24.12.2007, 00:32
Ein kleines Present zu Weihnachten, was ich geschrieben hab, weil ich dank des Capucinos nich schlafen konnte ^^:pfeif:
Titel: Ich hasse Weihnachten (doch nicht)
Autor: sweetGilmore13
Teil: 1 von 2
Rating: sagen wir 12
Genre: Humor
Disclaimer: Alles meins, wobei man sagen könnte, das bin sogar ich^^ und nein - ich verdiene leider kein Geld damit
Sie saà an ihrem Schreibtisch und schlug das Buch auf, dass sie seit zwei Jahren täglich führte. Nun ja, täglich war relativ, einige Tage, an denen sich nichts auf den StraÃen des winzigen Provinzdorfes tat, schrieb sie nichts hinein, aber Tage wie heute mussten notiert werden.
Obwohl es einige Kids in ihrem Alter albern fanden, Tagebuch zu führen, tat sie es doch. Denn schlieÃlich waren Tagebücher geheim und so wusste auch niemand, dass sie schrieb.
Ihre Schrift war winzig und an manchen Stellen so krakelig, dass niemand entziffern konnte, was da stand. Teilweise noch nicht einmal sie selbst, aber auch das war ihr egal. Irgendjemand würde dieses Tagebuch einmal finden und es doch können. Vermutlich, wenn sie schon lange tot und das Tagebuch im Leichenschauhaus war.
Irgendjemand würde sich immer für das interessieren, was in den Jahren zweitausendfünf bis zweitausendacht passiert war. Sie lieferte den richtigen Stoff dafür. Auch wenn es nur Passagen aus ihrem Leben waren.
Aus ihrem äuÃerst langweiligen Leben, wie sie fand. Nie passierte ihr etwas aufregendes oder gruseliges, wie in den amerikanischen Filmen, die sie so toll fand. Ihr Leben war schlicht weg langweilig und vereinsamt zur Erde gekommen.
Nicht vereinsamt in dem Sinne, wie ihr es euch vielleicht denkt. Sie hatte zu ihrer Geburt bereits einen zweijährigen Bruder und eine Mutter, einen Vater, eine Grandma und einen Grandpa. Und noch unzählige andere Verwandte auf der nördlichen Hälfte der Erdkugel verstreut.
Ihr folgte acht Jahre später noch eine kleine Schwester und Cousinen und Cousins in rauen Mengen. Und doch fühlte sie sich seltsam allein gelassen. Nie hörte ihr jemand zu, als sie noch im Norden Deutschlands lebte, aber sie war ja auch noch klein und zog bereits mit dreieinhalb Jahren von dort weg.
Sie war ihrer Meinung nach ein hässliches Baby mit dicken Backen und einem viel zu groÃen Kopf für ihren kleinen Körper. Ihr Bruder war viel hübscher als sie und dummerweise hielt er ihr das Jahr für Jahr von Neuem vor. Und doch fand sie es toll ihn als Bruder zu haben.
In dem winzigen Kaff, in dem sie seit über zehn Jahren lebte, passierte nie etwas und es würde auch nichts passieren. Der Bundeskanzler, oder eben die Bundeskanzlerin, würde niemals mit dem Auto dort hindurch fahren, es würde niemals so etwas wie einen Presseansturm auf irgendein Haus geben, weil bei Nachbars eben ein Mord passiert war, denn hier starben alle, weil es so langweilig war und nicht weil der Nachbar, drei Häuser weiter, ihn hasste.
Niemand, der dort lebte, würde es wagen nach dem zwanzigsten Lebensjahr die Fliege zu machen. Denn dann war man ein Mitglied der Gesellschaft und wurde gehasst, wenn man einfach wegging.
Es gab ja noch nicht einmal genug Kids, um einen Jugendclub zu eröffnen! Die Jugendlichen zwischen fünf- und siebzehn trafen sich tagtäglich an dem riesigen See, der einmal ein Tagebau gewesen war, ehe er mit Wasser gefüllt wurde. Das Gebiet um den See herum, war noch immer Abrutsch-gefährdet , aber nie war auch nur ein Sandkörnchen zu viel im See gelandet.
Das Dorf war zum Tode verurteilt, fand sie, denn es passierte einfach nichts Aufregendes. Es gab dort ja noch nicht einmal Kühe! Keine stinkenden Kühe, die es in jedem verdammten Dorf gab! Nicht mal die traf man dort an!
Gerade Mal zweiundsiebzig Haushalte und zirka einhundertachtzig Einwohner. Das war⦠das war nichts! Es war sogar weniger als nichts! Es war mickrig, klein, nicht auf der Landkarte verzeichnet! Es stand ja noch nicht mal im Schulatlas drin, wenn man die Karte für Sachsen aufschlug. Es existierte für einige Menschen erst dann, wenn man ihnen davon erzählte.
Selbst die Leute im Umkreis von zwanzig Kilometern kannten dieses winzigkleine Kuhkaff nicht. Wobei Kuh schon wieder übertrieben war. Kühe hatten sie ja schlieÃlich nicht. Man konnte also sagen es war ein einsamen kleines Dorf, das irgendein Trottel gegründet hatte, in dem er ein Haus auf eine groÃe Grasfläche setzte und seinem hübschen Grundstück einen Namen gab.
An Grundstücksflächen haperte es nicht, die Häuser waren ziemlich groÃ, eigentlich ganz hübsch und auf jedem Hof standen mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Häuser, und Gärten hatten die Dorfbewohner im Ãberfluss. Dazu noch ein hübsches Wäldchen und die gröÃere Fläche eines Sees, der sich über drei Dörfer zog.
Wenn man zu dem Ort wollte, der anscheinend nur für die existierte, die ihn kannten, musste man also erst einmal sechs Kilometer aus dem anliegenden Dorf fahren, um es überhaupt zu finden.
Und dennoch konnte sie sich nicht beschweren. Auch wenn sie sich ziemlich vereinsamt fühlte in dem hellgrünen Haus, das noch zwei anliegende Häuschen hatte, die nicht hellgrün waren. Wie man sich bei sechs weiteren Personen im Haushalt einsam fühlen konnte, war ihr selbst ein Rätsel, aber es war so.
Innerlich zumindest.
Bis zu ihrem dreizehnten Geburtstag wurde sie zum gröÃten Teil ihres Lebens nur gehänselt und ausgelacht. Als sie dann plötzlich dreizehn wurde, wurde sie auch bei den anderen beliebter. Sie hatte ihr pummeliges Aussehen verloren, war etwas hübscher als früher und hatte auch ein höheres Ansehen, als damals, als sie zum ersten Mal den Kindergarten, zwei Dörfer weiter, besuchte.
Sie half anderen Teenagern bei ihren Problemen in der Liebe und stand jedem Idioten zur Seite, egal wie fies er früher zu ihr gewesen war. In ihrem Leben ging es plötzlich bergauf, was das äuÃere Erscheinungsbild betraf. Aber innerlich blieb sie immer allein.
Niemand half ihr, niemand weinte mit ihr, wenn sie mal Probleme hatte, keine kümmerte sich um ihre Sorgen, die ihr das Leben bereiteten. Immer standen die anderen im Mittelpunkt und sie begann sich ausgenutzt zu fühlen.
Welch Ironie des Schicksals, dass sich in dem kleinen Dorf, in dem sie wohnte, langsam vier Jungen zusammenrotteten und begannen sich täglich zu treffen. Irgendwann ging sie einfach mit ihrem Bruder mit und wurde so zum Mädchen der ehemaligen Jungenclique.
Sie waren alle ein bis zwei Jahre älter als sie, aber sie wurden zu ihren besten Freunden und die Einzigen, die sich auch anhörten, was sie zu sagen hatte. Sie fühlte sich plötzlich nicht mehr einsam und verlassen, sondern akzeptiert und geliebt.
Aber das Gefühl war sofort weg, wenn sie wieder nach Hause kam und herumkommandiert wurde, wie eine Sklavin. âTu dies! Mach das! Du hast mal wieder nicht ordentlich gewischt! Ich habe dir schon drei Mal gesagt, dass du den Müll raus bringen sollst! Geh vom Computer weg, du sitzt schon wieder Stunden! Du kannst dich später mit deinen Freunden treffen, räum erst die Küche auf!â
Zu Hause fühlte sie sich wie ein lästiges Insekt, dass man nicht vertreiben konnte. Irgendwann musste man es mit grimmiger Miene akzeptieren. Und das machte ihr Angst. Irgendwann wollte sie abhauen, aber nie schaffte sie es. Und das, obwohl ihr zwanzigstes Lebensjahr noch lange nicht in Sicht war.
Aber nun zurück zu ihrem Tagebuch. Sie setzte den Stift an und schrieb:
Liebes Tagebuch,
Es ist Weihnachten! Grausam, ich weiÃ! Ich meine, es schneit nicht, es ist arschkalt und na ja⦠die Geschenke sind auch nicht gerade das, was man heutzutage unter âgeilâ versteht. Warum man dieses beschissene Fest überhaupt veranstaltet ist mir zwar immer noch ein Rätsel, aber irgendwie ist es ja auch ganz nett, so bei der Familie zu sein, den Geruch, der nach Katzenpisse stinkenden Tanne einzuatmen und ein paar Pakete aufzureiÃen, die mit viel Mühe verpackt wurden.
Ich weiÃ, wie es sich anfühlt, wenn man Geschenke einpacken muss, die einfach nur scheiÃe aussehen! Nein wirklich. Es ist das Grausamste an Weihnachten, was man seinen Eltern antun kann. Oh nein, Entschuldigung, dem Weihnachtsmann.
Ich wünsche wirklich Niemandem das Glück Geschenke einpacken zu müssen, man überlege sich doch erst einmal die Unkosten, die allein schon durch das ScheiÃ-Geschenkpapier entstehen! Jedes dämliche Geschenk, und sei es noch so unförmig muss verpackt werden. Und so auch meins, das ich für Mom gekauft hab!
Eine Kerze! Toll, was? Für Weihnachten einzukaufen, ist echt der Horror und weil meine Mom mich ja schlieÃlich durchfüttern muss, solange ich unter ihrem Dach lebe, war ich mal so gnädig und habe ihr eben eine Kerze geschenkt, die nach Zimt riecht.
Mein Dad kriegt nix, meine Schwester zwei abgeluchste Bücher aus dem Praktikum in der Bibliothek und mein Bruderherz noch weniger als nichts. HeiÃe Luft! Ich werde ihm das Resultat meiner drei missglückten Versuche, Moms Geschenk einzupacken, an den Kopf werfen, vielleicht freut er sich ja dann!
Er hat mir ja schlieÃlich auch nichts geschenkt, also warum sollt ich mir noch groÃartig Gedanken machen?
Und dann wäre da noch was, was ich am Weihnachtsfest auszusetzen habe! Der ScheiÃ-Weihnachtsbaum! Kann mir mal einer sagen, wie dämlich man sein kann, einen Baum zu kaufen, der erstens stinkt, zweitens überall seine Nadeln verliert, in die ich dann treten darf, und drittens die Sicht auf die Glotze versperrt, weil er so unförmig ist und eigentlich total beschissen aussieht?
Nein? Tja schade, ich weià es nämlich nicht.
Andere fahren zu Weihnachten in die Karibik oder dorthin wo ne Menge Schnee liegt, um Ski fahren zu können. Wir müssen natürlich zu Hause bleiben, dem doofen Baum schmücken, der laut Dad symmetrisch leuchten muss, dürfen uns den Arsch abfrieren, weil es drauÃen minus fünf Grad sind und können nicht einmal Schlittschuh laufen gehen, weil es verboten ist auf dem See zu laufen, dort drin zu baden, oder einfach nur am Rand davon zu stehen.
Früher hat Mom immer noch gesagt, ich soll da nicht hingehen, tja Pech gehabt, liebes Mamilein! Ich bin schon groà und mach sowieso was ich willâ¦
Jetzt ist es drauÃen auch noch dunkel und der blöde Vollmond strahlt mich an, als hätte er nichts besseres zu tun. Meine GroÃeltern sitzen immer noch im Wohnzimmer und lachen sich über irgendeinen dämlichen Witz kaputt, der jedes Jahr aufs Neue wiederholt im Fernsehen ausgestrahlt wird.
Ich meine sehen können sie den Film dazu ja sowieso nicht, da das stinkende Gestrüpp davor steht, aber es reicht ja schon den Blödsinn zu hören, nicht wahr?
Und dann gibt es da noch die Weihnachtsteller. Wer die erfunden hat, sollte erschossen werden! So ein Blödsinn! Erst frisst man sich in der Vorweihnachtszeit den Kalender an, dann kommen noch die SüÃigkeiten dazu, die mein Bruderherz regelrecht wegatmet und wenn man das dann auch hinter sich hat, kommt das Weihnachtsessen am Tag danach!
âEnte oder Kaninchen?â Ist das nicht widerlich? Sich jedes Jahr das Selbe reinziehen zu müssen, obwohl man eigentlich vorhatte abzunehmen und auf Diät zu bleiben? Nein ist es nicht, denn es dient dem Wohl der Allgemeinheit, das zu essen, dass Mom und Grandma zusammen gemacht haben. SchlieÃlich müssen sie ja von allen Seiten hören, wie gut es schmeckt, oder sieht das irgendjemand anders?
Bäh! Bäh, bäh, bäh! Ich kannâs nicht mehr haben! Nie wieder Weihnachten! Nie wieder Geschenke einpacken! Nie wieder in spitze, stinkende Tannennadeln treten, nie wieder die Symmetrie des Baumes sehen müssen, nie wieder einen dämlichen Witz hören, der im Fernseher kommt und den man noch nicht einmal sehen kann!
Oh es hat geklingelt, ich muss Schluss machen, es ist Bescherung, ich frage mich, ob Mom sich über die Kerze freut, vielleicht krieg ich ja doch noch alles, was auf dem Wunschzettel stand, obwohl Mom gesagt hat, ich hab das Limit mal wieder gewaltig überschritten. Ich frage mich wie der Baum jetzt aussiehtâ¦
Frohe Weihnachten und Gute Nacht, ich sag dir morgen, was ich gekriegt habâ¦
Sie schlug das Buch zu, sprang auf und rannte ins Wohnzimmer. Oh wie sie Weihnachten doch liebteâ¦
Titel: Ich hasse Weihnachten (doch nicht)
Autor: sweetGilmore13
Teil: 1 von 2
Rating: sagen wir 12
Genre: Humor
Disclaimer: Alles meins, wobei man sagen könnte, das bin sogar ich^^ und nein - ich verdiene leider kein Geld damit
Eine Weihnachtsgeschichte
Sie saà an ihrem Schreibtisch und schlug das Buch auf, dass sie seit zwei Jahren täglich führte. Nun ja, täglich war relativ, einige Tage, an denen sich nichts auf den StraÃen des winzigen Provinzdorfes tat, schrieb sie nichts hinein, aber Tage wie heute mussten notiert werden.
Obwohl es einige Kids in ihrem Alter albern fanden, Tagebuch zu führen, tat sie es doch. Denn schlieÃlich waren Tagebücher geheim und so wusste auch niemand, dass sie schrieb.
Ihre Schrift war winzig und an manchen Stellen so krakelig, dass niemand entziffern konnte, was da stand. Teilweise noch nicht einmal sie selbst, aber auch das war ihr egal. Irgendjemand würde dieses Tagebuch einmal finden und es doch können. Vermutlich, wenn sie schon lange tot und das Tagebuch im Leichenschauhaus war.
Irgendjemand würde sich immer für das interessieren, was in den Jahren zweitausendfünf bis zweitausendacht passiert war. Sie lieferte den richtigen Stoff dafür. Auch wenn es nur Passagen aus ihrem Leben waren.
Aus ihrem äuÃerst langweiligen Leben, wie sie fand. Nie passierte ihr etwas aufregendes oder gruseliges, wie in den amerikanischen Filmen, die sie so toll fand. Ihr Leben war schlicht weg langweilig und vereinsamt zur Erde gekommen.
Nicht vereinsamt in dem Sinne, wie ihr es euch vielleicht denkt. Sie hatte zu ihrer Geburt bereits einen zweijährigen Bruder und eine Mutter, einen Vater, eine Grandma und einen Grandpa. Und noch unzählige andere Verwandte auf der nördlichen Hälfte der Erdkugel verstreut.
Ihr folgte acht Jahre später noch eine kleine Schwester und Cousinen und Cousins in rauen Mengen. Und doch fühlte sie sich seltsam allein gelassen. Nie hörte ihr jemand zu, als sie noch im Norden Deutschlands lebte, aber sie war ja auch noch klein und zog bereits mit dreieinhalb Jahren von dort weg.
Sie war ihrer Meinung nach ein hässliches Baby mit dicken Backen und einem viel zu groÃen Kopf für ihren kleinen Körper. Ihr Bruder war viel hübscher als sie und dummerweise hielt er ihr das Jahr für Jahr von Neuem vor. Und doch fand sie es toll ihn als Bruder zu haben.
In dem winzigen Kaff, in dem sie seit über zehn Jahren lebte, passierte nie etwas und es würde auch nichts passieren. Der Bundeskanzler, oder eben die Bundeskanzlerin, würde niemals mit dem Auto dort hindurch fahren, es würde niemals so etwas wie einen Presseansturm auf irgendein Haus geben, weil bei Nachbars eben ein Mord passiert war, denn hier starben alle, weil es so langweilig war und nicht weil der Nachbar, drei Häuser weiter, ihn hasste.
Niemand, der dort lebte, würde es wagen nach dem zwanzigsten Lebensjahr die Fliege zu machen. Denn dann war man ein Mitglied der Gesellschaft und wurde gehasst, wenn man einfach wegging.
Es gab ja noch nicht einmal genug Kids, um einen Jugendclub zu eröffnen! Die Jugendlichen zwischen fünf- und siebzehn trafen sich tagtäglich an dem riesigen See, der einmal ein Tagebau gewesen war, ehe er mit Wasser gefüllt wurde. Das Gebiet um den See herum, war noch immer Abrutsch-gefährdet , aber nie war auch nur ein Sandkörnchen zu viel im See gelandet.
Das Dorf war zum Tode verurteilt, fand sie, denn es passierte einfach nichts Aufregendes. Es gab dort ja noch nicht einmal Kühe! Keine stinkenden Kühe, die es in jedem verdammten Dorf gab! Nicht mal die traf man dort an!
Gerade Mal zweiundsiebzig Haushalte und zirka einhundertachtzig Einwohner. Das war⦠das war nichts! Es war sogar weniger als nichts! Es war mickrig, klein, nicht auf der Landkarte verzeichnet! Es stand ja noch nicht mal im Schulatlas drin, wenn man die Karte für Sachsen aufschlug. Es existierte für einige Menschen erst dann, wenn man ihnen davon erzählte.
Selbst die Leute im Umkreis von zwanzig Kilometern kannten dieses winzigkleine Kuhkaff nicht. Wobei Kuh schon wieder übertrieben war. Kühe hatten sie ja schlieÃlich nicht. Man konnte also sagen es war ein einsamen kleines Dorf, das irgendein Trottel gegründet hatte, in dem er ein Haus auf eine groÃe Grasfläche setzte und seinem hübschen Grundstück einen Namen gab.
An Grundstücksflächen haperte es nicht, die Häuser waren ziemlich groÃ, eigentlich ganz hübsch und auf jedem Hof standen mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Häuser, und Gärten hatten die Dorfbewohner im Ãberfluss. Dazu noch ein hübsches Wäldchen und die gröÃere Fläche eines Sees, der sich über drei Dörfer zog.
Wenn man zu dem Ort wollte, der anscheinend nur für die existierte, die ihn kannten, musste man also erst einmal sechs Kilometer aus dem anliegenden Dorf fahren, um es überhaupt zu finden.
Und dennoch konnte sie sich nicht beschweren. Auch wenn sie sich ziemlich vereinsamt fühlte in dem hellgrünen Haus, das noch zwei anliegende Häuschen hatte, die nicht hellgrün waren. Wie man sich bei sechs weiteren Personen im Haushalt einsam fühlen konnte, war ihr selbst ein Rätsel, aber es war so.
Innerlich zumindest.
Bis zu ihrem dreizehnten Geburtstag wurde sie zum gröÃten Teil ihres Lebens nur gehänselt und ausgelacht. Als sie dann plötzlich dreizehn wurde, wurde sie auch bei den anderen beliebter. Sie hatte ihr pummeliges Aussehen verloren, war etwas hübscher als früher und hatte auch ein höheres Ansehen, als damals, als sie zum ersten Mal den Kindergarten, zwei Dörfer weiter, besuchte.
Sie half anderen Teenagern bei ihren Problemen in der Liebe und stand jedem Idioten zur Seite, egal wie fies er früher zu ihr gewesen war. In ihrem Leben ging es plötzlich bergauf, was das äuÃere Erscheinungsbild betraf. Aber innerlich blieb sie immer allein.
Niemand half ihr, niemand weinte mit ihr, wenn sie mal Probleme hatte, keine kümmerte sich um ihre Sorgen, die ihr das Leben bereiteten. Immer standen die anderen im Mittelpunkt und sie begann sich ausgenutzt zu fühlen.
Welch Ironie des Schicksals, dass sich in dem kleinen Dorf, in dem sie wohnte, langsam vier Jungen zusammenrotteten und begannen sich täglich zu treffen. Irgendwann ging sie einfach mit ihrem Bruder mit und wurde so zum Mädchen der ehemaligen Jungenclique.
Sie waren alle ein bis zwei Jahre älter als sie, aber sie wurden zu ihren besten Freunden und die Einzigen, die sich auch anhörten, was sie zu sagen hatte. Sie fühlte sich plötzlich nicht mehr einsam und verlassen, sondern akzeptiert und geliebt.
Aber das Gefühl war sofort weg, wenn sie wieder nach Hause kam und herumkommandiert wurde, wie eine Sklavin. âTu dies! Mach das! Du hast mal wieder nicht ordentlich gewischt! Ich habe dir schon drei Mal gesagt, dass du den Müll raus bringen sollst! Geh vom Computer weg, du sitzt schon wieder Stunden! Du kannst dich später mit deinen Freunden treffen, räum erst die Küche auf!â
Zu Hause fühlte sie sich wie ein lästiges Insekt, dass man nicht vertreiben konnte. Irgendwann musste man es mit grimmiger Miene akzeptieren. Und das machte ihr Angst. Irgendwann wollte sie abhauen, aber nie schaffte sie es. Und das, obwohl ihr zwanzigstes Lebensjahr noch lange nicht in Sicht war.
Aber nun zurück zu ihrem Tagebuch. Sie setzte den Stift an und schrieb:
24.12.2007
Liebes Tagebuch,
Es ist Weihnachten! Grausam, ich weiÃ! Ich meine, es schneit nicht, es ist arschkalt und na ja⦠die Geschenke sind auch nicht gerade das, was man heutzutage unter âgeilâ versteht. Warum man dieses beschissene Fest überhaupt veranstaltet ist mir zwar immer noch ein Rätsel, aber irgendwie ist es ja auch ganz nett, so bei der Familie zu sein, den Geruch, der nach Katzenpisse stinkenden Tanne einzuatmen und ein paar Pakete aufzureiÃen, die mit viel Mühe verpackt wurden.
Ich weiÃ, wie es sich anfühlt, wenn man Geschenke einpacken muss, die einfach nur scheiÃe aussehen! Nein wirklich. Es ist das Grausamste an Weihnachten, was man seinen Eltern antun kann. Oh nein, Entschuldigung, dem Weihnachtsmann.
Ich wünsche wirklich Niemandem das Glück Geschenke einpacken zu müssen, man überlege sich doch erst einmal die Unkosten, die allein schon durch das ScheiÃ-Geschenkpapier entstehen! Jedes dämliche Geschenk, und sei es noch so unförmig muss verpackt werden. Und so auch meins, das ich für Mom gekauft hab!
Eine Kerze! Toll, was? Für Weihnachten einzukaufen, ist echt der Horror und weil meine Mom mich ja schlieÃlich durchfüttern muss, solange ich unter ihrem Dach lebe, war ich mal so gnädig und habe ihr eben eine Kerze geschenkt, die nach Zimt riecht.
Mein Dad kriegt nix, meine Schwester zwei abgeluchste Bücher aus dem Praktikum in der Bibliothek und mein Bruderherz noch weniger als nichts. HeiÃe Luft! Ich werde ihm das Resultat meiner drei missglückten Versuche, Moms Geschenk einzupacken, an den Kopf werfen, vielleicht freut er sich ja dann!
Er hat mir ja schlieÃlich auch nichts geschenkt, also warum sollt ich mir noch groÃartig Gedanken machen?
Und dann wäre da noch was, was ich am Weihnachtsfest auszusetzen habe! Der ScheiÃ-Weihnachtsbaum! Kann mir mal einer sagen, wie dämlich man sein kann, einen Baum zu kaufen, der erstens stinkt, zweitens überall seine Nadeln verliert, in die ich dann treten darf, und drittens die Sicht auf die Glotze versperrt, weil er so unförmig ist und eigentlich total beschissen aussieht?
Nein? Tja schade, ich weià es nämlich nicht.
Andere fahren zu Weihnachten in die Karibik oder dorthin wo ne Menge Schnee liegt, um Ski fahren zu können. Wir müssen natürlich zu Hause bleiben, dem doofen Baum schmücken, der laut Dad symmetrisch leuchten muss, dürfen uns den Arsch abfrieren, weil es drauÃen minus fünf Grad sind und können nicht einmal Schlittschuh laufen gehen, weil es verboten ist auf dem See zu laufen, dort drin zu baden, oder einfach nur am Rand davon zu stehen.
Früher hat Mom immer noch gesagt, ich soll da nicht hingehen, tja Pech gehabt, liebes Mamilein! Ich bin schon groà und mach sowieso was ich willâ¦
Jetzt ist es drauÃen auch noch dunkel und der blöde Vollmond strahlt mich an, als hätte er nichts besseres zu tun. Meine GroÃeltern sitzen immer noch im Wohnzimmer und lachen sich über irgendeinen dämlichen Witz kaputt, der jedes Jahr aufs Neue wiederholt im Fernsehen ausgestrahlt wird.
Ich meine sehen können sie den Film dazu ja sowieso nicht, da das stinkende Gestrüpp davor steht, aber es reicht ja schon den Blödsinn zu hören, nicht wahr?
Und dann gibt es da noch die Weihnachtsteller. Wer die erfunden hat, sollte erschossen werden! So ein Blödsinn! Erst frisst man sich in der Vorweihnachtszeit den Kalender an, dann kommen noch die SüÃigkeiten dazu, die mein Bruderherz regelrecht wegatmet und wenn man das dann auch hinter sich hat, kommt das Weihnachtsessen am Tag danach!
âEnte oder Kaninchen?â Ist das nicht widerlich? Sich jedes Jahr das Selbe reinziehen zu müssen, obwohl man eigentlich vorhatte abzunehmen und auf Diät zu bleiben? Nein ist es nicht, denn es dient dem Wohl der Allgemeinheit, das zu essen, dass Mom und Grandma zusammen gemacht haben. SchlieÃlich müssen sie ja von allen Seiten hören, wie gut es schmeckt, oder sieht das irgendjemand anders?
Bäh! Bäh, bäh, bäh! Ich kannâs nicht mehr haben! Nie wieder Weihnachten! Nie wieder Geschenke einpacken! Nie wieder in spitze, stinkende Tannennadeln treten, nie wieder die Symmetrie des Baumes sehen müssen, nie wieder einen dämlichen Witz hören, der im Fernseher kommt und den man noch nicht einmal sehen kann!
Oh es hat geklingelt, ich muss Schluss machen, es ist Bescherung, ich frage mich, ob Mom sich über die Kerze freut, vielleicht krieg ich ja doch noch alles, was auf dem Wunschzettel stand, obwohl Mom gesagt hat, ich hab das Limit mal wieder gewaltig überschritten. Ich frage mich wie der Baum jetzt aussiehtâ¦
Frohe Weihnachten und Gute Nacht, ich sag dir morgen, was ich gekriegt habâ¦
Sie schlug das Buch zu, sprang auf und rannte ins Wohnzimmer. Oh wie sie Weihnachten doch liebteâ¦
Frohe Weihnachten ihr Pappnasen und ein gesundes, neues Jahr
Freundschaft fließt aus vielen Quellen, am reinsten aus dem Respekt