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Sorry, dass ich erst jetzt weiterschreibe, aber bei uns hats am Freitag Morgen tierisch gewittert und fast das gesamte Dorf hatte hinterher kein Telefon mehr. Bei uns war dann auch noch der Verteilerkasten für den ISDN-Anschluss im Eimer und der Techniker hatte erst heute das Ersatzteil.
:dance: Somit juhu, ich kann endlich wieder ins Internet. Gleich mit dem neuen Teil im Gepäck. Diesmal Lava gewidmet, die ich hier ganz lieb begrüÃen darf und mich über ihr FB sehr gefreut habe.
LG Emerson Rose
PS: Ich weià zwar nicht, ob ne Taschentuchwarnung angebracht ist, aber ich war nach dem Schreiben ziemlich deprimiert.:heul:
Teil 13
Flashback
03. Mai 1983. Trotz der Jahreszeit ist es ein kalter, regnerischer Tag. Als wüsste die Sonne ganz genau, was geschehen ist, versteckt sie sich hinter dicken Wolken.
Anthony ist schon früh auf den Beinen. Seit dem Unfall seiner Frau fünf Tage zuvor, hat er keine Nacht mehr durchgeschlafen. Tagsüber funktioniert er wie ein Roboter, bringt die Kinder zur Schule, kümmert sich um die Vorbereitungen für das Begräbnis und tut alles, um sich abzulenken.
Die Nächte sind das Schlimmste. Stundenlang geht er durch die stillen Räume, sobald Nicholas und die Zwillinge schlafen. Wenn sie denn schlafen. Denn auch an den Kindern ist der Tod von Jillien nicht spurlos vorüber gegangen.
Anthony zermartert sich das Hirn. Die Vergangenheit lässt ihn nicht los, obwohl sie aus jetziger Sicht besonders schmerzhaft ist. Gleichzeitig hat er Angst vor der Zukunft als allein erziehender Vater, die ihm fast die Kehle zuschnürt. Das für ihn so leere Haus, ist auf einmal fremd, dass es für ihn unmöglich ist, länger hier zu wohnen.
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An diesem Morgen vor der Beerdigung ist alles geregelt. Bis auf weiteres hat Anthony unbezahlten Urlaub genommen, die Kinder in der Schule für den Rest des Sommerhalbjahres entschuldigt und Koffer für die Reise nach England gepackt. Die Tickets für den Flug nach Bath legt er auf die kleine Kommode in der Mansarde ab, ehe er Nick, Alyson und Sarah weckt.
Den Mädchen ist anzusehen, dass sie geweint haben, während Nick nur einsilbig, fast verstockt auf die Fragen seines Vaters reagiert. Wenn er überhaupt antwortet.
Das fängt bei einfachen Dingen, wie dem Aussuchen des Frühstücks an und hört bei der Aufforderung, sich für den Tag an zuziehen, noch lange nicht auf. Zu allen Dingen hat Nick eine andere oder gar keine Meinung. Eine zermürbende Zeit für Vater und Sohn und ein Grund mehr für Anthony, das Land für eine bestimmte Zeit zu verlassen.
Jetzt wo Jillien nicht mehr da ist, verflucht er sich selbst, in den vergangenen Jahren nicht genug für seine Kinder da gewesen zu sein.
âWürdet ihr euch bitte umziehen?â Das Frühstück ist beendet, obwohl jeder nur eine Kleinigkeit runtergewürgt hat. Hunger hat derzeit niemand.
Sarah und Alyson gehen sogleich nach oben in ihr Zimmer, wo die Anziehsachen für die bevorstehende Beerdigung bereit liegen. Nick derweil drückt sich immer noch in der Küche herum. Er spielt mit einem Löffel auf der Arbeitsplatte Schlagzeug und verliert sich beim Blick aus dem Fenster.
Während Anthony abwäscht, ignoriert er die Tatsache, dass sein Sohn nicht das tut, was er sollte. Als er sich jedoch eine viertel Stunde später immer noch nicht vom Fleck bewegt hat, fasst er seinen Sohn sanft bei den Schultern und will ihn Richtung Treppe dirigieren. Doch Nick reiÃt sich los. Seine Augen blitzen vor Zorn und seine Unterlippe bebt.
âWarum hast du Mom sterben lassen. Wieso konntest du ihr nicht helfen. Weshalb musste sie gehen?â Wie Gewehrkugeln fliegen die Fragen um Tonys Ohren, während er versucht Nick fest zuhalten, der jetzt um sich schlägt. Bis er schlieÃlich weinend in den Armen seines Vaters zusammenbricht.
âWarum, warum.â Unentwegt wiederholt Nick diese Frage, während heiÃe Tränen seine Wangen benetzen und salzige Spuren hinterlassen.
Anthony versucht stark zu sein, obwohl ihn die Trauer fast zerreiÃt.
âDas weià Gott allein.â Versucht er Nick zu beruhigen, wohl wissend dass es kein Trost für den Neunjährigen ist. In diesem Moment sind sich Vater und Sohn nah wie selten zuvor. Durch seine Doktorantenzeit kamen die Kinder oft zu kurz und jetzt heiÃt es plötzlich, mit Dad klar kommen. Es gibt einfach keine andere Möglichkeit.
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Später gehen Anthony und Nick nach oben. Sarah und Alyson sind schon umgezogen und stehen jetzt erwartungsvoll vor ihrem Dad. Zwei französische Zöpfe müssen geflochten werden. Eine Herausforderung um die Anthony vorläufig drum rum kommt. Michael Bishop und seine Frau Janine betreten in diesem Moment das Haus. Die junge Frau nimmt sich den Zwillingen an, während Michael und Tony letzte Vorbereitungen für die Andacht besprechen.
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Dann wird es Zeit für den wohl schwersten Gang. Michael fährt Anthony und die Kinder zum Westfieldfriedhof. Dort wartet bereits der Pfarrer der Kirchengemeinde auf sie. Nach und nach treffen Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen ein. Menschen die Jillien gekannt und gemocht haben und ihr jetzt die letzte Ehre erweisen.
Da es immer noch regnet hat Pfarrer Jensen in der Kapelle alles vorbereitet und hält dort seine Rede.
Anthony sitzt in der ersten Reihe. Nick neben sich, die Zwillinge auf dem Schoss. Seine Gedanken sind während der Zeremonie ganz weit weg in der Vergangenheit. Zurück zu der Zeit, als Jillien und er sich in England kennen lernten und ineinander verliebten. Damals glaubten sie, die ganze Welt würde ihnen offen stehen. Alles wäre machbar. Und jetzt, nur zwölf Jahre später, steht er vor dem Grab seiner Frau und damit vor dem Ende seiner Ehe.
Während der Sarg langsam in die dunkle Erde hinab gelassen wird und der Regen sich in Anthonys Gesicht mit den Tränen vermischt, gehen ihm die absurdesten Ãberlegungen durch den Kopf. Jillien war ein Sonnenmensch. Sie hasste die Dunkelheit. Und doch wird sie jetzt in der dunklen Erde verscharrt. Was für eine Ironie des Schicksals.
Zu gern würde er ihr das Licht wiederschenken, sehen wie sie den Frühling und Sommer in New England liebt. Aber es gibt kein Zurück. Die dunkle Holztruhe ist endgültig verschwunden und wird jetzt mit Erde bedeckt. Das klatschende Geräusch durchbricht die Stille.
Am liebsten würde Anthony schreien, dass sie das doch nicht so einfach tun können, seine Jillien Licht und Luft zum leben braucht. Doch es dringt kein Ton an die Ãffentlichkeit. Menschen, wahrscheinlich Kollegen von Jillien, treten an ihn heran, sprechen ihm sein Beileid aus. Für ihn ist es nur eine unwirkliche Masse von Leuten, die er kaum kennt und ihm kein Trost ist.
Zwei kleine Hände, die sich links und rechts in seine schieben, bringen Anthony zurück in die Gegenwart. Aus groÃen, ängstlichen Augen schauen Alyson und Sarah zu ihrem Daddy hoch. Begreifen selbst kaum, was in den vergangenen Minuten geschehen ist, und suchen jetzt Sicherheit bei ihrem Vater. Nick steht daneben und versucht tapfer zu sein. Ohne Erfolg. Dicke Tränen laufen ihm übers Gesicht, die er trotzig mit dem Handrücken weg wischt.
Janine Bishop bringt die Kinder schlieÃlich schon mal zum Auto, während Tony allein zurück bleibt. Er kann und will sich einfach nicht trennen von Jillien. Denn wenn er jetzt geht, wird es für eine sehr lange Zeit sein. Eine Zeit, vor der er sich mehr alles andere fürchtet.
Seine Seele schreit lauthals nein, er kann seine geliebte Frau nicht hier zurück lassen, aber sein Körper gehorcht einem anderen Instinkt und verlässt langsam die Grabstätte unter der groÃen alten Eiche.
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Die anschlieÃende Andacht haben Marcus Parker und Michael Bishop organisiert. Es ist das mindeste, was sie für ihre beste Freundin noch tun können. Von der Clique um Jillien, Michael und Alexandra ist nur noch Mike übrig geblieben.
Marcus weià dadurch nur zu genau wie Tony sich jetzt fühlt. Nach dem Tod von Alexandra zwei Jahre zuvor lebt er mit seiner Tochter Anny zurückgezogen an der Ausfallstrasse, die zum Haus der Hemmingwells hinauf führt.
Anthony geht gedankenverloren durch die Zimmer, die so viele Jahre ihr gemeinsames Zuhause waren und jetzt so unwirklich erscheinen. Langsam verschwindet die Erinnerung an Jillien aus diesen Räumen. Der Duft nach Rosen und ihrem Lieblingsparfum verblasst und macht Platz für eine Einsamkeit, die Anthony erschaudern lässt. Sein Herz zerspringt in diesem Augenblick in tausend Teile und lässt einen gebrochenen Mann zurück.
Freunde und Bekannte stehen in Grüppchen beieinander, essen eine Kleinigkeit und unterhalten sich leise.
Hier und da nimmt er Beileidsbekundungen entgegen und ist mit seinen Gedanken doch nicht bei der Sache. Irgendwann hat er das groÃe Terrassenfenster erreicht und schaut in den Regen raus, der schon den ganzen Tag andauert.
Warum weint der Himmel? denkt Tony und blickt hoch zu den Wolken. Er hat doch einen seiner geliebten Engel wieder. Darüber sollte er nicht weinen, sondern fröhlich sein. Aber das Wetter spiegelt seine derzeitige Stimmung wieder. Kalt, leer und unglücklich.
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Später an diesem Abend wundert sich Anthony, dass er auch diesen Tag überstanden hat. Genau wie die vergangenen Tage seit dem Unfall.
Nick und die Zwillinge schlafen inzwischen und er hat sich ins Wohnzimmer gesetzt und lässt seinen Blick schweifen.
Die StraÃenlaterne wirft ein diffuses Licht auf die Möbel im Raum. Alles wirkt unrealistisch. Ab und zu knarrt eine Diele während im Kamin die letzten Holzscheite verglühen. Sie spiegeln sich im fast leeren Wiskeyglas wider, das auf dem Wohnzimmertisch steht.
Lange hat er keinen Alkohol mehr angerührt, aber derzeit betäubt es, zumindest zeitweise, den Schmerz, der ihn bald aufzufressen droht. Dabei sollte er stark sein. Stark für seine Kinder. Aber die Angst wird mit jeder Minute gröÃer und beherrscht langsam seine Gedanken. Wie viel Schmerz kann ein Mensch ertragen, bevor es zum äuÃersten kommt. Wann ist kein Ausweg mehr in Sicht.
Mit diesen Ãberlegungen fällt er in einen erschöpften und unruhigen Schlaf.
Flashback Ende