Hier gibts einen neuen Teil, poste ihn deshalb schon jetzt, damit jemand eine kleine Freude hat, wenn die Spanisch Klausur erledigt ist
Irgendwann in der Nacht erwachte Pennilyn aus einem unruhigen Schlaf, sie hatte geträumt, doch die Bilder waren schon wieder aus ihrem Gedächtnis verschwunden. Sie blickte zu Stephen, der neben ihr lag. Friedlich schlief. Was hatte sie nur getan? Spätestens jetzt gab es für sie und Richard gar keine Chance mehr, den letzten Rettungsreifen hatte sie über Bord geworfen. Niemals würde sie Richard wieder in die Augen sehen können, ohne an diese Nacht mit Stephen zu denken, an seine Berührungen, seine Küsse. Selbst wenn sie irgendwann die GröÃe gehabt hätte, Richard seinen kleinen Fehltritt zu verzeihen, ihren eigenen würde sie sich niemals vergeben können, nicht einmal, wenn Richard es akzeptieren, damit Leben könnte.
Leise setzte sie sich auf, zog sich die weiÃe Daunendecke um ihre nackten Schultern und stand auf. Innerlich war sie völlig unruhig, aufgewühlt. Die letzten Stunden hatten ihr bisheriges Leben eingehend verändert. Nicht nur, dass sie ihren Verlobten mit einer anderen gesehen hatte, nein, sie hatte auch noch mit ihrem besten Freund geschlafen. Was würde Stephen dazu sagen, wenn er wieder erwachte? Sie hatte sich doch wie eine Hure benommen, ihn verführt. Warum hatte sie sich nicht besser unter Kontrolle, lieà sich so gehen? Vermutlich hatte sie damit auch die jahrelange Freundschaft zwischen ihnen zerstört. Er würde sich angewidert von ihr abwenden, niemals wieder für sie da sein. Der Gedanke daran machte ihr Angst. Sie würde einsam sein, einsamer, als der einsamste Mensch auf Erden.
Vorsichtig öffnete sie das Fenster im Wohnzimmer und blickte nach drauÃen. Es schneite. Pennilyn beobachtete, wie die Flocken zur Erde schwebten und sanft aufkamen, sich zusammenschlossen zu einem sanften Teppich, der das wahre Gesicht der Welt verhüllte. Es war ein beruhigendes Geräusch, das sie dabei machte, dumpf und doch lebendig. In jeder einzelnen Schneeflocke schien mehr Leben zu stecken als in ihr, sie wäre bereit, ihr Leben mit dem einer Schneeflocke zu tauschen. Sanft vom Himmel herabzuschweben, eine weiche Landung, eingebettet in andere Schneeflocken zu liegen, irgendwann zu schmelzen, zu verdunsten, wieder in den Himmel aufsteigen und das bis in die Unendlichkeit. Ohne Gefühle, ohne Schmerzen, befreit von den Fesseln, die sie sich selbst angelegt hatte.
Stephen war mittlerweile aufgewacht und hatte festgestellt, dass Pennilyn nicht mehr neben ihm lag, daher stand er auf und ging leise ins Wohnzimmer. Da stand seine Göttin, verloren in ihren Gedanken, eingehüllt in eine weiÃe Decke. Einen vollkommeneren Anblick konnte er sich kaum vorstellen. Für einen Moment starrte er sie einfach nur an, er hoffte, dass er dieses Bild für den Rest seines Lebens im Gedächtnis behalten würde, es war einfach perfekt. Der Inbegriff der Schönheit.
Pennilyn fühlte Stephens Hände um ihre Taille, drehte sich jedoch nicht um. Sie schämte sich für alles, was zwischen ihnen geschehen war, niemals hätte das passieren dürfen. Ihm in die Augen zu sehen, selbst im Halbdunkeln, würde sie jetzt nicht ertragen.
Stephen legte seinen Kopf von hinten auf ihre Schulter und flüsterte: âMeine Schöne, du bist schon wieder so nachdenklich.â Sanft streichelte er durch ihr Haar. âDas vorhin, das zwischen uns, das hat mir sehr viel bedeutet.â Noch immer hatte Pennilyn nicht den Mut sich umzudrehen, die Augen eines Menschen logen nicht, wenn Stephen das jetzt nur aus Höflichkeit sagte, aus einem Pflichtbewusstsein heraus, sie würde es bemerken. So starrte sie weiter aus dem Fenster, sah den Schneeflocken zu. Die Realität konnte sie in diesem Moment nicht einholen, es gab nur sie auf der Welt, sie und die Schneeflocken auf der anderen Seite der Hausmauern. Beinahe war sie schon ein Teil von ihnen. Sie atmete tief ein. Ja, sie war der Teil eines GröÃeren, doch sie wusste nicht von was. Offensichtlich hatte sie jemand erschaffen, damit sie litt, den Schmerz einer ganzen Welt auf ihren Schultern trug. Wenigstens diesen Schmerz hatte sie noch, er würde sie niemals vergessen lassen, erinnerte sie immer an ihren Vater. Mit jedem Jahr waren die Erinnerungen an ihn immer blasser geworden und manchmal, wenn sie nachts munter lag, überkam sie die Angst, dass sie ihn vergessen könnte. Doch dann, wenn sie ihre Augen schloss, wusste sie, dass ihre Gefühle für ihn auf ewig die gleichen bleiben würden, egal, wie viel sie vergessen hatte. Genauso wie ihr ständiger Wegbegleiter, der Schmerz, der sie folterte und daran erinnerte, was sie einmal gehabt hatte, er würde ihr auf ewig erhalten bleiben.
Stephen bemerkte, dass Pennilyn wieder einmal in einer völlig anderen Welt war und drehte sie sanft um. Sie lieà es mit sich machen, in diesem Moment war ihr alles egal. Sie sah ihm in die Augen, sie konnte jedoch nicht viel darin lesen.
Für einen Moment war es so, als würde die Zeit still stehen. Sie sahen sich nur an, Stille um sie herum. Stephen legte Pennilyns Hände in seine und drückte sie sanft. Er musste es jetzt sagen, der Zeitpunkt war einfach perfekt. Es spielte keine Rolle, was sie darauf erwidern würde, wichtig war nur, dass sie wusste, was er empfand.
âLynnie, ich liebe dich.â, brachte Stephen schlieÃlich hervor.
Sie sah ihn mit groÃen Augen an. Wie konnte er so jemanden wie sie lieben? Sie war doch eine verachtungswürdige Kreatur, machte so viele Fehler. âStephen, ich weià nicht, was ich dazu sagen sollâ¦â, gab sie mit zittriger Stimme zurück. Vorsichtig zog Stephen Pennilyn an sich. âSag einfach gar nichts, mein Engel.â