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So, nachdem ich dieses Lied von Suzanne Vega schon die ganze Zeit im Kopf hatte, musste ich was dazu schreiben, voilÃ
Luke's Diner (oder: Runaway Train)
I am sitting
In the morning
At the diner
On the corner
Ich saà in meiner vertrauten Umgebung. Blickte auf Stars Hollow hinaus. Sah zu, wie die Leute noch schnell vor den Feiertagen Besorgungen machten, Taylor rief jedem Gast ein âFröhliches Neues Jahr!â hinterher und war selbst schon in Festtagslaune. Ich sollte eigentlich zuhause sein, Vorbereitungen treffen für die Party, doch mir ist nicht danach, das alte Jahr zu beenden. Es war viel passiert in diesem Jahr, nur eine Sache, ein einschneidendes Erlebnis in diesem Jahr bewirkte, dass ich es nicht loslassen wollte. In diesem Jahr, vor diesem Ereignis, war noch alles gut gewesen.
Ich stand auf, nahm meine Tasse und schlurfte missmutig zum Tresen. Ich wusste schon, was mich dort erwarten würde. Es brach mir jedes Mal das Herz.
I am waiting
At the counter
For the man
To pour the coffee
Die Tasse hatte er mir zu Weihnachten geschenktâ¦
Ich konnte mich noch genau erinnern, es war ein wunderschönes Weihnachtsfest, drauÃen hat es geschneit, wir hatten uns voll gegessen mit Weihnachtsgans und sind dann hinaus in den Schnee um einen Schneemann zu bauen. Natürlich war das in eine Schneeballschlacht ausgeartet und ich tackelte Luke, sodass wir beide im Schnee landeten, während ich sein Gesicht mit Schnee einrieb. Als Rache für die Portion die eiskalt über einen Rücken lief. Damals waren sich unsere Gesichter schon so nahe gekommen und wäre nicht Rory dazwischengeplatzt wäre es sicher passiert. Unser erster Kuss. Doch es hat nicht sollen sein.
Und nun muss ich ihn daran erinnern, mir meine Lieblingstasse voll zu füllen.
Ich versinke in meiner Traumwelt in der alles noch in Ordnung war und werde jäh durch die monotone Stimme des Mannes hinter dem Tresen aus meinen Träumereien gerissen. Er ist nur mehr der Mann hinter dem Tresenâ¦
âWas wollen sie?â fragte er mich, ohne aufzusehen. Ich spürte einen scharfen Schmerz in meiner Magengegend, als hätte mir jemand die Faust in den Bauch gerammt. âKaffee bitteâ brachte ich nur heraus, während ich fieberhaft damit beschäftigt war, meine Tränen aus den Augenwinkeln zu verscheuchen. Ich schluckte schwer und sah zu wie er die Kaffeetasse nur zur Hälfte voll füllte und mir dann herüber schob.
And he fills it
Only halfway
And before
I even argue
Noch bevor ich meinen Protest anmelden konnte, bemerkte ich, dass er seine Aufmerksamkeit schon wieder von mir abgewendet hatte. Ich war nicht mehr interessant. Es gab keine kleinen Kabbeleien über Kaffee mehr. Und auch kein Austauschen von Lebensweisheiten nach Ladenschluss. Der Gedanke an das Früher brachte mich fast um den Verstand, ich musste mich zusammennehmen, um nicht mitten im Laden zusammenzubrechen. Ich hielt mich am Tresen fest und sehe ihn an. Folgte seinem Blick.
He is looking
Out the window
At somebody
Coming in
Ich sehe einen blonden Schopf unter einem Schirm hervorkommen und wünschte, ich wäre heute morgen nie ins Diner gekommen. Wahrscheinlich hätte ich gar nicht aufstehen dürfen. Vielleicht wäre das hier dann nie passiert. Sein Gesicht hellte sich augenblicklich auf als Nicole das Diner betrat. Man merkte es an seinen Augen, sie bekamen ein noch nie da gewesenes Leuchten. Dieses Leuchten hätte mir gelten sollenâ¦
"It is always
Nice to see you"
Says the man
Behind the counter
To the woman
Who has come in
She is shaking
Her umbrella
Sie küsst ihn zur BegrüÃung auf beide Wangen und ich verkneife mir mit viel Mühe einen spitzen Kommentar über leichte Mädchen und ihre Meister. Er spricht mit ihr als würde er sie schon ewig kennen, als würden sie eine geheime Verbindung besitzen, die niemand sonst sehen oder fühlen konnte. Der Psychologe hatte es mir erklärt, doch ich fand es immer noch schwer zu glauben. Er projizierte seine Gefühle für mich nun auf Nicole. Bezieht alle guten Erinnerungen, all die schönen Zeiten auf sie. Und ich muss hilflos daneben stehen
I'm pretending
Not to see them
Instead
I pour the milk
Ich füllte meine halbleere Kaffeetasse mit Milch auf, versuchte auf diese Weise wenigstens eine Leere in meinem Leben zu füllen. Sie tat so als ob sie mich nicht bemerken würde, sah immer in eine andere Richtung, als wäre es ihr peinlich, mich zu kennen. Ich bin ein Schatten meiner Selbst, nur diese Frau hat kein Recht über mich zu urteilen. Falsche Schlange.
Ich ging wieder zu meinem Platz am Fenster zurück, verschüttete etwas Kaffee auf den Tisch und versuchte, den Fleck mit Servietten wegzuwischen. Doch er kam sofort mit seinem Tuch und schob meine Hand grob weg. Ich starrte ihn entgeistert an, unfähig auch nur ein Wort zu sagen. Schaue ihm wie vom Donner gerührt nach und sinke dann langsam in meinen Sessel.
I open
Up the paper
There's a story
Of an actor
Who had died
While he was drinking
It was no one
I had heard of
Ãffnete die heutige Zeitung um mich abzulenken, doch ich las nicht wirklich, ich starrre die verschwommenen Buchstaben an, unscharf gemacht durch meinen Tränenschleier, mein treuer Wegbegleiter seit einiger Zeit. Die Nachrichten interessierren mich auch nicht, ich wollte von der realen Welt nur soviel wie nötig mitbekommen, die tägliche Dosis Realität bekam ich jeden Tag hier im Diner eingeimpft. Und ich kam immer wieder, wie ein Junkie. Genau das war ich. Ein Junkie. Ein Junkie der seinen Dealer verloren hatte.
And I'm turning
To the horoscope
And looking
For the funnies
Ich suche die Comic Seite der Zeitung, blättere sie von vorne bis hinten sorgfältig durch, ich brauchte sofort etwas witziges an das ich mich klammern konnte. Irgendwer wollte mir den Tag gehörig versalzen (mehr versalzen als er es ohnehin schon war) und hatte die Comicseite herausgetrennt. Ich sah nur aus dem Augenwinkel Nicole über etwas lachen. DrauÃen begann es zu regnen
When I'm feeling
Someone watching me
And so
I raise my head
There's a woman
On the outside
Looking inside
Does she see me?
No she does not
Really see me
Cause she sees
Her own reflection
And I'm trying
Not to notice
That she's hitching
Up her skirt
And while she's
Straightening her stockings
Her hair
Is getting wet
Sah die Frau, die das âSchaufensterglasâ des Diners als Spiegel benutzte mich wirklich? Nein, sie sah nur ihr Spiegelbild, verloren in ihrer eigenen Eitelkeit. Ich sah sie an, doch auch ich sah sie nicht wirklich. Ich blickte durch sie hindurch, starrte ins Leere. Wieso musste es so kommen?
Oh, this rain
It will continue
Through the morning
As I'm listening
Der Regen drauÃen würde irgendwann aufhören gegen die Fensterscheibe zu prasseln. Der Regen in mir würde mich nie wieder verlassen, er fiel qualvoll langsam, ging unter meine Haut und schmerzte mich von innen. Er schenkte ihr Kaffee ein. Eine volle Tasse. In Berta, meine zweite Tasse. Ich drehte meinen Kopf weg, konnte es nicht ertragen wie das Schicksal mir meine Selbstvorwürfe immer wieder, unermüdlich unter die Nase rieb.
To the bells
Of the cathedral
Fern läuten die Glocken der Kirche, ich höre sie nur von weit weg und reagiere nicht. Starre nur weiter aus dem Fenster, ziellos und ohne Motivation. Ich hatte mich schon längst aufgegeben, konnte mir nie verzeihen, ich sah meinen âFehlerâ ein, doch jetzt war es zu spät.
Er war fort und trotzdem da. Ich konnte mir keine schlimmeren Qualen vorstellen und akzeptierte sie ohne Widerrede als Bestrafung des Schicksals.
I am thinking
of your voice
Es war ein regnerischer Nachmittag im späten November als es passierte.
Er kam um meine Glühbirne in der Küche zu wechseln, nachdem ich ihn eine halbe Stunden am Telefon vorgejammert hatte, wie sehr ich mich vor einem Stromschlag fürchtete. Widerwillig war er zu mir gekommen, mit Bert, der Wergzeugkiste. Wir alberten herum wie zwei Kinder und auf einmal â ich weià nicht mehr wie â waren seine Lippen auf meinen und wir küssten uns, im Halbdunkeln meiner Küche, jeder eine Glühbirne in der Hand. Ich stieà ihn weg, wollte nichts überstürzen, doch er verstand nicht. Er warf mir vor immer nur an mich zu denken und auf den Gefühlen anderer herumzutrampeln. Er schleuderte die Glühbirne angewidert von sich, sodaà sie in tausend Scherben zerborst. Nach Hardfort, nachdenken wollte er. Danach knallte die Tür ins Schloss.
Die Zeit, nachdem er gegangen war, bis ich den Fernseher einschaltete wurde aus meinem Gedächtnis verdrängt. Von den Erinnerungen an das, was dann passierte.
Ich kuschelte mich frustriert und auf mich selbst wütend auf meine Couch und schaltete den Fernseher ein. Alles was ich sah war die riesengroÃe Schrift am Bildschirm, die mein ganzes Sehfeld beanspruchte. âMassenkarambolage auf Intercity I-40â. Aqua planing
Ich sah nur etwas grün-silbernes aus dem Autohaufen hervorblitzen und saà aufrecht auf der Couch, mein Herz raste wie verrückt. Ich rannte zum Telefon und telefonierte mich durch sämtliche Krankenhäuser bis ich ihn gefunden hatte. Am Leben. Doch nie mehr so wie früher.
Before the rain began...
Und sich alles veränderte...
I finish up my coffee
Ich stellte die Tasse auf den Tisch zurück, legte das Kleingeld daneben und zog mir meinen Mantel über. So ging ich hinaus in den Regen. In einer Viertelstunde würde der Zug von Philadelphia nach New York durch Stars Hollow brausen.
Das konnte ich schaffen
It's time to catch the train
Ich stand auf den Gleisen, meine Arme weit ausgebreitet, das Gesicht gegen Himmel geneigt und lieà die Regentropfen auf mein Gesicht prasseln. Sowohl von auÃen, als auch von innen.
Diese Ironieâ¦
Ich hörte ein leises Getöse, dass immer lauter wurde.
Ich drehte mich mit dem Rücken zu der Richtung, aus der mein Henker kam, meine letzten Gedanken
And I forgot
To tell you
I love you
ich hab die schnauze voll, ich geh schaukeln...