...
Enttäuscht lasse ich mich auf das Sofa fallen. Ich hatte mir mehr von diesem Tag erwartet. Etwas mehr. Im Präsidium vertrösteten sie mich nur, sagten, sie würden sehen, was sich tun lässt. Ich hätte den dicken Polizisten mit der Schachtel Donuts am liebsten gegen das Schienbein getreten. Doch meine gute Erziehung verbot es mir, und dafür war ich Mum im Nachhinein sehr dankbar. Und dann das mit Jess. Was ist nur los mit ihm? Warum war er so komisch? Ich hatte tatsächlich Angst, als ich in seinem Wagen saÃ. Was ist nur los? Wo war er, und was hat ihn so erschreckt? Er war in Panik, richtig aufgelöst. Wäre er ein Mädchen, er hätte vermutlich hysterisch herum geschrieen.
Ich setze mich auf und sehe aus dem Fenster. Ich sehe, wie er aus dem Haus kommt. Ich höre ein leises Murmeln, und ich weiÃ, er flucht vor sich hin. Er geht zu seinem Wagen und tritt einige Male gegen die Radkappe des linken Vorderreifens.
ScheiÃe! Höre ich ihn schreien. Aaaarghhh! Er tritt ein letztes Mal gegen den Reifen, rauft sich die Haare und öffnet die hintere Autotür. Dann holt er eine Jacke heraus und trägt sie vorsichtig, als wäre etwas darin gewickelt, zu seiner Haustür. Auf dem Weg dorthin tritt er noch wütend einen Stein weg, dann verschwindet er im Treppenhaus. Kaum fünf Minuten später sehe ich ihn wieder. Durch sein Fenster. Sully, die den ganzen Tag alleine war, springt aufgeregt an ihm hoch. Doch zu meiner Verwunderung, schiebt er sie ungeduldig zur Seite und wirft die Jacke mit dem Inhalt auf das Sofa. Dann erst bückt er sich und streichelt die junge Hündin. Ich beiÃe mir auf die Lippe. Ich hasse es, sauer auf ihn zu sein.
Ich wende mich ab. Ich kann es nicht ertragen ihn zu sehen, und dennoch sauer auf ihn zu sein. Es ist unerträglich. Ich denke an Claire, die bei Mum ist und überlege, sie abzuholen. So kann ich mit Mum sprechen. Ich gehe zur Tür, greife den Schlüssel von der Kommode und ziehe die Tür hinter mir zu. Als ich unten ankomme, sehe ich wie Jess zusammen mit Sully gerade um die Ecke in Richtung Diner verschwindet. Es ist spät, er holt sicher Luke ab um auf dem nach Hause weg mit ihm zu reden. Das tut er gerne. Ich seufze und mache mich auf den Weg ins Gilmore-Haus.
Hallo? Rufe ich laut. Ist wer zu Hause? Mum? Rufe ich laut und sehe überall nach. Bis ich zur Hintertür gehe. Mum spielt mit Claire im Garten. Sie spielen „Bäumchen pflanzen“. Als Claire mich sieht, kommt sie mir mit erdigen Händen entgegen.
Hallo, mein Schatz! Na, hast du dich gut ausgetobt? Frage ich und nehme sie auf den Arm. Mum! Seit wann arbeitest du im Garten? Frage ich erstaunt, als ich Mum entdecke, die einige Meter weiter das Loch um einen gerischen Baum schlieÃt.
Sie sieht auf und lässt den Baum sofort Baum sein. Hey, Kleines. Wir waren in einer Gärtnerei. Da hat sich Claire ein Paar Pflanzen ausgesucht, und die haben wir grade gepflanzt. Sie ist eine richtige kleine Fee. Und noch dazu mit einem grünen Daumen, sie lacht und sieht ihre Enkelin liebevoll an.
Oh, Claire kann keinen grünen Daumen haben, sage ich bestimmt.
Warum denn nicht? Fragt sie verwundert.
Nun ja... ich interessiere mich nicht sonderlich für Pflanzen, und Logan... der ist mittlerweile so weit, dass er alles todtrampeln würde, was ihm über den Weg wächst. Ausgeschlossen, sie kann gar keinen grünen Daumen haben! Gemeinsam gehen wir ins Haus.
Schatz, so was ist nicht erblich... sagt sie selbstsicher.
Ach nein? Frage ich und beuge mich mit Claire über die Spüle um ihr die Hände zu waschen. Sie pantscht mit dem Wasser herum, während ich mit Mum spreche. Dann will sie runter.
Inzwischen hat Mum Kaffe aufgesetzt, und wir sitzen gemeinsam am Küchentisch. Ich erkundige mich nach den Zwillingen, doch Mum rollt nur mit den Augen und deutet Richtung Obergeschoss. Sie sitzen beide in ihren Zimmern. Sie haben ein paar alte Bücher gefunden und lesen sich gegenseitig Liebesgedichte vor. Sie üben halt schon mal für später... sagt sie und schmunzelt. Sie scheinen ein unglaubliches Interesse an Büchern zu haben... erklärt sie.
Tja... sage ich, alles bleibt in der Familie.
Einen Augenblick schweigen wir, und ich beobachte Claire, die neugierig den Kühlschrank öffnet, lange den Inhalt begutachtet und sich schlieÃlich eine Flasche Wasser herausholt. Ich lächle leise. Wie groà und selbstständig sie geworden ist. Vergeblich versucht sie den Deckel herunter zu drehen. Irgendwann gibt sie auf und kommt zu mir.
Mummy... machst du mir das auf? Fragt sie und streckt mir die Flasche entgegen. Ich nehme ihr die Flasche ab und öffne sie. Während sie gierig daraus trinkt, streiche ich ihr sanft durch das weiche Haar.
Sie sieht dir sehr ähnlich, sagt Mum plötzlich.
Ich sehe sie an. Ich sehe dir auch ähnlich. Wir sind Mutter und Tochter, ich denke da ist so was normal... ich lache.
Nein, ich meinte... sie lächelt. Sie sieht genauso aus wie du damals ausgesehen hast. Sie hat die gleiche Haarfarbe, die gleichen Augen... sie ist sogar genauso groÃ. Vorhin habe ich mich zu ihr umgedreht und sie Rory genannt. Du warst immer mein Baby... und nun bist du schon so groÃ... sie seufzt. Ich wünschte, du hättest nicht so viel durchstehen müssen. Ich wünschte, ich hätte dir etwas abnehmen können... sie sieht mich traurig an.
Ich kann nur den Kopf schütteln. SchlieÃlich, sage ich das, was ich immer sage. Es ist lange noch nicht vorbei. Ich werde wohl noch einige Wochen, vielleicht auch Monate daran kauen müssen. Und ich wünschte, ich hätte auf Grandpa gehört... sage ich müde und hebe Claire auf einen Stuhl.
Doch bevor Mum etwas erwidern kann, kommen Luke und Jess laut lachend durch die Tür. Sully versucht mit ihnen Kontakt aufzunehmen, und springt immer wieder an Luke hoch. Jess kontert das, indem er sie immer wieder energisch zurück schiebt. Er versucht nun schon seit langer Zeit, Sully zu erziehen, und es dauert eine Weile, bis seine Hartnäckigkeit Wirkung zeigt, und sie aufhört zu zappeln.
So ist brav, wirft er ein und krault ihr den Kopf, während er sich weiterhin mit Luke unterhält. Sie reden laut und kommen am Küchentisch vorbei. Ich höre Luke gerne lachen. Selbst dann, wenn es nur kurz ist. Er kommt auf mich zu und drückt mich kurz. Jess sieht mich unsicher an. Doch als ich ihn keines Blickes würdige, begrüÃt er nur Mum. Claire streckt beide Arme nach ihm aus und strahlt ihn an. Er kommt um den Tisch herum und nimmt sie hoch. Ich lasse es zu und sehe den beiden zerknirscht zu wie sie lachend miteinander umgehen.
Luke bietet Jess ein Bier an, das er dankend annimmt, und bittet ihn doch noch mit in die Garage zu kommen. Er wolle ihm etwas zeigen. Jess behält Claire auf dem Arm und geht zur Hintertür. Luke schlüpft vor ihm raus, und redet munter weiter. Jess wirft mir einen letzten, wie ich finde sehr traurigen, Blick zu und verschwindet mit Claire in Richtung Garage.
Ihr redet nicht miteinander? Fragt Mum in die Stille hinein. Sie hat die ganze Szene beobachtet und scheint, im Gegensatz zu Luke, gemerkt zu haben, was für eine unangenehme Stille zwischen uns herrscht. Seit wann? Heute morgen wart ihr doch noch so dicke befreundet!
Ich zucke mit den Schultern. Die Dinge ändern sich.
Sie holt die Kaffeekanne und schekt mir nach. Als sie sich gesetzt hat, legt sie mir die Hand auf den Arm. Was ist bei Sam passiert? Fragt sie.
Er... er hat mir den Kopf gewaschen, antworte ich. Ich weià jetzt, ich hätte Logan viel eher anzeigen müssen...
Mum sieht mich ernst an. Du hast es also getan?
Ich starre an Mum vorbei, den Kühlschrank an. Ich hab es zumindest versucht. Die haben mich praktisch abgewimmelt, sie würden schon sehen, was sich tun lässt. Und dann kam auch noch die Sache mit Grandpa, und das mit Jess... ich seufze.
Moment. Grandpa? Was war mit ihm? Mums Augen verengen sich zu Schlitzen. Ich schlucke, bevor ich ihr von der Begegnung erzähle. Als ich ihr alles gesagt habe, seufzt sie nur.
Ja... sagt sie dann. Er war damals sehr verletzt, als ihr wieder abgereist ward. Glaub mir, Emily war sehr aufgebracht. Sie versuchte, ihn davon zu überzeugen, dass Logan dich gefangen hielt, und dass er dich retten sollte. Er sagte ihr oft, dass du nicht gerettet werden wolltest. Es schien, als wolle er nichts mehr damit zu tun haben. Und jetzt weià er, dass du endlich bereit bist dich zu wehren. Jetzt ist er auch bereit sich wieder für dich einzusetzen.
Ich schweige, starre nur auf den Stuhl gegenüber. Ich habe das Gefühl, dass nichts mehr in Ordnung ist. Dass alles zu Bruch geht. Ich fühle mich wie Superman, der die Brücke zusammen halten muss. Aber immer wenn etwas über sie hinweg fährt, bricht ein Stück mehr davon ab, und ich habe immer gröÃere Mühe die Fetzen meiner zerbrochenen Vergangenheit mit meiner Gegenwart zu verknüpfen. Am liebsten würde ich mit Logan und allem was mit ihm verbunden ist, brechen, und mit Jess und denen, die mit ihm verbunden sind, ganz von vorne anfangen. Aber das geht nicht, denn Logan ist mit Michael verbunden, und der gehört unweigerlich mit in meine Gegenwart.
Mum sieht mich nachdenklich an. Sie beugt sich zu mir und lächelt mir aufmunternd zu. Dann stellt sie ihre lang ersehnte Frage...
Was war denn mit Jess? Fragt sie und ich bin sicher, wenn ich etwas Abfälliges über ihn sage, sie würde ihn sofort in Schutz nehmen wollen.
Er hat mich abgeholt. Und kaum hatte ich die Autotür zu, da raste er auch schon los. Ich hab ihn bestimmt fünf Mal gefragt, was los sei. Als er eine alte Frau beinahe hops genommen hätte, wurde ich endgültig sauer. Dann sagte er so etwas wie „Sam hat mir verboten darüber zu sprechen...“ und seitdem habe ich kein Wort mehr mit ihm gewechselt. Ich meine... warum lügt er mich an? Ich erzähle ihm doch auch immer alles... ich sehe sie verzweifelt an.
Ach, Rory... sagt meine Mutter. Sei ihm doch nicht böse... du weiÃt schlieÃlich nicht, was dahinter steckt. Wahrscheinlich ist es gar nichts...
Ich sehe sie ungläubig an. Glaubt sie das wirklich?
Nein, Mum... er lügt mich an. Das tut er doch sonst auch nicht! Ich senke den Blick, und merke nicht, wie jemand durch die Hintertür reinkommt. Ich fühle mich so verarscht, weiÃt du? Von Sam, dass er mir nicht sagen kann, was los ist... und von Jess... der jetzt auch noch anfängt mich anzulügen, dann erst sehe ich Mum an. Sie sieht mich traurig an und legt ihre Hand auf meinen Arm. Dann erst nehme ich die Person war, die in der Tür steht, Claire auf dem Arm.
Er sieht mich traurig an, seine Augenlider flattern, als würde er Tränen unterdrücken.
In meinen letzten zehn Leben muss ich ganz schön blöd gewesen sein. Jetzt kommt alles auf einmal... sage ich, den Blick stur an seine Augen geheftet. Irgendwann wendet er den Blick ab und kommt herein. Es wird langsam dunkel, und relativ kalt drauÃen. Claire sieht müde aus, doch er drückt sie so fest an sich, dass es ihr unmöglich kalt sein kann. In diesem Augenblick wünschte ich Claire sein zu können... Er kommt rein, murmelt etwas von wegen Claire müsste mal aufs Klo, und geht dann wortlos an mir vorbei, nach oben.
Mum sieht mich mitleidig an. Ich denke, wenn du vorher sauer auf ihn warst, dann wird das jetzt auf Gegenseitigkeit beruhen, sagt sie leise und hebt die Kaffeekanne vom Tisch, um mir nach zu schenken.
Dann kommt Jess auch schon zurück. Ohne Claire. Er sieht mich nicht an, sondern bleibt im Flur stehen, an die Wand gelehnt.
Jess, möchtest du Kaffe? Fragt Mum, und er nickt ihr dankend zu. Wo ist Claire? Fragt sie nach.
Jess zuckt mit den Schultern. Hat mich raus geworfen. Sie sagt, sie könnte das alleine, sagt er und es klingt gleichgültig.
An diesem Abend reden wir nicht. Und auch am nächsten nicht. Um ehrlich zu sein, sehen wir uns die nächsten vier Tage nicht. Oder auch fünf. Ich bin mit Claire oft alleine, bringe sie oft zu Mum, da ich nun arbeiten gehen muss. Jess frage ich nie um Hilfe. Warum, weià ich selbst nicht. Doch, ehrlich gesagt... hätte ich gewusst, wie unser nächstes Aufeinandertreffen werden würde, ich hätte ihn lieber niemals wieder gesehen. Oder mich nie mit ihm gestritten. Denn jetzt, würde alles nur noch schlimmer werden. Diese paar Tage, waren nur ein Vorgeschmack, auf das, was kommen würde...
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So, und nun ans Fb schreiben, freu mich schon riesig... bye, eure Yela
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08.05.2007, 08:45 von
MinowaySunshine.)