Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16]
#21

Also, jetzt bin ich doch tatsächlich auch endlich mal dazu gekommen zu Feedbacken...*schäm*

Und es bleibt mir eigentlich auch nix mehr zu sagen, was nich schon gesagt wurde. Es ist wie immer toll geschrieben, bin schwer begeistert.
Wie sie miteinander umgehen hat irgendwie schon was von nem alten Ehepaar (teilweise zumindest..) und das Emily ihn immer so reizen muss - typisch.
Diese kleinen Spielchen find ich auch echt cool, da ging Richard jetzt mal so richtig aus sich raus irgendwie... Richard von einer anderen Seite. Wink

Also mehr kann ich grad auch net sagen....einfach toll wie immer, bitte schnell mehr!!!

:knuddel:
hdl
Kerstin

P.S.: Ich werd bald auch weiter schreiben, kriegst auch ma wieda was zu lesen. Wink

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~Emily&Lorelai~All in the Family| Jünger des Emilynismus| It's me![/SIZE]
#22

Sie steht auf und schnürt ihren Morgenmantel zu, sieht sich suchend nach ihrer Tasche um. Sie liegt auf einem der Küchenstühle, erleichtert geht Emily zu ihr und kramt ihre Zigaretten hervor. Alles in ihr schreit nach Nikotin, das Flackern eines Streichholzes, ein tiefer Zug. Herrlich, Nikotin. Herrlich, er ist weg. Endlich. Sie beißt sich auf die Unterlippe. Überhaupt nichts ist herrlich. So gut sie normalerweise im Lügen ist, heute bringt sie es nicht zustande. Heute. Sie starrt auf den Kalender an der Wand. Heute. Nicht das sie es vergessen hätte. Niemals könnte sie es vergessen, das Datum hat sich für immer in ihr Gehirn gebrannt. Aber sie hat einfach vergessen, dass heute heute ist. Vielleicht auch nicht. Weshalb sonst das ganze Theater mit dem Buchhalter? Sie fährt sich durchs Gesicht, ein leises Stöhnen. „Es gibt keine dümmere Gans als dich Emily Miller“, sagt sie zu sich selbst und es ist noch untertrieben.

Schwerfällig geht sie zurück zu ihrem Bett, nimmt ihr Glas, vielleicht war es auch seines, sie weiß es nicht mehr, es ist völlig egal, und schenkt es sich voll. „Auf dich“, flüstert sie, dieses Mal gilt es nicht ihr selbst, dann leert sie das Glas in einem Zug. Während der Gin noch in ihrer Kehle brennt, zieht sie ein weiteres Mal an ihrer Zigarette und schenkt sich nach. Sie setzt sich auf das Bett und lässt die klare Flüssigkeit in dem Glas kreisen. „Cheers“, murmelt sie, trinkt trotzdem nicht und raucht stattdessen ihre Zigarette zu Ende, wirft sie in den Gin. Ein leises Zischen als die Glut verlischt. Emily sieht auf die Uhr, es ist erst kurz vor halb Zwölf, wenn sie sich beeilt, kann sie rechtzeitig zur Mitternachtsvorstellung im Chagall sein. Sie hat zwar ihren freien Tag, aber sie hat ganz bestimmt nicht vor ihn alleine in ihrem Zimmer zu verbringen und darauf zu warten, dass ihre Monster sie heimsuchen. Ein aufmunterndes Schnalzen mit der Zunge, dann steht sie auf und geht ins Badezimmer. Mit einer schnellen Dusche wäscht sie den Geruch des Buchhalters von sich und trocknet sich hastig ab, sie hat keine Zeit, die Vorstellung beginnt bald. Deshalb macht sie sich auch nicht die Mühe neue Kleider herauszusuchen, sondern schlüpft in Kleid und Bluse, die sie bereits am Abend getragen hat. Lediglich neue Unterwäsche und, natürlich, Strümpfe holt sie hervor, die Alten sind noch feucht. Sobald sie fertig ist, greift sie nach ihrer Handtasche und hastet aus ihrer Wohnung, nimmt zwei Stufen auf einmal, rennt die 16 Blocks zum Chagall ohne das bald eintretende Seitenstechen oder die missbilligenden Blicke der Passanten zu beachten.

Mit brennenden Lungen öffnet sie die Hintertür, dicke Luft schlägt ihr entgegen und sie hat endgültig das Gefühl ersticken zu müssen. Trotzdem drängelt sie sich durch den voll gestopften Gang zu ihrer Garderobe. Dort schließt sie die Tür hinter sich und reißt eines der Fenster auf. Eine sinnlose Geste, sie ist im Souterrain, von oben sickert lediglich der dicke New Yorker Smog herein.
„Emily?“, ertönt Silvias Stimme hinter ihr. Silvia. Das Schönste Mädchen im Club, eine langbeinige Schönheit mit blondem Haar, sonst hätte sie den Job vermutlich niemals bekommen, denn ihre Qualitäten als Tänzerin lassen zu wünschen übrig. „Ich dachte du hast deinen freien Tag?“
„Das habe ich auch“, erklärt sie mit einem Lächeln und beginnt sich im Widerspruch dazu auszuziehen. „Ich würde dir trotzdem gerne die Vorstellung abnehmen. Louis freut sich sicher, wenn du früher nach Hause kommst.“
„Pleite?“
„Mieser Kerl.“
„Das von dir?“, ein glockenklares Lachen. „Dann muss er wirklich mies gewesen sein.“
„Schon“, murmelt sie knapp, hat keine Lust zu ausschweifend zu werden. Silvia ist wirklich die Allerletzte mit der sie über ihre Männer oder sonst etwas reden würde.
„Ich kann dir die Vorstellung trotzdem nicht abtreten. Louis und ich wollen zusammenziehen, da zählt jeder Penny.“
Sie zögert kurz, dann greift sie dennoch nach ihrem Kostüm. „Du kannst das Geld haben“, erklärt sie und schlüpft in das Mieder. „Aber lass mich die Vorstellung tanzen.“
„Nur, wenn du mir auch das Trinkgeld abtrittst.“
„Das kannst du haben“, erklärt Emily sich bereit, schlüpft auch in den Rock.
„Plus fünfzig Prozent, die würde ich im Gegensatz zu dir nämlich locker machen.“
Sie ignoriert die Beleidigung, rechnet trotzdem nach. Es ist zuviel, soviel macht selbst Silvia nicht. „Woher soll ich fünfzig Prozent nehmen?“
„Willst du die Vorstellung oder nicht?“
„Wäre ich sonst hier?“, die beiden Frauen starren sich mit unverholener Abneigung an, Emily gibt schließlich nach. Es ist zwar ein schlechtes Geschäft, aber was soll’s?
„Fünfzig Prozent“, sagt sie ergeben und greift nach ihren Tanzschuhen, ein zufriedenes Lächeln huscht über Silvias makelloses Gesicht.
„Sehr schön“, erklärt sie. „Gib mir das Geld dann einfach Morgen.“
„Du kriegst es, keine Angst.“
„Besser für dich“, ein weiteres Lächeln mit perfekten Zahnreihen, dann schwebt sie aus der Garderobe.
„Besser für dich“, äfft Emily sie nach. Gott, was würde sie jetzt für eine nette Kanone geben, um dieses hübsche Püppchen niederzuknallen. Aber du hättest keine Zeit die Leiche entsorgen, erinnert sie sich selbst, ein Blick auf die Uhr. Hastig schlüpft sie in die Schuhe und legt die übliche Make-Up-Schicht auf. Eyeliner und Rouge, Mascara und Lippenstift. Sie ist nicht wirklich zufrieden mit dem Ergebnis, hat es schon besser hinbekommen, aber wie gesagt, sie hat keine Zeit dafür. Hat nicht einmal mehr die Zeit sich die Haare mit ein paar zusätzlichen Klammern festzustecken und muss hoffen, dass ihre Frisur so und mit Unterstützung einer zusätzlichen Schicht Haarsprays hält. Selbst wenn es nicht hielte, es wäre egal. Es ist alles egal. Alles was sie will, ist zu vergessen. Es gibt so vieles, was sich zu vergessen lohnt. Und wenn sie tanzt, vergisst sie alles. Dann sind da nur noch Musik und Takt, Bewegungen im Rhythmus ihres Atems, im Gleichklang mit dem Rauschen des Blutes in ihren Ohren. Trance bis zur Erschöpfung irgendwann, auch wenn sie nie lange genug anhält, die Erinnerungen sind meist schneller, holen sie mit Lichtgeschwindigkeit ein, wollen doch wieder vergessen werden. Zum Glück ist Tanz nicht der einzige Weg, es gibt andere. Sex zum Beispiel, eigentlich auch nur eine Abart des Tanzes, umschlungene Körper, Rhythmus und Bewegung. Tanz und Sex. Es ist billig in jeder Hinsicht. Aber was soll sie machen? Sie kann sich schlecht die Schädeldecke einreißen und ihr Gedächtnis aus ihrem Hirn schneiden, ein grauer Klumpen, hässlich und unscheinbar. Mächtig. Viel zu mächtig für ihren Geschmack. Und zum Glück hat sie ihre Wege, wie gesagt, sie weiß was sie tun muss. Der Buchhalter war zwar ein Reinfall, aber es gibt noch andere. Dies oder das, sie kennt die Wege. Sie könnte das trügerische Labyrinth des Vergessens selbst mit verbundenen Augen nehmen. Im Laufe der Jahre ist sie so perfekt darin geworden, dass sie es nicht einmal mehr bewusst tun muss. Eine Maschine, die bis auf seltene Augenblicke (Da ist er wieder, der Buchhalter) nicht weiß, dass sie eine ist. Eine Figur in einer Spieluhr. Sie dreht sich und dreht sich ohne Unterlass. Keine Zeit für eine Pause. Keine Zeit zum Denken. Es gibt soviel zu tun. Es gibt immer etwas zu tun. Schließlich muss man leben. Würde man es nicht tun, wäre man tot. Und zum Sterben ist sie zu feige. Vor ein paar Jahren, da hat sie es sogar versucht. Hat die Tabletten doch schneller wieder ausgekotzt als sie sie geschluckt hat. Ihre Feigheit, erkannte sie, zwang sie zum Weiterleben und deshalb lebt sie noch immer. Tanzt und vögelt, irgendetwas gibt es immer zu tun. Irgendetwas. Manchmal, manchmal da wacht sie morgens auf und spürt dieses Kribbeln in jeder ihrer Poren, eine unendliche Gier zu Leben. Sie ist so stark, dass sie aufspringt und in ihrer Kleider schlüpft, die Straßen entlang rennt bis sie irgendwann erschöpft auf eine Bank sinkt. Den Puls in ihrer Kehle, ein Brennen in der Lunge weiß sie dann wieder ganz genau, weshalb es die beste Entscheidung ihres Lebens war sich damals den Finger in den Hals zu stecken. Und solange sie das nicht vergisst, ist ihre Welt in Ordnung. Und manchmal, nur selten, aber immerhin wieder, manchmal verspürt sie ein träges Gefühl in ihrer Brust. Hoffnung nennt man es wohl. Sie weiß zwar nicht worauf sie hoffen soll, aber es zu spüren ist ein Geschenk. Und solange sie sich dabei nicht selbst belügt, ist sie bereit es anzunehmen.

ATN: Danke für's FB. Mehr haben willConfusedabber: Wink Lg, Franziska
#23

Alsooo, da muss ich also tatsächlich direkt schon wieder Feedback abgeben. Wink
Ein sehr cooler Teil, mal mehr über Emilys Gedanken etc. Scheint ja bisher schon ein sehr "bewegendes" Leben gewesen zu sein das sie da führt...auch ihre ganzen Taktiken zu vergessen - sie hatte viel Zeit zu üben...

Ihre komische Kollegin find ich ja auch mal sehr...."nett"....aber naja, man macht anscheinend aus allem Geld, was sie so anbietet....auch ne Möglichkeit.

So, da ich net weiß was ich noch schreiben soll und selbst grad FF schreibe höre ich hier auf und sag nur noch:
sehr cool und schnell mehr!!! Confusedabber:

:knuddel:
hdl

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#24

Gut, mein FB fängt ohnehin immer mehr oder weniger gleich an, daher komm ich gleich mal zum Wesentlichen, bevor ich den Rest der FF zerlege. Diesmal fang ich von hinten an und wie immer, das beste zum Schluss:

Zitat:Den Puls in ihrer Kehle, ein Brennen in der Lunge weiß sie dann wieder ganz genau, weshalb es die beste Entscheidung ihres Lebens war sich damals den Finger in den Hals zu stecken. Und solange sie das nicht vergisst, ist ihre Welt in Ordnung. Und manchmal, nur selten, aber immerhin wieder, manchmal verspürt sie ein träges Gefühl in ihrer Brust. Hoffnung nennt man es wohl. Sie weiß zwar nicht worauf sie hoffen soll, aber es zu spüren ist ein Geschenk. Und solange sie sich dabei nicht selbst belügt, ist sie bereit es anzunehmen.

Es sind ein paar Zeilen, die einfach treffendst formuliert sind. Zum einen kann ich es sehr schön nachvollziehen, wenn man einfach mal darauf losläuft, bis man nicht mehr kann (habe ich bisher allerdings meistens aus Zorn getan *hust*) und dann völlig fertig ist und die Dinge einfach wieder an Bedeutung verlieren, über die man sich aufgeregt hat und man die Dinge einfacher wieder klarer sieht.
Das mit der Hoffnung hast du auch sehr schön geschrieben, es stellt sich nur die Frage, wodurch Emily ihre Hoffnung überhaupt verloren hat, ich bin sehr gespannt darauf, was du dir da einfallen lassen hast.

Zitat:Und zum Sterben ist sie zu feige.

Sehr gut formuliert und sehr gut nachvollziehbar. Allerdings klingen die Worte sehr nach Teenager, der sich von der Welt unverstanden und nicht geliebt fühlt. Es würde mich interessieren, welches Motiv Emily damals hatte, zu versuchen, sich umzubringen. Wirkliche Verzweiflung? Ein Versuch, auf sich Aufmerksam zu machen? Rache? (Netter Abschiedsbrief an xy um xy zu sagen, dass er/sie schuld ist?)

Zitat:Und wenn sie tanzt, vergisst sie alles.

Erinnert mich ein wenig an ACL... das Leben war einfach nur scheiße, aber beim Tanzen konnte man einfach alles vergessen Wink
Aber etwas Wahres steckt da definitv dahinter. Man kann herrlich abschalten, wenn man auf einer Bühne steht, von daher verstehe ich Emily auch, dass sie Silvia die Vorstellung "abkauft", auch wenn ich ihr die 50% aus PRINZIP (Wink ) nicht gegeben hätte.
Das ganze führt mich aber zu meiner nächsten Frage:

Zitat:Niemals könnte sie es vergessen, das Datum hat sich für immer in ihr Gehirn gebrannt.

Was war an diesem legendären heute? Was macht diesen Tag so unerträglich, dass sie ihn vergessen musste?

Daher, liebste Riska, musst du gaanz schnell updaten, damit ich Antworten auf diese Fragen bekomme!!!

Und: Was macht unser armer Richie Boy jetzt? Hat sich das arme Landei in NY verlaufen? Ist er einer Bande zum Opfer gefallen? Erzählt er seinen Freunden im Hotel gerade, was für ein Bringer er doch im Bett ist? *neugierig*

Also in diesem Sinne:
Du hast wieder einmal einen wundervollen Teil geschrieben!

:knuddel:
Hdl
Büs
#25

sooo nachdem man hier mit den schlimmsten Mitteln zum FB gezwungen wird...bitte, mein FB:

*hach* Riskaleinchen...du machst es mir schwer. Wie soll ich da noch was sagen? Das ist bis jetzt mein Lieblingsteil weil du so viel von Emilys Gedankenwelt frei gegeben hast und man sich mehr in ihr Verhalten hineininterpretieren kann. Dass sie sich mit Tanzen und Sex immer wieder aufs neue vorm Verfall rettet, dass sie versucht hat sich umzubringen und schlussendlich zu feig war, dass sie den Buchhalter nicht vergessen kann usw, ich kann gar nicht aufhören, der Teil ist rundum perfekt. Dieses Auf und Ab und das Verlangen nach Leben und dann wieder nicht aber trotzdem dieses Funzerl Hoffnung *seufz* Einfach nur schön. Betrübend und trotzdem schön. Und traurig...aber schön Smile


so *Händeabputz* und das trotz miesester Behandlung einschließlich Zwangsjacke und Maulkorb *Händeverschränk*
#26

Akt 2

Spitzentanz auf viel zu glattem Eis

Richard Gilmore hat sein Leben geplant. An seinem dreizehnten Geburtstag nahm er Stift und Papier und zeichnete sein Leben. Er würde seinen High School Abschluss machen – als Bester natürlich – und Yale besuchen. Er würde sich mit einem reizenden Mädchen aus gutem Hause verloben und es nach seiner Graduation heiraten. Er würde für eine wichtige Firma arbeiten und ein wichtiger Mann werden. So weit so gut. Er war Jahrgangsbester, er ist mit einem reizenden Mädchen verlobt, dem reizendsten Mädchen der Welt sogar. Und in einem Jahr wird er seinen Bachelor haben. In einem Jahr wird er heiraten. In einem Jahr wäre seine verdammte Hochzeitsnacht gewesen und er hat nichts Besseres zu tun als sich von einer Wildfremden verführen zu lassen. Eine Zunge in seinem Hals und eine Hand in seinem Schritt, hat er sich selbst und seine Pläne vergessen. Hat sich selbst für ein paar Brüste und eine Vagina verraten. Er hat Lynnie verraten. Niemals darf sie davon erfahren, das wäre das Ende. Und es ist der einzige Grund, weshalb er doch wieder hergekommen ist. Er muss die Tänzerin dazu kriegen, ihre große Klappe zu halten. Ihre unverschämte Klappe. Nur deshalb ist er hier und wartet darauf, dass sie endlich nach Hause kommt. Verdammt, es ist bald vier Uhr morgens, kein anständiges Mädchen würde sich um diese Zeit noch in einer Stadt wie New York herumtreiben. Anständig, er lacht leise in den leeren Hof. Alles anderes als das. Wenn sie nur endlich auftauchen würde, er will es hinter sich bringen. Außerdem ist ihm kalt, das Metall der Feuerleiter fühlt sich durch den Stoff seiner Hose mehr als nur eisig an, er wird noch festfrieren. Also steht er auf und beginnt ein wenig umherzuwandern, schüttelt seine Beine, um die Kälte aus seinen Gliedern zu vertreiben. Der Erfolg ist nur mittelmäßig, nach einer weiteren halben Stunde resigniert er und beschließt zurück in das Hotel zu gehen.

In der kleinen Seitengasse ist es dunkel und richt unangenehm nach Müll und Urin, eine dreckige Gegend. Sie ekelt ihn ebenso an wie er sich selbst. Es ist die gerechte Strafe, denkt er sich und tritt auf die 3te Avenue. Zumindest will er das, denn ein unsanfter Aufprall lässt ihn zurück in die Gasse taumeln. „Verdammt“, murmelt er.
„Kannst du nicht aufpassen?“, fährt ihn eine weibliche Stimme an und er verdreht die Augen. Natürlich, ausgerechnet in sie muss er laufen. Wenigstens bleibt ihm so ein weiterer Besuch in diesem Viertel erspart.
„Nicht sanft genug?“, erkundigt er sich, kann es sich nicht verkneifen und sie wirft ihm einen wütenden Blick zu, der ihn mahnt etwas netter zu sein.
„Was willst du hier?“
„Ich habe etwas in deiner Wohnung liegen lassen“, lügt er, er will sich nicht auf der Straße mit ihr unterhalten.
„Glaub mir, deine Jungfräulichkeit ist bei mir gut aufgehoben.“
Blut schießt in sein Gesicht, gerne würde er etwas auf diesen rechten Haken erwidern, aber dann würde er es sich endgültig verscherzen. „Kannst du für einen Moment deine Krallen einfahren, bitte?“
„Weshalb sollte ich?“
„Weshalb solltest du nicht?“
„Weil ich keine Lust dazu habe, nett zu einem Arschloch wie dir zu sein.“
„Herrgott“, stöhnt er, konnte er sich für seine Eskapade nicht wenigstens ein nettes Mädchen aussuchen? Aber nein, er musste ja an einen tollwütiger Hund geraten. Eine angriffslustige Bestie mit losem Mundwerk. Und äußerst hübschen Beinen, stellt er fest, tadelt sich aber sofort für diesen Gedanken und bemüht sich ihr in die Augen zu sehen. „Würdest du bitte für einen Moment die Luft anhalten, ist das denn zuviel verlangt?“
Sie verzieht das Gesicht und legt den Kopf schief. „In Ordnung“, erklärt sie schließlich. „Was willst du? Denn vergessen hast du sicherlich nichts.“
Mich selbst habe ich vergessen, denkt er, spricht es jedoch nicht aus. „Ich muss mit dir sprechen.“
„Leg los.“
„Es ist etwas kompliziert. Können wir dazu vielleicht in deine Wohnung gehen?“
„Ganz bestimmt nicht.“
„Bitte.“
„Hör zu, ich werde jetzt auf zehn zählen. Entweder du rückst bis dahin mit der Sprache raus oder aber unser nettes Tete-a-tete hier ist beendet.“
„Em-“
„Eins“, unterbricht sie ihn, ein herausfordernder Blick. Eine Verrückte. Mit hübschen Beinen. Von ihren Brüsten ganz zu schweigen. Gott, Richard! Konzentrier dich!
„Zwei.“
Unglaublich, wie trotzig und verbohrt kann ein einzelner Mensch sein?
„Drei.“
Kindisch!
„Vier.“
„Okay, gut. Solange du nur mit dieser schwachsinnigen Zählerei aufhörst.“
„Bitte.“
„Ich bin hier, weil ich“, er atmet durch, setzt ein hoffentlich sympathisches Gesicht auf. „Das von heute Nacht muss unter uns bleiben.“
„Verdammt“, ruft sie aus und verschränkt die Arme, ihre Handtasche gleitet von ihrer Schulter nach unten, bleibt auf ihrem Ellenbogen liegen. „Ich habe die Story gerade der New York Times verkauft. Sie wollten es Morgen als Titelschlagzeile bringen.“
„Du kannst nicht für eine Sekunde normal sein, oder?“
„Wenn ich das will, sicher doch. Aber ich will nicht.“
Jemand sollte ihr wirklich das Maul stopfen. Nun, nicht jetzt. Du willst etwas von ihr, sei nett. „Versprich mir einfach, dass es unter uns bleibt“, sie legt wieder den Kopf schräg, sieht in nachdenklich an. „Bitte“, fügt er also hinzu. „Wenn meine Verlobte davon erfährt“, er kommt nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, da sie schallend zu Lachen beginnt.
„Was…?“
„Gott, das ist gut“, keucht sie und wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
„Das ist nicht witzig. Ich könnte in Teufels Küche kommen.“
„Wenn man davon absieht, dass es mir vollkommen egal sein kann – für wie wichtig hältst du dich eigentlich?“
„Was?“
„Denkst du, ich habe nichts Besseres zu tun, als deiner Verlobten zu sagen, dass wir miteinander im Bett waren?“
„Nun…“
„Natürlich nicht. Ich weiß ja auch soviel über dich. Richard. Der einzige Richard in den ganzen Vereinigten Staaten von Amerika. Ein leichtes herauszufinden wo du herkommst oder mit wem du verlobt bist.“
„Es gibt sicherlich mehr als einen Richard in Amerika“, hört er sich selbst sagen, die dümmste Antwort der Welt, sie nimmt sie dankbar entgegen.
„Oh“, ein überraschtes Schulterzucken. „Dann werde ich eben alle Richards im Land abklappern bis ich den Richtigen gefunden habe. Bis ich dich und deine kleine Verlobte gefunden habe. Ja, das werde ich wohl tun. Ich habe ja sonst nichts zu tun“, faucht sie und ihm wird es endgültig zuviel. Derartige Respektlosigkeit muss er sich nicht bieten lassen.
„Würdest du dich bitte etwas maßregeln?“, fordert er sie auf, doch sie ignoriert ihn.
„Genau genommen tue ich nichts lieber. Ich vögle verlobte und verheiratete Mistkerle wie dich, um ihre Beziehungen zu zerstören. Das gibt mir so unglaublich viel, weißt du?!“
„Emily, bitte!“
„Ich habe auch schon daran gedacht, es beim Präsidenten zu versuchen. Was hältst du von der Idee? So schlecht sieht Kennedy nicht Mal aus. Und von allem was man so hört, dürfte er im Gegensatz zu anderen auch noch wissen, wie man mit einer Frau umgeht.“
Es reicht ihm. Es reicht ihm endgültig. Hat diese Verrückte auch einen Ausschalter? „Vielleicht sollte ich aber lieber erst mit dem Papst schlafen. Mit wem ist der verheiratet? Gott? Wenn man davon absieht, dass das ganz schön pervers ist, wäre es doch –“
Was auch immer sie sagen wollte, er hindert sie daran indem er seinen Mund auf den ihren presst. Sie taumelt unter der unerwarteten Bewegung zurück, erwidert den Kuss dennoch. Es ist falsch, denkt er sich. So unendlich falsch und schön. Er löst sich von ihr und sie starrt ihn mit offenem Mund an.
„Ein hübscher Skandal“, murmelt sie und er küsst sie erneut. Irrsinn scheint ansteckend zu sein, jeder könnte ihn sehen. Lynnie könnte vorbeikommen und – Lynnie. Abrupt reißt er sich von der Tänzerin los.
„Ich muss los“, würgt er hervor und sie nickt schwach. Er bedeckt ihren Lippen ein letztes Mal mit den seinen, streicht ihr dabei über die Wange. „Mach’s gut“, sagt er, dann hastet er an ihr vorbei, nimmt die 3te Avenue im Laufschritt.
„Du weißt wo du mich findest“, ruft sie ihm nach ein paar Metern hinterher und er wünscht sich, er wüsste es nicht.

ATN: Euer FB rührt mich. *Soifz* Weiter so!
#27

*Doppelpost* Mümpf* *Verzeiht* *Hust*
#28

Geil. Sehr geil. Ems Reaktion ist einfach nur genial, genau so wie es sich gehört. Was ihm einfällt...Gott, die Menschen können sich selbst so wichtig nehmen...außerdem sollte sich der Gute endlich mal über mit seiner Gefühlswelt klar kommen...und nicht ständig Em küssen wenn er sie doch für ach so nicht anständig hält... Snob...


Ich möcht aber noch viiiiiiiel mehr über Ems Vergangenheit wissen, was an dem ominösen 'heute' passiert ist und überhaupt, wie sie dorthin kam wo sie jetzt ist.

Hach ich freu mich schon auf die nächsten Teile Smile

:knuddel:
#29

Hey!

Hab deine FF gerade entdeckt und jetzt hast du einen neuen Leser! Smile

Du schreibst wahnsinnig gut...und die beiden sind überhaupt ein Wahnsinn...Emily als Tänzerin und Nymphomanin (Wink naja, nicht ganz)...und Richard als junger, schlacksiger (kann man sich ja kaum vorstellen) Mann...

Ist mal ganz was anderes und einfach nur genial!!!

Viele liebe Grüße, Su

**We got us a Pippi Virgin**

#30

geil, geil, geil....

Ich habe den ganzen Teil darauf gewartet:

Zitat:Was auch immer sie sagen wollte, er hindert sie daran indem er seinen Mund auf den ihren presst. Sie taumelt unter der unerwarteten Bewegung zurück, erwidert den Kuss dennoch.

Das war ja schwer an der Zeit, ansonsten wäre Richard Gehirn wohl geplatzt, so viel schwachsinniger Input ist wohl zu viel für einen Yale-Studenten.

So, und nun zurück zum Anfang:

Zitat:Richard Gilmore hat sein Leben geplant. An seinem dreizehnten Geburtstag nahm er Stift und Papier und zeichnete sein Leben.

Das ist eine sehr, sehr, sehr süße Idee von dem kleinen Richie. Ich kann mir das so richtig gut vorstellen. An den Ideen, die er damals hatte, war Trix' Erziehung, wie ich mal vermuten würde, nicht ganz unschuldig Wink

Zitat:[...]unangenehm nach Müll[...]

Dass es in NY nach Müll riecht, kann ich mir ja gar nicht vorstellen... *eine Runde Sarkasmus ausgeb*

Zitat:„Nicht sanft genug?“, erkundigt er sich, kann es sich nicht verkneifen und sie wirft ihm einen wütenden Blick zu, der ihn mahnt etwas netter zu sein.

Geil, Richard ist ja richtig amüsant und auch sehr schlagfertig, das muss man ihm lassen. Er soll sich mal nicht über Emily aufregen, denn er selbst ist auch nicht gerade auf den Mund gefallen... (gleich und gleich?!?)

Zitat:Eine angriffslustige Bestie mit losem Mundwerk. Und äußerst hübschen Beinen, stellt er fest, tadelt sich aber sofort für diesen Gedanken und bemüht sich ihr in die Augen zu sehen.

Sehr, sehr schöner Übergang, dass kann ich mir gut vorstellen. Am tollsten finde ich, dass Richard sich bemüht, ihr in die Augen zu sehen...anscheinend scheint das ja nur mäßigen Erfolg zu haben, sonst wären ihm die Beine wohl nicht so ins Auge gesprungen Wink Tjaja, typisch Mann...

Die zählende Emily war auch sehr, sehr genial. Und ich kann mir bei ihr ja überhaupt nicht vorstellen, dass das nervenaufreibend sein kann... vor allem nicht bei ihrer Stimme *hust*

Zitat:„Natürlich nicht. Ich weiß ja auch soviel über dich. Richard. Der einzige Richard in den ganzen Vereinigten Staaten von Amerika. Ein leichtes herauszufinden wo du herkommst oder mit wem du verlobt bist.“

Eine meine Lieblingsaussagen. Emily ist herrlich ironisch, die Traumfrau eines jeden Mannes... eine Frau, die denkt und sarkastisch ist... Rolleyes

Zitat:Lynnie könnte vorbeikommen und – Lynnie.

Du hast ihren Namen richtig geschrieben, ich bin sooooo stolz auf dich, so unheimlich stolz! *Orden für richtige Schreibung verlieh* *Träne aus dem Augenwinkel wisch*

Zitat:„Du weißt wo du mich findest“, ruft sie ihm nach ein paar Metern hinterher und er wünscht sich, er wüsste es nicht.

Sehr, sehr toller letzter Satz, sehr vielversprechend... er weiß es... und er wird wieder zu ihr kommen, er kommt einfach nicht von ihr los, ist süchtig nach Emilys Beleidigungen... (naja, zumindest kennt er jetzt in New York ne Frau, die ihn gratis drüber lassen würde)

Ich bin ja mal gespannt, wie es weiter geht.
Du hast den Teil wie immer sehr, sehr toll geschrieben, das Streitgespräch zwischen Emily und Richard ist genial und das schöne daran ist, man kann beide sehr gut verstehen. *mich solidarisch auf Emilys Seite stell und versuche die Bilder von ihr und Kennedy zu vertreiben*

Schnellstens updaten!!!
:knuddel:
Büs

Edit: Ich hab noch was vergessen:

Zitat:Es ist falsch, denkt er sich. So unendlich falsch und schön.

Das ist ein schöner Satz. So unendlich richtig und schön. Richard und Emily gehören eben einfach zusammen!


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