Okay, ich habe einen neuen Teil fertig. Ich hoffe er gefällt euch.
Schwärze. Alles um Rory herum war schwarz. Sie hatte keine Ahnung wo sie war und noch weniger, warum sie an diesem Ort war. Sie wusste nicht, wo oben und unten war. Oder ob sie die Augen überhaupt geöffnet hatte. Genau genommen wusste sie gar nichts. Sie versuchte sich zu bewegen, doch ihre Glieder waren schwer wie Blei. Und ihr Kopf dröhnte. Als würden tausend Bienen darin herumschwirren. Sie versuchte den Kopf zu schütteln, um das Dröhnen zu vertreiben, aber jede Bewegung schmerzte. Und das Dröhnen hörte nicht auf. Es schien sogar noch lauter zu werden.
Doch plötzlich hörte sie über den Lärm hinweg eine Stimme.
âSie wacht auf.â
Sie kannte diese Stimme, doch aus irgendeinem Grund konnte sie sie nicht zuordnen. Langsam öffnete sie ihre Augen. Obwohl es ihr vorkam, als müsste sie ihre ganze Energie dazu aufbringen, gelang es ihr. Und sie blickte geradewegs in Jessâ besorgtes Gesicht.
âMach das nie wiederâ, sagte er leise. Und in dem Moment erkannte sie auch, dass die Stimme von vorhin auch die von Jess gewesen war.
Rory drehte ihren Kopf und erkannte, das sie an eine Mauer gelehnt dasaÃ. Jess kniete neben ihr.
Sie wollte etwas sagen, doch ihr Mund war ausgetrocknet, ihre Zunge klebte schwer am Gaumen. Sie brachte nur ein Flüstern zustande.
âWas ist passiert?â
âDu bist dort drinnen zusammengebrochenâ, mischte sich eine andere Person ein. Rory hob ihren Kopf leicht an, und erkannte Marty. Er stand hinter Jess und sie hatte ihn bisher nicht bemerkt. Neben ihm stand Angie, mit gerunzelter Stirn.
âGeht es dir gut?â, fragte Jess besorgt.
Rory drehte ihren Kopf wieder zu ihm und nickte leicht.
âSie sollte etwas trinkenâ, sagte Angie und reichte Jess eine kleine Wasserflasche, die er aufschraubte und an Rory weiterreichte. Nach ein paar Schlücken fühlte sich Rory gleich wesentlich besser.
âWir sollten dich ins Krankenhaus bringenâ, meinte Jess.
âNeinâ, entgegnete Rory, deren Stimme allmählich wieder zurückkehrte.
âRory, du bist gerade auf einem Konzert der Distillers zusammen gebrochen. Wir sollten dich wirklich zu einem Arzt bringenâ, beharrte Jess.
âEs geht mir gut, ehrlich.â
Jess runzelte die Stirn und seufzte.
âNa gut, dann lass mich dich wenigstens nach Hause bringen.â
Er hielt ihr seine Hand hin und zog sie hoch. Kaum dass sie stand, schwankte Rory schon wieder.
âIhr solltet wirklich ins Krankenhaus fahrenâ, meinte jetzt auch Marty. Jess sah Rory erwartungsvoll an, diese seufzte schlieÃlich.
âNa schön, ihr habt gewonnen. Fahren wir in ein Krankenhausâ, gab sie sich geschlagen.
Jess grinste und legte einen Arm um Rory, um sie zu stützen.
âKannst du nachher Angie nach Hause bringen?â, wandte er sich dann an Marty. Dieser nickte, bevor er mit Angie wieder in das Konzert ging und Jess Rory zum Auto führte.
Lorelai saà auf der Couch und zappte mit der Fernbedienung durch alle möglichen Kanäle. Sie wusste nicht, was sie von der ganzen Situation halten sollte. Ständig kamen da diese Momente mit Luke, ganz unerwartet, doch unbeschreiblich schön. Und schon im nächsten Moment hatte sie ein schlechtes Gewissen, oder vielmehr Unbehagen. Sie konnte sich das nicht erklären. Er war ihr Freund, ihr bester Freund. Und doch wusste sie, dass da mehr war. Nicht nur Freundschaft. Mehr so etwas wie Seelenverwandtschaft. Geborgenheit. Oder vielleicht sogar ⦠Liebe?
Konnte es tatsächlich geschehen sei, dass sie sich in Luke verliebt hatte? In Luke, ihren Kaffeemann? Oder auch in Luke, ihren besten Freund?
Nein, unmöglich. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Sie durfte sich nicht in Luke verlieben. Aber was, wenn es schon längst passiert war? Wenn ihr Herz nicht auf ihren Kopf hören wollte?
Jess saà auf einem der zahlreichen Stühle im Krankenhausflur. Er knetete seine Finger und warf immer wieder einen Blick auf die Tür vor ihm. Dort hinein war vor einer Viertelstunde Rory mit einem Arzt verschwunden.
Doch nicht die Warterei nervte ihn, sondern die Ungewissheit. Nicht zu wissen, was mit Rory los war, was ihr fehlte, machte ihn beinahe wahnsinnig.
In seinem Leben hatte er schon oft Angst gehabt. Wenn man in New York aufwächst, ist es unmöglich, nicht Angst zu haben. Ständig begegnet man Alkoholikern, Schlägern, Rauschgiftsüchtigen oder irgendwelchen Gangs, vor denen man sich fürchten muss. Und wenn man ein Junge ist wie Jess, ein Mitglied einer dieser Gangs, jede Woche eine Schlägerei, jede Woche die Flucht vor der Polizei, dann wird man erst Recht mit der Angst konfrontiert. Angst, sich etwas zu brechen, Angst vor ein Auto gestoÃen zu werden, Angst, von der Polizei in den Knast befördert zu werden, mit dem musste man in New York rechnen.
Doch noch nie hatte Jess so viel Angst wie heute. Heute hatte er eine neue Angst kennen gelernt. Eine Angst, die das Herz rasen lieÃ, die jede Nervenzelle lahm legte, die es einem unmöglich machte, einen klaren Kopf zu bewahren. Es war die Angst um einen anderen Menschen. Die Angst um Rory. Die Angst um seine groÃe Liebe.
Und in dem Moment, als ihm das klar wurde, ging die Tür auf, und Rory kam heraus, gefolgt von dem Arzt.
Jess sprang sofort auf und kam auf sie zu.
âAlles in Ordnung?â
âJa, mir geht es gut. Es war nur der Stressâ, beruhigte ihn Rory. Sie lächelte leicht, doch der besorgte Gesichtsausdruck verschwand nicht aus seinem Gesicht.
âSagen Sie ihm doch bitte, dass alles bestens istâ, bat Rory den Arzt.
âSie müssen nicht beunruhigt sein. Miss Gilmore geht es gut. Sie hat sich in der letzten Woche etwas zu viel zugemutet.â
Jess runzelte die Stirn und sah Rory fragend an.
âIch hab wohl zu viel für meine Prüfung gelerntâ, erklärte sie mit einem verlegenen Lächeln.
âJa genau, und zudem hat sie kaum etwas gegessen. Nur Koffein ist auch nicht das Wahreâ, fuhr der Arzt fort.
âAber sonst ist alles in Ordnung?â, fragte Jess noch einmal zur Sicherheit nach.
âJa, alles in Ordnung. Im Moment fühlt sie sich nur noch etwas schwach, aber spätestens morgen ist sie wieder die Alte. Trotzdem sollten Sie auf Ihre Freundin aufpassen.â
âDas werde ich, keine Sorgeâ, beteuerte Jess.
Luke wälzte sich in seinem Bett hin und her. Er konnte einfach nicht einschlafen. So sehr er sich auch bemühte, er fand keinen Schlaf. Und schuld daran war eine Frau. Kaum zu glauben, dass ihm eine Frau seinen Schlaf rauben konnte. Doch er wusste genau, dass es sich dabei nicht um irgendeine Frau handelte. Nein, ganz gewiss nicht. Lorelai war keine gewöhnliche Frau. Sie war das verrückte Wesen, das jeden Tag zu ihm ins Café schneite und ihn mit ihren Sprüchen bei Laune hielt. Sie hatten schon eine Menge zusammen durchgemacht. In den 7 Jahren, die sie sich jetzt kannten, hatten sie viel erlebt. Zahlreiche Streits, amüsante Versöhnungen, tausende Kaffeegespräche. Er hatte jede ihrer Beziehungen miterlebt und jedes Mal hatte er einen Stich in seinem Herzen gespürt, und er hatte jede ihrer Trennungen gesehen, doch auch da hatte es ihm einen Stich gegeben, da er sie einfach nicht leiden sehen konnte.
Doch plötzlich hatte sich etwas geändert. Nicole hatte sich von ihm getrennt, doch bevor sie gegangen war, hatte sie ihm das gesagt, was Rachel Jahre zuvor auch schon gesagt hatte. Lorelai war nicht nur eine Freundin für ihn. Und langsam schien auch er das zu verstehen. Langsam begriff er, dass er sich nicht länger belügen konnte. Ja, seinem Kopf konnte er vielleicht etwas vormachen, aber seinem Herzen nicht.
âDa wären wirâ, meinte Jess und stellte den Motor ab.
âDankeâ, sagte Rory leise und lächelte ihn an. Jess lächelte zurück, bevor er ausstieg, um Rory die Tür zu öffnen.
Als sie aus dem wagen stieg, wäre sie beinahe wieder umgekippt. Sie musste sich an der Autotür festhalten, solange, bis sich die Welt um sie herum nicht mehr drehte.
âAlles okay?â, fragte Jess und setzte wieder sein besorgtes Gesicht auf.
âJa ja, mir geht es gutâ, beruhigte ihn Rory.
Jess glaubte ihr zwar nicht, sagte aber nichts. Stattdessen legte er wieder einen Arm um sie und führte sie zum Haus.
âSchaffst du es von hier aus alleine?â, fragte er, als sie die Haustür erreichten.
âJa, ich denke, ich komme klar.â
Sie kramte den Schlüssal aus ihrer Tasche, steckte ihn ins Schloss und sperrte auf. Doch sie ging nicht ins Haus. Stattdessen drehte sie sich wieder zu Jess um.
âIch sollte jetzt eigentlich sagen, dass das ein schöner Abend war, aber das wäre wohl unangebracht, oder?â, sagte sie und lächelte leicht.
âJa, wahrscheinlich.â
âTrotzdemâ¦danke.â
âSchon okay.â
Rory legte ihre Hand auf die Klinke und wollte sie schon hinunter drücken, als sie es sich dann aber anders überlegte. Blitzschnell beugte sie sich nach vorne und küsste Jess.
Dieser war so überwältigt, dass er zuerst gar nicht wagte, zu reagieren. Er blieb einfach stehen, mit seinen Händen in den Hosentaschen und tat gar nichts. Doch als er sich vom ersten Schock erholt hatte, erwiderte er den Kuss. Er legte vorsichtig seine Hände um Rorys Hüften und zog sie näher an sich.
Nach einer halben Ewigkeit lösten sie sich wieder voneinander. Rory wurde leicht rot und blickte verlegen zu Boden. Jess war sich nicht ganz sicher, was das bedeutete, und tat das einzig richtige in diesem Moment. Er hielt seine Klappe.
âIchâ¦ich sollte langsam reingehenâ, sagte Rory und lächelte leicht. Jess sah sie verwirrt an, nickte aber dann.
âGute Nacht, Jess.â
âGute Nacht, Rory.â
Er wartete, bis sie im Haus verschwunden war. Dann drehte er sich um und ging langsam die Treppen der Veranda hinunter. Er war sich nicht ganz klar darüber, was gerade passiert war, aber heute würde er es nicht mehr herausfinden. Langsam ging er durch die StraÃen von Stars Hollow in Richtung Diner. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
Tritt nicht in die FuÃstapfen anderer, du hinterläÃt sonst selbst keine Spuren.
Rückkehr nach Stars Hollow, Wird er sich jemals ändern? Auf der schiefen Bahn
Kurzgeschichte:
Sometimes it's too late
Die Zeit heilt nicht alle Wunden, aber sie lehrt uns mit dem Schmerz umzugehen.