22.11.2012, 01:18
jo. ich wollte mel ja heute zum betan zwingen, aber sie ist verschollen. und bevor mich die andere mel killt weil ich den teil poste wenn sie nicht da ist, lieber jetzt.
für ines, die ja manchmal noch still reinliest gute besserung! <3
NeununddreiÃig
Mark stand währenddessen nur da und sah Anne fragend an.
Simon nahm den Hörer der Gegensprechanlage ab.
âJajaja, schon da, hallo?â
âÃhm... ist Mark da?â, schallte ihm eine helle, weibliche Stimme entgegen â die Frau schien verwirrt zu sein, trotzdem strahlte allein ihre Stimme schon Selbstsicherheit aus.
âJa, wer ist denn da?â, fragte er zurück und sah zu Mark herüber, der den fragenden Blick von Anne löste und näher zur Sprechanlage kam.
âMarlijn.â
âMark? Da ist eine...â
Mark hatte bereits die Wohnungstür geöffnet und war an ihm vorbei gestürmt.
Er riss die Haustür auf. Da stand sie und sah ihn einfach nur an.
âDu bist... hier.â, stellte er fest.
âIch bin nur zu Besuch, Mark. Nur für eine Nacht.â, sagte sie ernst und deutete auf ihre kleine schwarze Reisetasche.
âOh.â
Hatte er sich etwas anderes erhofft? Er hatte seine Chance vertan und musste sich endlich damit abfinden.
âIch meine... danach kommst du doch wieder mit nach Hause, oder?â
Ihr Mund verzog sich zu einem Grinsen. Er war sprachlos â von ihrem blitzenden Lächeln, den Tränen in ihren Augen, den funkelnden Ohrsteckern und dem Lolli, den sie in ihrer rechten Hand hielt. Sie war hier.
âMark? Hörst du mir zu? Kommst du mit mir nach hause?â
Er schüttelte das Gedankenchaos aus seinem Kopf.
âNach hause?â
âIch weiÃ, dass du deinen Job schon gekündigt hast. Aber ich muss noch ein paar Wochen dort arbeiten. Und du hast doch auch eigentlich eine Kündigungsfrist, oder?â
âJa, ich nutze nur meine Urlaubstage und die Ãberstunden und... du hast gekündigt?â
âIch habe einen neuen Job. In der gleichen Stadt wie du.â
Er wusste nicht, ob es sich wie ein elektrischer Schlag anfühlte, weil sie das sagte, oder weil sie dabei seine Hand nahm.
âDeshalb konntest du mich nicht erreichen, weil ich zum Vorstellungsgespräch dort war.â
Er hatte aufgegeben, irgendetwas intelligentes zu ihrer Konversation beizutragen. Er konnte ohnehin keinen klaren Gedanken fassen.
âOh, achso.â, murmelte er nur und wusste noch immer nicht, was genau hier vor sich ging.
âMark.â
âJa?â
âWillst du dazu nichts sagen?â
âIch weià nicht, was.â
Sie lächelte. Lieà seine Hand los, um ihre an seine Wange zu legen.
âEs tut mir leid, das alles. Ich hab überreagiert. Ich will, dass du alles bekommst, was du dir wünschst, und dieser Job ist wichtig.â
âIch hätte dich nicht vor vollendete Tatsachen stellen sollen.â
Er versuchte, nicht zu ihrer Hand zu schielen, die immer noch auf seiner Wange lag. Versuchte, in ihre Augen zu sehen und stand dort wie eine Salzsäule.
âDu kannst dich ruhig bewegen, weiÃt du?â
âIch weià nicht,...â
âMark. Ich bin hier. Ich hab meinen Job aufgegeben um mit dir wegzugehen. Wir haben uns beide entschuldigt. Unser Streit ist vorbei. Ich bin hier!â
Sie sah ihn bei jedem Wort an und sprach sanft und nachdrücklich.
âUnd ich gehe davon aus, dass das Angebot auf meinem Anrufbeantworter noch steht?â
Er konnte es glauben. Er konnte es wirklich glauben, dass sie hier war, dass alles endlich vorbei war. Jetzt erst verstand er es ganz, jetzt erst traute er sich, zu reagieren. Er zog sie zu sich und küsste sie, hielt sie so fest er konnte. Sie lieà den halb gegessenen Lolli in die Pfütze neben der Tür fallen und schloss die Augen. Das hier passierte gerade wirklich. Sie war so froh, dass sie die Reise gewagt hatte. Obwohl sie nicht sicher war, ob sie wissen wollte, was zwischen Mark und Anne geschehen war.
âWeiÃt du...â, sagte sie atemlos, als er sich für einen Moment von ihr löste.
âWenn wir Leuten davon erzählen, dann nehmen wir aber die Geschichte von deinem ersten Antrag. Auf dem Anrufbeantworter, das ist wirklich stillos, mein lieber.â
âMarlijn, oder?â, fügte sie hinzu und er nickte. Zwei Mal, zwei Antworten auf zwei Fragen.
âDeshalb hast du nicht das Telefon abgenommen als ich angerufen hab?â
âAch quatsch.â, log er und sein Gesicht färbte sich flammend rot. Er fragte sich, wie er es geschafft hatte, so lange einen GroÃteil seiner Geschichte vor ihr geheim zu halten, wenn er jetzt bei so einer einfachen Frage schon rot wurde.
Sie trat näher an ihn heran und durchbohrte ihn mit ihrem Blick.
âDu bist eifersüchtig.â, stellte sie fest und grinste.
Er wünschte sich, er könne im Erdboden versinken. Dieses Gefühl konnte ihm niemand so gut geben wie sie.
âEin bisschen.â, gab er zu, denn lügen half ja doch nicht.
âDu hast Angst, dass es wie damals wird, dass ich keine Zeit mehr für dich habe. Dass er mein neuer bester Freund wird, wenn wir wieder zusammen kommen.â
Jetzt starrte er auf den Boden und nickte nur sehr undeutlich.
Sie lachte. Wann hatte er sie eigentlich das letzte Mal lachen gehört?
âMark und ich, wir werden nie wieder zusammen kommen. Was du gestern gesehen hast, war nur ein irgendwie verzweifelter Versuch von uns beiden. Aber definitiv der letzte.â
âWarum?â, fragte er und versuchte vergeblich, die Erleichterung in seiner Stimme zu unterdrücken.
Sie lächelte, nahm seine Hand und zog ihn zum Küchenfenster.
âSchau: So sieht ein Kuss aus, wenn zwei Menschen zusammen gehören. Ich wette, was du gestern gesehen hast war ganz anders. Und was wir gestern gefühlt haben auch.â
Er folgte ihrem Blick und zog sie dabei etwas vom Fenster weg, das nicht weit von der Haustür entfernt war, wo Mark und Marlijn eng umschlungen standen.
âWir sollten wohl nicht starren...Sonst denkt Mark noch, ich steh auf ihn, weil ich ihn ständig in solchen Situationen durchs Fenster anstarre.â, witzelte er und zog den Vorhang zu.
Anne wandte sich vom Fenster ab und wischte sich über die Augen.
âIch möchte auch sowas, Simon.â, sagte sie leise.
âJa, daran arbeiten wir, wenn wir das ganze Elternschlamassel hinter uns gebracht haben, okay?â
âOkay.â
*
Als Mark und Marlijn schlieÃlich die Wohnung betraten, saÃen Simon und Anne vor dem Fernseher, welchen Anne jedoch augenblicklich ausschaltete, um den Besuch zu begrüÃen. Dank des wie üblich schlechten Fernsehprogrammes kostete dies keine groÃe Ãberwindung.
âHi Marlijn. Schön dass du da bist! Das ist Simon.â
Anne stand auf, umarmte die verdutzte Marlijn zur BegrüÃung und tat gerade so, als ob es absolut zu erwarten gewesen war, dass diese heute hier auftauchte. Simon gab ihr die Hand.
âHi. Sie freut sich, dass es Mark jetzt wieder besser geht.â, übersetzte er Annes Verhalten.
Diese schaute auf Marlijns Reisetasche und die rote Plastiktüte, die sie in der Hand hielt.
âWie lange möchtest du denn bleiben?â, fragte sie und lächelte. âAlso, versteh mich nicht falsch, ich hab gern Besuch.â
Marlijn folgte Annes Blick auf ihr Gepäck.
âNicht sehr lange. Die Tüte hier hat mir an der Tür jemand für dich gegeben. Ist ein Paket drin.â
Sie nahm eine Schachtel mit Deckel aus der Platiktüte.
âAn Anne Becker.â, las sie vor. âAbsender Josephine Becker.â
Sie reichte das Päckchen an Anne weiter, die es aber nicht annahm. Sie war blass geworden, trat einen Schritt zurück und biss so fest auf ihre Lippe, dass sie aufplatzte.
âSimon. Er hat gesagt er schickt mir was. Das ist der Name meiner Mutter.â
âWer? Was?â, mischte Mark sich ein. Er musste an das Gespräch denken, das er vorhin mitbekommen hatte.
Simon spannte sich an und schob Anne mit einer Hand zurück, während er selbst ein Stück vortrat.
âMarlijn, kannst du das Päckchen bitte ganz vorsichtig auf den Tisch stellen?â, bat er ruhig.
Marlijn folgte der Anweisung mit zittrigen Fingern. Mit einem Mal war die fröhliche Stimmung verschwunden und sie fühlte sich ziemlich fehl am Platz. Das einzige, was sie verstand, war, dass hier etwas gar nicht so lief wie es sollte.
âWas ist denn los?â, fragte sie und griff nach Marks Hand, der wiederum Anne anstarrte.
âDas ist eine komplizierte Geschichte.", fing diese an zu erklären. Sie schielte zu dem Päckchen auf dem Tisch, während sie Mark ansprach.
âAber weil du unser Gespräch gerade eben ohnehin mitbekommen hast, glaube ich, ist es am einfachsten, jetzt ehrlich zu sein. Simon, was meinst du?â
âKönnen wir bitte erst von diesem Paket weggehen? Nach drauÃen oder...â
Er nieste plötzlich. Anne sah sich reflexartig nach ihrem Kater um, der sich die letzten Stunden über verdächtig ruhig verhalten hatte. Dann sah sie alles wie in Zeitlupe: Mrs. Mistoffelees, der auf den Tisch sprang, auf der Glasoberfläche ausrutschte und unaufhaltsam auf das Paket zu rauschte, dann Simon, der sich vor sie stellte, die Arme schützend um sie legte und sie nach hinten schob, ehe sie selbst reagieren konnte. Und dann -
ein Klirren.
Der Kater maunzte verärgert, Anne sah Simon verstört in die Augen, während sich dessen Ausdruck nun sekündlich von entschlossen in überrascht verwandelte.
âAnne, was zum Teufel ist los mit euch?â, rief Mark verärgert aus.
Sie löste sich aus Simons Umklammerung, schob sich an ihm vorbei, schüttelte die Gänsehaut, die ihren ganzen Körper überzog, ab, und schaute auf die kleinen Fläschchen, die aus dem Paket gekullert waren.
âWas ist das?â, fragte sie in die Runde, statt Marks Frage zu beantworten.
Dieser kniete sich auf den Boden und nahm eines der Fläschchen in die Hand. Er wusste sofort, worum es sich handelte.
âMorphin. Aber so viel! Das ist mit Sicherheit genug, um einen erwachsenen Mann umzubringen.â
Anne seufzte.
âNaja.â, sagte sie dann. âDazu ist es auch da.â
âSelbstverständlich werden wir nichts dergleichen tun.â, schloss sie. âIhm kann man nicht trauen und wir würden uns strafbar machen, ganz zu schweigen davon, dass es hier immer noch um ein Menschenleben geht. Oder zumindest ein Leben. Ich kann das ja selbst noch gar nicht fassen. Aber wir werden das einfach ignorieren, nicht wahr, Simon?â
Sie stupste ihn an.
âJa, genau.â, sagte dieser nur, aber es klang nur wie seine übliche âpasst-schon- Zustimmungâ, die er immer dann gab, wenn er eigentlich nicht zugehört hatte. Anne kannte den Tonfall genau, aber Mark und Marlijn bemerkten dies nicht.
âTut mir leid, das war jetzt echt dramatisch und chaotisch und so solltest du uns echt nicht kennen lernen...â, sagte Anne zu Marlijn und lächelte diese entschuldigend an.
âAch, da weià ich wenigstens gleich, wie ihr wirklich drauf seid.â, reagierte diese gelassen.
Ein verrückter Haufen, aber andererseits â was hatte sie erwartet von Menschen, die Mark im Heim kennen gelernt hatte? Sie drückte seine Hand und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Eigentlich war der Tag ja genau so gelaufen, wie sie es sich gewünscht hatte: Der dumme Streit war vorbei, sie war endlich wieder bei ihm... Da störte es sie herzlich wenig, dass seine Freunde eventuell etwas verkorkst waren.
Sie sah zwischen Simon und Anne hin und her und lächelte leicht.
âOkay, sehr verkorkst.â, berichtigte sie sich in Gedanken.
Dabei kannte sie den schwarzen Kater, der sich soeben auf Marks Schoà breit machte und Ohrenbetäubend zu schnurren begann, ja noch gar nicht richtig...
Es war nur eine Hand breit Platz zwischen ihnen, als sie den Gang entlang gingen. Die Gummisohlen ihrer Turnschuhe quietschten auf dem Linoleum, doch ansonsten war Stille.
Was sollten sie auch sagen? Es war nichts geblieben, was man noch in Worte fassen konnte, nichts, was es einfacher machen würde, nichts. Simon schob die Hand in seine Hosentasche und berührte mit den Fingerspitzen eines der Fläschchen. Bald war es endlich vorbei.
für ines, die ja manchmal noch still reinliest gute besserung! <3
NeununddreiÃig
2011
Anne presste sich die Hände auf die Ohren, während Simon verschwand, um die Tür zu öffnen. Er war froh, der Situation entgehen zu können und hoffte, dass jetzt irgendetwas passieren würde, was von seinem Geständnis ablenken würde.Mark stand währenddessen nur da und sah Anne fragend an.
Simon nahm den Hörer der Gegensprechanlage ab.
âJajaja, schon da, hallo?â
âÃhm... ist Mark da?â, schallte ihm eine helle, weibliche Stimme entgegen â die Frau schien verwirrt zu sein, trotzdem strahlte allein ihre Stimme schon Selbstsicherheit aus.
âJa, wer ist denn da?â, fragte er zurück und sah zu Mark herüber, der den fragenden Blick von Anne löste und näher zur Sprechanlage kam.
âMarlijn.â
âMark? Da ist eine...â
Mark hatte bereits die Wohnungstür geöffnet und war an ihm vorbei gestürmt.
Er riss die Haustür auf. Da stand sie und sah ihn einfach nur an.
âDu bist... hier.â, stellte er fest.
âIch bin nur zu Besuch, Mark. Nur für eine Nacht.â, sagte sie ernst und deutete auf ihre kleine schwarze Reisetasche.
âOh.â
Hatte er sich etwas anderes erhofft? Er hatte seine Chance vertan und musste sich endlich damit abfinden.
âIch meine... danach kommst du doch wieder mit nach Hause, oder?â
Ihr Mund verzog sich zu einem Grinsen. Er war sprachlos â von ihrem blitzenden Lächeln, den Tränen in ihren Augen, den funkelnden Ohrsteckern und dem Lolli, den sie in ihrer rechten Hand hielt. Sie war hier.
âMark? Hörst du mir zu? Kommst du mit mir nach hause?â
Er schüttelte das Gedankenchaos aus seinem Kopf.
âNach hause?â
âIch weiÃ, dass du deinen Job schon gekündigt hast. Aber ich muss noch ein paar Wochen dort arbeiten. Und du hast doch auch eigentlich eine Kündigungsfrist, oder?â
âJa, ich nutze nur meine Urlaubstage und die Ãberstunden und... du hast gekündigt?â
âIch habe einen neuen Job. In der gleichen Stadt wie du.â
Er wusste nicht, ob es sich wie ein elektrischer Schlag anfühlte, weil sie das sagte, oder weil sie dabei seine Hand nahm.
âDeshalb konntest du mich nicht erreichen, weil ich zum Vorstellungsgespräch dort war.â
Er hatte aufgegeben, irgendetwas intelligentes zu ihrer Konversation beizutragen. Er konnte ohnehin keinen klaren Gedanken fassen.
âOh, achso.â, murmelte er nur und wusste noch immer nicht, was genau hier vor sich ging.
âMark.â
âJa?â
âWillst du dazu nichts sagen?â
âIch weià nicht, was.â
Sie lächelte. Lieà seine Hand los, um ihre an seine Wange zu legen.
âEs tut mir leid, das alles. Ich hab überreagiert. Ich will, dass du alles bekommst, was du dir wünschst, und dieser Job ist wichtig.â
âIch hätte dich nicht vor vollendete Tatsachen stellen sollen.â
Er versuchte, nicht zu ihrer Hand zu schielen, die immer noch auf seiner Wange lag. Versuchte, in ihre Augen zu sehen und stand dort wie eine Salzsäule.
âDu kannst dich ruhig bewegen, weiÃt du?â
âIch weià nicht,...â
âMark. Ich bin hier. Ich hab meinen Job aufgegeben um mit dir wegzugehen. Wir haben uns beide entschuldigt. Unser Streit ist vorbei. Ich bin hier!â
Sie sah ihn bei jedem Wort an und sprach sanft und nachdrücklich.
âUnd ich gehe davon aus, dass das Angebot auf meinem Anrufbeantworter noch steht?â
Er konnte es glauben. Er konnte es wirklich glauben, dass sie hier war, dass alles endlich vorbei war. Jetzt erst verstand er es ganz, jetzt erst traute er sich, zu reagieren. Er zog sie zu sich und küsste sie, hielt sie so fest er konnte. Sie lieà den halb gegessenen Lolli in die Pfütze neben der Tür fallen und schloss die Augen. Das hier passierte gerade wirklich. Sie war so froh, dass sie die Reise gewagt hatte. Obwohl sie nicht sicher war, ob sie wissen wollte, was zwischen Mark und Anne geschehen war.
âWeiÃt du...â, sagte sie atemlos, als er sich für einen Moment von ihr löste.
âWenn wir Leuten davon erzählen, dann nehmen wir aber die Geschichte von deinem ersten Antrag. Auf dem Anrufbeantworter, das ist wirklich stillos, mein lieber.â
*
âDu hast den Kuss gesehen?â, wurde Simon währenddessen von seiner besten Freundin angesprochen, bevor er sich auch nur über Marks schnelles Verschwinden wundern konnte. Sie tat das anscheinend auch nicht.âMarlijn, oder?â, fügte sie hinzu und er nickte. Zwei Mal, zwei Antworten auf zwei Fragen.
âDeshalb hast du nicht das Telefon abgenommen als ich angerufen hab?â
âAch quatsch.â, log er und sein Gesicht färbte sich flammend rot. Er fragte sich, wie er es geschafft hatte, so lange einen GroÃteil seiner Geschichte vor ihr geheim zu halten, wenn er jetzt bei so einer einfachen Frage schon rot wurde.
Sie trat näher an ihn heran und durchbohrte ihn mit ihrem Blick.
âDu bist eifersüchtig.â, stellte sie fest und grinste.
Er wünschte sich, er könne im Erdboden versinken. Dieses Gefühl konnte ihm niemand so gut geben wie sie.
âEin bisschen.â, gab er zu, denn lügen half ja doch nicht.
âDu hast Angst, dass es wie damals wird, dass ich keine Zeit mehr für dich habe. Dass er mein neuer bester Freund wird, wenn wir wieder zusammen kommen.â
Jetzt starrte er auf den Boden und nickte nur sehr undeutlich.
Sie lachte. Wann hatte er sie eigentlich das letzte Mal lachen gehört?
âMark und ich, wir werden nie wieder zusammen kommen. Was du gestern gesehen hast, war nur ein irgendwie verzweifelter Versuch von uns beiden. Aber definitiv der letzte.â
âWarum?â, fragte er und versuchte vergeblich, die Erleichterung in seiner Stimme zu unterdrücken.
Sie lächelte, nahm seine Hand und zog ihn zum Küchenfenster.
âSchau: So sieht ein Kuss aus, wenn zwei Menschen zusammen gehören. Ich wette, was du gestern gesehen hast war ganz anders. Und was wir gestern gefühlt haben auch.â
Er folgte ihrem Blick und zog sie dabei etwas vom Fenster weg, das nicht weit von der Haustür entfernt war, wo Mark und Marlijn eng umschlungen standen.
âWir sollten wohl nicht starren...Sonst denkt Mark noch, ich steh auf ihn, weil ich ihn ständig in solchen Situationen durchs Fenster anstarre.â, witzelte er und zog den Vorhang zu.
Anne wandte sich vom Fenster ab und wischte sich über die Augen.
âIch möchte auch sowas, Simon.â, sagte sie leise.
âJa, daran arbeiten wir, wenn wir das ganze Elternschlamassel hinter uns gebracht haben, okay?â
âOkay.â
*
âHi Marlijn. Schön dass du da bist! Das ist Simon.â
Anne stand auf, umarmte die verdutzte Marlijn zur BegrüÃung und tat gerade so, als ob es absolut zu erwarten gewesen war, dass diese heute hier auftauchte. Simon gab ihr die Hand.
âHi. Sie freut sich, dass es Mark jetzt wieder besser geht.â, übersetzte er Annes Verhalten.
Diese schaute auf Marlijns Reisetasche und die rote Plastiktüte, die sie in der Hand hielt.
âWie lange möchtest du denn bleiben?â, fragte sie und lächelte. âAlso, versteh mich nicht falsch, ich hab gern Besuch.â
Marlijn folgte Annes Blick auf ihr Gepäck.
âNicht sehr lange. Die Tüte hier hat mir an der Tür jemand für dich gegeben. Ist ein Paket drin.â
Sie nahm eine Schachtel mit Deckel aus der Platiktüte.
âAn Anne Becker.â, las sie vor. âAbsender Josephine Becker.â
Sie reichte das Päckchen an Anne weiter, die es aber nicht annahm. Sie war blass geworden, trat einen Schritt zurück und biss so fest auf ihre Lippe, dass sie aufplatzte.
âSimon. Er hat gesagt er schickt mir was. Das ist der Name meiner Mutter.â
âWer? Was?â, mischte Mark sich ein. Er musste an das Gespräch denken, das er vorhin mitbekommen hatte.
Simon spannte sich an und schob Anne mit einer Hand zurück, während er selbst ein Stück vortrat.
âMarlijn, kannst du das Päckchen bitte ganz vorsichtig auf den Tisch stellen?â, bat er ruhig.
Marlijn folgte der Anweisung mit zittrigen Fingern. Mit einem Mal war die fröhliche Stimmung verschwunden und sie fühlte sich ziemlich fehl am Platz. Das einzige, was sie verstand, war, dass hier etwas gar nicht so lief wie es sollte.
âWas ist denn los?â, fragte sie und griff nach Marks Hand, der wiederum Anne anstarrte.
âDas ist eine komplizierte Geschichte.", fing diese an zu erklären. Sie schielte zu dem Päckchen auf dem Tisch, während sie Mark ansprach.
âAber weil du unser Gespräch gerade eben ohnehin mitbekommen hast, glaube ich, ist es am einfachsten, jetzt ehrlich zu sein. Simon, was meinst du?â
âKönnen wir bitte erst von diesem Paket weggehen? Nach drauÃen oder...â
Er nieste plötzlich. Anne sah sich reflexartig nach ihrem Kater um, der sich die letzten Stunden über verdächtig ruhig verhalten hatte. Dann sah sie alles wie in Zeitlupe: Mrs. Mistoffelees, der auf den Tisch sprang, auf der Glasoberfläche ausrutschte und unaufhaltsam auf das Paket zu rauschte, dann Simon, der sich vor sie stellte, die Arme schützend um sie legte und sie nach hinten schob, ehe sie selbst reagieren konnte. Und dann -
ein Klirren.
Der Kater maunzte verärgert, Anne sah Simon verstört in die Augen, während sich dessen Ausdruck nun sekündlich von entschlossen in überrascht verwandelte.
âAnne, was zum Teufel ist los mit euch?â, rief Mark verärgert aus.
Sie löste sich aus Simons Umklammerung, schob sich an ihm vorbei, schüttelte die Gänsehaut, die ihren ganzen Körper überzog, ab, und schaute auf die kleinen Fläschchen, die aus dem Paket gekullert waren.
âWas ist das?â, fragte sie in die Runde, statt Marks Frage zu beantworten.
Dieser kniete sich auf den Boden und nahm eines der Fläschchen in die Hand. Er wusste sofort, worum es sich handelte.
âMorphin. Aber so viel! Das ist mit Sicherheit genug, um einen erwachsenen Mann umzubringen.â
Anne seufzte.
âNaja.â, sagte sie dann. âDazu ist es auch da.â
*
Es hatte eine Weile gedauert, bis Anne die Geschichte verständlich erklärt hatte. Simon war noch immer sehr schweigsam und sah die meiste Zeit nachdenklich zwischen Anne und dem Paket hin und her, das mitsamt Inhalt noch immer auf dem Boden lag. So hatte er auch nichts dagegen einzuwenden, dass Anne die Wahrheit über seinen Vater erzählte - nicht in allen Einzelheiten, aber dennoch so, dass es Sinn ergab.âSelbstverständlich werden wir nichts dergleichen tun.â, schloss sie. âIhm kann man nicht trauen und wir würden uns strafbar machen, ganz zu schweigen davon, dass es hier immer noch um ein Menschenleben geht. Oder zumindest ein Leben. Ich kann das ja selbst noch gar nicht fassen. Aber wir werden das einfach ignorieren, nicht wahr, Simon?â
Sie stupste ihn an.
âJa, genau.â, sagte dieser nur, aber es klang nur wie seine übliche âpasst-schon- Zustimmungâ, die er immer dann gab, wenn er eigentlich nicht zugehört hatte. Anne kannte den Tonfall genau, aber Mark und Marlijn bemerkten dies nicht.
âTut mir leid, das war jetzt echt dramatisch und chaotisch und so solltest du uns echt nicht kennen lernen...â, sagte Anne zu Marlijn und lächelte diese entschuldigend an.
âAch, da weià ich wenigstens gleich, wie ihr wirklich drauf seid.â, reagierte diese gelassen.
Ein verrückter Haufen, aber andererseits â was hatte sie erwartet von Menschen, die Mark im Heim kennen gelernt hatte? Sie drückte seine Hand und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Eigentlich war der Tag ja genau so gelaufen, wie sie es sich gewünscht hatte: Der dumme Streit war vorbei, sie war endlich wieder bei ihm... Da störte es sie herzlich wenig, dass seine Freunde eventuell etwas verkorkst waren.
Sie sah zwischen Simon und Anne hin und her und lächelte leicht.
âOkay, sehr verkorkst.â, berichtigte sie sich in Gedanken.
Dabei kannte sie den schwarzen Kater, der sich soeben auf Marks Schoà breit machte und Ohrenbetäubend zu schnurren begann, ja noch gar nicht richtig...
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36 Stunden später
Was sollten sie auch sagen? Es war nichts geblieben, was man noch in Worte fassen konnte, nichts, was es einfacher machen würde, nichts. Simon schob die Hand in seine Hosentasche und berührte mit den Fingerspitzen eines der Fläschchen. Bald war es endlich vorbei.