06.12.2005, 20:21
Hallo,
so. hier hätte ich mal für euch, was dabei rauskommt wenn ich zulange in wartezimmern vor mich hingammeln muss.... Keine Ahnung was ich davon halten soll, weià auch noch nicht wo es hinführen wird, nur der Gedanke war auf einmal da und hat keine Ruhe gegeben, bis er aufgeschrieben war:
Spurlos
âEs gibt Menschen, die werden krank. Unheilbar krank. Es gibt Menschen, die einfach nur Pech haben und in einen Unfall verwickelt werden, ohne etwas dafür zu können. Oder selbst einen Unfall verursachen. Es gibt auch Menschen, die einfach so die Augen nicht mehr aufmachen, ohne Krankheit, ohne Schmerzen. Es gibt Menschen, die sind von jetzt auf gleich weg, einfach weg. Und sie kommen nie wieder zurück.
All diese Menschen haben etwas gemeinsam: Sie hinterlassen wiederum Menschen, die sie über alles geliebt haben.
Es gibt viele Möglichkeiten, den Zurückgebliebenen das Herz zu brechen. Sei es durch Krebs, der solange durch den Körper wütet bis er alles zerstört hat, durch einen Herzstillstand, bei dem das Herz auf einmal stehen bleibt, ob mit oder ohne Auslöser. Vielleicht geht dieser Mensch auch nur über die StraÃe und übersieht den Bus, der nicht mehr rechtzeitig halten kann. Vielleicht sorgt auch ein Feuer dafür, oder Hochwasser. Was gibt es nicht alles für Möglichkeiten die Hinterbliebenen zu verlassen? Mit einer traurigen Gewissheit: Egal was passiert, dieser Mensch kommt niemals wieder zurück, wird niemals wieder die Augen aufschlagen, niemals wieder wird sich seine Brust heben und senken, niemals wieder kommt auch nur der leiseste Ton über seine Lippen. Es gibt zu viele Möglichkeiten, einen Menschen zu verlieren, als dass man die Chance hat, diese Menschen vor jeder Gefahr zu schützen. Verhindert man einen Autounfall, stürzt eben das Haus ein, rettet man den Menschen vor einer Lebensmittelvergiftung bricht plötzlich der Blinddarm durch. Lässt man ihn aus Angst um sein Wohlergehen nicht in ein Flugzeug steigen, dann reiÃt ihn die Bahn aus dem Leben. So viele Dinge können passieren, die den geliebten Menschen für uns unerreichbar machen.â
Wenn es so viele Möglichkeiten gibt, warum wählt er dann diese?
Er ist nicht tot, er ist nicht krank, er ist nicht verschollen. Er ist einfach nur weg. Seit Monaten schon. Jährt sich sein Verschwinden nicht bald? Sie schaut auf die paar Zeilen, die sie heute geschrieben hat. Sie versucht schon seit langem es in Worte zu fassen. Sie benutzt ihren Laptop als eine Art Aktenbank. Alles was sie dort niederschreibt, wird gespeichert aber geschlossen. Sie hat sich dieses System zurecht gelegt und es funktioniert einwandfrei. Ãrger in der Uni, Stress mit Verlegern oder anderen Mitmenschen, alles lässt sich wunderbar von der Seele schreiben. Nur er nicht. Es geht einfach nicht. Noch widersteht sie der Versuchung, einfach das, was sie bis jetzt hat, wieder zu löschen. Sie hat verschiedene Gründe dafür, denn solange sie ihn nicht abspeichert, ist er nicht weg. Bleibt seine Datei leer, besteht die Möglichkeit, dass er doch noch mal zurück kommt. Eine wunderbare Erklärung findet, für alles. Für all das, was er getan oder vielmehr nicht getan hat, warum er einfach weg ist und, wenn sie genauer nachdenkt, dann weià sie, dass es ihr auch reichen würde, wenn er auf einmal da wäre, auf sie zu käme, ihren Kopf in beide Hände nehme, genauso wie früher und sie einfach aber bestimmt küsste. All zu lang kann dieses Spiel aber nicht mehr funktionieren, dafür ist zu viel Zeit vergangen um noch darauf zu hoffen. Also lässt sie es stehen, vielleicht kann sie ja weiter schreiben. Sie weià noch nicht genau, ob es ein persönlicher Brief an ihn werden soll, eine Art Anklageschrift oder einfach ein weiterer Tagebucheintrag. Sie greift nach ihrer Kaffeetasse, der erste Schluck zergeht ihr bitter auf der Zunge. Kalter Kaffee schmeckt genauso, wie er sich anhört. Schade um den Kaffee, aber wenigstens kann sie endlich diese Stille durchbrechen. Die Stille, die sie seit Monaten regiert. Die zu lange auf ihren Lippen lag, die ihr Gemüt bestimmte. Sie wusste, was sie verletzt hatte, sie wusste was schmerzte und sie wusste weshalb, aber sie fand keine Worte dafür. Sie fand keine Worte dafür. Lächerlich, schlieÃlich tat sie schon ewig nichts anderes, als schreiben. Jedem, der es hören wollte, erzählte sie, dass Schreiben eines ihrer Hobbys wäre, dass sie es ständig tut. Und dann findet sie keine Worte für eine banale Wahrheit? Er ist weg. Nicht tot, nicht verschollen, nicht abgestürzt, nicht überfahren worden, nicht untergegangen und auch nicht verbrannt. Einfach nur weg. Ohne eine Spur, ohne ein Adieu, ohne eine Erklärung.
âWas genau ist es, was wir so sehr vermissen von den Menschen, die uns verlassen? Ist es die körperliche Nähe, die unbeschreibliche Anziehungskraft die uns immer wieder auf neue Achterbahnen schickt oder liegt es an dem ganz eigenen Körpergeruch, der diese Menschen umgibt? Ein Geruch, der so wundervoll nach gar nichts riecht, dass man es am liebsten den ganzen Tag inhalieren möchte? Ist es die Gewissheit, dass es jemanden gibt, der genau das selbe für dich, wie du für ihn empfindest, fühlt? Sind es einzelne Körperteile, die nicht im geringsten etwas mit dem jedem von uns eigenen Sexualtrieb zutun haben? Ist es die Sehnsucht, nach bestimmten Merkmalen, die auÃer diesem Menschen so viele besitzen, sie uns aber nur bei dieser einer Person bewusst werden? Ist es die Stimme, die uns mehr vertraut ist, als alles andere was wir jemals gehört haben und sei es auch noch so oft wiederholt worden? Fehlt uns das Lächeln, das unser Herz jedes Mal aufs Neue entflammen kann, sollte es auch nur spöttisch gemeint sein?â
*rausschleich* San
so. hier hätte ich mal für euch, was dabei rauskommt wenn ich zulange in wartezimmern vor mich hingammeln muss.... Keine Ahnung was ich davon halten soll, weià auch noch nicht wo es hinführen wird, nur der Gedanke war auf einmal da und hat keine Ruhe gegeben, bis er aufgeschrieben war:
Spurlos
âEs gibt Menschen, die werden krank. Unheilbar krank. Es gibt Menschen, die einfach nur Pech haben und in einen Unfall verwickelt werden, ohne etwas dafür zu können. Oder selbst einen Unfall verursachen. Es gibt auch Menschen, die einfach so die Augen nicht mehr aufmachen, ohne Krankheit, ohne Schmerzen. Es gibt Menschen, die sind von jetzt auf gleich weg, einfach weg. Und sie kommen nie wieder zurück.
All diese Menschen haben etwas gemeinsam: Sie hinterlassen wiederum Menschen, die sie über alles geliebt haben.
Es gibt viele Möglichkeiten, den Zurückgebliebenen das Herz zu brechen. Sei es durch Krebs, der solange durch den Körper wütet bis er alles zerstört hat, durch einen Herzstillstand, bei dem das Herz auf einmal stehen bleibt, ob mit oder ohne Auslöser. Vielleicht geht dieser Mensch auch nur über die StraÃe und übersieht den Bus, der nicht mehr rechtzeitig halten kann. Vielleicht sorgt auch ein Feuer dafür, oder Hochwasser. Was gibt es nicht alles für Möglichkeiten die Hinterbliebenen zu verlassen? Mit einer traurigen Gewissheit: Egal was passiert, dieser Mensch kommt niemals wieder zurück, wird niemals wieder die Augen aufschlagen, niemals wieder wird sich seine Brust heben und senken, niemals wieder kommt auch nur der leiseste Ton über seine Lippen. Es gibt zu viele Möglichkeiten, einen Menschen zu verlieren, als dass man die Chance hat, diese Menschen vor jeder Gefahr zu schützen. Verhindert man einen Autounfall, stürzt eben das Haus ein, rettet man den Menschen vor einer Lebensmittelvergiftung bricht plötzlich der Blinddarm durch. Lässt man ihn aus Angst um sein Wohlergehen nicht in ein Flugzeug steigen, dann reiÃt ihn die Bahn aus dem Leben. So viele Dinge können passieren, die den geliebten Menschen für uns unerreichbar machen.â
Wenn es so viele Möglichkeiten gibt, warum wählt er dann diese?
Er ist nicht tot, er ist nicht krank, er ist nicht verschollen. Er ist einfach nur weg. Seit Monaten schon. Jährt sich sein Verschwinden nicht bald? Sie schaut auf die paar Zeilen, die sie heute geschrieben hat. Sie versucht schon seit langem es in Worte zu fassen. Sie benutzt ihren Laptop als eine Art Aktenbank. Alles was sie dort niederschreibt, wird gespeichert aber geschlossen. Sie hat sich dieses System zurecht gelegt und es funktioniert einwandfrei. Ãrger in der Uni, Stress mit Verlegern oder anderen Mitmenschen, alles lässt sich wunderbar von der Seele schreiben. Nur er nicht. Es geht einfach nicht. Noch widersteht sie der Versuchung, einfach das, was sie bis jetzt hat, wieder zu löschen. Sie hat verschiedene Gründe dafür, denn solange sie ihn nicht abspeichert, ist er nicht weg. Bleibt seine Datei leer, besteht die Möglichkeit, dass er doch noch mal zurück kommt. Eine wunderbare Erklärung findet, für alles. Für all das, was er getan oder vielmehr nicht getan hat, warum er einfach weg ist und, wenn sie genauer nachdenkt, dann weià sie, dass es ihr auch reichen würde, wenn er auf einmal da wäre, auf sie zu käme, ihren Kopf in beide Hände nehme, genauso wie früher und sie einfach aber bestimmt küsste. All zu lang kann dieses Spiel aber nicht mehr funktionieren, dafür ist zu viel Zeit vergangen um noch darauf zu hoffen. Also lässt sie es stehen, vielleicht kann sie ja weiter schreiben. Sie weià noch nicht genau, ob es ein persönlicher Brief an ihn werden soll, eine Art Anklageschrift oder einfach ein weiterer Tagebucheintrag. Sie greift nach ihrer Kaffeetasse, der erste Schluck zergeht ihr bitter auf der Zunge. Kalter Kaffee schmeckt genauso, wie er sich anhört. Schade um den Kaffee, aber wenigstens kann sie endlich diese Stille durchbrechen. Die Stille, die sie seit Monaten regiert. Die zu lange auf ihren Lippen lag, die ihr Gemüt bestimmte. Sie wusste, was sie verletzt hatte, sie wusste was schmerzte und sie wusste weshalb, aber sie fand keine Worte dafür. Sie fand keine Worte dafür. Lächerlich, schlieÃlich tat sie schon ewig nichts anderes, als schreiben. Jedem, der es hören wollte, erzählte sie, dass Schreiben eines ihrer Hobbys wäre, dass sie es ständig tut. Und dann findet sie keine Worte für eine banale Wahrheit? Er ist weg. Nicht tot, nicht verschollen, nicht abgestürzt, nicht überfahren worden, nicht untergegangen und auch nicht verbrannt. Einfach nur weg. Ohne eine Spur, ohne ein Adieu, ohne eine Erklärung.
âWas genau ist es, was wir so sehr vermissen von den Menschen, die uns verlassen? Ist es die körperliche Nähe, die unbeschreibliche Anziehungskraft die uns immer wieder auf neue Achterbahnen schickt oder liegt es an dem ganz eigenen Körpergeruch, der diese Menschen umgibt? Ein Geruch, der so wundervoll nach gar nichts riecht, dass man es am liebsten den ganzen Tag inhalieren möchte? Ist es die Gewissheit, dass es jemanden gibt, der genau das selbe für dich, wie du für ihn empfindest, fühlt? Sind es einzelne Körperteile, die nicht im geringsten etwas mit dem jedem von uns eigenen Sexualtrieb zutun haben? Ist es die Sehnsucht, nach bestimmten Merkmalen, die auÃer diesem Menschen so viele besitzen, sie uns aber nur bei dieser einer Person bewusst werden? Ist es die Stimme, die uns mehr vertraut ist, als alles andere was wir jemals gehört haben und sei es auch noch so oft wiederholt worden? Fehlt uns das Lächeln, das unser Herz jedes Mal aufs Neue entflammen kann, sollte es auch nur spöttisch gemeint sein?â
*rausschleich* San