich so für sie. Und ich darf tatsächlich Brautjungfer werden!“
„Der Typ ist ein Idiot.“
„Dass er deinem Ideal nicht entspricht, war mir klar.“ Mandy rollte mit den Augen. „Na wenigstens bist du dann einmal mit eurer Mutter einer Meinung…da fällt mir gerade ein, Alicia, die bekanntlich immer über Anitas Freunde genörgelt hat, kann ihren Verlobten sehr gut leiden.“
„Aber erst seit kurzem. Sie hat mir gestern erzählt, dass sie ihm noch bei ihrem Besuch in Australien, letzten Sommer, gern eine verpasst hätte.“ Erzählte Carlos.
„Gestern?“ Mandy runzelte die Stirn.
„Alicia und ich waren gestern in einem Restaurant.“
„Mit Paris?“ Mandys Stimme hatte einen zynischen Unterton bekommen.
„Nein, Paris war nicht dabei.“
„Natürlich nicht. Wäre auch seltsam gewesen.“
„Was soll das jetzt? Du weiÃt doch, dass Alicia auf der Durchreise gewesen ist.“
„Ja, keine Durchreise ohne Stopp in New York…“
„Mandy, ich kenne sie seit dem Kindergarten und sehe sie, seit wir in die Staaten gezogen sind, nur sehr selten. Natürlich nützen wir dann jede Gelegenheit, um ein wenig Zeit miteinander zu verbringen.“
„Ich weiÃ…entschuldige. Ich mag Alicia wirklich gerne. Schon allein weil sie Anitas beste Freundin ist…lass uns das Thema wechseln, okay?“ Ihre Miene erhellte sich plötzlich. „Ich freue mich schon auf heute Abend. Es ist schön, alle mal wieder zu sehen. Ich hoffe, der arme Jess überlebt die Fahrt mit Zoe.“ Mandy schmunzelte. „Sie bombardiert ihn wahrscheinlich gerade mit unzähligen Fragen…“
Dave blätterte gerade nachdenklich in einem Magazin, als sein Freund Daniel die Küche betrat. „Hey.“
Ersterer sah nur kurz hoch. „Hi.“
Daniel setzte sich zu ihm an den kleinen Tisch und nippte an einer Flasche Bier. „Interessante Lektüre?“
Dave legte die Zeitung zur Seite. „Eigentlich nicht.“
„Du siehst sie heute wieder, habe ich Recht?“
Sein Freund nickte leicht. Er hatte ihm gestern, nach einem kurzen Bar-Besuch, von seinen Problemen erzählt.
„Du solltest das endlich klären. Es ist keiner der beiden gegenüber fair, was du machst.“
„Ich weiÃ.“ Dave seufzte.
‚…über Gefühle zu reden, ist mir schon immer sehr schwer gefallen.’
Noch dümmer geht’s nicht. Briefe sind definitiv nichts für mich. Paris knüllte das Papier zusammen und warf es unachtsam auf den Boden. Er würde diesen Brief sowieso nur entsorgen. Wahrscheinlich auch noch ohne ihn davor gelesen zu haben. Sie seufzte. Gefühle waren etwas, das man nicht erzwingen konnte. Und es war wahrscheinlich vernünftig, dass es geendet hatte. Das sagte sie sich zumindest immer wieder. Es ist vollkommen dämlich sich wegen ihm so fertig zu machen. Er hat seinen Standpunkt eindeutig klar gemacht.
Sie griff wieder nach ihrem Collegeblock und schlug das Skriptum auf.
Der Anrufbeantworter schaltete sich bereits nach dem ersten Ton ein. Lane atmete tief durch. „Hi, Dave...wo bist du? Ich mache mir Sorgen…was am Gig passiert ist…ich wollte nur… bitte rufe mich zurück. Ich muss dringend mit dir sprechen.“ Lane legte seufzend auf. Sie hasste Anrufbeantworter. Ich habe nur Unsinn geredet. Hoffentlich schreckt ihn das nicht noch mehr ab.
Rory strich sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht und kuschelte sich an ihren Polster. Warum hatte alles so kommen müssen? Sie stellte sich diese Frage immer wieder, obwohl sie sich deren Sinnlosigkeit bewusst war. Manches sollte offensichtlich einfach nicht sein. Sie würde mit ihm sprechen, am kommenden Tage. Rorys Augen begannen erneut zu tränen. Ein weiteres Mal wünschte sie sich die Macht über Raum und Zeit.
Plötzlich vernahm sie ein leises Klopfen. „Ja?“ Es kam so leise, dass es unwahrscheinlich war, dass sie jemand gehört hatte.
Die Tür wurde vorsichtig geöffnet. Ihre Mutter betrat mit einer groÃen Tasse Kaffee den Raum. „Rory?“ Sie stellte die Tasse auf den Nachtisch ab und setzte sich zu ihrer Tochter. „Geht es dir schon ein wenig besser?“ Lorelai musterte sie besorgt.
„Ja.“ Log Rory. Die Wahrheit war, dass ihr Herz von Minute zu Minute mehr zu schmerzen schien.
„Schätzchen, ich weiÃ, es ist allein deine Sache, aber…“
„Ja, es ist ganz allein meine Sache!“ unterbrach die Jüngere sie wütend.
Lore seufzte. „Okay.“ Sie strich Rory sanft über die Wange. „Luke ist vorbei gekommen. Er hat Essen gebracht. Und ein paar Videofilme, die dich bestimmt aufheitern werden. Komm doch zu uns.“
Rory schüttelte den Kopf. „Ich möchte einfach alleine sein.“
Lore nickte und küsste ihre Tochter sanft auf die Stirn, bevor die das Zimmer verlieÃ.
„Wie geht es ihr?“ Luke musterte Lorelai nachdenklich. Sie setzte sich zu ihm auf die Wohnzimmercouch und antwortete ehrlich: „Sehr schlecht.“
„Soll ich einmal mit ihr reden?“
„Nein, das wäre wohl nicht gut.“ Lore seufzte traurig.
Luke zog sie in seine Arme und strich ihr sanft durchs Haar. „Das wird schon wieder. Sie ist stark…Ich weiÃ, du darfst es mir nicht sagen, aber ich würde gern wissen, was passiert ist.“
„Jess betrügt sie oder hat sie betrogen.“ Lore brachte es nur mühsam über die Lippen. Sie hatte dem jungen Mann, der behauptet hatte ihre Tochter zu lieben, noch eine letzte Chance gegeben, aber er hatte es gewagt Rory schon wieder zu verletzen.
„Was?“ Luke blickte seine Freundin verwirrt an. „Das ist unmöglich…“
„Sie hat ihn mit einer anderen gesehen. Wild küssend. Vor dem Diner.“
„Vor dem Diner?“ Luke schüttelte den Kopf. „Ein Mann der seine Freundin betrügt, macht das nicht an einem Ort, an dem ihn jeder sehen könnte!“
„Vielleicht ist er ja doch nicht so schlau, wie du gedacht hast. Rory hat gesehen, wie er eine andere geküsst hat. Denkst du etwa, sie hätte sich das nur ausgedacht?“ Lore funkelte ihn wütend an.
„Nein, natürlich nicht…aber es klingt überhaupt nicht nach Jess…“
„Vielleicht kennst du ihn einfach nicht so gut, wie du gedacht hast?“
„Jess liebt Rory…hat sie schon mit ihm gesprochen?“
„Nein. Wann auch?“
„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Jess so etwas tun würde. AuÃerdem hätte er die letzten Wochen nicht einmal Zeit dafür gehabt, soviel wie er gelernt hat…“
Lorelai setzte sich auf und blickte ihn Stirn runzelnd an. „Auf wessen Seite stehst du eigentlich?“
Luke seufzte. „Natürlich auf eurer. Ich meine ja nur…“
„Nein, sag jetzt bitte nichts. Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst.“
„Lorelai…“
„Luke, bitte. Wir sehen uns morgen, okay?“ Sie stand auf, er folgte ihr nur widerwillig.
„Du weiÃt, dass ich immer auf eurer Seite stehe.“
„Bis morgen.“ Lorelai gab ihm noch einen flüchtigen Kuss, bevor sie hinter ihm die Tür verschloss.
Rory strich mit dem Finger über den braunen Bilderrahmen. Sie liebte ihn so sehr. Noch nie hatte sie so für einen Mann empfunden. Sollte ihre Beziehung tatsächlich auf diese Art enden? Würde ihr derselbe Mann, der ihr so leidenschaftlich seine Liebe gestanden hatte, wirklich so groÃen Schmerz zu fügen? Vielleicht hätte sie sofort mit ihm reden müssen. Anhalten, als sie die beiden gesehen hatte und zur Rede stellen. Oder zumindest bei der Hochzeit. Sie seufzte. Warum konnte nicht alles sein wie früher? Sie dachte an die schönen Momente, welche sie mit Jess erlebt hatte. Sie wollten zusammen ziehen. Der nächste, gröÃere Schritt. Mit einem Mann zusammenleben. Sie hatte bis jetzt nur mit ihrer Mutter und ihren Studienkolleginnen zusammen gewohnt. Eine Träne tropfte auf das Bild. Jess und sie am Strand in Venice Beach. Sie seufzte erneut. Grandma hatte Recht. Aber stimmte das tatsächlich? Hatte ihre Mutter Recht? Sollte sie mit ihm sprechen? Welche Erklärungen sollte er schon haben? Rory strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. War er es wert, dass sie ihm die Chance gab, zu erklären? Nein, aber die Beziehung ist es.
Ohne sich selbst bewusst zu sein, was sie tat, griff sie nach ihrem Handy und wählte seine Nummer. Wahrscheinlich ausgeschalten. Sie seufzte.
Doch Jess hatte es nicht abgeschaltet. Rory zuckte zusammen als sie den Ton vernahm. Ihr Herz begann zu rasen. Vielleicht hat er es irgendwo vergessen. Oder auf stumm gedreht.
Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie plötzlich seine Stimme vernahm.
"Ja?“
„Jess?“ Ihre Lippen waren ganz trocken.
„Rory? Hi. Geht es dir schon besser?“
Ihre Wut stieg weiter an als sie seine gut gelaunte Stimme vernahm. „Hör mal, Jess. Ich habe keine Lust um den heiÃen Brei zu reden. Ich weiÃ, was passiert ist…und wo du bist. Mum hat gesagt, du würdest morgen Nachmittag zurück sein. Ich werde zu dir kommen. Wir müssen dringend miteinander sprechen.“ Bevor er noch die Chance hatte etwas zu erwidern, hatte sie aufgelegt.
Freu mich über FBs
Gute Nacht chlafen:
Bussi Selene
Vielen, vielen dank für eure tollen FBs! :freu: Hab mich total darüber gefreut!
Ich poste gleich den neuen Teil. Ich hoffe, er gefällt euch.
88. Teil
Jess beobachtete, wie die grüne Landschaft an ihm vorbeizog. Zoe hatte nach einem mehr als fünfzehnminütigen Redefluss kurz inne gehalten um Luft zu holen. Doch es war Jess nicht vergönnt die angenehme Ruhe, sieht man von dem StraÃenlärm und dem Autoradio ab, lange zu genieÃen. Denn nachdem Zoe einen Schluck getrunken und den einzigen Rettungsanker Metallica auf eine unmenschlich leise Lautstärke gedreht hatte, fuhr sie auch schon mit ihren Erzählungen fort. Das Problem bei Zoe war, dass man ihr zuhören musste. Es war schon immer eines ihrer Spitzentalente gewesen, unaufmerksame Menschen mit meist sehr hinterhältigen Fragen zu entlarven. Und war der Täter erst mal gefunden, gab es kein Entrinnen mehr. Sie strafte den Ãbeltäter entweder mit bösen Geschichten aus der Vergangenheit, die in einem Zustand der unkontrollierten Trunkenheit erzählt worden waren, oder mit Ignorierung. Und letzteres war bei einer Frau wie Zoe wohl das Schlimmere.
„Wie ist das mit deinem Arm passiert?“
Jess seufzte. Doch bevor er ihr antworten konnte, tat sie es selbst. „Mal wieder eine Schlägerei gehabt? Du änderst dich wohl nie!“ Sie lachte. „Um was ging es denn? Hat der böse Junge dein Bier ausgetrunken?“ Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Zoe und Jess kannten sich bereits seit sechs Jahren. Bei einer Party zur späten Stunde hatte der vierzehnjährige Jess mit einem Exfreund Zoes um die letzte Dose Bier gekämpft.
„Er hat meine Freundin belästigt.“
Zoe wurde ernst. „Ich hoffe, du hast es ihm gegeben…“
„Allerdings.“ Jess grinste.
„Du warst schon immer sehr ritterlich.“ Meinte sie.
„Fang nicht schon wieder damit an…“ Jess war einmal, ein einziges Mal, als fünfjähriger bei einer Halloweenparty gewesen. Seine Mutter hatte aus lauter Verzückung über ihren kleinen Ritter drei Fotos gemacht. Jess hatte vergessen das letzte zu entsorgen. Und natürlich - wie könnte es auch anders sein - hatte Zoe es gefunden, als sie Jahre später bei ihm übernachtet hatte.
„Du ärgerst dich immer so schön. Das ist lustig.“ Sie grinste verführerisch. „Du bist echt sexy wenn du dich ärgerst. So…männlich…“
Jess rollte mit den Augen. „Schaffst du es nur eine einzige Sekunde lang ernsthaft zu sein?“
„Na klar. Aber wozu. Wir sind nur einmal jung…“
Jess rollte mit den Augen. „Wo ist dein Freund nochmals heute?“
„Lenke nicht ab… Auf einer Familienfeier. Seine Familie ist so langweilig.“ Zoe stöhnte auf. „Jetzt reden wir einmal über dich.“ Sie grinste. Eine weitere Eigenschaft Zoes, von einer Sekunde auf die andere in einer anderen Stimmung zu sein. „Wie heiÃt denn deine Freundin? Mandy schwärmt ja regelrecht von ihr.“
„Rory.“
„Wofür steht das?“
„Lorelai.“
„Der Name ist wunderschön.“ Zoe lächelte. „Warum hast du sie nicht mitgenommen?“
„Sie hat sehr viel Stress.“ Antwortete er schnell.
„Oh…Richtig, Mandy hat es erwähnt, Rory studiert ja auch.“ Sie nickte eifrig. „Alle machen Karriere und ich werde mein Leben in diesem kleinen Gasthaus verbringen.“ Sie seufzte.
„Das wirst du nicht. Du bist die beste Kellnerin der Welt. Was wurde eigentlich aus deinem Vorstellungsgespräch in diesem Nobelrestaurant?“
„Sie brauchen niemanden…“ Ihre Stimme zitterte. „Meine Herkunft gefällt ihnen wohl nicht. Von wegen Gleichberechtigung. Es wird niemals eine Verschiebung der Schichten geben…stell dir vor, Jess. Ich habe gestern eine Bewerbung an das Plaza geschickt. Nicht, weil ich naiv bin. Ich weiÃ, dass die mich genauso wenig brauchen wie alle anderen. Aber ich musste es versuchen. Und weiÃt du, was mein dämlicher, studierender Freund dazu meinte?“ Sie runzelte wütend die Stirn, bevor sie ihren Freund imitierte: „Dann wirst du eben Hausfrau. Mit meinem Geld können wir schon leben. Ich brauche ohnehin jemanden, der den Haushalt schmeiÃt.“
„Das hat er doch nicht wirklich so gesagt?“ Jess starrte sie fassungslos an.
„Nicht wortörtlich. Aber ich bin eine Frau und besitze somit die Möglichkeit zwischen den Zeilen zu lesen…“
„Dieser Idiot hat dich gar nicht verdient.“
„Ich weiÃ…“ Sie blickte schweigend auf die StraÃe. „Und Rory…hat sie dich verdient?“
Mandy lehnte sich zurück und seufzte lächelnd auf. „Deine neue Couch ist herrlich. Ich fürchte, ich muss wieder eine Zeit lang hier wohnen. Deine Schwester wird begeistert sein, wenn sie sieht, was du alles aus der Wohnung gemacht hast.“
„Sie wird mich umbringen.“ Verbesserte Carlos.
„Das kann natürlich auch sein.“ Mandy lachte. „Wann kommt sie denn?“
„Nächstes Monat. Anita kündigt ihre Besuche niemals genau an.“
„Nun, diesmal hat es ja einen speziellen Grund…Ich freue mich so für sie. Und ich darf tatsächlich Brautjungfer werden!“
„Der Typ ist ein Idiot.“
„Dass er deinem Ideal nicht entspricht, war mir klar.“ Mandy rollte mit den Augen. „Na wenigstens bist du dann einmal mit eurer Mutter einer Meinung…da fällt mir gerade ein, Alicia, die bekanntlich immer über Anitas Freunde genörgelt hat, kann ihren Verlobten sehr gut leiden.“
„Aber erst seit kurzem. Sie hat mir gestern erzählt, dass sie ihm noch bei ihrem Besuch in Australien, letzten Sommer, gern eine verpasst hätte.“ Erzählte Carlos.
„Gestern?“ Mandy runzelte die Stirn.
„Alicia und ich waren gestern in einem Restaurant.“
„Mit Paris?“ Mandys Stimme hatte einen zynischen Unterton bekommen.
„Nein, Paris war nicht dabei.“
„Natürlich nicht. Wäre auch seltsam gewesen.“
„Was soll das jetzt? Du weiÃt doch, dass Alicia auf der Durchreise gewesen ist.“
„Ja, keine Durchreise ohne Stopp in New York…“
„Mandy, ich kenne sie seit dem Kindergarten und sehe sie, seit wir in die Staaten gezogen sind, nur sehr selten. Natürlich nützen wir dann jede Gelegenheit, um ein wenig Zeit miteinander zu verbringen.“
„Ich weiÃ…entschuldige. Ich mag Alicia wirklich gerne. Schon allein weil sie Anitas beste Freundin ist…lass uns das Thema wechseln, okay?“ Ihre Miene erhellte sich plötzlich. „Ich freue mich schon auf heute Abend. Es ist schön, alle mal wieder zu sehen. Ich hoffe, der arme Jess überlebt die Fahrt mit Zoe.“ Mandy schmunzelte. „Sie bombardiert ihn wahrscheinlich gerade mit unzähligen Fragen…“
Dave blätterte gerade nachdenklich in einem Magazin, als sein Freund Daniel die Küche betrat. „Hey.“
Ersterer sah nur kurz hoch. „Hi.“
Daniel setzte sich zu ihm an den kleinen Tisch und nippte an einer Flasche Bier. „Interessante Lektüre?“
Dave legte die Zeitung zur Seite. „Eigentlich nicht.“
„Du siehst sie heute wieder, habe ich Recht?“
Sein Freund nickte leicht. Er hatte ihm gestern, nach einem kurzen Bar-Besuch, von seinen Problemen erzählt.
„Du solltest das endlich klären. Es ist keiner der beiden gegenüber fair, was du machst.“
„Ich weiÃ.“ Dave seufzte.
‚…über Gefühle zu reden, ist mir schon immer sehr schwer gefallen.’
Noch dümmer geht’s nicht. Briefe sind definitiv nichts für mich. Paris knüllte das Papier zusammen und warf es unachtsam auf den Boden. Er würde diesen Brief sowieso nur entsorgen. Wahrscheinlich auch noch ohne ihn davor gelesen zu haben. Sie seufzte. Gefühle waren etwas, das man nicht erzwingen konnte. Und es war wahrscheinlich vernünftig, dass es geendet hatte. Das sagte sie sich zumindest immer wieder. Es ist vollkommen dämlich sich wegen ihm so fertig zu machen. Er hat seinen Standpunkt eindeutig klar gemacht.
Sie griff wieder nach ihrem Collegeblock und schlug das Skriptum auf.
Der Anrufbeantworter schaltete sich bereits nach dem ersten Ton ein. Lane atmete tief durch. „Hi, Dave...wo bist du? Ich mache mir Sorgen…was am Gig passiert ist…ich wollte nur… bitte rufe mich zurück. Ich muss dringend mit dir sprechen.“ Lane legte seufzend auf. Sie hasste Anrufbeantworter. Ich habe nur Unsinn geredet. Hoffentlich schreckt ihn das nicht noch mehr ab.
Rory strich sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht und kuschelte sich an ihren Polster. Warum hatte alles so kommen müssen? Sie stellte sich diese Frage immer wieder, obwohl sie sich deren Sinnlosigkeit bewusst war. Manches sollte offensichtlich einfach nicht sein. Sie würde mit ihm sprechen, am kommenden Tage. Rorys Augen begannen erneut zu tränen. Ein weiteres Mal wünschte sie sich die Macht über Raum und Zeit.
Plötzlich vernahm sie ein leises Klopfen. „Ja?“ Es kam so leise, dass es unwahrscheinlich war, dass sie jemand gehört hatte.
Die Tür wurde vorsichtig geöffnet. Ihre Mutter betrat mit einer groÃen Tasse Kaffee den Raum. „Rory?“ Sie stellte die Tasse auf den Nachtisch ab und setzte sich zu ihrer Tochter. „Geht es dir schon ein wenig besser?“ Lorelai musterte sie besorgt.
„Ja.“ Log Rory. Die Wahrheit war, dass ihr Herz von Minute zu Minute mehr zu schmerzen schien.
„Schätzchen, ich weiÃ, es ist allein deine Sache, aber…“
„Ja, es ist ganz allein meine Sache!“ unterbrach die Jüngere sie wütend.
Lore seufzte. „Okay.“ Sie strich Rory sanft über die Wange. „Luke ist vorbei gekommen. Er hat Essen gebracht. Und ein paar Videofilme, die dich bestimmt aufheitern werden. Komm doch zu uns.“
Rory schüttelte den Kopf. „Ich möchte einfach alleine sein.“
Lore nickte und küsste ihre Tochter sanft auf die Stirn, bevor die das Zimmer verlieÃ.
„Wie geht es ihr?“ Luke musterte Lorelai nachdenklich. Sie setzte sich zu ihm auf die Wohnzimmercouch und antwortete ehrlich: „Sehr schlecht.“
„Soll ich einmal mit ihr reden?“
„Nein, das wäre wohl nicht gut.“ Lore seufzte traurig.
Luke zog sie in seine Arme und strich ihr sanft durchs Haar. „Das wird schon wieder. Sie ist stark…Ich weiÃ, du darfst es mir nicht sagen, aber ich würde gern wissen, was passiert ist.“
„Jess betrügt sie oder hat sie betrogen.“ Lore brachte es nur mühsam über die Lippen. Sie hatte dem jungen Mann, der behauptet hatte ihre Tochter zu lieben, noch eine letzte Chance gegeben, aber er hatte es gewagt Rory schon wieder zu verletzen.
„Was?“ Luke blickte seine Freundin verwirrt an. „Das ist unmöglich…“
„Sie hat ihn mit einer anderen gesehen. Wild küssend. Vor dem Diner.“
„Vor dem Diner?“ Luke schüttelte den Kopf. „Ein Mann der seine Freundin betrügt, macht das nicht an einem Ort, an dem ihn jeder sehen könnte!“
„Vielleicht ist er ja doch nicht so schlau, wie du gedacht hast. Rory hat gesehen, wie er eine andere geküsst hat. Denkst du etwa, sie hätte sich das nur ausgedacht?“ Lore funkelte ihn wütend an.
„Nein, natürlich nicht…aber es klingt überhaupt nicht nach Jess…“
„Vielleicht kennst du ihn einfach nicht so gut, wie du gedacht hast?“
„Jess liebt Rory…hat sie schon mit ihm gesprochen?“
„Nein. Wann auch?“
„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Jess so etwas tun würde. AuÃerdem hätte er die letzten Wochen nicht einmal Zeit dafür gehabt, soviel wie er gelernt hat…“
Lorelai setzte sich auf und blickte ihn Stirn runzelnd an. „Auf wessen Seite stehst du eigentlich?“
Luke seufzte. „Natürlich auf eurer. Ich meine ja nur…“
„Nein, sag jetzt bitte nichts. Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst.“
„Lorelai…“
„Luke, bitte. Wir sehen uns morgen, okay?“ Sie stand auf, er folgte ihr nur widerwillig.
„Du weiÃt, dass ich immer auf eurer Seite stehe.“
„Bis morgen.“ Lorelai gab ihm noch einen flüchtigen Kuss, bevor sie hinter ihm die Tür verschloss.
Rory strich mit dem Finger über den braunen Bilderrahmen. Sie liebte ihn so sehr. Noch nie hatte sie so für einen Mann empfunden. Sollte ihre Beziehung tatsächlich auf diese Art enden? Würde ihr derselbe Mann, der ihr so leidenschaftlich seine Liebe gestanden hatte, wirklich so groÃen Schmerz zu fügen? Vielleicht hätte sie sofort mit ihm reden müssen. Anhalten, als sie die beiden gesehen hatte und zur Rede stellen. Oder zumindest bei der Hochzeit. Sie seufzte. Warum konnte nicht alles sein wie früher? Sie dachte an die schönen Momente, welche sie mit Jess erlebt hatte. Sie wollten zusammen ziehen. Der nächste, gröÃere Schritt. Mit einem Mann zusammenleben. Sie hatte bis jetzt nur mit ihrer Mutter und ihren Studienkolleginnen zusammen gewohnt. Eine Träne tropfte auf das Bild. Jess und sie am Strand in Venice Beach. Sie seufzte erneut. Grandma hatte Recht. Aber stimmte das tatsächlich? Hatte ihre Mutter Recht? Sollte sie mit ihm sprechen? Welche Erklärungen sollte er schon haben? Rory strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. War er es wert, dass sie ihm die Chance gab, zu erklären? Nein, aber die Beziehung ist es.
Ohne sich selbst bewusst zu sein, was sie tat, griff sie nach ihrem Handy und wählte seine Nummer. Wahrscheinlich ausgeschalten. Sie seufzte.
Doch Jess hatte es nicht abgeschaltet. Rory zuckte zusammen als sie den Ton vernahm. Ihr Herz begann zu rasen. Vielleicht hat er es irgendwo vergessen. Oder auf stumm gedreht.
Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie plötzlich seine Stimme vernahm.
"Ja?“
„Jess?“ Ihre Lippen waren ganz trocken.
„Rory? Hi. Geht es dir schon besser?“
Ihre Wut stieg weiter an als sie seine gut gelaunte Stimme vernahm. „Hör mal, Jess. Ich habe keine Lust um den heiÃen Brei zu reden. Ich weiÃ, was passiert ist…und wo du bist. Mum hat gesagt, du würdest morgen Nachmittag zurück sein. Ich werde zu dir kommen. Wir müssen dringend miteinander sprechen.“ Bevor er noch die Chance hatte etwas zu erwidern, hatte sie aufgelegt.
Freu mich über FBs
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