Danke für dein FB
~~~~~
~
Sie hatte nie begriffen, was es bedeutete, wenn jemand gesagt hat, viele Dinge würden sich nie ändern und andere so schnell, dass man es nicht merkte.
Sie hatte immer geglaubt Veränderungen müssten spürbar sein und das es immer Veränderungen gab, permanent.
Im letzterem hatte sie recht gehabt, aber alles andere war ein Irrtum gewesen.
Am Abend nach ihrer Unterhaltung hatte Finn angerufen. Man konnte nicht behaupten, dass er sich entschuldigt hätte, aber er hatte seine Reaktion erklärt.
Es gab keine Vampire. Er wusste es und verstand nicht warum sie nicht begriff, dass alles was sie erfahren hatten, zwar passte, aber nicht mehr, als dumme Zufälle sein konnten. Sie wollte ihn überzeugen, wollte so sehr, dass er auf ihrer Seite stand und sie war sich bewusst darüber, dass er es insgeheim tat.
Sie versuchte alles, damit er es zugab, aber nichts schlug an. Ihrer Freundschaft willen gab sie es auf, versprach ihm, nie wieder darüber zu reden, nicht mit ihm.
Alles schien wieder gut zu sein, aber nichts war in Ordnung.
Erst als die Schule schon wieder begonnen hatte, als der Herbst schon vollends seinen Zweck erfüllt hatte und alle Bäume ihre Blätter abgeworfen hatten, realisierte sie es.
Woche um Woche, Monat um Monat hatte er sich mehr von ihr entfernt. So langsam, so vorsichtig, dass es ihr tatsächlich nicht aufgefallen war.
Es hatte damit begonnen, dass er sich mit anderen Schülern ihrer Stufe anfreundete, oder eher, dass er ihr den Vorschlag machte, den anderen eine Chance zugeben.
Eine Chance geben, dass waren seine Worte gewesen.
âWir sollten anfangen unseren Mitschülern auch mal eine Chance zugeben.â
Er schaute sie, während er die Worte sprach nicht an, sondern ging unbekümmert weiter.
Es dauerte, bis er bemerkte, dass sie angehalten hatte und ihn unverwandt anschaute. Sie sagte kein Wort. Es fiel ihr schwer den Sinn hinter seinen Worten zu erkennen.
Woher kam diese Eingebung so plötzlich? Bisher war es nie ein Thema gewesen. Sie waren zu zweit, ein eingespieltes Team.
Er machte ein paar Schritte auf sie zu.
Sie sah in seinen Augen, dass etwas in ihm vorging, von dem sie nichts wusste. Seine Mimik zeigte es deutlich, aber auch hier lieà ihre Intuition sie im Stich. Sie konnte einfach nicht erkennen, was es war.
âDieses Jahr wird so schnell vorbei seinâ, setzte er an âWir wissen nicht was danach passieren wird...â
âUnd es wird einfacher sein, wenn wir einen gröÃeren Freundeskreis habenâ, schloss Jo für ihn. Ok, jetzt sah sie, woher es kam.
Das Wort Zukunftsangst schoss ihr durch den Kopf, aber irgendetwas daran konnte nicht richtig sein, trotzdem ging sie nicht weiter darauf ein.
Immerhin konnte nicht viel dabei sein, sie hatten nur noch ein Jahr vor sich, sie wussten nicht, wohin es sie danach verschlagen würde, je mehr Leute sie kannten, je mehr Leuten sie etwas abgewinnen konnte, desto gröÃer war die Wahrscheinlichkeit nicht ganz alleine in die Zukunft schauen zu müssen, soweit hatte er recht.
Schon am nächsten Tag schleppte er zwei seiner Mitschüler an.
Sie erinnerte sich nur vage daran, sie zu kennen, da sie schon seit Jahren keine Kurse mehr mit ihnen hatte.
Daniel und Hannah, rief sie sich ins Gedächtnis, als die Unterhaltungen an ihrem Tisch bereits in Gang waren.
Sie lieà es über sich ergehen und, wenn sie aufhörte sich selbst zu belügen, musste zu zugeben, dass wenigstens Hannah gar nicht übel war.
Je mehr Zeit verging, je mehr Schüler in der Mittagspause mit an ihrem Tisch saÃen, desto mehr begriff sie nach und nach, dass sie vielen von ihnen Unrecht getan hatte.
Ãber all die Jahre hinweg, war sie so auf Finn versteift gewesen, dass sie gar nicht gemerkt hatte, dass es auch andere Menschen gab, die mit ihr auf einer Wellenlänge lagen.
Andere Schüler, die die gleiche Musik hörten, dieselben Filme mochten, dieselben Ideen hatten, was sie mit ihrer Zukunft anfangen könnten. Von Anfang an stach Hannah aus ihrer Gruppe heraus. Vielleicht lag es einfach daran, dass sie sich mit ihr zuerst unterhalten hatte, andererseits war Hannah, anders als Vanessa, Nikki und Kate, genau der Typ Mensch, mit dem sie klar kam. Ihr war es relativ egal, was andere von ihr dachten, sie hatte einen guten Musikgeschmack und auch sie, war erst vor einigen Jahren nach Forks gezogen, was bedeutete, dass sie verstand warum Jo einige Aspekte des Lebens hier verabscheute.
Aber all das änderte nichts an den Tatsachen.
Inzwischen war sie der Ãberzeugung, dass es daran gelegen hatte, dass sie es nicht bemerkte.
Sie selbst trug dazu bei, dass das Band zwischen ihr und Finn immer schmaler wurde.
Sie waren in gröÃeren Gruppen abends ins Kino gegangen, hatten die Nachmittage teilweise zu fünft oder zu sechst verbracht und irgendwann fing es an, dass Finn mit ein paar anderen Jungs mittags unterwegs war und sie mit einer Gruppe Mädchen nach Port Angeles fuhr oder einen DVD Abend veranstaltete.
Ihre Telefonate wurden seltener.
Irgendwann traute sie sich nicht mehr, ihn mitten in der Nacht anzurufen, weil sie nicht wusste, ob er es immer noch als nicht störend empfand.
Mehr als einmal hatte sie in dieser Zeit nachts wachgelegen und zu gerne hätte sie hinterfragt, was gerade passierte, da sich es sich kaum erklären konnte.
Aber, wen hätte sie anrufen können? AuÃer Finn. Finn, den sie inzwischen fast nur noch in der Schule sah und selbst dann nur wenig Gelegenheit hatte sich mit ihm zu unterhalten, wie sie es sonst immer getan hatten, da immer irgendjemand in ihrer Nähe war.
Alles was ihnen noch blieb, waren die fünf Minuten, die sie jeden Mittag brauchten, um von der Turnhalle zu ihren Autos zugelangen.
Kurz vor den Winterferien, kam dann der Moment, in dem leugnen nicht mehr möglich war.
Wie schon im Jahr zuvor, stand Sport in ihrem Stundenplan an letzter Stelle und zu Beginn des Jahres, war auch alles gewesen wie immer.
Sie kam aus der Sporthalle, Finn wartete auf sie und gemeinsam gingen sie zu ihren Autos.
Eines Tages wartete er nicht mehr auf sie.
Als sie ihn am nächsten Tag danach fragte, erklärte er ihr er habe es einfach vergessen, er und die anderen hatten noch etwas vor gehabt, direkt nach der Schule und... Ja, er hatte sie deshalb vergessen.
Das konnte passieren, oder nicht? Kein Weltuntergang. Sie war verletzt, aber versuchte dieses Gefühl zu unterdrücken, redete sich ein das es einmalig war, aber auch an diesem Mittag war er nicht da und an dem darauf auch nicht.
Sie verstand es nicht.
Egal, wie sehr sie sich den Kopf darüber zermarterte, nichts was ihr einfiel, erklärte sein Verhalten. Nie zuvor, war er so gleichgültig gewesen, so ohne jede Ahnung davon, was er den Menschen um sich herum antat.
Genau genommen, war es immer er gewesen, der sie darauf aufmerksam gemacht hatte, wenn sie zu weit gegangen war.
Als die Ferien begonnen hatten, versuchte sie über Tage hinweg ihn zu erreichen, auf seinem Festnetzanschluss, wo nie jemand abhob, über den Anschluss seiner Mutter, die ihr immer wieder sagte, dass er nicht daheim war, sondern mit Freunden unterwegs, auf seinem Handy, das entweder ausgeschaltet war, oder munter vor sich her klingelte, bis schlieÃlich die Mailbox ran ging.
Sie wollte ihn nicht aufgeben, aber irgendwann hatte sie keine andere Wahl mehr.
Er ignorierte sie, warum auch immer.
Sie konnte sich nicht daran erinnern Weihnachten je so schrecklich empfunden zu haben wie in diesem Jahr. Und das, obwohl es keinen Grund dazu gab, auÃer Finn.
Nicole war über die Feiertage zu Besuch.
Kein einziger Tag, an dem sie da waren, war langweilig, geschweige denn, dass es viel Zeit für düstere Gedanken gab. Allerdings, gab es doch die Zeit dafür und zwar jedes Mal, wenn ihre Familie sie fragte, warum Finn so lange nicht mehr da gewesen ist. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie erkannten, dass das Thema Finn, ein durchaus Kompliziertes war.
Und genau da war der Haken, niemand verstand, was plötzlich mit Finn los war. Klar, sie konnte ihnen nicht von ihrer Tour nach Sitka erzählen, nicht von dem was sie entdeckt hatten, nicht davon, dass Finn sich geweigert hatte es zu glauben und sie nicht mit ihm darüber reden konnte.
Nicht über den Brief, nicht darüber, dass sie alle paar Wochen hinaus zum Haus fuhr, nicht darüber, dass sie glaubte, dass genau das der Anfang vom Ende gewesen ist.
Nachdem die anderen es aufgegeben hatten, sie zu löchern, konnte sie sich darauf konzentrieren jeden Gedanken an Finn, jede Erinnerung daran, wie sie gemeinsam Silvester gefeiert hatten, zu verdrängen.
So gut es ihr auch gelang, sie konnte nicht umhin, permanent mit der Gewissheit zu leben, dass er eine Lücke hinterlassen hatte, die niemand auÃer ihm füllen konnte.
Nicht ihre Familie, nicht ihre neuen Freunde. Niemand von ihnen hatte auch nur annährend den Stellenwert in ihrem Leben, den Finn immer schon gehabt hatte.
âFinn!â
Sie war gerade aus ihrem Honda gestiegen, als sie ihn einige Meter entfernt gemeinsam mit seinen Kumpels stehen sah.
Er reagierte nicht auf ihren Ruf, obwohl sie sich sicher war, dass er sie gehört haben musste, da alle anderen auf dem Schulparkplatz zu ihr sahen.
Drei Wochen Ferien, ohne ein Wort von ihm und sie war es satt. Wenn er sie nicht sehen wollte, nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, sollte er es ihr sagen.
Angesicht zu Angesicht. Sie zu ignorieren war einfach nur feige. Sie hatte es respektiert, dass er Abstand brauchte, sie hatte sich damit zufrieden gegeben, ihre Zeit mit anderen zu verbringen, aber das Maà war endgültig voll.
Weniger Kontakt, ok, damit konnte sie leben, aber völlige Ignoranz, ein Benehmen seinerseits, als gäbe es sie nicht, war zu viel.
Obwohl der Boden unter ihren FüÃen durch die gefrorene Nässe glatt war und sie eigentlich auf jeden Schritt hätte achten müssen, stürmte sie auf ihn zu.
Sie spürte die Blicke auf sich.
Alle warteten auf eine Szene, darauf, wie sie ihn vor allen zur Schnecke machte und sich damit selbst blamierte. Den Gefallen würde sie ihnen nicht tun.
âWir müssen reden.â Keine Frage, sondern ein Befehl.
So wie die Worte klangen, hatte er keine Wahl, sie zu ignorieren.
âUnter vier Augenâ, fügte sie, ebenso entschlossen, mit einem kurzen Blick zu den anderen hinzu.
Sie reagierten nicht direkt, aber nachdem sie alle Finn angestarrt hatten und er ihnen zu verstehen gegeben hatte, dass es in Ordnung war, setzten sie sich in Bewegung.
Finn drehte sich erst zu ihr um, als die anderen schon einige Meter entfernt waren. Seine Körperhaltung strotzte nur so von Ablehnung, aber Jo ignorierte es, genauso wie sie versuchte ihren Zorn darüber zu ignorieren.
âOk...â, fing sie an âWie wäre es, wenn du mir erklärst was los ist? Oder mir wenigstens ins Gesicht sagst, dass du keinen Bock mehr auf mich hast?â
Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihre Stimme so ruhig klingen würde, aber sie tat es und auch Finn schien es zu bemerken. Seine versteifte Haltung löste sich etwas.
Seine Arme, die er vor der Brust verschränkt hatte, sackten hinunter. Sein Blick ruhte auf ihrem Gesicht, ohne das seine Augen ihre trafen. Sie wusste nicht, wie lange sie so dastanden, ohne, dass er etwas sagte.
âIch kann es nicht mehrâ, kam es schlieÃlich etwas zu leise, zu schwach von ihm. âIch kann nicht mehr jeden Tag mit dir zusammen sein als wäre nichts!â Etwas lauter, kräftiger jetzt.
âWovon, zum Teufel, redest du?â Sie hatte die Stirn gerunzelt, starrte ihn an, ihre Stimme voller Unverständnis.
âGenau das ist es!â Er schmiss die Arme in die Luft.
Der Klang seiner Stimme voller Resignation.
âDu hast keine Ahnung. Seit Jahren läufst du blind durch die Gegend, ohne einen blassen Schimmer. Ich bin da, wenn du Probleme hast, höre dir zu, begebe mich auf einen völlig absurden Roadtrip, weil du mich darum bittest und du begreifst gar nichts!â
Während er redete, wurde er immer lauter, bis seine Stimme eine Lautstärke erreichte, bei der man nicht mehr von reden sprechen konnte.
Er schrie sie an âIch habe immer gedacht, keiner würde mich besser kennen als du, aber ich hab mich getäuscht. Jeder verdammte Idiot auf dieser Schule kennt mich besser!â
Er schaute sie an. Sie konnte nichts sagen, zu perplex, zu verwirrt durch seinen Ausbruch.
Er wartete, hoffte, dass sie verstand. Aber es kam nichts, nur die Verwirrung, der Mangel an Verständnis in ihren Augen, ihrer ganzen Mimik.
Traurig schüttelte er den Kopf âVergiss es, ok?â
Er sprach wieder leiser, fast als wollte er sich selbst beruhigen.
âDas warâs mit uns. Ich kann einfach nicht mehr mit dir befreundet sein.â
Sie sah ihm nach, als er langsam davon ging, sich wieder zu seinen Freunden gesellte, die ihn alle betroffen anschauten.
Jeder verdammte Idiot auf dieser Schule kannte ihn besser. Sie wussten, um was es ging und sie selbst, die, die es betraf wusste nichts.
Alles verschwamm. Er wollte sie tatsächlich nicht mehr, er hatte sie satt. Er hatte es ihr ins Gesicht gesagt. Eigentlich war es doch gewesen, was sie wollte, aber nie, nie in ihren ganzen Ãberlegungen, in den Szenarien, die sie sich vorgestellt hatte, hatte dieser Schmerz, der jetzt jede Faser ihres Körpers einnahm eine Rolle gespielt.
Zuvor hatte sie ihn nur vermisst, hatte sich gewünscht mal wieder mit ihm zu reden, Witze zu machen, aber jetzt tat es weh. So unglaublich weh.
Wo lag sein Problem? Was hatte sie getan, oder auch nicht getan, das ihn so wütend, so traurig machte?
Zeit verging. Es klingelte, einmal, zweimal.
Alle Schüler, die sich zuvor noch auf dem gefrorenen Rasen und dem Parkplatz getummelt hatten, waren verschwunden. Kleine Schneeflocken, die ersten des Tages, verfingen sich in ihren Haaren, bedeckten die Eisschicht.
Sie zitterte, ohne es zu merken. Starrte auf die Tür, durch die er schon vor Minuten verschwunden war.
Die ersten dickeren Schneeflocken, die ihr Gesicht trafen, es kühlten und gleichzeitig darauf schmolzen, waren es, die sie in die Realität zurück holten, dafür sorgten, dass sie merkte, wie taub ihre Finger waren, wie kalt ihre Nase, ihre Lippen.
Sie würde nicht hinein gehen.
Zu viele Schüler hatten es mitbekommen, morgen würde es vergessen sein, aber, wenn sie jetzt, eine halbe Stunde zu spät in den Klassensaal kommen würde, wieder alle Blicke auf sich ziehen würde, wäre es auch morgen noch Gesprächsthema. Nicht zu gehen, in ihr Auto zusteigen und sich heute nicht mehr blicken zu lassen, hätte dieselben Auswirkungen, aber für den Moment, nur für heute, war es die angenehmere Alternative.
Was würde es ihr heute auch schon groà bringen in der Schule zu sitzen, wenn sie doch nichts mitbekam, weil ihre Gedanken bei Finn hingen?
Bei dem was er gesagt hatte. Während sie verzweifelt versuchte herauszufinden, was er gemeint hat.
Zögernd löste sie ihre Augen von dem Gebäude vor ihr. Mit jedem Schritt den sie tat, merkte sie mehr, wie verfroren sie war. Ihre Oberschenkel brannten, kribbelten, vor Kälte.
Ihre Hände zitterten unkontrollierten und sorgten dafür, dass es länger, wie sonst dauerte ihren Wagen zu öffnen.
Stunden fuhr sie planlos durch die Gegend.
Kam an ihrem Haus vorbei, an Finns, fuhr ein Stück den Highway entlang, nur um irgendwann zu wenden und zurück zufahren. Wann immer sie etwas zu schnell fuhr, schlingerte ihr Wagen gefährlich auf den schneebedeckten StraÃen, sie bremste ab, fuhr wieder langsamer, vergaà die Gefahr irgendwann wieder, nur um in der nächsten Kurve wieder um ihr Leben fürchten zu müssen.
Ihre Glieder waren wieder warm und trotzdem spürte sie sie nicht wirklich. Sie waren taub, aber nicht von der Kälte betäubt, sondern von dem Gefühl, das sie nicht mehr loslieÃ. Leere.
Das war es. Nie zuvor hatte sie sich so leer gefühlt. Nie zuvor so alleine, so einsam, so ohne jeden Beistand.
Finns Worte hatten sie tiefer getroffen, schwerer verletzt, als sie es für möglich gehalten hatte.
Wie war es möglich, dass sie so tief in ihr Fleisch schnitten? Ihr das Gefühl gaben, als wäre sie kurz davor zu verbluten?
Er war ihr bester Freund gewesen, über die ganzen Jahre hinweg, ihr einziger Freund, aber selbst die Funkstille über die Ferien hinweg, hatte nicht diese Auswirkung auf sie gehabt.
Selbst die Idioten auf ihrer Schule kannten ihn besser. Was wussten diese Idioten?
Das leichte Ruckeln ihres Hondas, als sie auf die Brücke fuhr, lieà ihren Blick gleiten. Sie hatte nicht bemerkt, wo ihr Weg sie hinführte, aber jetzt erkannte sie die Strecke.
In den letzten Monaten war sie sie so oft gefahren.
Instinktiv hatte sie sich hierher verirrt und jetzt, da sie wusste, wo sie hinfuhr, hatte sie nicht vor umzukehren.
Die StraÃe vor ihr war weitestgehend frei von Eis und Schnee, die Bäume, obwohl sie nur aus blanken Ãsten bestanden, hatten die Feuchtigkeit zum GroÃteil abgehalten.
Hier im Wald, war es möglich zu vergessen, wie kalt, wie nass, wie ungemütlich, die letzten Tage gewesen sind. Vielleicht, konnte sie hier auch vergessen, was Finn gesagt hatte.
Sie saà in ihrem geheizten Auto, starrte das Haus an und verdrängte alle Gedanken, die sie nicht denken wollte.
Stattdessen versuchte sie sie auf belangloses zu richten. Auf die nahenden Abschlussprüfungen, den Abschlussball, die Collegebewerbungen.
Ok, eigentlich waren es keine belanglosen Gedanken, aber in diesen Stunden, an diesem Tag waren sie bei weitem nicht so erschreckend, wie die Erinnerungen an den Morgen.
Sie schloss immer wieder die Augen, atmete tief durch, kämpfte gegen die Bilder von Finns Gesichtsausdruck, während er sie angeschrieen hatte.
Als sie sie wieder öffnete, glaubte sie, für weniger als eine Sekunde gesehen zu haben, wie die Tür sich bewegte.
Aber, als sie sich in ihrem Sitz aufrichtete, sich darauf konzentrierte, war nichts mehr zu sehen. Keine Bewegung, hinter den Vorhängen, die selbst nach all den Jahren, das Innere der Villa noch vor neugierigen Blicken schützten. Keine FuÃspuren auf der Veranda, der Treppe, der verschneiten Wiese. Nichts.
~~~~~