Ein Albtraum wird wahr

Hey!! Danke für euer tolles FB. Es freut mich, wenn euch die FF gefällt! :-)

So und jetzt sind wir in meiner Geschichte endlich in der Gegenwart (also in dem Fall ca. 2029.
Jetzt wird viel aus verschiedenen Perspektiven berichtet, also ich hoffe, das bringt euch nicht durcheinander.
Das ist jetzt auch der Hauptteil der Geschichte!! Also, viel Spaß


~Prolog~
In meiner frühesten Erinnerung bin ich drei Jahre alt und versuche, meine Schwester umzubringen. Manchmal ist die Erinnerung so deutlich, dass ich wieder genau weiß, wie kratzig sich das Kopfkissen anfühlte, wie ihre Nasenspitze gegen meine Handfläche drückte. Sie hatte natürlich keine Chance gegen mich, aber geklappt hat es nicht. Mein Vater kam rein, um vor dem Schlafengehen noch einmal nach uns zu sehen und rettete sie. Er brachte mich zurück zu meinem eigenen Bett. „Das“, sagte er zu mir, „ist nie passiert.“
Als wir älter wurden, schien ich gar nicht zu existieren – außer wenn es um sie ging. Manchmal betrachtete ich sie, wenn sie in ihrem Bett auf der anderen Seite unseres Zimmers schlief und ging die Möglichkeiten durch. Gift in ihren Cornflakes. Eine tückische Unterwasserströmung beim Baden im Meer. Blitzschlag.
Aber ich habe meine Schwester nicht umgebracht. Sie hat es ganz allein gemacht.
Zumindest rede ich mir das ein.
~Prolog Ende~


ELENA
Als ich klein war, fragte ich mich nicht, wie Babys gemacht werden, sondern warum. Wie das alles ablief, wusste ich – mein großer Bruder David hatte mich aufgeklärt -, obwohl ich damals sicher war, dass er die Hälfte davon falsch verstanden hatte. Andere Kinder in meinem Alter schlugen im Klassenlexikon emsig die Wörter Penis und Vagina nach, wenn die Lehrerin ihnen den Rücken zudrehte, aber mich beschäftigten andere Fragen. Warum zum Beispiel manche Mütter nur ein Kind hatten, während andere Familien vor unseren Augen immer größer wurden. Oder wieso die Neue in der Schule, Moura, jedem erzählte, sie sei nach der Stadt benannt, in der ihre Eltern sie im Urlaub gezeugt hatten („Ein Glück, dass sie nicht gerade in Jersey City waren“, sagte mein Vater, als er das hörte).
Jetzt mit 13, sind die Fragen, die mich beschäftigen, noch komplizierter: Die Achtklässlerin, die von der Schule geflogen ist, weil sie sich in Schwierigkeiten gebracht hat; eine Nachbarin, die sich hat schwängern lassen, weil sie gehofft hat, das würde ihren Mann davon abhalten, die Scheidung einzureichen. Ich glaube, wenn heute Aliens auf der Erde landen und sich ganz genau anschauen würden, warum Babys geboren werden, kämen sie unweigerlich zu dem Schluss, dass die meisten Leute aus Versehen Kinder kriegen oder weil sie an einem bestimmten Abend zu viel getrunken hasben oder weil die Verhütungsmethoden nicht hundertprozentig sicher sind oder aus tausenerlei anderen Gründen, die nicht besonders schmeichelhaft sind.
Ich dagegen wurde zu einem ganz bestimmten Zweck geboren. Ich war nicht die Folge einer billigen Flasche Wein oder einer Vollmondnacht oder eines Augenblicks ungezügelter Leidenschaft. Ich wurde geboren, weil es einem Wissenschaftler gelungen ist, ein Ei meiner Mutter mit einer Damenzelle meines Vaters zu vereinen, um eine bestimmte Kombination von kostbarem genetischem Material zu schaffen. Tatsache ist, als David mir erzähle, wie Babys gemacht werden, und ich, die große Zweiflerin, zu meinen Eltern marschierte, damit sie mir erzählten, wie es wirklich funktionierte, erfuhr ich mehr, als ich wissen wollte. Natürlich erzählten sie mir den üblichen Kram – aber sie erklärten mir auch, dass sie sich speziell für mein kleines Embryonen-Ich entschieden hatten, weil ich meine Schwester Sarah retten konnte. „Wir haben dich sogar noch mehr geliebt“, versicherte meine Mutter mir, „weil wir ja genau wussten, was wir bekamen.“
Aber daraufhin musste ich mir die Frage stellen, was wohl gewesen wäre, wenn Sarah nicht diese Krankheit gehabt hätte. Sehr wahrscheinlich würde ich dann immer noch sonst wo herumschweben und darauf warten, eine Weile auf Erden verbringen zu können. Auf jeden Fall wäre ich nicht Teil dieser Familie. Denn anders als der Rest der freien Welt bin ich kein Zufallsprodukt. Und wenn eure Eltern euch aus einem bestimmten Grund bekommen haben, dann ist zu hoffen, dass es den Grund noch gibt. Denn sobald der sich erledigt hat, seid ihr es auch.


Pfandhäuser sind vielleicht voller Plunder, aber sie sind auch eine Brutstätte für Geschichten, wenn ihr mich fragt. Was ist passiert, dass jemand den „garantiert noch nie getragenen“ Diamantring versetzen musste? Wer brauchte so dringend Geld, dass er einen Teddybär verkauft hat, dem ein Auge fehlt? Als ich auf die Theke zugehe, kommt mir der Gedanke, ob sich andere dieselben Fragen stellen werden, wenn sie das Medaillon sehen, von dem ich mich trennen werde.
Der Mann an der Kasse hat eine Nase, die spitz ist wie eine Möhre und so tiefliegende Augen, dass ich Zweifel habe, ob er damit überhaupt genug sehen kann, um sein Gewerbe auszuüben. „Was darf's sein?“, fragt er.
Am liebsten würde ich auf dem Absatz kehrtmachen und wieder hinausmarschieren, so tun, als wäre ich nur aus Versehen hereingekommen. Doch ich bleibe, weil, ich mir sage, dass ich nicht der erste Mensch bin, der vor dieser Theke steht und einen Gegenstand in der Hand hält, von dem er nie gedacht hätte, dass er sich mal von ihm trennen würde.
„Ich hab was zu verkaufen“, sage ich.
„Muss ich raten, was?“
„Oh.“ Ich schlucke und hole das Medaillon aus meiner Jeanstasche. Das Herz fällt auf die Glastheke und die Kette sammelt sich wie eine Pfütze darum herum. „14 Karat Gold“, preise ich das Schmuckstück an. „Kaum getragen.“
Das ist gelogen. Bis heute habe ich es sieben Jahre lang kein einziges Mal abgenommen. Mein Vater hat es mir geschenkt, als ich sechs war, nach der Knochenmarkspende und er sagte, ein Mädchen, das seiner Schwester so ein großartiges Geschenk macht, hätte selbst auch eins verdient. Als ich es da auf der Theke liegen sehe, fühlt sich mein Hals fröstelig und nackt an.
Der Pfandleiher hält sich eine Lupe vor Auge, das jetzt fast normal groß aussieht. „Ich geb dir 20.“
„Dollar?“
„Nein, Pesos. Was hast du denn gedacht?“
„Das Ding ist fünfmal so viel wert!“ Ich rate.
Der Pfandleiher zuckt die Achseln. „Du brauchst das Geld, nicht ich.“
Ich nehme das Medaillon, um das Geschöft resigniert zu besiegeln, als etwas sehr Merkwürdiges geschieht – meine Hand verkrampft sich so fest wie ein Schraubstock. Ich werde rot im Gesicht vor der Anstrengung, meine Finger zu öffnen. Es kommt mir wie eine halbe Ewigkeit vor, bis das Medaillon endlich in der ausgestreckten Hand des Pfandleihers landet. Seine Augen ruhen wunverwandt auf meinem Gesicht und blicken jetzt sanfter. „Sag ihnen, du hast es verloren“, rät er mir, ein guter Rat als Gratismuster.


Wenn man den Begriff „Laune der Natur“ erklären wollte, böte sich eine Beschreibung von Elena Huntzberger an. Nich nur äußerlich: mager wie ein Flüchtlingskind, flach wie ein Brett, auf den Wangen Hunderte von Sommersprossen, die auch nicht mit Hilfe von Zitronensaft oder Sonnenmilch blasser werden. Nein, am Tag meiner Geburt war Gott anscheinend nicht gut drauf, weil er mir nämlich zu diesen tollen körperlichen Eigenschaften auch noch den entsprechenden Hintergrund mitgegeben hat – die Familie, in die ich hineingeboren wurde.
Meine Eltern gaben sich alle Mühe, ein normales Familienleben zu führen, aber das ist ein relativer Begriff. Die Wahrheit ist, ich hatte nie eine richtige Kindheit. Zugegeben, die hatten Sarah und David auch nicht. Vielleicht hatte mein Bruder die ein oder andere sonnige Stunde in den vier Jahren seines Lebens, bevor Sarah krank wurde, aber seitdem sind wir zu sehr damit beschäftigt, ständig auf das Schlimmste gefasst zu sein, um unbeschwert aufzuwachsen.
Die meisten kleinen Kinder sehen sich ja gerne als Zeichentrickfiguren – ihr wisst schon, wenn ihnen ein Amboss auf den Kopf fällt, rappeln sie sich einfach wieder auf und laufen weiter. Ich dagegen hab das nie geglaubt. Wie denn auch, wo wir doch jeden Abend am Tisch für den Tod mitgedeckt haben?
Sarah hat akute promyelozytäre Leukämie. Naja, so ganz stimmt das nicht – im Augenblick hat sie sie nicht, aber die Krankheit schlummert unter ihrer Haut wie ein Bär, der Winterschlaf hält und irgendwann wieder losbrüllt. Sie wurde krank, als sie zwei war; jetzt ist sie 16. Molekularer Rückfall und Granulozyten und Portkatheter – solche Wörter gehören fest zu meinem Vokabular, obwohl sie in kleiner Klassenarbeit vorkommen. Ich bin ein allogener Spender – ein Geschwister mit hundertprozentiger Übereinstimmung. Wenn Sarah Leukozyten oder Stammzellen oder Knochenmark braucht, um ihrem Körper weiszumachen, er sei gesund, bin ich ihr Lieferant. Fast jedes Mal, wenn Sarah ins Krankenhaus muss, lande ich auch dort.
Das alles bedeutet nichts, außer dass ihr nicht alles glauben sollt, was ihr über mich hört, schon gar nicht das, was ich euch selbst erzähle.
Als ich die Treppe untergehe, kommt meine Mutter schon wieder in einem neuen Ballkleid aus ihrem Zimmer. „Ah“, sagt sie und dreht mir den Rücken zu. „Zu dir wollte ich gerade.“
Ich mache ihr den Reißverschluss zu und sie dreht sich einmal im Kreis. Meine Mutter könnte wunderschön sein, wenn sie in das Leben von jemand anderem hineingezaubert würde. Sie hat langes dunkles Haar und die eleganten Schlüsselbeine einer Prinzessin, aber ihre Mundwinkel zeigen ständig nach unten, als hätte sie gerade eine bittere Nachricht geschluckt. Sie hat nicht viel Zeit für sich, da ihr Terminkalender sich dramatisch ändern kann, wenn meine Schwester plötzlich einen Bluterguss oder Nasenbluten bekommt, aber die wenige Zeit, die sie hat, verbringt sie im Internet auf der Webseite edressme.com und bestellt todschicke Abendkleider für Veranstaltungen, die sie nie besuchen wird. „Wie sehe ich aus?“, fragt sie.
Das Kleid hat alle Farben eines Sonnenuntergangs uns ist aus einem Stoff, der raschelt, wenn sie sich bewegt. Es ist trägerlos, ein Kleid für eine Filmschauspielerin, die einen roten Teppich entlangstolziert, völlig unpassend für eine Stadtrandsiedlung in Hartford, Connecticut. Meine Mutter dreht ihre Haare zu einem Knoten und hält es hoch. Auf ihrem Bett liegen drei andere Kleider – eins eng geschnitten und schwarz, eins mit Glasperlen besetzt, eins, das unglaublich klein wirkt. „Du siehst...“
Müde aus. Das Wort drängt sich mir auf die Zunge.
Meine Mutter wir ganz still und ich denke schon, dass ich es unabsichtlich ausgesprochen habe. Sie hält eine Hand hoch, damit ich leise bin, Richtung Tür. „Hast du das gehört?“
„Was gehört?“
„Sarah.“
„Ich hab nichts gehört.“
Aber sie verlässt sich nicht auf mich. Wenn es um Sarah geht, verlässt sie sich nämlich auf niemanden. Sie marschiert die Treppe hoch und als sie sie Tür von unserem gemeinsamen Zimmer öffnet, findet sie meine Schwester in Tränen aufgelöst auf dem Bett und schon stürzt sie Welt wieder ein.
„Sarah!“ Meine Mutter sinkt auf den Boden, das alberne Kleid wie eine Wolke um sie herum. „Sarah, Schätzchen, tut dir was weh?“
Sarah hält ein Kissen auf den Bauch gedrückt und Tränen strömen ihr übers Gesicht, Ihr helles Haar klebt ihr in feuchten Strähnen an den Wangen und sie atmet gepresst. Ich stehe wie erstarrt an der Tür und warte auf Anweisungen: Ruf Daddy an, Ruf einen Krankenwagen. Ruf Dr. Hayes an. Schließlich schüttelt meine Mutter Sarah sogar, um eine Antwort zu bekommen. „Preston“, schluchzt sie. „Er hat sich endgültig von Summer getrennt.“
Erst da bemerken wir den laufenden Fernseher. Auf dem Bildschirm wirft ein blonder, heißer Typ einer Frau, die fast genau wie meine Schwester Rotz und Wasser heult, einen schmachtenden Blick zu und knallt dann die Tür hinter sich zu. „Aber wo tut's dir weh?“ will meine Mutter wissen, überzeugt, dass es für die Tränen einen ernsteren Grund geben muss.
„Gott, wie traurig“, sagt Sarah schniefend. „Hast du überhaupt eine Ahnung, was Summer und Preston alles durchgemacht haben?“
Die Faust in mir lockert sich, jetzt, da ich weiß, dass alles in Ordnung ist. Der Normalzustand bei uns zu Hause ist wie eine zu kurze Bettdecke – manchmal deckt sie dich schön zu und dann wieder bibberst du vor Kälte und das schlimmste ist, dass du nie weißt, was vin beidem der Fall sein wird. Ich setze mich ans Fußende von Sarahs Bett. Ich bin zwar erst 13, aber größer als sie und hin und wieder werde ich für die ältere Schwester gehalten. In diesem Sommer war sie schon nacheinander in Callahan, Wyatt und Liam verschossen, die männlochen Stars der Seifenoper. Jetzt ist Preston anscheinend ihr Favorit. „Die Kidnappingdrohung war echt heftig“, sage ich. Die Episode habe ich mitbekommen, weil ich für Sarah ein paar Folgen aufgenommen habe, als sie zur Dialyse musste,
„Und dann hätte sie fast aus Versehen seinen Zwillingsbruder geheiratet“, fügt Sarah hinzu.
„Vergesst nicht, dass er bei dem Bootsunfall ums Leben gekommen ist. Jedenfalls für zwei Monate.“ Meine Mutter steuert auch etwas bei und mir fällt ein, dass sie die Sendung ja auch mal angeguckt hat, bei Sarah im Krankenhaus.
Jetzt erst scheint Sarah das Outfit meiner Mutter zu bemerken. „Was hast du denn da an?“
„Ach das. Das schoick ich zurück.“ Sie stellt sich vor mich, damit ich ihr den Reißverschluss öffnen kann. Jeder anderen Mutter mit sei einem Versandhausbestellungszwang würde man dringend zu einer Therapie raten. Bei meiner Mutter kann man es wahrscheinlich als gesunden Ausgleich betrachten. Ich frage mich, was ihr daran gefallen mag; die Illusion, für eine Weile in der Haut von jemand anderem zu schlüpfen, oder die Möglichkeit, etwas zurückschicken zu können, wenn es ihr nicht gefällt? Sie sieht Sarah an, eindringlich. „Dir tut auch wirklich nichts weh?“
Sobald meine Mutter gegangen ist, sinkt Sarah ein wenig in sich zusammen. Nur so lässt es sich beschreiben – wenn ihr plötzlich die Farbe aus dem Gesicht weicht, wenn sie auf dem Kissen zu verschwinden scheint. Je kränker sie wird, desto weniger wird sie und ich habe Angst, dass ich eines Morgens wach werde und sie gar nicht mehr sehen kann. „Weg da“, befiehlt Sarah. „Du stehst mir im Bild.“ Also stehe ich auf und setze mich auf mein Bett. „Das ist doch nur die Vorschau für morgen.“
„Trotzdem, wenn ich heute Abend sterbe, will ich wenigstens wissen, was ich verpasse.“
Ich schiebe mir mehrere Kissen unter den Kopf. Sarah hat sich wie üblich alle weichen unter den Nagel gerissen, alle, die sich nicht anführen wie Steine im Nacken. Angeblich hat sie das verdient, weil sie drei Jahre älter ist oder weil der Mond im Wassermann steht – es gibt immer einen Grund. Ich schiele auf den Fernseher, wünschte, ich könnte ein bisschen zappen, weiß aber, das sich nicht den Hauch einer Chance habe. „Preston sieht aus, als wäre er aus Plastik.“
„Und wieso hast du dann gestern Nacht seinen Namen ins Kopfkissen geflüstert?“
„Klappe“, sage ich.
„Selber Klappe.“ Dann lächelt Sarah mich an. „Wahrscheinlich ist er sowieso schwul. So eine Verschwendung, wo die Huntzberger-Schwestern doch-“ Sie zuckt zusammen und bricht mitten im Satz ab und ich rolle mich näher zu ihr.
„Sarah?“
Sie reibt sich das Kreuz. „Schon gut.“
Es sind ihre Nieren. „Soll ich Mom holen?“
„Noch nicht,“ Sie streckt eine Hand zwischen unsere Betten, die gerade so weit auseinander stehen, dass wir uns berühren können, wenn wir es beide wollen. Auch ich strecke eine Hand aus. Als wir klein waren, haben wir manchmal diese Brücke gebaut und ausprobiert, wie viele Barbiepuppen wir darauf balancieren konnten.
In letzter Zeit habe ich Alpträume, in denen ich zerhackt werde, in so kleine Stücke, dass ich nicht mehr zusammengesetzt werden kann.
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Hey hier mein FB ... ich finde denn teil sehr sehr gut ^^.. nur oben bin ich etwas verwirrt ^^.. aber ich denk mal ich komm noch dahinter .. Upten ..du schreibst einfach wundervoll^^ ..

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Also das war ein sehr schöner Teil, allerdings hat mich der Anfang und das Ende ein wenig verwirrt!
Ich hoffe mal, das klärt sich noch auf! Schreib bald weiter!

Liebe Grüße Sindy Wink
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Hey! Big GrinWinkSmile danke fürs FB und hier der neue Teil:


Man sagt, ein Feuer im Haus geht von alleine aus, es sei denn, du öffnest ein Fenster, denn das gibt ihm Nahrung. Ich glaube, genau das mache ich, wenn man es recht überlegt. Aber es heißt auch, wenn die Flammen dir schon an den Fersen lecken, musst du ein oder zwei Wände einreißen, wenn du davonkommen willst. Also hole ich die Ledermappe unter meiner Matratze hervor, als Sarah von ihren Medikamenten eingeschlafen ist und gehe damit ins Bad, wo ich ungestört bin. Ich weiß, dass Sarah in meinen Sachen schnüffelt – ich habe einen roten Faden zwischen die Zähne des Reißverschlusses geklemmt, um ihr auf die Schliche zu kommen und der Faden ist zerrissen, aber es fehlt nichts. Ich drehe das Wasser in der Wanne an, damit es sich anhört, als hätte ich einen Grund, im Bad zu sein, setze mich auf den Fußboden und zähle.
Mit den 20 $ vom Pfandhaus habe ich 136,87 $ zusammen. Das wird nicht reichen, aber es muss trotzdem eine Lösung geben. David hatte auch keine 2900 $, als er seinen klapprigen Jeep gekauft hat und die Bank hat ihm ein Darlehen gegeben. Natürlich mussten meine Eltern die Papiere unterschreiben und ich bezweifle, dass sie das für mich tun werden. Ich zähle das Geld noch einmal, für den Fall, dass sich die Scheine wie durch ein Wunder vermehrt haben, aber nein, die Summe bleibt gleich. Und dann lese ich die Zeitungsausschnitte.
Campbell Alexander. Ein blöder Name, finde ich. Er hört sich an wie ein überteuerter Drink in einer Bar oder eine Brokerfirma. Aber der Mann hat eine beeindruckende Erfolgsbilanz.
Um zum Zimmer meines Bruders zu gelangen, muss man das Haus verlassen, was genau in seinem Sinne ist. Als David 16 wurde, zog er in die Mansarde über der Garage – ein prima Arrangement, denn er will nicht, dass meine Eltern mitbekommen, was er so treibt und meine Eltern wollen es auch nicht unbedingt mitbekommen. Die Treppe in sein Reich wird von vier Winterreifen blockiert, einer Wand aus Kisten und einem umgekippten Eichenschreibtisch. Manchmal denke ich, David baut die Hindernisse auf, um den Weg zu ihm noch schwieriger zu machen. Ich klettere über das Gerümpel und steige die Treppe hoch, die vom Bass aus Davids Stereoanlage vibriert. Es dauert fast fünf geschlagene Minuten, bis er mein Klopfen hört. „Was ist?“, faucht er, als er die Tür einen Spalt öffnet.
Kann ich reinkommen?“
Er überlegt kurz, tritt dann zurück und lässt mich herein. Das Zimmer ist ein Meer aus schmutziger Wäsche und Zeitschriften und Pappschachteln vom Chinesen. Es riecht wie ein verschwitzter Turnschuh. Die einzige saubere Stelle ist das Regalk, wo David seine besondere Sammlung aufbewahrt – ein silberner springender Jaguar, ein Mercedes-Stern, das Pferd eines Ford Mustang – Kühlerfiguren, die angeblich irgendwo gwefunden hat, aber ich bin nicht so blöd, dass ich ihm das abnehme.
Versteht mich nicht falsch – es ist nicht so, dass David meinen Eltern egal wäre oder dass es sie nicht interessiert, wenn er sich Ärger einhandelt, sie haben einfach nur keine Zeit, sich darum zu kümmern, weil das Problem auf der Dringlichkeitsliste weiter unten steht.
David ignoriert mich und macht weiter mit dem, womit er auf der anderen Seite dieses Chaos zugange war. Mein Blick fällt auf einen Wasserkocher, der vor einigen Monaten spurlos aus der Küche verschwunden ist und jetzt auf Davids Fernseher steht. Vom Deckel aus führt ein dünnes Kupferrohr nach unten durch einen Plastikmilchkrug voller Eis und weiter in ein Einmachglas. David ist vielleicht ein verkappter Krimineller, aber er ist ein Genie. Als ich die Vorrichtung anfassen will, dreht David sich um. „He!“ Er kommt förmlich über die Couch geflogen und schlägt meine Hand weg. „Du ruinierst mir noch die Kühlschlange.“
Das Ding ist doch wohl nicht das, wofür ich es halte?“
Ein freches Grinsen schleicht sich in sein Gesicht. „Kommt darauf an, wofür du es hältst.“ Er nimmt das Einmachglas, so dass die Flüssigkeit jetzt auf den Teppich tropft. „Probiere mal.“
Für einen Destillierapparat Marke Eigenbau ist der Selbstgebrannte nicht von schlechten Eltern. Ein Inferno rast mir durch Bauch und Beine und ich sinke auf die Couch nierder. „Ekelhaft“, keuche ich.
David lacht und nimmt einen Schluck. „Und was willst du von mir?“
Wie kommst du darauf, dass ich was von dir will?“
Weil sich keiner von euch hier blicken lässt, nur um mich zu besuchen“, sagt er und setzt sich auf die Armlehne der Couch. „Und wenn es um Sarah ginge, hättest du's schon gesagt.“
Aber es geht um Sarah. Indirekt.“ Ich drücke meinem Bruder die Zeitungsausschnitte in die Hand. Sie können die Sache besser erklären als ich. Er überfliegt sie, blickt mir dann in die Augen. In seinen ist ein Hauch Silber, was so verblüffend ist, dass du manchmal, wenn er dich direkt ansieht, völlig vergisst, was du eigentlich sagen wolltest.
Leg dich nicht mit dem System an, Elena“, sagt er verbittert. „Wir haben hier alle unsere festen Rollen. Sarah spielt die Märtyrerin. Ich bin die große Enttäuschung. Und du, du bist der Friedensengel.“
Er glaubt mich zu kennen, aber das gilt auch umgekehrt – und wenn es um Spannung geht, kann David nicht widerstehen. Ich blicke ihn unverwandt an. „Wer sagt das?“


David ist damit einverstanden, auf dem Parkplatz hinter dem Gebäude auf mich zu warten. Er tut tatsächlich, was ich ihm sage und das ist bisher so gut wie noch nie vorgekommen. Ich gehe nach vorn zum Haupteingang, der von zwei hässlichen Figuren bewacht wird.
Die Kanzlei von Campbell Alexander liegt im zweiten Stock. Die Wände sind holzgetäfelt und haben die Farbe einer Fuchsstute und als ich auf den dicken Orientteppich auf dem Boden trete, sinken meine Schuhe zwei Zentimeter ein. Die schwarzen Pumps der Sekretärin sind so glänzend poliert, dass ich mein Gesicht darin sehen kann. Ich schiele nach unten zu meinen abgeschnittenen Jeans und den Chucks, die ich letzte Woche aus Langeweile mit einem Textmarker tätowiert habe.
Die Sekretärin hat einen perfekten Teint und beeindruckend geschwungene Augenbrauen und einen honigsüßen Mund und den benutzt sie, um den Menschen, mit dem sie gerade telefoniert, nach Strich und Faden runterzuputzen. „Das kann ich unmöglich einem Richter sagen. Bloß weil Sie keine Lust haben, sich Fannings Gebrüll anzuhören, muss ich das noch lange nicht ...nein, die Gehaltserhöhung war für die ausgezeichnete Arbeit, die ich hier mache und für den Bockmist, mit dem ich er hier tagtäglich zu tun habe und übrigens, wo wir schon mal dabei sind -“ Sie hält den Hörer vom Ohr weg. Ich höre einen Summton, der andere hat aufgelegt. „Mistkerl“, murmelt sie und scheint erst dann zu merken, dass ich einen Meter vor ihr stehe. „Ja bitte?“
Sie mustert mich von Kopf bis Fuß und scheint mich in mancherlei Hinsicht unzulänglich zu finden. Ich recke das Kinn und gebe mich um einiges cooler, als mir zumute ist. „Ich habe einen Termin bei Mr. Alexander. Um vier Uhr.“
Deine Stimme“, sagt sie. „Am Telefon klangst du nicht so-“
Jung?
Sie lächelt unbehaglich- „Wir vertreten keine Jugendlichen, grundsätzlich nicht. Wenn du möchtest, kann ich dir ein paar Anwälte empfehlen, die-“
Ich hole tief Luft. „Nein“, falle ich ihr ins Wort, „da liegen sie falsch. Smith gegen Whattely, Edmunds gegen Womens und Infants Hospital und Jerome gegen die Diözese Hartford, alles Fälle, wo die Kläger unter 18 waren. Alle drei Prozesse hat Mr. Alexander gewonnen. Und das waren nur die im letzten Jahr.“
Die Sekretärin blinzelt mich erstaunt an. Dann wärmt ein Lächeln ihr Gesicht, als hätte sie doch noch beschlossen, mich nett zu finden. „Wenn das so ist, dann nimm doch bitte schon mal in Mr. Alexanders Büro Platz“, sagt sie und steht auf, um mir den Weg zu zeigen.


Selbst wenn ich jede Minute meines restlichen Lebens mit Lesen verbringen würde, glaube ich nicht, dass ich die Riesenmenge an Wörtern bewältigen könnte, die an den Wänden von Campbell Alexanders Büro aufgereiht sind. Ich überschlage es im Kopf – wenn auf jeder Seite rund 400 Wörter sind und jedes der juristischen Bücher 400 Seiten hat auf jedem Regalbrett 20 Bücher stehen und jedes Regal 6 Bretter hat – tja, dann macht das schon über 19 Millionen Wörter pro Regal.
Ich bin allein in seinem Büro, lange genug, um mich umzuschauen. Sein Schreibtisch ist penibel aufgeräumt, auf der Schreibtischunterlage könnte man Fingerfussball spielen. Es gibt kein einziges Foto, weder von einer Ehefrau noh von einem Kind. Und obwohl das Zimmer absolut makellos ist, steht ein Napf mit Wasser auf dem Boden.
Ich denke mir dafür Erklärungen aus: ein Swimmingpool für eine Armeisenarmee, ein primitiver Luftbefeuchter, eine Fata Morgana.
Als ich mich gerade vorbeuge, um das Ding anzufassen und festzustellen, ob es real ist, fliegt die Tür auf. Ich kippe fast aus dem Sessel und sehe mich Auge in Auge einem deutschen Schäferhund gegenüber, der hereingekommen ist. Er bedenkt mich mit einem bohrenden Blick, trottet dann zu dem Napf hinüber und fängt an zu trinken.
Auch Campbell Alexander kommt herein. Er hat schwarzes Haar und ist mindestens so groß wie mein Dad – über ein Meter achtzig – mit einem kantigen Kinn und Augen, die wie gefroren aussehen. Er schält sich aus seinem Jackett und hängt es ordentlich hinten an die Tür, zieht dann eine Akte aus einem Schrank, ehe er zu seinem Schreibtisch hinübergeht. Ohne mich eines Blickes zu würdigen, fängt er an zu reden. „Ich kaufe keine Kekse von den Girl Scouts“, sagt Campbell Alexander. „Jeden Tag eine gute Tat geht einfach über meine Kräfte. Ha.“ Er lacht über seinen eigenen Witz.
Ich verkaufe nichts.“
Er blickt mich neugierig an, drückt dann einen Knopf an seiner Sprechanlage. „Emily“, sagt er, als sich die Sekretärin meldet. „Was ist das hier in meinem Büro?“
Ich möchte sie engagieren“, sage ich.
Der Anwalt lässt den Knopf der Sprechanlage los. „Daraus wird wohl nichts.“
Sie wissen ja nicht mal, worum es geht.“
Ich mache einen Schritt nach vorn – der Hund ebenso. Erst jetzt fällt mir auf, dass er eine von diesen Westen mit einem roten Kreuz drauf trägt, wie ein Lawinenhunden. Automatisch strecke ich die Hand aus, um ihn zu streicheln.
Nicht“, sagt Alexander. „Jude ist ein Servicehund.“
Ich ziehe die Hand zurück. „Aber Sie sind doch gar nicht blind. Was fehlt Ihnen denn?“
Kaum ist mir die Frage herausgerutscht, würde ich sie am liebsten zurücknehmen. Schließlich habe ich jahrelang miterlebt, wie Sarah sich die Frage von aufdringlichen Leuten anhören musste.
Ich habe eine eiserne Lunge“, sagt Campbell Alexander knapp, „und der Hund passt auf, dass ich nicht zu nah an Magneten rangehe. Also, wärst du jetzt wohl so freundlich zu gehen? Meine Sekretärin nennt dir jemannden, der-“
Aber ich kann noch nicht gehen. „Haben Sie wirklich Gott verklagt?“ Ich hole alle Zeitungsausschnitte hervor und streiche sie auf dem nackten Schreibtisch glatt.
Ein Muskel in seiner Wange zuckt und dann nimmt er den Artikel, der obenauf liegt. „Ich habe die Diözese von Hartford verklagt. Mein Mandant war ein Junge aus einem Waisenhaus der Diözese, der eine experimentelle Behandlung mit Föten Gewebe brauche. Die Diözese sah darin einen Verstoß gegen das Zweite Vatikanische Konzil. Es macht als Schlagzeile allerdings weit mehr her, wenn man sagt ein 9-jähriger Gott verklagt, weil er im Leben benachteiligt wurde.“ Ich blicke ihn bloß an.
Taylor Jerome“, fährt er fort, „wollte Gott verklagen, weil der sich nicht genug um ich gekümmert hat.“
Es hätte mich nicht gewundert, wenn jetzt ein Regenbogen mitten auf dem großen Mahagonitisch erschienen wäre. „Mr. Alexander“, sage ich, „meine Schwester hat Leukämie.“
Das tut mir leid. Aber selbst wenn ich bereit wäre, noch einen Prozess gegen Gott zu führen, was nicht der Fall ist, kannst du nicht für jemand anderen Klage erheben.“
Ich müsste ihm zuviel erklären – mein Blut, das in die Venen meiner Schwester fließt; die Krankenschwestern, die mich festhalten, um mir Blut abzuzapfen, weil meine Schwester weiße Blutkörperchen braucht; der Arzt, der sagt, beim ersten Mal hätte es nicht gereicht. Die blauen Flecken und die Schmerzen im Knochen, nachdem ich Knochenmark gespendet habe; die Spritzen, die meine Stammzellen vermehren sollen, damit für meine Schwester welche übrig sind. Die Tatsache, das ich nicht krank bin, aber es durchaus werden könnte. Die Tatsache, dass ich nur geboren wurde, damit ich für Sarah abgeerntet werden kann. Die Tatsache, dass selbst jetzt eine schwerwiegende Entscheidung über mich getroffen wird, ohne dass es jemand für nötig hielt, die Person zu fragen, die es am ehesten verdient hätte, ihre Meinung dazu zu äußern.
Ich müsste ihm viel zuviel erklären, deshalb sage ich nur:
Ich will nicht Gott verklagen. Bloß meine Eltern. Ich verlange das Recht, über meinen Körper selbst zu bestimmen.“
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*sich hinsetzt* wow .. der Teil is Geil .. vorallem das Ende ..

Ich will nicht Gott verklagen. Bloß meine Eltern. Ich verlange das Recht, über meinen Körper selbst zu bestimmen

das finde ich spitze .. bin sehr gespannt wie es weiter geht ^^...

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Eek OMG, das tut sie ja nicht wirklich,oder??

Ich meine sicherlich ist das alles nicht einfach, aber letzen Endes würde doch jeder das Beste für seine Schwester tun, oder will sie sie einfach sterben lassen? Eek Ich muss sagen ich bin echt geschockt!

Ich bin echt gespannt, wie es weitergeht und was das alles noch werden soll!

Liebe Grüße Sindy
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Es muss furchtbar sein, wenn man kein Wunschkind ist und einen die eigenen Eltern eigentlich nur herangezüchtet haben, um das "eigentliche" Kind zu retten. Das erinnert mich so ein bisschen an den Film "Die Insel".

Ich kann Elena schon irgendwie verstehen....
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WOW da passiert ja ne MENGE, die kleine Schrift macht mich ein wenig fertig kommt davon wenn man ohne Brille vor dem Pc sitzt gg
Da passiert mir ja ne Menge,... die Idee mit dem Fanden fand ich klasse, hat aber nicht ganz funktioniert. Klasse Teil... und verdammt spannend weiter so! Bussi

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Liebe kann alles überwinden, das ist wahre Liebe!
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Hi Leute :-) Tut mir leid wegen der langen verzögerung. Bisschen Stress in der Schule... aber naja.
Jedenfalls, dank für das tolle Fb und ich hoffe, das Warten hat sich gelohnt.


CAMPBELL
Wenn du nur einen Hammer hast, sieht alles wie ein Nagel aus.
Das war ein Spruch von meinem Vater, dem ersten Campbell Alexander und ich sehe darin den Grundstein des amerikanischen Rechtssystems. Das bedeutet, wenn jemand in die Ecke gedrängt wird, versucht er mit allen Mitteln, zurück in die Mitte zu gelangen. Manche setzen dabei die Fäuste ein, andere gehen vor Gericht. Und darüber freue ich mich besonders.
Am Rand meines Schreibtisches hat Emily die Nachrichten für mich genauso arrangiert, wie ich es möchte – dringende stehen auf grünen Post-it-Zettlen, weniger eilige auf gelben, in säuberlichen Reihen untereinander wie bei einer Patience. Eine Telefonnummer springt mir ins Auge und ich runzele die Stirn, schiebe dann den grünen Zettel auf die gelbe Seite. Ihre Mutter hat viermal angerufen!!! hat Emily geschrieben. Dann überlege ich es mir anders, zerreiße den Zettel und werfe ihn in den Papierkorb.
Das Mädchen mir gegenüber wartet auf eine Antwort, die ich bewusst hinauszögere. Sie sagt, sie möchte ihre Eltern verklagen. Das möchte praktisch jeder Teenager auf diesem Planeten. Aber sie möchte das Recht auf ihren Körper erstrebten. Genau solche Fälle meide ich wie die Pest – sie sind viel zu aufwendig und machen mich zum Babysitter eines Mandanten. Seufzend stehe ich auf. „Wie heißt du noch mal?“
„Ich habe meinen Namen noch nicht gesagt.“ Sie setzt sich aufrechter hin. „Ich heiße Elena Huntzberger.“
Ich öffne die Tür und brülle meiner Sekretärin zu: „Emily! Suchen Sie doch für Ms. Huntzberger die Nummer von der Frauenberatung raus, ja?
„Was?“ Als ich mich umdrehe, steht das Mädchen.
„Frauenberatung?“
„Hör zu, Elena, ich gebe die jetzt einen kleinen Rat. Deine Eltern zu verklagen, weil sie dir nicht die Pille erlauben oder nicht zulassen wollen, dass du abtreibst ist so, als würdest du mit Kanonen auf Spatzen schießen. Spar dir dein Taschengeld und geh zu einer Beratungsstelle. Die sind besser dazu geeignet, dir bei deinem Problem zu helfen.“
Zum ersten Mal, seit ich mein Büro betreten habe, sehe ich sie richtig an. Wut umgibt sie wie ein elektrisches Kraftfeld. „Meine Schwester ist todkrank und meine Mutter will, dass ich für sie eine Niere spende“, sagt sie aufgebracht. „Ich glaube kaum, dass das Problem mit einer Handvoll kostenloser Kondome gelöst werden kann.“
Kennen Sie das auch, diesen Augenblick dann und wann, wenn sich das ganze Leben plötzlich vor einem erstreckt wie ein Weg, der sich gabelt und obwohl man sich bereits für einen entschieden hat, schielt man die ganze Zeit zu dem anderen rüber, weil man sicher ist, einen Fehler gemacht zu haben?
Emily will mir den Zettel mit der Telefonnummer bringen, um die ich sie gebeten habe, aber ich schließe die Tür, ohne ihn entgegenzunehmen und gehe zurück zu meinem Schreibtisch. „Niemand kann dich zwingen eine Niere zu spenden, wenn du das nicht willst.“
„Ach ja?“ Sie beugt sich vor und zählt an ihren Fingern ab. „Ich war gerade geboren, da hab ich meiner Schwester Nabelschnurblut gespendet. Sie hat Leukämie – APL – und meine Zellen haben sie in Remission gebracht. Bei ihrem nächsten Rückfall war ich 5 und mir wurden Lymphozyten entnommen, dreimal, weil die Ärzte einfach nicht genug kriegten. Als das nicht mehr funktionierte, haben sie mir Knochenmark für eine Transplantation entnommen. Wenn Sarah eine Infektion hatte, musste ich Granulozyten spenden. Als sie wieder einen Rückfall hatte, brauchte sie von mir periphere Blutstammzellen.“
Das medizinische Vokabular der Mädchens könnte so manchen meiner bezahlten Experten vor Neid erblassen lassen. Ich nehme einen Notizblock aus einer Schublade. „Dann hast du also schon öfter freiwillig für deine Schwester gespendet.“
Sie zögert, schüttelt dann den Kopf. „Ich wurde nie gefragt.“
„Hast du deinen Eltern gesagt, dass du keine Niere spenden möchtest?“
„Sie hören sowieso nicht zu, wenn ich was sage.“
„Vielleicht doch, wenn du sagst, dass du bei mir warst.“
Sie senkt den Blick und die Haare fallen ihr ins Gesicht.
„Sie nehmen gar nicht richtig Notiz von mir, es sei denn sie brauchen Blut von mir oder so. Ich wäre nicht mal auf der Welt, wenn Sarah nicht krank wäre.“
Ein Erbe und einer in Reserve, das war eine Sitte, die meine Vorfahren in England praktizierten. Es klang gefühllos, ein zweites Kind zu bekommen, nur für den Fall, dass das erste stirbt, aber es war einmal ausgesprochen praktisch. Auch wenn es dem Mädchen vor mit nicht gefällt ein Ersatz zu sein.
Im Studium wurden Ethikseminare angeboten, aber die galten entweder als Lachnummer oder als Widerspruch in sich und ich habe sie mir meistens geschenkt. Doch jeder, der regelmäßig CNN guckt, weiß über die Kontroversen der Strahlenforschung Bescheid. Ersatzteilbabys, Designerbabys, die Wissenschaft von morgen, um die Kinder von heute zu retten.
Ich klopfe mit dem Stift auf den Schreibtisch und Jude – mein Hund – kommt näher. „Was passiert, wenn du deiner Schwester keine Niere spendest?“
„Dann stirbt sie.“
„Und das nimmst du in Kauf?“
Elenas Mund bildet eine dünne Linie. „Ich bin doch hier, oder?“
„Ja, schon. Mich würde bloß interessieren, warum du dich gerade jetzt wehren möchtest, nach der ganzen Zeit.“
Sie blickt auf die Bücherregale. „Weil es nie aufhört“, sagt sie schlicht.
Plötzlich scheint ihr etwas einzufallen. Sie greift in ihre Tasche und legt eine Handvoll zerknüllte Geldscheine und Münzen auf meinen Schreibtisch. „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, ich kann Sie bezahlen. Das sind 136,87 $. Ich weiß, das reicht nicht, aber irgendwie krieg ich schon noch mehr zusammen.“
„Ich berechne 200 die Stunde.“
„Vielleicht könnte ich Ihren Hund spazierenführen oder so.“
„Servicehunde werden von ihren Herrchen spazierengeführt.“ Ich zucke die Achseln. „Wir finden schon eine Lösung.“
„Sie können nicht umsonst mein Anwalt sein“, wendet sie ein.
„Na schön, dann polierst du eben den Türknauf von meinem Büro.“
Ich bin weiß Gott kein wohltätiger Mensch, aber juristisch gesehen ist dieser Fall so gut wie gewonnen. Sie will keine Niere hergeben. Und kein auch nur halbwegs vernünftiges Gericht wird sie dazu zwingen. Ich muss nicht großartig recherchieren. Die Eltern werden klein beigeben, bevor es zum Prozess kommt, und schon ist die Sacher erledigt. Außerdem bringt mir der Fall eine Menge Publizist.
„Ich stelle beim Familiengericht einen Antrag auf Entlassung der elterlichen Gewalt in medizinischen Fragen“, sage ich.
„Und dann?“
„Dann gibt es eine Anhörung und das Gericht bestellt für dich einen sogenannten Verfahrenspfleger, das ist jemand -“
„-der dazu ausgebildet ist, Kinder vor dem Familiengericht zu vertreten und zu betreuen, der entscheidet, was für sie am besten ist“, sagt Elena auf. „Wieder ein Erwachsener, der entscheidet, was mit mir passiert.“
„Tja, so funktioniert nun mal das Gesetz und da kommen wir nicht darum herum. Aber ein Verfahrenspfleger ist theoretisch allein für dich da, nicht für deine Schwester oder deine Eltern.“
Sie schaut zu, wie ich mir ein paar Notizen mache. „Stört es Sie, dass sie falsch herum heißen?“
„Was?“
„Campbell Alexander. Ihr Nachname ist ihr Vorname und umgekehrt.“ Sie stutzt. „Oder eine Suppe.“
„Und was hat das mit deinem Fall zu tun?“
„Nichts“, gibt Elena zu, „Bloß das Ihre Eltern eine ganz schön schlechte Entscheidung für Sie getroffen haben.“
Ich lange über den Schriebtisch und gebe ihr meine Karte. „Wenn du Fragen hast, ruf mich an.“
Sie nimmt die und fährt mit den Fingern über meinen erhaben gedruckten Namen. Der falsch herum ist. Du liebe Güte. Dann beugt sie sich über den Schriebtisch, schnappt sich meinen Notizblock und reißt unten ein Stück ab. Sie borgt sich meinen Stift, schreibt etwas auf und gibt mir den Zettel. Ich werfe einen Blick darauf:


Elena 777 5133


„Falls Sie Fragen haben“, sagt sie.


Als ich hinaus an den Empfang gehe, ist Elena verschwunden und Emily sitzt an ihrem Schreibtisch, auf dem sie einen Versandhauskatalog aufgeschlagen hat. „Wussten Sie, dass man in den Segeltuchtaschen von L.L. Bean Eis transportieren konnte?“
„Ja.“ Und Wodka mit Bloody Mary. Alles zusammen jeden Samstagmorgen vom Cottage zum Strand geschleppt. Ach ja, meine Mutter hat angerufen.
Emily hat eine Tante, die ihr Geld als Hellseherin verdient und ab und an setzt sich bei ihr diese genetische Vorbelastung durch. Aber vielleicht arbeitet sie einfach schon so lange für mich, dass sie die meisten meiner Geheimnisse kennt. Jedenfalls weiß sie, was ich gerade denke. „Sie hat gesagt, Ihr Vater hat was mit einer 17-jährigen angefangen und Diskretion ist für ihn ein Fremdwort und sie geht freiwillig in die Klapsmühle, wenn Sie sie nicht bis spätestens -“ Emily schaut auf die Uhr. „Ach du Schreck.“
„Wie oft hat sie diese Woche schon damit gedroht?“
„Erst dreimal“, sagt Emily.
„Dann sind wir ja noch weit unter dem Durchschnitt.“
Ich beuge mich über den Schreibtisch und klappe den Katalog zu, „Zeit zum Geld verdienen, Ms. Donatelli.“
„Was liegt an?“
„Das Mädchen von eben, Elena Huntzberger -“
„Frauenberatungsstelle?“
„Nein, nein“, sage ich. „Wir vertreten sie. Ich diktiere ihnen gleich einen Antrag auf Entlassung aus der elterlichen Gewalt in medizinischen Fragen. Der muss morgen beim Familiengericht sein.“
„Im Ernst? Sie vertreten sie?“
Ich lege mir eine Hand aufs Herz. „Es verletzt mich, dass Sie eine so schlechte Meinung von mir haben.“
„Ich hab eher an Ihr Portemonnaie gedacht. Wissen ihre Eltern Bescheid?“
„Sie erfahren es morgen.“
„Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?“
„Wie bitte?“
Emily schüttelt den Kopf. „Wo soll sie denn wohnen?“
Die Frage lässt mich stutzen. Daran hatte ich wirklich nicht gedacht. Aber ein Mädchen, das seine Eltern verklagt, wird sich unter ein und demselben Dach mit ihnen nicht sonderlich wohl fühlen, sobald die Klageschrift offiziell überstellt wurde.
Plötzlich ist Jude an meiner Seite und stupst mit der Nase gegen meinen Oberschenkel. Ich schüttele genervt den Kopf. Tolles Timing. „Ich brauche 15 Minuten“, sage ich zu Emily. „Ich ruf Sie dann.“
„Campbell“, sagt Emily mit Nachdruck, „Sie können von einem Kind nicht erwarten, dass es allein zurechtkommt.“
Ich gehe zurück in mein Büro. Jude folgt mir und bleibt direkt hinter der Tür stehen. „Das ist nicht mein Problem“, sage ich. Dann mach ich die Tür zu, schließe ab und warte.
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Genial .. der Teil is Spitze .. ich bin gespannt wie Rory und Logan auf die Anklage reagieren ..^^.. *zehn punkte* ..

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