Handlungszeit - In Staffel 6
Spoiler - Ja (Staffel 6)
The thing about destiny...
Es gibt immer Punkte im Leben an denen man gerne die Zeit zurückdrehen würde.
In dem Moment in dem sie geschehen oder selbst Jahre später noch.
Heute war ein Tag an dem dieser Wunsch in mir wieder einmal wuchs, drohte mich zu zerreiÃen. Jede Faser meiner Muskeln auseinander zu ziehen, jede Sehne in mir in Fransen zu zerfleddern, mein Herz zu bersten bis nichts mehr übrig blieb.
Er schüttelte den Kopf und gab ein leises
„Nein Danke“ von sich, als das Dienstmädchen ihm die Platte mit bestem Lammbraten hinhielt, dabei hob er noch nicht mal den Blick. Seine ganze Aufmerksamkeit galt seinem Teller und dem schleppenden Gespräch das um ihn herum stattfand, an dem er aber keinen Anteil nahm.
„Es ist also alles bereit für den groÃen Tag?“ Die aufdringliche Stimme der rothaarigen Frau neben ihm, jagte ihm wie jedes Mal wenn sie das Wort ergriff einen kalten Schauer über den Rücken.
Er hörte Gabeln die auf Teller stieÃen, Gläser die an Teller stieÃen, aber niemand antwortete auf die Frage.
Er konnte nicht sehen das der Mann und die Frau, die gegenüber von ihm saÃen bereits genickt hatten, er starrte immer noch auf seinen Teller.
Er war nicht der Typ der sich klein hielt, der es scheute den Blicken anderer Menschen zu begegnen, aber das hier war anders.
Sie saà neben ihm und würde er den Blick heben, würde er sie sehen.
Allein das Gefühl in ihrer Nähe zu sein, brachte ihn fast um den Verstand.
Er liebte sie nicht mehr. Konnte sie nicht mehr lieben, zu viel Zeit war vergangen. Zu sehr hatten sie beide sich verändert.
Trotzdem machte es ihn Wahnsinnig. Er wusste das er ihr etwas schuldete, er wollte es ihr zurück geben, aber diesmal war es nicht an ihm den ersten Schritt zumachen.
„Bis auf die Blumen, das Essen und den Kuchen ist schon alles da“, ergänzte die Frau ihm gegenüber ihr vorrausgegangenes Nicken.
Den ganzen Abend über war noch nicht viel gesprochen worden. Eine Spannung lag über der kleinen Gesellschaft, die selbst ihm nicht entging.
Er war nicht der Grund dafür. Nicht der Einzige.
Die letzten Monate hatten diese Familie durch viele Höhen und Tiefen gehen lassen, höhere Höhen und tiefere Tiefen als je zuvor.
Menschen die sich seit Jahren liebten wurden vereint. Menschen die sich alles bedeuteten zerrissen ihre Bande. Menschen die immer ein gemischtes Verhältnis hatten, waren kurz davor gewesen einen der Menschen zu verlieren, der ihnen am wichtigsten gewesen ist.
Erst in den letzten Wochen hatte es begonnen sich zu normalisieren.
Seine Anwesenheit war nur ein kleiner nach Geschmack der Höhen.
Er hatte im letzten Jahr nie daran gedacht zurück zukehren, aber er war hier, weil er darum gebeten wurde, weil es nicht nur eine Person gab der er etwas schuldete.
Er stocherte etwas missmutig in seinen Erbsen herum, schob sie von einer Seite des Tellers auf die andere und hoffte das der Hauptgang bald beendet werden würde.
Er verabschiedete sich wie alle andren von den Gastgebern.
Er sah ihr nach wie sie durch die Hintertür hinausging, über die Terrasse und die Tür zu dem Ort öffnete die sie jetzt ihr Zuhause nannte, erst dann folgte er den Beiden andren durch das Foyer nach drauÃen.
Die groÃe Holztür hinter ihm, würde fast Augenblicklich geschlossen als er über die Schwelle trat.
Er sah seinen Onkel und dessen Verlobte, wie sie langsam zu ihrem Jeep gingen der etwas weiter unterhalb in der Auffahrt stand.
Er sah sie, aber er merkte nicht wie sein Onkel sich umdrehte und ihn misstrauisch beäugte. „Kommst du?“
Die Frage riss ihn aus seinen Gedanken, unsicher zuckte er mit den Schultern.
„Ich komme nach“ rief er schlieÃlich und deutete auf seinen Wagen der auf halber Trecke zwischen dem Jeep und der Villa stand.
Ihm war bewusst das keinem wohl bei dem Gedanken war ihn hier zurück zulassen.
Er könnte alles versauen, so wie er es immer getan hatte.
Er wartete geduldig, bis das Pärchen im inneren des Jeeps verschwunden war und der Wagen sich in Bewegung besetzt hatte. Vorsichtig bahnte er sich seinen Weg an der Seite des Hauses vorbei in den Garten.
Er brauchte einen kurzen Moment um sich zu orientieren. Im Vergleich zum Haus selbst, war der Garten klein, aber durch die Mauern rundherum war er in totale Finsternis gehüllt und es war schwer genug einen Fuà vor den anderen zusetzen ohne zu stolpern oder ein einer Kante hängen zu bleiben, aber noch schwerer war es den Weg zum Poolhouse zu finden.
Er machte ein paar Schritte vorwärts, erst undeutlich dann etwas deutlicher, nahm er einen leichten weià orangenen Schimmer wahr.
Endlich hatte er einen Anhaltspunkt.
Zielstrebig ging er auf das Fenster zu, durch das der Lichtschein nach drauÃen drang.
Er hielt sich im Schatten, während er den weitläufigen Raum auf der anderen Seite des Fensters beobachtete.
Nur in einer Ecke brannte eine Stehlampe, sie spendete nicht viel Licht, gerade genug um es sich in einem Sessel direkt daneben gemütlich zumachen und die Nase in ein Buch zustecken.
Genau das tat sie. Sie hatte die Beine angezogen und den Kopf gesenkt. Er sah deutlich wie sie immer wieder den Kopf einen kleines Stück bewegte, wenn sie von einer Zeile in die nächste sprang.
Wenn er an das letzte Mal dachte, als er sie gesehen, als er sie besucht hatte, konnte er nicht anders als zu schmunzeln. Der Wahnsinn hatte ihn gepackt, hatte seine Gehirnwindungen geknickt und verknoten, nichts war so geschehen wie er es eigentlich gewollt hatte.
Aber jetzt würde es anders laufen, es musste anders laufen, er war ein anderer, seine Absichten waren andere.
Er wollte nichts von ihr, wollte nur mit ihr reden. Das Eisbrechen, bei Null anfangen, die Vergangenheit vergangen sein lassen.
Er löste sein Augenmerk von ihr. Entschlossen folgte er dem Steinweg zur anderen Seite des kleinen Gebäudes.
Ohne eine Sekunde des Zögerns, ohne eine Sekunde des Zweifels, klopfte er gegen den Rahmen der groÃen Glastür.
Sie blieb wie erstarrt stehen, als die Person vor der Tür erkannte.
Sie hatte nicht damit gerechnet ihn noch mal wieder zusehen, zumindest nicht heute und nicht in den nächsten Tagen.
„Lässt du mich rein?“
Seine Stimme klang hohl in Ohren, fast unnatürlich.
In Zeitlupe bewegte sie sich zur Tür und drehte den Knauf. Alles verlief in Zeitlupe. „Was willst du noch hier“, fragte sie schroff, als er direkt vor ihr stand, nur wenige Zentimeter trennten sie voneinander.
Er zuckte gleichgültig mit den Schultern „Mit der reden“, brachte er mühsam hervor.
„Jess...“ Ihre Worte waren nur ein leises flehen „.. Bitte...“
„Keine Angst.“ Er hob verteidigend die Hände „Ich will dich nicht entführen.“
„Witzig!“ Er sah den Sarkasmus in ihren Augen und nicht zum ersten Mal an diesem Abend, fragte er sich was von seiner Rory noch übrig geblieben war.
Immer wenn er an sie Gedacht hatte war sie Rory gewesen, seine Rory, vernarrt in Bücher, etwas Naiv in machen Dingen, geliebt von allen. Was er jetzt sah war eine neue Rory. Eine Rory die während Hochzeiten in Hinterzimmern mit einem Kerl rummachte, eine Rory die Yale hinschmiss, eine Yacht stahl und sich mit ihrer Mutter verkrachte. Eine Rory die erst das zusammenwirken von ihrem zukünftigen Stiefvater, ihrer besten Freundin und der besten Freundin ihrer Mutter dazu brachte wieder mit dieser zu sprechen. Nicht das der Streit einseitig gewesen war, aber Rory hatte sich durch aus als Härter erwiesen als ihre Mutter.
„Was willst du wirklich?“ Rory riss ihn unsanft aus seinen Gedanken, nachdem sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte.
Jess seufzte. Er war sich gar nicht sicher darüber was er eigentlich wollte. Noch vor einer Stunde hatte er sich geschworen nicht den ersten Schritt zumachen und trotzdem stand er jetzt hier. Vor ein, fast zwei, Jahren, hatte er sich geschworenen nie wieder nach Stars Hollow zu kommen, sie nie wieder zu sehen und trotzdem war er jetzt hier. „Was ist passiert?“, schoss es aus ihm heraus. Ihm war sich nicht im geringsten klar darüber, woher die Frage kam, aber sie war da und wartete darauf beantwortet zu werden.
„Wie bitte?“ Rorys Gesichts Ausdruck wechselte von kühler Distanz zu blanker Verwirrtheit.
„Was ist passiert“, wiederholte er ruhig „Mit dir. Mit deinen Träumen. Wohin ist die Christiane Amapour in dir verschwunden?“
„Ich wüsste nicht, warum dich das etwas angehen sollte“, erwiderte Rory schnippisch. Mit vor der Brust verschränkten Armen, starrte sie ihn an. Unfähig wirklich auf die Frage zu reagieren. Zu realisieren das er sich an etwas erinnerte, dass sie schon längst vergessen geglaubt hatte.
„Komm schon, Rory!“
Rory schaute, sich sichtlich unwohl fühlend, von einer Seite zur andern. Es lag nicht an ihm das sie sich unwohl fühlte, das tat es nie. Aber irgendwie, aus irgendwelchen Gründen, merkte sie das seine Fragen ihr neu gewonnenes Weltbild ins Schwanken bringen würden, wenn sie darauf einging. Sie wusste es und sie wollte das es so kam. Aber sie konnte es nicht zulassen, sie wollte nicht zulassen, dass er der Grund war aus dem sie alles Ãberdachte.
„Es geht dich nichts an!“ Ihre Stimme zitterte fast unmerklich, aber er bemerkte es.
„Du hast recht. Das tut es nicht. Aber deine Mum geht es etwas an und selbst der sagst du es nicht!“ „Wir reden wieder“, verteidigte Rory sich trotzig.
„Aber nicht über die Dinge, um die es wirklich geht.“
Rory schnaubte verächtlich „Und du weiÃt das natürlich? Du, der immer mit allen über alles geredet hat. Du weiÃt es.“
Jess zuckte mit den Schulter „Mittlerweile.“ „Tatsächlich“, hakte Rory sarkastisch nach. „Tatsächlich!“
Sie musste ihn nur ansehen, um zu erkennen das er es ernst meinte.
Warum sollte er auch hier sein, wenn er sich nicht geändert hatte? Wenn er immer noch schwieg, obwohl reden alles einfacher machen könnte?
Rory schüttelte den Kopf. Es tat weh. Erkenntnis tat weh.
„Bitte, geh wieder!“ Ihre Hand wanderte langsam zum Türknauf.
Jess nickte nur.
Er ging langsam an Rory vorbei und trat hinaus, ohne sich um zusehen ging er den Weg entlang den er gekommen war.
„Kannst du es mir erklären?“
Jess blieb an der Ecke stehen und drehte sich um. Rory stand in der Tür, hilfesuchend fing sie seinen Blick ein.
Er wusste was sie wollte. Eine Erklärung für alles. Keine Erklärung nur für das letzte Jahr, eine Erklärung für alles. Eine Erklärung dafür, warum er in Stars Hollow aufgetaucht war, warum sie ihn geküsst hatte, warum sie mit Dean zusammen war, warum sie sich für Yale und nicht für Harvard entschieden hatte, warum er gegangen war, warum er zurück gekommen ist, warum er sie gebeten hat mit ihr zukommen, warum sie abgelehnt hatte, warum sie sich neu verliebt hatte, warum ein einziger Mann ihre Träume wie Seifenblasen zerschlagen konnte, warum sie eine Yacht gestohlen hatte, warum sie eine Nacht im Knast verbrachte, warum sie sich mit ihrer Mutter zerstritt, warum sie Mitglied der Daughters of the American Revolution wurde, warum sie bei ihren GroÃeltern lebte... warum... warum... warum.
Jess erwiderte ihren Blick. Ein schiefes Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus. Leise, gerade laut genug das sie ihn hörte, flüsterte er „Schicksal!“
Ein Wort, ein einfaches, allein Menschen bekanntes Wort. Er wartete nicht darauf das sie etwas erwiderte. Zügig, ohne sich umzusehen, drehte er sich um und verschwand im Dunkel des Gartens.
“The thing about destiny...
is it never ever makes mistakes”
Distillers - Seneca Falls
Ende