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Registriert seit: 18.10.2004
*trommelwirbel*
Der neue Teil:
Noch einmal wiederholte Richard seine Frage, diesmal jedoch ein wenig aufgebrachter, während er Stephens Arm noch ein wenig weiter anhob. Er bekam schwer Luft, hätte Stephen am liebsten mit einem gezielten Schlag niedergestreckt, doch nein, er musste sich zusammenreiÃen. Stephen war es nicht wert, nicht so.
Stephen wusste genau, was nun zu tun war, egal, was Richard ihm danach antun würde, es würde es wert sein. Jede Reaktion wäre nur Bestätigung für seinen Sieg.
âWeiÃt du was, Richard? Ich musste sie dir nicht wegnehmen, sie ist freiwillig zu mir gekommen.â Er fühlte, wie Richard seinen Arm noch fester umfasste. Ja, das war das letzte Bisschen Bestätigung, dass er brauchte, Richard zwang ihn quasi dazu, einen Schritt weiter zu gehen. Unter Schmerzen sprach er weiter: âUnd weiÃt du auch, warum sie zu mir gekommen ist?â
Stephen musste grinsen, konnte nicht mehr anders. Sein Triumph war zum greifen nahe, er konnte ihn schon spüren. Richard Gilmore würde gleich ganz klein werden. Flüsternd sprach er weiter: âWeil sie einen Mann gebraucht hat, der es ihr einmal so richtig besorgt, denn du warst dazu offensichtlich nichtâ¦â
Weiter kam er nicht mehr, denn Richard nahm seinen Kopf und lieà ihn mit voller Wucht gegen die Wand knallen. Stephen hatte ein taubes Gefühl auf der Nase, im nächsten Moment begann sie zu bluten und ihm wurde leicht schwindlig. All das spielte jedoch keine Rolle. Der gellende Schmerz, der sein Gesicht lähmte, war süÃ, willkommen, denn er gab ihm die Versicherung, dass es Richard wehgetan hatte. Richard würde wesentlich länger unter dieser Konfrontation leiden als er selbst. Die Wunden im Gesicht würden rasch verheilen, doch Richards gekränkter Stolz würde ihn langsam auffressen, eine gerechte Strafe für das, was er seiner Freundin angetan hatte.
Stephen wurde aus seinen Gedanken gerissen, denn eine Stimme drang an sein Ohr, die seines rettenden Engels, der aufgebracht schrie:
âRichard, bist du wahnsinnig? Verschwinde, lass Stephen in Ruhe!â
Pennilyn kam aus dem Cafe gestürmt und sah Richard entgeistert an. Für einen Moment zweifelte sie an ihrem Verstand. Sie musste sich irren, die Szene die sich ihr bot, das konnte nicht wahr sein.
Ohne weiteres lieà Richard ihn los, stand einfach nur da, blickte zu Pennilyn. Diese stürzte zu Stephen, hantierte nervös in ihrer Handtasche, bis sie schlieÃlich ein Taschentuch herauszog und es Stephen an die Nase, aus der Blut rann, hielt. Sie streichelte ihm fürsorglich über die Wange, küsste ihn dann sanft.
Für Richard fühlte sie in diesem Moment eine Mischung aus Verachtung und Bewunderung. Es war nicht richtig von ihm, Stephen weh zu tun, doch er hatte es ihretwegen getan. Ganz egal konnte sie ihm nicht sein. Sie sah zu Stephen. Er brauchte sie jetzt. Jeder Gedanke an Richard war zu viel. Sie stützte ihn vorsichtig, wandte sich dann aber noch einmal an Richard: âIch hätte mir vieles von dir erwartet, aber so etwas, das zeigt mir noch einmal, dass mein Herz sich nicht geirrt hat.â
In ihren Augen spiegelten sich Enttäuschung und Verbitterung wider. Schnell wandte sie sich wieder zu Stephen und küsste ihn demonstrativ. Sie wusste nicht genau, warum sie es tat. Zeigte sie Richard, dass es zwischen ihnen ein für alle Mal vorbei war? Oder musste sie es sich selbst wieder vor Augen führen?
Richard sah die beiden an, sagte nichts, drehte sich schlieÃlich stumm um und ging. Wohin, das wusste er nicht, er hatte kein Ziel, aber er musste weg. Keine Sekunde länger würde er dieses junge Glück ertragen. Er hatte verloren, auf der ganzen Linie. Die Vorstellung, dass es ihm besser ginge, wenn er sich mit Stephen prügelte, war ein Trugschluss gewesen. Er fühlte sich nur noch schlechter. Er hatte sich auf ein Niveau begeben, das seiner nicht würdig war. Und das alles nur wegen einer Frau, wegen seiner zukünftigen Frau, wegen Pennilyn. Es war an der Zeit, dass er der Realität ins Auge blickte. Die Realität war, dass er gegen Stephen gesiegt hatte, dieser war schwerer verletzt, hatte geblutet. Doch es war auch Realität, dass sich Pennilyn offensichtlich Stephen hingegeben hatte, dass sie Stephen getröstet hatte, sich nun um ihn kümmerte. Stephen war der Mann, der die nächste Nacht bei Pennilyn verbringen würde. Doch er begriff noch immer nicht warum. Sie hatte ihm keine befriedigende Antwort gegeben. Ihre Gefühle, Pennilyn war nicht die Frau, die einer leichten Gefühlregung nachgab.
Mittlerweile war er in seiner Wohnung angekommen. Er hatte keine Lust gehabt, sich von anderen anstarren zu lassen. Völlig erledigt lieà er sich auf das Sofa fallen. Sein Blick fiel auf die Minibar, die neben ihm stand. Ja, einen Drink würde jetzt sicherlich nicht schaden, danach würde die Welt wieder anders aussehen. Er öffnete eine Flasche Whisky, Canadian Special Old, und roch daran. Der stechende Geruch stieg in seine Nase. Oh ja, bald würde er vergessen können. Er goss sich eine ganze Menge von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in ein Glas und hob es leicht.
âDas Leben geht weiter.â, murmelte Richard und nahm einen groÃen Schluck.