Ad Astra - Denn Blutrot scheint der Mond....

Emily Gilmore, Johnson Manison, abends

Sie liegt in der Badewanne und lässt den Tag Revue passieren. Diesen furchtbaren Tag. Es brennen wieder Tränen auf ihrem Gaumen, sie spült sie mit einem großen Schluck Rotwein hinunter.

Sie weiß, dass Richard und sie seit geraumer Zeit Probleme hatten. Sonst wäre es am Morgen nicht endgültig eskaliert.

Aber sie hätte niemals geglaubt, dass er sie betrügt. Zumal sie noch miteinander geschlafen haben, verflucht, vielleicht nicht mehr so oft wie früher, aber sie haben es getan und es war doch schön, oder etwa nicht?

Sie kann sich der Vorstellung nicht erwehren, dass Richard vielleicht direkt von Pennilyns Bett in ihres gestiegen ist oder umgekehrt. Eine Vorstellung die sie sich nur noch schlechter fühlen lässt und ihr den Magen umdreht.

Sie hat immer geglaubt, es gäbe nichts demütigenderes, als eine schwangere 16-jährige Tochter. Sie hat sich geirrt. Wie sie sich doch geirrt hat.

"Bis das der Tod uns scheidet", formen ihre Lippen, sie schnaubt und leert ihr Glas, schenkt sich erneut nach.

Ihre Eltern hatten Recht, sie hätte Richard niemals heiraten dürfen. Aber sie hat es ja nicht anders gewollt und wird jetzt wohl oder übel die Rechung dafür zahlen müssen.

Wie unglaublich dumm von ihr zu glauben, Gefühle seinen eine Basis für eine Ehe. Schwachsinn, Schwachsinn, Schwachsinn. Sie wurde nicht dazu erzogen, Gefühle zu zeigen und deshalb konnte es ja auch gar nicht gut gehen.

Trotzdem will sie ihn zurück. Sie will ihn hier haben, bei sich und alles vergessen. Vergessen. Vergessen. Vergessen. Verfluchtes Arschloch, denkt sie bitter, dieses Bild würde dir gefallen, oder? Du hast es geschafft, ich bin am Ende. Aber vermutlich interessiert es dich auch gar nicht. Vermutlich bist du viel zu sehr damit beschäftigt mit Pennilyn zu - "Nein!", schreit sie und wirft ihr Glas quer durch das Badezimmer, er zerbricht an den weißen Kacheln, feine Glasscherben schimmern in der roten Flüßigkeit. "Nein", wiederholt sie leiser und weint.

Richard Gilmore - Lott Mansion, abends

"Danke, ein Whiskey reicht erst einmal.", meint er und nickt Pennilyn zu, nimmt einen großen Schluck. Ein leichtes, nur allzu bekanntes Brennen in der Kehle. Ein Schweigen entsteht. Er weiß nicht, was er sagen soll, er hat keine Lust über seine Eheprobleme zu reden und Pennilyn wird keine Lust dazu haben, ihm zuzuhören.
Er sollte Trix anrufen, fällt es ihm ein, doch er verwirft den Gedanken wieder. Sie kommt alleine zu Recht, fühlt sich bei ihnen wie zu Hause, also wird sie auch keine Scheu haben, dem Hausmädchen Befehle zu erteilen.
Er sieht wieder auf, stellt fest, dass er sich Pennilyn gegenüber reichlich unhöflich verhält.
"Ich bin heute wohl nicht der beste Gesprächspartner.", murmelt er und lächelt sie dabei entschuldigend an. "Irgendwie war das heute einfach nicht mein Tag."
Ein Anwalt, schießt es ihm wieder durch den Kopf. Emily hatte wirklich keine Zeit verloren. Ganz tief in seinem Inneren hat er den Verdacht, dass sie es schon länger geplant hat, wie sonst sollte sie so schnell einen Anwalt finden und das an einem Samstag...
Er nimmt einen weiteren großen Schluck und als er das Glas geleert hat, ist er überzeugt davon, dass dieser Streit am Morgen kein Zufall gewesen ist, sondern dass seine Frau ihn bewusst dorthin geführt hat. Sie wollte die Trennung und sie wollte ihm und seiner Mutter die Schuld dafür geben.

Emily Gilmore, Johnson Manison, abends

Sie steigt erst aus der Wanne, als das Wasser bereits eisig kalt ist und macht sich nicht einmal die Mühe sich abzutrocknen, bevor sie in den Bademantel schlüpft. Er riecht fremd, es ist der Geruch ihres Elternhauses und nicht der ihres eigenen Hauses.

Wie sentimental du doch bist, Emily, schilt sie sich, schleicht anschließend barfuss in die Küche des Hauses und nimmt sich eine zweite Flasche Wein, entkorkt sie umständlich, bevor sie mit ihrer Beute zurück in ihr Jugendzimmer schleicht.

Angekommen füllt sie ihr leeres Glas auf, ein Schluck und ein weiterer, schließlich gibt sie dem Drang nach und zieht ihr Mobiltelefon aus ihrer Handtasche, klappt es auf.

Das Display zeigt keinerlei verpasste Anrufe an. Nichts, lediglich Leere und das Logo des Betreibers.

"Mmh", macht sie ernüchtert. Warum rufst du nicht an, Richard? Und wenn es nur wäre, um mich anzuschreien?

Gott, Emily, schreit sie sich innerlich selbst an. Wie albern willst du denn noch werden? Er hat dich betrogen, verflucht. All die Jahre. Sei froh, das du ihn los bist, sei doch einfach nur froh!

Sie kann nicht. Der Wein macht sie zu duselig und gefühlsbetont. Irgendjemand nur, starrt sie ihr Telefon an, egal wer, jemand um zu reden. Wirklich zu reden.

Aber da ist niemand. Schon lange nicht mehr.

Pennilyn Lott - Lott Mansion, abends

Sie ist ein wenig enttäuscht, dass er nichts will außer dem Whiskey, hat aber trotzdem nicht das Gefühl ihn in Ruhe lassen zu müssen. Sie setzt sich näher neben ihn, kuschelt sich ein wenig an ihn, legt dabei vorsichtig eine Hand auf seinen Bauch. Sie spürt die Wärme die von ihm ausgeht, fühlt sich unglaublich wohl, genauso wohl wie damals zu Collegezeiten.
Sie fragt sich wieder einmal, genau wie in den letzten Jahren: Wieso hatte er sie damals für Emily verlassen? Wieso? Sie hätte ihm das alles nie angetan, niemals, soviel stand fest. Emily hingegen...sie hatte sie leiden können, hatte immer das Gefühl gehabt, Emily hielt sich für etwas besseres, hatte mit der zeit alle Freunde verloren, alles was sie noch hatte waren oberflächliche Kontakte in der DAR, mehr nicht. Sie hatte einfach nie zu Richard gepasst, er war immer freundlich gewesen, nicht so wie Emily. Pennilyn hingegen....
"Es ist schön das du da bist Richard..."

Emily Gilmore, Johnson Manison, abends

Sie lässt sich müde zurück in die Kissen fallen und starrt an die Decke, während sie versucht nicht allzu rührselig zu werden oder gar in alten Erinnerungen zu schwelgen. Erinnerungen. Die guten, alten Zeiten. Der erste Kuss. Der erste Tanz. Die Verlobung, die Heirat. Das erste "Ich liebe dich". Das erste von Richard und das erste Mal, dass sie diese Worte überhaupt in ihrem Leben gehört hat. Niemals wird sie vergessen, wie es sich angefühlt hat, fremd und vertraut zugleich. Es hat sie verlegen gemacht. Es hat sie glücklich gemacht. Richard hat sie glücklich gemacht.

Er hat dich enttäuscht, zwingt sie sich auch daran zu erinnern. Die ständige Arbeit, Konferenzen und Geschäftsreisen. Hättest du ihn nicht ständig vermisst, dann wäre eure Ehe vermutlich niemals so lange gut gegangen. Nein, Emily, richtig glücklich warst du nur selten, also bilde es dir jetzt nicht ein.

Einen Großteil deiner Zeit hast du ohnehin ohne Richard verbracht, völlig neu wird dein Leben also nicht werden. Alles was fehlt, wird jemand sein, der nachts neben dir liegt. Und auch daran wirst du dich gewöhnen.

Emily richtet sich wieder auf, trinkt ein weiteres Glas Rotwein, leert die Flasche in Rekordgeschwindigkeit. Vielleicht würde sie es nicht zugeben, aber ohne die ebenso tröstende wie betäubende Wirkung des Alkohols hätte sie in dieser Nacht vermutlich kein Auge zugemacht. Zumal das Telefon sie mit höhnischer Stille straft.

Richard Gilmore - Lott Mansion, abends

Er ist froh, dass er in Pennilyn eine so gute Freundin hat. Sie kennen sich nun schon beinahe ein halbes Jahrhundert, eine Zeitspanne, die definitiv verbindet. Natürlich hatten sie ihre Probleme, nach ihrer Trennung war ihre Beziehung nicht gerade freundschaftlich gewesen, aber mit der Zeit hat sich auch das wieder beruhigt und sie haben es geschafft, wieder normal miteinander zu reden, sind sogar wieder richtig gute Freunde geworden.
Er ist erleichtert über die Tatsache, dass er in Pennilyns Gegenwart so unbeschwert atmen kann. Ihre Ausstrahlung und ihr gutes Gemüt werfen sie, in ein für ihn, positives Licht, fast göttlich, um nicht zu sagen heilig, dass er es kaum wagt an gemeinsame, sexuelle Gelüste, zu denken. Und doch kann er sich nicht erwehren, ihre Nähe und Berührungen lösen genau das bei ihm aus. Damals, es scheint so unendlich lange her und doch sieht er es noch ganz deutlich vor sich, fühlt beinahe wieder das Begehren. Doch es ist weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt um solchen Gefühlen nachzugeben, so wendet er den Blick wieder von ihr ab, sieht sich im Wohnzimmer um. Er kann sich nicht vorstellen, dass Pennilyn so leben kann, es passt einfach nicht zu ihr. Unfreundlich und kalt, eigentlich kann nur Stephen das Zimmer eingerichtet haben, ihre Ideen waren das bestimmt nicht. Sie war immer ein eher verspielter Typ gewesen, hat sich für die all die schönen Dinge des Lebens interessiert, das hier hingegen scheint die Frau zu verspotten, in die er sich damals verliebt hat.
Ihre Stimme dringt an sein Ohr, sie freut sich, dass er bei ihr ist. Es klingt ehrlich, was sie sagt und auch er muss zugeben, dass er froh darüber ist, bei ihr sein zu können.
“Ich danke dir, dass ich heute bei dir sein darf, ich weiß nicht, was ich sonst machen würde.”
Während er diese Worte sagt, wird ihm bewusst, dass er es wirklich nicht weiß. Nach Hause wäre er auf keinen Fall gefahren, ein Gespräch mit Trix, ihre Verurteilungen, nein, das brauchte er jetzt nicht.
Doch wohin sonst? Mit den Menschen, die er Freunde nannte, wollte er nicht gerade seine privaten Probleme diskutieren und es würde sie auch gar nicht interessieren.
Also blieb eigentlich nur noch eine nette kleine Bar, wo er seinen Kummer in Alkohol ertränken konnte, doch Alkohol hatte er am Vorabend wahrlich genug gehabt. Nein, es war gut, dass er Pennilyn hatte, dass sie für ihn da war. Bei ihr brauchte er sich nicht zu verstellen, sich nicht für das zu schämen, was zwischen ihm und Emily geschehen ist.
“Lynnie, ich danke dir wirklich für alles. Du bist etwas ganz Besonderes.”

Pennilyn Lott - Lott Mansion, abends

Eine Weile sitzen sie Schweigend auf dem Sofa, hängen beide ihren Gedanken nach. Sie ist glücklich ihn bei sich zu haben, lehnt sich ein wenig zu ihm rüber, wartet auf seine Reaktion. Er reagiert nicht, sieht sie nur an. Sie rutscht noch ein wenig zu ihm, legt ihre Hand auf sein Bein.
"Wollen wir bald schlafen gehen Richard? Es war ein langer Tag..." Sie lächelt ihn an, hofft das er darauf eingeht. Sie will bald zu Bett gehen, neben Richard liegen und seine Wärme fühlen, dass hatte ihr in den letzten Jahren so furchtbar gefehlt.

Richard Gilmore - Lott Mansion, abends

Ins Bett gehen... Pennilyn denkt doch nicht etwa, nein, das ist unmöglich. Oder doch nicht?
Er ist ein wenig verunsichert, weiß nicht so recht, was er sagen soll. Sicherlich meint sie es nicht so, wie es geklungen hat. Nein, Pennilyn ist verheiratet und er ist es auch. Zumindest noch. Doch andererseits, die Küsse im Fahrstuhl, diese Blicke...
Er atmet tief durch. "Du gehst schlafen, Lynnie und ich fahre nach Hause. Danke für den netten Nachmittag." Das Zusammentreffen mit Emily fällt ihm wieder ein. "Nunja, vielleicht ist nett nicht das richtige Wort. Jedenfalls danke."

Pennilyn Lott - Lott Mansion, abends

Sie ist einen kurzen Moment enttäuscht, dann kommt ihr eine Idee. "Richard, du hast etwas getrunken, du kannst unmöglich noch nach Hause fahren." Sie will nicht das er noch Auto fährt, einerseits macht sie sich Sorgen um ihn, andererseits will sie, dass er bei ihr bleibt. "Bleib bitte hier Richard.." Sie sieht ihn mit einem flehenden Blick an, lässt ihre Hand weiter auf seinem Bein.

Richard Gilmore - Lott Mansion, abends

Irgendwie ist der Gedanke verlockend, bei ihr zu bleiben, aber er hat das Gefühl, dass er sich nicht beherrschen könnte. Und sie scheint auch nicht abgeneigt zu sein.
Nein, wenn er hier bleiben würde, würde bestimmt etwas geschehen, was nicht richtig ist.
"Pennilyn, du weißt doch, dass es nicht geht. Ich muss nach Hause. Ich kann doch nicht einfach so bei dir übernachten, was würden die Leute denken, wenn die ganze Nacht ein fremdes Auto in deiner Einfahrt steht. Außerdem ist doch meine Mutter bei uns zu Besuch..."
'Bei uns.', schießt es ihm durch den Kopf. Es gibt dieses 'uns' nicht mehr. Emily hat es einfach so weggeworfen, aus einer Laune heraus.
Er lächelt Pennilyn entschuldigend an, hofft, dass sie seine Einwände verstehen und akzeptieren wird.


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