Die Zeit rennt einem nur so durch die Finger. Aber jetzt geht es weiter und ich freu mich, dass ich Chery wieder hier begrüÃen darf. Drück dich ganz doll SüÃe. Natürlich auch Selene und Anne. Was wäre ich ohne euch.
Heute geht es auch jeden Fall weiter und ich verspreche hoch und heilig, dass es in diesem Jahr noch ein weiteres Kapitel geben wird.
Also viel Spass beim lesen.
Teil 62
Die knappe Stunde Fahrt bis nach Hause erzählen Stuart und Elisabeth, was sich in Bath getan hat, während Anthony zuhört und David den Wagen durch den weihnachtlichen Verkehr manövriert. SchlieÃlich ist der Weg durchs verschneite Boston geschafft. Das alterwürdige Haus der Hemmingwells taucht auf dem Hügel auf. David parkt den Jeep ganz nah vor der Haustür, so dass sie die Taschen und Koffer nicht weit tragen müssen. Elisabeth und Emily gehen währenddessen schon ins Haus.
Jenny ist mit dem Schmücken des Weihnachtsbaums fertig und hat den Kaffeetisch gedeckt. Der Tee und die Plätzchen verströmen einen unnachahmlichen Geruch, der durchs ganze Haus zieht. Emily stibitzt sich einen Keks, ehe sie zu Hannah geht, um mit ihrer kleinen Schwester zu spielen. Seitdem das Baby wach geworden ist, hat Anne sich um sie gekümmert und weitet es jetzt auch auf die ältere Hemmingwell Tochter aus. Am Anfang war Emily gegenüber dem jungen Au Pair sehr zurückhaltend, ja fast misstrauisch, aber Anne hat sie mit ihrem freundlichen Wesen relativ rasch vom Gegenteil überzeugen können. Sogar zum Kindergarten lässt sie sich mittlerweile von ihr bringen, und das will schon was heiÃen.
David führt Elisabeth derweil in Anthonys Arbeitszimmer, wo Sarah schläft.
Leise kniet er sich vor seine Freundin und streichelt sanft mit der Hand über ihr fiebriges Gesicht.
âHey Schatz. Wir sind wieder da. Schau mal, wen ich mitgebracht habe.â
âHi Grandma.â Sarahs Stimme ist nur ein Flüstern, die Augen halb offen. Jede Bewegung kostet Sarah Kraft, Kraft die sie nicht hat.
Elisabeth kann ihr Tränen nicht zurückhalten, obwohl sie es sich fest vorgenommen hat, nicht zu weinen. Ihre Enkelin ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Wie ein sterbender Schwan. So anmutig und doch kaum noch auf dieser Welt.
âHi meine SüÃe.â Vorsichtig nimmt Elisabeth auf dem Bettrand Platz und wischt sich verstohlen die Tränen aus dem Gesicht.
âBitte Grandma nicht weinen. Dad heiratet morgen. Das ist doch schön.â
âAch Sarah, wegen deinem Dad weine ich nicht. Ich mache mir Sorgen um dich. David hat mir schon erzählt, dass es dir nicht besonders gut geht.â Elisabeth schluckt schwer.
âKeine Angst Grandma, so schnell werdet ihr mich nicht los. SchlieÃlich freue ich mich schon seit Tagen, dass ihr kommt. Wo ist Grandpa?â
âEr redet gerade mit deinem Dad. Wir haben beschlossen einige Wochen länger zu bleiben.â
âDas ist gut. Sag ihm, dass wir uns später unterhalten. Ich bin furchtbar müde.â
âIst gut mein Schatz. Wir sehen uns nachher.â Elisabeth küsst ihre Enkelin auf die Stirn und geht dann leise zur Tür.
Dort hat David die ganze Zeit gestanden und gewartet. Auch ihm laufen Tränen übers Gesicht.
âIch hätte nie gedacht, dass es so schwer ist, Sarah in ihrem jetzigen Zustand zu sehen. Als hätte sie mit dem Leben abgeschlossen und wartet nur noch auf das Ende.â
âSo ähnlich. Sarah kann nichts mehr allein und Prof. Harold hat uns schon im Sommer auf das unabwendbare vorbereitet. Es wird nicht mehr besser, auÃer es geschieht noch ein Wunder.â
âTrotzdem kannst du stolz und glücklich über die Zeit mit Sarah sein. Wir alle haben schöne und auch weniger schöne Momente mit ihr verlebt. Zum Beispiel damals die Monate nach Jilliens Tot. Zwei verstörte 7 Jährige und ein aggressiver 9 Jähriger, die im Endeffekt einfach nur Angst vor der Zukunft ohne ihre Mutter hatten. Aber Anthony war zu dem Zeitpunkt nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn seine Kinder zu erziehen. Es hat viele Gespräche und noch mehr Zeit gekostet, bis er sein Leben und das seiner Kinder wieder selbst in die Hand nehmen wollte.â
âDavor habe ich die meiste Angst. Dass ich mit Emily und Hannah irgendwann allein da stehe. Auch wenn es viele Menschen in diesem Haus gibt, die mir immer helfen werden. Meine innere Leere wird keiner füllen können.â Schon wieder laufen Tränen über Davids Gesicht. Traurig lächelt er Elisabeth an.
âIch verstehe dich David. Trotzdem sollten wir nie die Hoffnung verlieren, denn die stirbt zuletzt.â
âDas ist auch einer der Gründe für mich, jeden Morgen aufzustehen. Und natürlich die Mädchen. Besonders Emily hat an der jetzigen Situation zu knabbern. Ãberall nehme ich sie mit hin. Und wenn es nur wie heute zum Flughafen ist. Sie bleibt bei niemandem ohne mich. Bis auf den Kindergarten. Dort kann ich Emily ohne Murren und Theater hinbringen und auch lassen.â
âUnd wer hat in den vergangenen Monaten auf Hannah aufgepasst, wenn du arbeiten warst? Anthony hat am Telefon lediglich erwähnt, dass ihr Hilfe habt.â
â Ja. Seit Ende September haben wir ein Au Pair Mädchen. Anne, sie ist 21 und kommt aus Deutschland, kann aber flieÃend englisch und studiert nebenbei hier an der Uni. Zeitweise hätten wir sonst wirklich nicht gewusst, wie wir klar kommen sollten. Denn auch Dawn muss ihren Lebensunterhalt verdienen, arbeitet seit vier Monaten jedoch nur noch stundenweise und ist so oft wie möglich hier. Genauso viele Stunden verbringt sie allerdings auch im Krankenhaus bei Matt. Seit der Diagnose Hotchkins-Syndrom im Spätsommer hat er regelmäÃig Chemotherapie und Bestrahlung. Heute ist sein fünfter Durchgang zu Ende und Dawn holt ihn über die Feiertage zu uns, ehe es im neuen Jahr weitergeht.â
âDann meint sie es mit ihm also wirklich ernst?â
âDu würdest Dawn nicht wieder erkennen. Matt hat sie in jeder Hinsicht verändert und das liegt bestimmt nicht nur an seiner Krankheit. Er tut Dawn gut und bringt das Beste in ihr zum Vorschein. Wie sagt man so schön. Dawn ist erwachsen geworden und sich ihrer Verantwortung vollkommen bewusst. Immerhin kennen sie sich erst seit knapp einem dreiviertel Jahr und kämpfen inzwischen seit fünf Monaten gegen den Krebs.â
âDas ist gut. Ich habe in meiner langen Zeit als Krankenschwester immer wieder mitbekommen. Entweder gehen Beziehungen unter so einer Belastung in die Brüche oder sie sind danach stärker als zuvor. Und ersteres passiert öfter als man denkt, denn nicht jeder kann mit solchen Dingen umgehen. Egal wie sehr sich manche Paare lieben und egal, wie lang sie schon zusammen sind.â
âIch weiÃ. Ich glaube die Ehe meiner Eltern ist teilweise auch auseinander gegangen, weil man bei meiner Schwester Julie im Babyalter ein komplizierter Herzfehler feststellte. Mein Dad war genauso besorgt und in Angst wie Mom, aber er konnte damit nicht umgehen. Schob seinen Job vor und passte lieber auf mich auf, als mit ins Krankenhaus zu müssen. Als Julie dann nach der Herzschrittmacheroperation wieder gesund war, bestand eine Kluft zwischen meinen Eltern, die nicht mehr zu schlieÃen war. Sie hatten sich auseinander gelebt und waren der Ansicht, dass Scheidung der beste Weg war. Damals konnte auch niemand ahnen, was die Zukunft bringen würde.â
David schluckt schwer, wenn er an die Jahr bei seinem Dad in Washington zurück denkt.
âDu bist anders als dein Vater und das ist auch gut so. Verlier nie den Glauben an dich, Sarah und eure Töchter und ihr werdet alles schaffen. Ihr lebt seit fast 10 Jahren mit der Gewissheit, dass euch nicht ewig Zeit gemeinsam bleibt.â
âDie hat wohl niemand. Aber ist es unwahrscheinlich schwer, jetzt wo wir so vieles erreicht haben.â
âUnd darauf könnt ihr auch sehr stolz sein. Verliert nie den Mut, egal wie schwer oder aussichtslos die Lage zu sein scheint. Es gibt fast immer einen Ausweg.â
David nickt erst zaghaft und strafft dann die Schultern. âWir sollten langsam ins Wohnzimmer gehen. Sonst wird der Tee kalt.â Elisabeth hat ihm etwas Last und Schmerz von seinem Herzen genommen. Zumindest vorübergehend. Dabei ist es für sie genauso hart, wenn nicht noch härter, ihre Enkelin so leiden zu sehen.
Gemeinsam setzen sie sich mit Anthony, Jenny, Stuart, Anne und Emily an den weihnachtlich gedeckten Kaffeetisch. Hannah findet wie immer ihren Platz auf dem Arm ihres Daddys. Sie ist die einzige, die unbeschwert fröhlich ist, während der Rest der Familie es nur bei einem kläglichen Versuch belässt.
Nach dem Essen bringt Anne Hannah nach oben zum schlafen. Es ist ihre letzte Aufgabe für heute, da sie sich anschlieÃend mit einigen Freunden ausgehen will, die sie in den Monaten seit sie hier ist, kennen gelernt hat. Lang wegbleiben kann sie eh nicht, da am anderen Tag die Hochzeit stattfinden wird. Also wollen sie sich zu früh wie möglich treffen. Emily währenddessen hilft ihren UrgroÃeltern beim Koffer und Taschen auspacken und Anthony bezieht unter Jennys Anleitung die restlichen Betten in den Gästezimmern. Dawn hat sich mit weiteren Gästen angemeldet. Sie kommen durch den vielen Schnee auf den StraÃen nur langsam voran und treffen erst um kurz vor 19.00 Uhr zu Hause ein.
âMom, Tony seid ihr da?â
Dawn sieht aus wie ein bepackter Esel und stellt aufatmend die schweren Reisetaschen im Flur ab. Matt folgt ihr mit langsamen Schritten, genau wie eine junge Frau und ein ebenfalls mit zwei Koffern bepackter junger Mann.
âHi Schatz. Bin ich froh, dass ihr endlich da seid.â Jenny erscheint aus der Küche als Empfangskommando. Anthony und Emily kommen aus der Wohnstube.
âJa es war ziemlich glatt auf den StraÃen, aber langsam kommt man auch ans Ziel.â Dawn grinst schief, ehe sie sich ihrer Manieren erinnert und ihre Gäste vorstellt.
âDas sind Landon und Jamie. Matt und ich haben sie im Krankenhaus kennen gelernt. Jamie, Landon das ist meine Mom, mein zukünftiger Dad und das ist meine kleine Nichte Emily.â
âNett euch kennen zu lernen.â Anthony und Jenny begrüÃen die jungen Leute und gehen dann mit den vieren in den ersten Stock, um ihnen die Zimmer zu zeigen. Seitdem Nick, Alyson und Sarah ihre eigenen Wohnungen haben, gibt es drei ziemlich groÃe Gästezimmer. Doch dass Dawn einfach so kurzfristig zwei Leute mehr mitbringt, ist recht ungewöhnlich.
Jenny beschlieÃt dem ganzen auf den Grund zu gehen. Die beste Gelegenheit bietet sich ihr eine halbe Stunde später, als Dawn bei den Vorbereitungen hilft.
âSag mal kennst du Jamie und Landon schon längerâ, beginnt Jenny ganz unverfänglich das Gespräch.
âErst seit einigen Wochen. Landon war öfter auf der Station und irgendwann hat er mich auf einen Kaffee eingeladen.â
âLandon hat..., er ist krank?â Jenny will nicht ganz so direkt sein.
âNein, Landon geht es gut. Es geht um Jamie. Sie hatte als kleines Kind eine Virusentzündung, genannt das Kawasaki-Syndrom. Die Krankheit wurde sehr spät erkannt und behandelt. Schäden waren nicht mehr auszuschlieÃen.â
âUnd wie schlimm ist es?â Jenny schluckt einmal und setzt sich an den Küchentisch. Das Abendessen ist erst mal unwichtig.
âJamie wartet auf ein neues Herz, würde aber eine Operation zu diesem Zeitpunkt nicht überstehen. Ihre Nieren arbeiten schlecht, sie hat Blutarmut und ist untergewichtig. Also wurde sie in den vergangenen acht Wochen in der Klinik aufgepäppelt und für eine Transplantation vorbereitet.â
âIst denn ein neues Herz in Aussicht?â
âNein, sie wartet seit über vier Jahren auf ein Spenderorgan und wird seitdem ein bis zweimal im Jahr im Krankenhaus behandelt. Meist um ihr Gewicht von 115 Pfund zu erreichen und sie damit für alle Fälle vorzubereiten. Bei ihrer Einlieferung Anfang November wog sie 90 Pfund und konnte aus eigener Kraft nicht einmal mehr laufen. Heute wollten Jamie und Landon nach Portland, um dort Weihnachten zu feiern. Aber bei diesem Wetter waren wir froh, es bis hier her geschafft zu haben.â
âDu hast vollkommen richtig gehandelt, die beiden zu uns einzuladen. Was sollen sie auch allein im Studentenheim. Ihr könnt euch ja aussuchen, ob ihr nachher zu David und Sarah hoch geht oder bei uns unten bleibt.â
âIch frage sie.â
âGut, wir sollten weitermachen.â
âEinverstanden, und danke Mom.â Dawn umarmt Jennifer ganz spontan.
âHey was ist denn?â
âGar nichts. Ich bin nur unheimlich froh, dass es dich, Tony und die anderen gibt.â
âSchon gut. Wozu ist eine Familie sonst da, als in Krisensituationen zusammen zu halten. Bis jetzt haben wir alles irgendwie geschafft und es wird auch in Zukunft so sein.â
âDarum bin ich so stolz auf euch.â Dawn lächelt ihre Mom noch einmal an und geht dann zurück zum Herd. Das Abendessen muss fertig werden.
Eine halbe Stunde später versammeln sich alle im groÃen Esszimmer von Anthony und Jenny. David hat zwischenzeitlich Hannah versorgt und Sarah beim anziehen geholfen. Sie ist zwar sehr blass und sieht ausgemergelt aus, freut sich aber auf das gemeinsame Essen mit all ihren Lieben.
Zwischen sich und David hat Emily ihren Platz gefunden. Sie erzählt die ganze Zeit vom Flughafen, wo sie so viel gesehen hat. Alle hören aufmerksam der Vierjährigen zu und vergessen für einige Minuten ihre eigenen Probleme und Sorgen.
Um kurz nach neun Uhr sitzen David und Sarah schlieÃlich mit Matt, Jamie, Landon und Dawn in der Stube ihrer Dachwohnung und lassen mit einem Gespräch den Abend ausklingen.
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Früh am nächsten Morgen sind Jenny und Dawn als erstes auf und bereiten in der Küche ein kleines Frühstück für alle vor. AnschlieÃend ist allgemeines Wecken angesagt. Die Hochzeitszeremonie wird um 11.30 Uhr stattfinden. Bis dahin ist noch viel zu tun.
David zieht als erstes Emily an und hilft dann Anthony bei der Auswahl seines Hochzeitsoutfits. Dieser ist ziemlich aufgeregt und rennt in seinem Arbeitszimmer auf und ab.
âIch weià gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal so nervös war.â Anthony steht vor dem Spiegel und zupft an seiner Fliege herum, die nicht richtig sitzen will.
âDabei hast du gar keinen Grund. Wie lange seid ihr jetzt ein Paar?â
âGut elf Jahre. Aber eine Hochzeit ist etwas ganz anderes. Warte mal ab, bis Sarah und du vor den Traualtar treten.â
âDein Wort in Gottes Ohr. Ich bin schon froh, dass es Sarah heute Morgen einigermaÃen gut geht. Das Fieber ist gesunken und durch das Morphium hat sie keine Schmerzen.â
âWer ist gerade bei ihr?â
âJamie soweit ich weiÃ. Dawn hilft Jenny und Matt und Landon leisten Anne etwas Gesellschaft, die auf Emily aufpasst. Sie spielen gemeinsam im Wohnzimmer Quartett und die Jugendlichen ziehen regelmäÃig den Kürzeren.â
âDann ist gut. Und, kann ich so vor den Traualtar treten?â Anthony fährt sich noch einmal mit den Fingern durch seine graumelierten Haare und lässt sich dann von David begutachten.
âDu siehst fast perfekt aus.â David steckt seinem Schwiegervater ein zum Hemd passendes Tuch in die Jackettasche.â Jetzt heiÃt es warten auf die Damen der Schöpfung.â
Derweil zwei Stockwerke höher.
âEs ist immer das gleiche mit den Klamotten.â Sarah sitzt vor ihrem Kleiderschrank und schiebt einen Bügel nach dem anderen zur Seite.
âMan hat die Qual der Wahl.â
âPassen dir all die Sachen denn noch?â Jamie staunt. Der Schrank ist fast doppelt so groà wie ihr eigener und quillt über vor Hosen, Blusen, Shirts, Jacken und anderen Anziehsachen.
âNein, vieles ist schon sehr alt und so etwas wie ein Andenken. AuÃerdem schwankt mein Gewicht. Damals in der zehnten Klasse der Highschool wog ich fast 110 Pfund. Dann wurde ich krank und versuche seitdem meine 90 Pfund überhaupt zu halten. Dadurch hängen hier Klamotten in drei verschiedenen GröÃen.â
âUnd trotzdem hast du nichts passendes anzuziehen.â Jamie grinst.
âGanz so schlimm ist es nicht. Meine Schwester Alyson und ich haben vor einigen Wochen schon mal geschaut. Das war vor meinem Krankenhausaufenthalt. Jetzt muss ich die Sachen nur noch wieder finden. Und ich glaube da sind sie.â
Mühsam rappelt Sarah sich auf und nimmt den fraglichen Bügel aus dem Schrank. Eine tiefschwarze Hose mit Schlag kommt zum Vorschein. Dazu ein weiÃes Top und eine weiÃe leicht durchsichtige Bluse mit kleinen eingearbeiteten Rosen.â
âWow das ist wirklich wunderschön.â
âUnd das beste, es ist sogar die richtige GröÃe. David hat es mir vor einigen Jahren zum Geburtstag geschenkt.â
âDann fehlt ja nur noch etwas für mich.â Jamie breitet mehrere Blusen und Shirts von Dawn auf dem Bett aus. Eine beige Hose hat sie noch in ihrer Reisetasche.
âWas meinst du?â
âMir persönlich gefällt die schwarze Bluse mit den Blumen am besten. Sie steht dir bestimmt ausgezeichnet.â Sarah hält das fragliche Kleidungsstück in die Höhe.
âDas habe ich auch schon überlegt. Es fehlt dann nur noch eine Kette oder etwas Ãhnliches.â
âDas lass mal meine Sorge sein. Ziehen wir uns erst mal um.â
âKeine schlechte Idee.â
Fünf Minuten später zupfen die beiden jungen Frauen gegenseitig aneinander herum, bis alles perfekt sitzt. Ein Blick in den Spiegel lässt Sarah allerdings an der Wahl ihrer Garderobe zweifeln. Der einzige Farbtupfer an ihr sind die blaulila Lippen. Ansonsten aschfahle Haut, dunkle Ringe unter den Augen, ein ausgemergelter Körper. Kein schöner Anblick.
âWas meinst du, sieht man so aus, wenn es zu Ende geht?â
âFühlst du dich denn so?â Jamie setzt sich zu Sarah aufs Bett und reicht ihr ein Taschentuch.
âIch weià nicht. Vielleicht. Seit mehr als zehn Jahren kämpfe ich inzwischen mit den Folgen meines Geburtsschadens, und bin es so müde. Manchmal habe ich gedacht, ob es nicht besser ist, wenn alles vorbei wäre. Denn im Himmel ist es bestimmt schöner, als hier.â
âAber du hast so viele Leute, die dich von Herzen lieben und die ohne dich nicht sein wollen. Hast du daran schon mal gedacht?â
âSehr oft sogar. Aber ich weià auch, dass jemand im Himmel auf mich wartet.â Sarah putzt sich geräuschvoll die Nase.
âDu meinst deine Mom?â
Sie nickt.
âIch vermisse sie so furchtbar. Mom war immer die Starke in der Beziehung. Als sie und Dad sich kennen lernten, war er sehr jung. Er nahm das Leben und sein Studium nicht besonders ernst. Die Musik war ihm lieber.
Als Mom dann in sein Leben trat, verliebten sie sich Hals über Kopf ineinander. Aber Dad merkte schnell, dass er seine groÃe Liebe nur dann aufrechterhalten konnte, wenn er seine Lebens- und Arbeitsweise ernster nahm. Nach einem Jahr gingen beide zusammen in die Staaten und begannen sich ihr Leben aufzubauen. Hier in diesem Haus. Damals wohnten Mom Eltern noch im ersten Stock. Kennen gelernt hat sie aber niemand von uns dreien. Sie starben bei einem Flugzeugabsturz im Sommer 1975. Nick war damals erst vierzehn Monate alt und bis zu unserer Geburt war es noch ein dreiviertel Jahr hin.