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Normale Version: Feuerfang
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Zitat:Mrs. Mistoffelees sprang ihr haarwolkenverbreitend auf den Schoß und schaute sie ebenso argwöhnisch an wie Simon. Er schien ebenfalls verwirrt zu sein und stupste sie besorgt mit der Schnauze an, und das erste Mal in seinem Leben empfand Simon eine gewisse Sympathie für den anaphylaktischen Schock auf vier Beinen.
♥♥♥

Zitat:Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Wahrscheinlich konnte man jetzt eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihm und dem armen Guppy im Aquarium feststellen, der immer noch nicht gerafft hatte, dass die Scheibe nur durchsichtig, aber nicht durchlässig war.
„Das heißt?“, fragte er dämlicher Weise und meinte fast spüren zu können, wie auch er gegen eine unsichtbare Wand schwamm.
Mag ich. Vor allem der letzte Satz.

Zitat:Er sah aus wie ein kleiner Junge, dem man gerade gesagt hatte, dass der Weihnachtsmann eine Erfindung von Coca Cola war.
:lach:

Zitat:„Ich will das nie wieder träumen.“, sagte sie leise. „Ich will nur wissen wer meine Eltern umgebracht hat. Muss ich den Traum dafür zu Ende träumen?“
„Ich weiß nicht.“
Er schlang seine Arme um sie und hielt sie fest an sich gedrückt.
Oh, da hätte ich auch fast geweint.

Zitat:Der alte Polizist lächelte.
„Nun, meine Freunde nennen mich einfach nur Mayer.“, sagte er.
„Wir hatten damals gleich mehrere Mayers auf dem Polizeirevier, aber ich war der älteste, deshalb durfte ich den Namen behalten. Ich hatte aber mal einen Fall, da hieß der Verdächtige so, und was soll ich dir sagen, es war verwirrend...“, begann er seine Geschichte und führte Anne zu seinem Zimmer.
:lach:Soooo gut! Ich mag Mayer!

Zitat:Ihre Stimme klang kalt und eisern.
„Er ist tot, Herr Mayer. Und Sie sind im Altenheim, auf einer geschlossenen Station. Für Verrückte.“
Der alte Herr sah sie sprachlos an.
„Und wissen sie noch was? Niemand besucht sie. Vielleicht haben sie ja Recht, manchmal ist es besser, die Wahrheit nicht zu kennen.“
Sie wusste, dass sie soeben seine Illusion zerstört hatte, aber es tat ihr nicht leid.
Jemand, der so viel vergaß, sich aber an die Wahrheit, die er wusste, nicht erinnern wollte... hatte ein Leben in Ungewissheit verdient, so wie sie weiter leben musste, jeden Tag aufs Neue, weil er so verdammt stur war.
Ach, Anna. Gemein. Aber ich verstehs irgendwie.

Zitat:Er schien einen Moment nachzudenken und seine grünen Augen schienen sich wie ein Stimmungsring dunkler zu färben, als ihm etwas klar wurde.
„Ich brauch keinen Ersatz für Anne... Ich glaub ich brauch einfach Anne.“, sagte er schließlich und zuckte entschuldigend mit den Schultern.

Er wusste nicht, ob ihm das jetzt erst klar wurde oder ob es ihm die ganze Zeit bewusst war. Dass sie ihn noch nie richtig böse erlebt hatte, und dass er seiner besten Freundin, der er niemals irgendetwas zuleide tun konnte, wahrscheinlich einfach Angst gemacht hatte.
Wahrscheinlich hatte er nur verdrängt, dass er sich genau so benommen hatte, wie der Mensch, dem er am wenigsten ähnlich werden wollte.
Ich finde es irgendwie genial, dass die Geschichte so voll ist von Geschichten aus der Vergangenheit, während eigentlich genau das für mich so vordergründig ist: Der Konflikt zwischen Anne und Simon, die Trennung voneinander und dass Simon genau das Kursive allmählich klar wird.

Zitat:Wann war dieser Schalter in ihm umgelegt worden, dass er nicht mehr verletzt war wegen dem, was damals gewesen war? Seit wann war er nicht mehr eifersüchtig darauf, dass Simon ständig Situationen wie diese und noch so viel mehr Zeit in ihrer Nähe erlebte? Die Veränderung war schleichend gewesen, und jetzt sorgte sich Mark nur noch, dass Anne irgendwann an der Suche nach ihrer Vergangenheit zerbrechen würde.
Ich mag das "die Veränderung war schleichend gewesen". Und ich mag Mark, dafür, das er so denkt.

Zitat:Während das Wasser auf seine Haare tropfte und sie langsam durchweichte, stand er ganz still. Es gab nichts, was er mehr hasste, als Wasser, aber ans Duschen hatte er sich irgendwann gewöhnt. Wie immer gab es da am Anfang diesen Punkt, an dem seine Atmung kurz aussetzte und er Bilder auf seiner Kindheit auf sich einprasseln fühlte wie das Wasser, das beständig über seinen Körper lief. Manchmal dachte er dann, er könne jeden einzelnen Tropfen spüren, der sich seinen Weg über seine Haut bahnte, und dann wollte er das Wasser am liebsten wieder abdrehen und es niemals wieder spüren.
Im Gegensatz zu Anne musste er sein verhasstes Element allerdings trotzdem jeden Tag konfrontieren, und so tat er es auch an diesem Morgen.
Simon war alles andere als verletzlich. Wer die Geschichte seiner Kindheit kannte, hätte vielleicht sogar gesagt, dass er unzerstörbar war, dass er keinen Schmerz spürte, keine Angst hatte.
Doch auch wenn er keine Reaktionen zeigte, wenn er Schmerz spürte, war dies nur eine antrainierte Fähigkeit, die er am liebsten nicht beherrschen würde. Und er selbst wusste, dass er mit beständigen Versuchen auch zerstörbar wäre, ja, dass es sogar jemand ein Mal fast geschafft hatte.
Und wenn er unter der Dusche stand, wurde ihm jeden Morgen erneut bewusst, dass er etwas anderes nicht war- nicht vollständig jedenfalls: Heilbar.
Ok. Die Passage hat mich dann wirklich zu Tränen gerührt. Sehr traurig. Und eine meiner totalen Lieblingsstellen in der ganzen Geschichte.

Zitat:„Hey, ist okay, ich war ja nicht mal verliebt in dich oder so.“, meinte sie grinsend.
„Denk mal nicht, du hättest mir jetzt das Herz gebrochen. Himmel, du hast wirklich nicht viel Ahnung davon, deine Gefühle ein bisschen hinter einer Alltagsmaske zu verstecken, oder?“
Für den Satz liebe ich Valerie <3 Und Simon dafür, dass er genau das nicht kann.

Zitat:Simon legte den Kopf schief. Er wusste wieder, warum er sie abgewiesen hatte: Jemanden, der so offen und freundlich war wie sie, kein bisschen nachtragend und so intelligent, so jemanden brauchte man als Freundin. Gerade dann, wenn man gerade niemanden anderes hatte. Gerade dann, wenn man so beziehungsunfähig war, wie er es war. Und vor allem dann, wenn man seinen Job direkt mit ihr verlieren würde, wenn es nicht funktionierte.
Ja, schade. Aber das kann ich verstehen.

Zitat:Er war ein guter Barkeeper, vielleicht sogar der beste. Mark konnte zwar nicht einschätzen, ob er gute Drinks mixte, weil er es sich nicht leisten konnte, zu probieren, aber die Kommunikationsfähigkeiten waren durchaus mit denen eines alten Hasen im Geschäft zu vergleichen. Vielleicht kam Mark deshalb so gern hierher: Wenn er schlechte Laune hatte konnte er sich, wenn er wollte, alles von der Seele reden oder aber einfach still sein Bier trinken. Daniel hatte einen guten Blick dafür, wann jemand in Ruhe gelassen werden wollte.
Außerdem war er zu hundert Prozent verschwiegen.
Hatte man gute Laune, war man bei ihm ebenfalls an der richtigen Adresse.
Jetzt versuchte Daniel gerade die Lage einzuschätzen, als wäre Mark ein Kunde dessen Trinkgeldfreudigkeit maximiert werden musste. Mark tat ihm den Gefallen, ihn direkt zu informieren.
„Gute Laune, du darfst so viele blöde Witze reißen wie du willst.“
Der Barkeeper grinste.
„Okay, ich bin gleich wieder da. Muss eben neuen Wodka holen, die russischen Unternehmer von der Konferenz bestätigen alle Vorurteile.“
Yay, ein klischeehafter Barkeeper, wie er im Buch steht. Genial!

Oh Gott, das Feedback hat definitiv Überlänge. Aber ist ja auch Feedback zu allen verpassten Kapiteln und das waren nicht wenige.

Ich hoffe, du überwindest dein Autorentief und schreibst schnell wieder einen neuen Teil. Weil jetzt, wo ich alles gelesen habe und auf dem neusten Stand bin, stell ich mir auch unglaublich viele Fragen, die alle noch beantwortet werden müssen. Annes noch halb unaufgedeckte Vergangenheit ist sehr spannend. Und ich will wissen, wer da in Marks Küche ist? Marlijn?

Ich bin wieder mit von der Partie!
o0 alle wollen simon und valerie zusammen sehn? hätte ich nicht gedacht.

tami:
Zitat:Um ehrlich zu sein nutzen mir die vagen Zeitangaben gar nichts, in konnte ab der Geschichtsmitte einiges nicht mehr einordnen, wann es passiert, vor oder nachdem das andere passiert, aber das macht meiner Meinung gar nichts. Schlussendlich fügt sich ja alles zusammen und man beginnt mehr und mehr zu verstehen, warum die Charaktere ihre Eigenarten haben.
Big Grin ich bin selbst oft verwirrt davon. also wichtig ist eigentlich nur dass man das ganze in "vor dem heim", "im heim" und "nach dem heim" aufteilen kann.

Zitat:Über den Satz musste ich eine Weile nachdenken, weil ich ihn auf die Schnelle nicht verstanden habe. Und ehrlich gesagt, versteh ich die zweite Hälfe davon immer noch nicht ganz. Was echt gemein ist, weil ich ich mich im ersten Teil wiederfinde und die Endung kapieren möchte.

damit ist die gesamte beziehung von anne und simon gemeint- bzw das einfache auf dem bett liegen und löcher in die decke starren. zu dem zeitpunkt war es anne ja noch völlig egal, dass sie eigentlich nichts von simon wusste, und ihre beziehung bestand vor allem darin, dass man einfach zusammen schweigen und die decke anstarren konnte- und eben wusste, dass es okay ist, auch mal nicht zu sagen, warum man grad traurig oder schlecht gelaunt ist, und dass der andere trotzdem da ist.

Zitat:Die Ananas ist überall. Man findet sie in HIMYM, auf eine sehr rätselhafte Art und Weise, man isst sie virtuell in der Spambox und sogar in deiner Geschichte ist sie allgegenwärtig. Was ein Obst.
:lach:

Zitat:Die Katze ist soooo genial! <3 Wie kommst du nur auf so was :biggrin:
wie vieles andere in der geschichte eine anlehnung an bekannte^^

Zitat:Schon wieder Katze.
hast recht Faint

Zitat:Lol, die Hotzhausens. wie einfallsreich, Tina :-P Erinnert mich stark an meine Frau Paumgartten.
Big Grin ich glaube, die wird auch noch in meiner geschichte vorkommen^^

Zitat:*die Welt nicht mehr versteh* Aber ... Dachschrägen sind toll. Vor allem wenn man sie direkt über dem Bett hat. Und ein großes, schön gemustertes Tuch daran fest gemacht ist ... Wieso, Valerie? WIESO?

weil da ihr schuhschrank nicht drunterpasst.


Zitat:Ich hoffe, du überwindest dein Autorentief und schreibst schnell wieder einen neuen Teil. Weil jetzt, wo ich alles gelesen habe und auf dem neusten Stand bin, stell ich mir auch unglaublich viele Fragen, die alle noch beantwortet werden müssen. Annes noch halb unaufgedeckte Vergangenheit ist sehr spannend. Und ich will wissen, wer da in Marks Küche ist? Marlijn?

ich bin schon drüber weg. im neuen kapitel fehlt nur noch der simon-teilSmile

also lass dich überraschenBig Grin

schön dass du wieder dabei bist!
sooo. hier der neue teil Smile

Neunzehn
2011
Anne setzte vorsichtig ihre Füße auf den Boden und suchte nach einer geeigneten Waffe. Leider war das Gästezimmer nur spärlich eingerichtet – bei genauer Überlegung war es Anne sowieso unbegreiflich, warum sich Mark nicht endlich einen neuen Mitbewohner suchte. Die Wohnung musste, für ihn allein, doch viel zu teuer sein!
In diesem Moment jedoch lag der sonst so nachdenklichen Anne nicht viel an genauen Überlegungen. So schnappte sie sich schließlich einen Kleiderbügel aus dem Schrank und huschte leise zur Zimmertür. In der Küche war es still, aber nachdem sie etwas wartete, hörte sie wie ein Stuhl zurückgeschoben wurde. Sie hatte sich nichts eingebildet, es war wirklich jemand hier, der hier nicht hingehörte.
Im wirklichen Leben gehörte Anne zu den Menschen, die sich bei jedem Horrorfilm darüber ärgerten, dass die, nur dürftig bekleidete, Protagonistin dem unheimlichen Geräusch ganz allein folgte, statt mit gesundem Menschenverstand zu handeln und sich zu verstecken. Jetzt aber verstand sie das Dilemma, in dem man, als dürftig bekleidete Protagonistin, steckte, wenn man allein mit diesem unheimlichen Geräusch war. Es gab kein einziges gutes Versteck im Gästezimmer, und die Wohnung war zu klein, als dass sie sich hier unbemerkt hätte bewegen können. Ihre Möglichkeiten waren begrenzt. Genau genommen gab es nur eine Lösung, die nicht unbedingt Erfolg versprach: Sie musste herausfinden, woher das Geräusch kam, denn sie durfte nicht warten, bis es zu ihr kam. Sie musste handeln. Entschlossen öffnete sie die Gästezimmertür und schob sich – mit erhobenem Kleiderbügel – heraus auf den Flur.


„Kannst du mich bei mir Zuhause absetzen?“, fragte Simon Valerie, als sie in ihrem kleinen grünen VW-Beetle platzgenommen hatten.
„Ich will mich nochmal umziehen und nachsehen, ob Post da ist.“
„Post?“
„Naja, Rechnungen und Kram... Vielleicht ein Brief von Anne? Eigentlich ist sie nicht so ein Briefschreiber, aber...“
„Hast du sie angerufen?“
„Sie nimmt ohnehin nicht ab.“
Er zuckte mit den Schultern und sah aus dem Fenster.
„Okay.“, sage sie nach einigen Minuten Stille.
„Dann setz ich dich Zuhause ab.“


Anne sah durch die einen Spalt geöffnete Küchentür und hob den Kleiderbügel schützend vor ihr Gesicht. In dem Moment, als sie die Küchentür aufstieß, wurde ihr bewusst dass der Kleiderbügel wahrscheinlich absolut nutzlos sein würde, es sei denn, der Angreifer würde vor Lachen sterben, weil sie mit dem Kleiderbügel vorm Gesicht so dämlich aussah.
Stattdessen fiel allerdings mit lautem Scheppern eine Tasse zu Boden und Anne sah durch den Kleiderbügel einen blonden Haarschopf durch die Luft wirbeln. Als sie erkannte, dass ihr Gegenüber noch verwirrter und erschrockener war als sie selbst, ließ sie den Kleiderbügel sinken.
Die Frau, die soeben Annes Lieblingstasse zerdeppert hatte, fasste sich jedoch schnell wieder.
„Ein Kleiderbügel? Wirklich? Die Waffenwahl wundert mich eindeutig mehr, als die Tatsache, dass er schon wieder 'ne Neue hat.“, sagte sie selbstsicher und betrachtete die verwirrte Anne von oben bis unten. Anne starrte sprachlos zurück.


Eine Exfreundin von Mark? Die goldblonden, voluminösen Haare erinnerten an einen Engel, ebenso wie ihre perlmuttartigen Fingernägel, mit denen sie nun die Scherben aufzusammeln begann und in einen Pappkarton warf, der neben ihr auf dem Boden stand. Ihre Unterlippe zierte ein Ring, die Nase ein kleiner silberner Stecker und ihre Ohren waren mit mehreren bunten Steckern versehen.
„Ich bin Marlijn.“, begann sie nun, weil Anne sie immer noch anstarrte und keine Bewegung machte. Nur den Kleiderbügel hatte sie inzwischen sinken lassen.
„Ich bin Anne.“, antwortete diese skeptisch und versuchte, einen Ausweg aus dieser abstrusen Situation zu finden.
„Bist du Marks Exfreundin? Und weiß er, dass du hier bist?“
„Er hat dir nicht von mir erzählt, was? Nein, er weiß nicht, dass ich hier bin, ich wollte nur noch ein Paar von meinen Sachen holen. Die Tasse hier war auch meine.“
Anne kniete sich auf den Boden, um ihr zu helfen.
„Ich bin nicht seine Exfreundin. Ich bin seine Ex-Verlobte.“


Als Valerie das Auto gekonnt in eine Parklücke vor Simons Haus manövrierte und den Motor abschaltete, blieb er noch einen Moment sitzen.
„Danke fürs fahren. Und für das Abendessen... und den Wein.“
Er grinste.
„Hat mich ein bisschen abgelenkt. Ich hab wohl wirklich enorm miese Laune gehabt in den letzten Wochen.“
„Kein Problem.“, meinte Valerie achselzuckend.
„Hey, was machst du heute Abend?“, fragte sie dann und ihre Augen leuchteten plötzlich auf.
„Nichts? Bis jetzt...“
„Ich hab eine Idee. Wird nichts anstrengendes, keine Sorge. Kann ich heute Abend vorbei kommen?“
„Klar, warum nicht? Ruf vielleicht vorher noch mal kurz an, Lena hat meine Nummer.“
Er schnallte sich ab und öffnete die Autotür.
„Alles klar, bis später!“, sagte Valerie und grinste, als er die Tür hinter sich zuschloss und zur Haustür ging. Sie grinste immer noch, als sie abfuhr, und auch als sie an der Universität ankam, war das Grinsen nicht verschwunden.
Er hatte schlechte Laune, aber sie hatte einen Plan. Und vielleicht würde das schon reichen, um die Situation für alle besser zu machen.


Nachdem sie sich vom ersten Schock erholt hatte, hatte Anne Teewasser aufgesetzt, ihren Schokoladenvorrat aus dem Schrank geholt und sich mit Marlijn an den Küchentisch gesetzt, um die ganze Geschichte zu hören. Sie konnte es nicht glauben: Sie hatte immer gedacht, dass zwischen ihr und Mark trotz allem ein unsichtbares Band bestand, dass er ihr ebenso vertraute wie sie ihm vertraute. Und nun hatte er so etwas Gigantisches wie eine Verlobung geheim gehalten? Warum tat er so etwas?
„Also du bist seine neue Freundin?“, fragte Marlijn, nachdem Anne eine Weile nur schweigend auf ihrer Chilischokolade herum gekaut hatte.
„Entschuldige, aber... Das überrascht mich. Du bist nicht unbedingt sein Typ.“
Anne kicherte. „Sein Typ? Warum denn das? Weil ich dunkle Haare habe oder weil ich ein bisschen aussehe wie Frankensteins Monster?“
Marlijn verschluckte sich an ihrem Tee. So viel Ehrlichkeit hatte sie nicht erwartet.
„Naja... ja, Letzteres.“
„Ich bin nicht seine neue Freundin.“, klärte Anne das Missverständnis auf.
„Ich bin seine Exfreundin... von lange, bevor er dich getroffen hat.“
Sie grinste, dann überlegte sie jedoch nochmal.
„Das heißt, ich weiß ja gar nicht, wann er dich getroffen hat, er hat mir ja nichts erzählt.“
Marlijn schien ebenfalls zu überlegen.
„Dann bist du die Anne aus dem Heim? Er hat mal von dir erzählt.“
„Na immerhin hat er dir von mir erzählt. Hätte ja sein können, dass er mich komplett aus seinen Erinnerungen gelöscht hat.“
Sie trank einen Schluck Tee und legte den Kopf schief.
„Also, warum ex-Verlobte?“
„Das sollte er dir lieber erzählen. Und ich verschwinde besser. Möchte ihm eher ungern begegnen... und euch nicht im Weg stehen.“
„Im Weg stehen?“
„Anne, du läufst in Unterwäsche durch seine Wohnung.“
Anne seufzte. Ja, wahrscheinlich hätte sie das Gleiche gedacht.
„Nein, da ist nichts. Wir hatten unsere Zeit. Vor sechs Jahren.“
Sie lächelte und stand auf.
„Also, hast du alles?“
Marlijn schmunzelte. „Das meiste ist schon lange in meiner neuen Wohnung. Es fehlten nur noch ein paar DVDs und das Geschirr.“
Sie deutete auf den Pappkarton. „Alles da.“, verkündete sie, nahm den Karton hoch und machte sich auf den Weg zur Wohnungstür. Anne öffnete diese.
„Es war... interessant dich kennen zu lernen.“
Marlijn grinste.
„Du solltest dir vielleicht für den nächsten Einbrecher eine bessere Waffe als einen Kleiderbügel suchen. Pass mir auf Mark auf, ja?“
Sie trat durch die Tür und ging sicheren Schrittes die Treppen herab, ohne sich umzusehen.
Ihre vielen kleinen Piercings und Ohrstecker glitzerten im Sonnenlicht, das durch das große Fenster im Treppenhaus fiel.
Ihre goldblonden Haare glänzten wie ein Heiligenschein und die perfekt manikürten Fingernägel krallten sich in die Kiste, doch selbst das sah irgendwie noch anmutig und selbstsicher aus. Anne beobachtete von oben, wie Marks Ex-Verlobte aus seinem Leben verschwand, während er nicht einmal anwesend war. Dann schloss sie die Wohnungstür, suchte ihr Handy und rief ihn an. Niemand hob ab.


Anne hatte in der Zeit, die sie jetzt allein in der Wohnung war, erst einmal verstanden, dass er ihr tatsächlich eine riesengroße Neuigkeit verschwiegen hatte. Warum hatte er ihr nicht erzählt, dass er verlobt war? Überhaupt, dass er eine Freundin hatte, die bei ihm wohnte, mit der er es wahrscheinlich wirklich ernst gemeint hatte? Warum hatte er es ihr nicht gesagt? Hatte er gedacht, dass sie etwas dagegen einzuwenden gehabt hätte? Hielt er sie für eine dieser Exfreundinnen, die eifersüchtig jede neue Beziehung zerstörten, die sich für ihren Exfreund ergab?
Das Handy klingelte in ihre Gedanken hinein, doch sie war so versunken, dass sie es zuerst gar nicht wahrnahm.
Nach dem fünften Klingeln nahm sie schließlich ab.
„Anne? Ist alles in Ordnung bei Dir? Du weißt doch, dass ich bei der Arbeit nicht telefonieren kann!“
„Sag‘ Du mir, ob alles in Ordnung ist. Es kann sein, dass grad jemand bei dir eingebrochen ist und ein bisschen Geschirr geklaut hat, aber es kann auch sein dass es nur deine Ex-Verlobte war. Welche Version passt dir denn besser?“
Sie hörte ihn am Telefon seufzen.
„Ich erklär‘ es dir, wenn ich Zuhause bin, okay? Es hat nichts mit dir zu tun!“
Anne nickte, bis sie merkte, dass er sie nicht sehen konnte.
„Ja, okay.“, sagte sie schließlich und legte auf.
Immerhin wollte er jetzt darüber reden. Das war mehr, als Simon für ihre Freundschaft aufwenden wollte.
Simon... Anne wog nachdenklich ihr Handy in der Hand und sah es an, als würde es ihr die Welt erklären können.
Auch Simon hatte mehrmals angerufen. Vielleicht wollte auch er ihr erklären, warum er so wütend reagiert hatte. Aber wenn sie ehrlich war, wusste sie nicht ob sie das überhaupt noch wissen wollte. Auch, wenn sie sich kein Leben ohne ihn vorstellen konnte.


Mark schien nach Hause gerannt zu sein, so abgehetzt sah er aus, als er schließlich die Wohnungstür aufstieß.
In seiner Wohnung hing der leichte Duft von Marlijns Mandelshampoo, den er überall erkannt hätte, selbst, wenn er nicht gewusst hätte, dass sie hier gewesen war.
Auf seiner Couch saß Anne, die ihn erwartungsvoll ansah und ihm ein Bier hinhielt.
Bei dem Gedanken, dass Anne und Marlijn wahrscheinlich über ihn gesprochen hatten, wie er Anne kannte bei Tee und Schokolade, oder vielleicht auch bei Kaffee und Keksen, wenn Marlijn es angeregt hatte, wurde ihm schwindlig.
„Also, was hat sie dir denn erzählt?“, fragte er, fischte seinen Schlüsselbund mit dem Flaschenöffner aus der Tasche und öffnete damit die Flasche, bevor er sich setzte.
„Sie sagte, dass sie deine Ex-Verlobte ist und dass du mir selbst erzählen sollst, was war.“
Er lächelte.
„Na dann mal los. “, begann er und erzählte ihr die ganze Geschichte.
Schön das du uns noch ein Kapitel vor Weihnachten zum lesen gibst.

Wo ich mir Anne und der Kleiderbügel vorgestellt habe musste ich lachen. Vielleicht wir daraus doch noch was mit Valerie und Simon.Big Grin Das Mark mal verlobt war darauf währ ich jetzt nicht gekommen. Bin gespannt was er erzählt.

Bin gespannt wie es weiter geht.
Meffi schrieb:Entschlossen öffnete sie die Gästezimmertür und schob sich – mit erhobenem Kleiderbügel – heraus auf den Flur.
Yay, Kleiderbügel. Der Einbrecher wird bluten, wenn er nicht sogar ein Auge verliert und sich die Nase bricht.

Zitat:„Ich will mich nochmal umziehen und nachsehen, ob Post da ist.“
„Post?“
„Naja, Rechnungen und Kram... Vielleicht ein Brief von Anne? Eigentlich ist sie nicht so ein Briefschreiber, aber...“
Das hab ich irgendwie total süß gefunden. Armer Simon *knuff*

Zitat:In dem Moment, als sie die Küchentür aufstieß, wurde ihr bewusst dass der Kleiderbügel wahrscheinlich absolut nutzlos sein würde, es sei denn, der Angreifer würde vor Lachen sterben, weil sie mit dem Kleiderbügel vorm Gesicht so dämlich aussah.
Anne, kannst du etwa Gedanken lesen Unsure Aber ja, das klingt plausibler als Nasenbruch Big Grin

Zitat:„Ein Kleiderbügel? Wirklich? Die Waffenwahl wundert mich eindeutig mehr, als die Tatsache, dass er schon wieder 'ne Neue hat.“, sagte sie selbstsicher und betrachtete die verwirrte Anne von oben bis unten
:lach:Ich mag Marlijn Heart

Zitat:Die goldblonden, voluminösen Haare erinnerten an einen Engel, ebenso wie ihre perlmuttartigen Fingernägel, mit denen sie nun die Scherben aufzusammeln begann und in einen Pappkarton warf, der neben ihr auf dem Boden stand. Ihre Unterlippe zierte ein Ring, die Nase ein kleiner silberner Stecker und ihre Ohren waren mit mehreren bunten Steckern versehen.
Hattest du da wen bestimmtes vor Augen? Klingt ja bombe.

Zitat:„Alles klar, bis später!“, sagte Valerie und grinste, als er die Tür hinter sich zuschloss und zur Haustür ging. Sie grinste immer noch, als sie abfuhr, und auch als sie an der Universität ankam, war das Grinsen nicht verschwunden.
Er hatte schlechte Laune, aber sie hatte einen Plan. Und vielleicht würde das schon reichen, um die Situation für alle besser zu machen.
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Zitat:„Entschuldige, aber... Das überrascht mich. Du bist nicht unbedingt sein Typ.“
Anne kicherte. „Sein Typ? Warum denn das? Weil ich dunkle Haare habe oder weil ich ein bisschen aussehe wie Frankensteins Monster?“
Marlijn verschluckte sich an ihrem Tee. So viel Ehrlichkeit hatte sie nicht erwartet.
„Naja... ja, Letzteres.“
Da gibt es wohl abgesehen von Anne noch wen, der sehr ehrlich ist. Und Anne mag ich ja sowieso für ihr sonderbares Aussehn und ihre sonderbare Art <3

Zitat:„Das sollte er dir lieber erzählen. Und ich verschwinde besser. Möchte ihm eher ungern begegnen... und euch nicht im Weg stehen.“
„Im Weg stehen?“
„Anne, du läufst in Unterwäsche durch seine Wohnung.“
Anne seufzte. Ja, wahrscheinlich hätte sie das Gleiche gedacht.
Big Grin

Zitat:Anne beobachtete von oben, wie Marks Ex-Verlobte aus seinem Leben verschwand, während er nicht einmal anwesend war.
Fand ich toll formuliert.

Zitat:Anne hatte in der Zeit, die sie jetzt allein in der Wohnung war, erst einmal verstanden, dass er ihr tatsächlich eine riesengroße Neuigkeit verschwiegen hatte.
Argh, ich dachte, es geht weiter im Simonland. Was ist Valeries Plan? Neugier!

Zitat:„Anne? Ist alles in Ordnung bei Dir? Du weißt doch, dass ich bei der Arbeit nicht telefonieren kann!“
„Sag‘ Du mir, ob alles in Ordnung ist. Es kann sein, dass grad jemand bei dir eingebrochen ist und ein bisschen Geschirr geklaut hat, aber es kann auch sein dass es nur deine Ex-Verlobte war. Welche Version passt dir denn besser?“
:lach:Die Dialoge sind toll.

Zitat:Immerhin wollte er jetzt darüber reden. Das war mehr, als Simon für ihre Freundschaft aufwenden wollte.
Simon... Anne wog nachdenklich ihr Handy in der Hand und sah es an, als würde es ihr die Welt erklären können.
Auch Simon hatte mehrmals angerufen. Vielleicht wollte auch er ihr erklären, warum er so wütend reagiert hatte. Aber wenn sie ehrlich war, wusste sie nicht ob sie das überhaupt noch wissen wollte. Auch, wenn sie sich kein Leben ohne ihn vorstellen konnte.
Mit dem Absatz kann ich mich sehr gut identifizieren <3

Zitat:„Sie sagte, dass sie deine Ex-Verlobte ist und dass du mir selbst erzählen sollst, was war.“
Er lächelte.
„Na dann mal los. “, begann er und erzählte ihr die ganze Geschichte.
Soso. Und wo ist die ganze Geschichte? *Arme verschränk* *Tina böse anstarr*

Big Grin Schön, dass es weitergeht. Aber das alles beantwortet keine Fragen, es wirft irgendwie nur noch mehr auf.
Ganz böse.
etwas verspätet: ein weihnachtskapitel. wie echtes weihnachten größtenteils nicht sehr harmonisch.

Zwanzig
Dezember 1998
Weihnachten war immer das Beste am ganzen Jahr gewesen. Es war noch aufregender als Geburtstag zu haben, weil Mark und sein Vater immer etwas ganz besonderes machten.
Jedes Jahr zu Weihnachten machten sie Urlaub, etwas was sonst nicht möglich war, weil Marks Vater so viel arbeiten musste. Aber Weihnachten hatten sie drei Tage um die wildesten Abenteuer zu erleben.
Das war ganz anders als Kindergeburtstag! Seinen letzten Geburtstag, den elften, hatte Mark mit einigen Schulfreunden gefeiert, sie waren alle zusammen im Kino gewesen und hatten Popcorn gegessen, bis sie fast geplatzt waren. Aber es reichte noch lange nicht an Weihnachten heran, zumindest nicht an das Weihnachten, das er kannte.
Doch dieses Jahr war alles ganz anders, und das Jahr sollte ein Ende nehmen, das sein Leben von Grund auf verändern würde.
„Mark? Du bist ja schon da.“
„Ich hab hier geschlafen, Papa.“
Er zeigte auf sein Bett am anderen Ende des Krankenzimmers und richtete sich in seinem Sessel auf.
„Oh, ich hab dich nicht bemerkt.“, sagte sein Vater müde und entschuldigend und atmete tief ein. Es klang, als hätte er eine Trillerpfeife verschluckt.
„Hast du Hunger?“, fragte Mark und stand auf.
„Ich hab ein Weihnachtsgeschenk für dich.“
Sein Vater musste sich stark konzentrieren, um seinen sprunghaften Gedanken folgen zu können.
„Kein Hunger, nein. Ein Weihnachtsgeschenk?“
Mark nahm ein Tongebilde, das einen Schneemann darstellen sollte, aus seiner Tasche. Er hatte eine Schleife darum gebunden, um es noch etwas weihnachtlicher zu machen. Sein Vater lächelte schwach.
„Stell‘ es doch auf den Nachtschrank, Mark, da kann ich es immer sehen. Dankeschön.“
„Hab ich im Kunstunterricht gemacht. Das hat ganz lange gedauert und...“
„Mark? Ich muss dir was sagen. Was ganz Wichtiges, was du hören sollst, bevor ich das nächste Mal einschlafe.“
„Okay?“
Ein mulmiges Gefühl stieg in ihm auf. Normalerweise hörte sein Vater ihm immer zu, doch jetzt hatte er ihn das erste Mal unterbrochen. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
„Ich hab dir ziemlich viel beigebracht über das, was ein Mann können muss, oder?“
Mark nickte. „Ich kann Angeln, ich kann Feuer machen, ich kann Boxen, ich kann für mich selbst sorgen, ich weiß, wie man Mädchen ärgert...“
„Mark, ich hab dir das wichtigste noch nicht beigebracht.
Deine Mutter hat uns damals verlassen, weil sie unzuverlässig war. Aber ich bin trotzdem froh, dass ich sie kennen gelernt hab‘, weil ich dich sonst nicht gehabt hätte. Sie ist kein schlechter Mensch, auch, wenn ich manchmal sehr schlecht über sie geredet habe.“
Er hustete und verkrampfte seine Finger um die Decke. Selten sprach er so viel. Mark wartete, bis der Anfall vorbei war und sein Vater langsam weitersprach.
„Und vielleicht hab ich auch Fehler gemacht. Das ist ganz wichtig, verstehst du? Jetzt findest du Mädchen noch blöd, aber irgendwann wirst du eine treffen, die du nicht blöd findest, und dann musst du dich erwachsen verhalten. Besser als ich. Du musst lernen deine Fehler einzusehen und wenn du eine findest, die dich glücklich macht, dann lass sie nicht wieder gehen.“
„Papa, warum sagst du mir das alles?“
Sein Vater hustete wieder rasselnd, und Mark gab ihm ein Glas Wasser. Nach zwei Schlucken setzte er es ab und sprach weiter, statt die Frage zu beantworten.
„Das ist das, worauf es ankommt, Mark. Es geht nicht ums Fischen oder Feuermachen, es geht darum, das zu erreichen, was du brauchst, um glücklich zu sein. Du musst fest hinter dem stehen, was du vom Leben verlangst, verstehst du das?“
„Ja, das versteh‘ ich.“
Er wusste nicht, ob er es wirklich fragen oder ob er es wirklich wissen wollte. Aber Mark konnte sich nur einen Grund vorstellen, warum sein Vater so mit ihm sprechen würde. Schließlich wurde er in drei Monaten zwölf, er war kein kleines Kind mehr. Er verstand sehr gut, was hier vor sich ging. „Papa, stirbst du?“
„Ja, Mark. Es dauert jetzt nicht mehr lange.“
Sein Vater hatte die Augen geschlossen und begann, wieder dem Halbschlaf nachzugeben. Es war zu schwer, jetzt noch dagegen anzukämpfen, und in wenigen Tagen würde auch sein Kampf mit dem Tod endgültig vorbei sein.


*
Dezember 2008
Er hatte nicht gedacht, dass er während seiner Ausbildung mal dieses Gefühl haben würde, aber Mark war rundum zufrieden.
Klar, sein Beruf war anstrengend und er hätte sich schon gewünscht, an Weihnachten nicht arbeiten zu müssen, aber auf der anderen Seite: Wo sollte er hin, wenn nicht zur Arbeit?
Allein in seiner Wohnung vor einem ungeschmückten Tischweihnachtsbaum sitzen und sich den Bauch vollschlagen, während alle Welt die Familie besuchte?
Daniel musste ebenfalls arbeiten, vielleicht würde Mark später noch in der Bar ein Bier trinken und ihm ein wenig Gesellschaft leisten. Marlijn würde die Feiertage bei ihren Eltern und den Eltern ihres Freundes verbringen, aber sie hielt das Fest ohnehin für die größte Sinnlosigkeit auf Erden.
Er hatte keine Familie, und das war gut so. Schließlich hätte es ihn sonst geärgert, dass er an Heiligabend in der überheizten Küche des Hotels stand und ununterbrochen Pinienkerne röstete.
Nein, es war alles gut so wie es war.


*
Er sah nachdenklich in sein drittes Bier, während Daniel die Feiertagskundschaft versorgte. Es war spät geworden, aber es waren so viele Leute in der Hotelbar wie selten an einem anderen Tag des Jahres.
Weihnachten, das Fest der Liebe – und so viele Menschen fanden sich hier allein in einer Bar ein, um ihren Kummer und ihre Einsamkeit in Alkohol zu ertränken. War er einer davon? Nein, ihm ging es gut. Es war genau richtig für ihn, allein zu sein.
„Mark!“
Er wurde auf die Wange geküsst und zwei Sekunden später schwebte ein schon ausgewickelter Lolli vor seiner Nase.
„Frohe Weihnachten!“
Mark drehte den Kopf, um sich zu vergewissern, wer da neben ihm stand. Drei Bier, und er war so betrunken?
Nein, tatsächlich war es Marlijn, die nun sein Gesicht in die Hände nahm und ihn küsste – einfach so, als wäre sie nicht vergeben und als wüsste nicht das gesamte Kollegium darüber Bescheid.
„Ich hab mich von ihm getrennt.“, sagte sie nur und strahlte wie ein mittelgroßes Atomkraftwerk.
„Er kann seine dämlichen Eltern und ihr Geld und ihr doofes Silberbesteck mitnehmen, er ist ein Idiot.“
Sie sah ihn erwartungsvoll an.
„Sag was!“, befahl sie und schob sein Bier weg.
Er starrte sie an, wartete, bis alles in seinem Kopf ankam, und starrte weiter. Es war gut so wie es war, richtig? Das hatte er doch schon festgestellt. Jetzt blitzte die Chance auf, es noch besser zu machen. Oder schlimmer? Er war doch zufrieden gewesen mit der Situation, doch jetzt überfiel ihn das Gefühl, dass er auch eigentlich keine Wahl gehabt hatte. Bis jetzt.
„Was soll ich denn sagen?“, fragte er sie und wusste es wirklich nicht.
„Dummerchen“, rief sie und lachte.
Als er nicht lachte, runzelte sie die Stirn und lehnte sich zurück. Sie sah ihn von oben bis unten an und ihr Grinsen gefror auf ihrem Gesicht wie die Schneeflocken auf den Scheiben.
„Oh.“, sagte sie nur und rutschte von ihrem Barhocker.
„Ich dachte, vielleicht...“
„Marlijn...“
„Schon gut. Wir sehen uns...irgendwann.“
Sie schob den Barhocker weg, schlang ihren Mantel um sich und ging ein paar Schritte, die vom Boden widerhallten, während in seinem Kopf plötzlich die Stimme seines Vaters erklang. Plötzlich war er wieder elf Jahre alt und wusste nichts von der Welt, außer, dass es noch so viel gab, was er nicht verstand.
„...und wenn du eine findest, die dich glücklich macht, lass sie nicht wieder gehen.“
„Marlijn!“, rief er ihr hinterher und warf beim Aufstehen fast seinen Barhocker um.
Er holte sie erst draußen, vor dem Hotel, ein.
„Warte!“, sagte er und fasste sie an der Schulter, um sie zu sich herum zu drehen.
„Ich bin verrückt“, dachte er noch.
„Heirate mich!“, sagte er dann, laut und deutlich, und wartete im selben Moment darauf, dass sie anfing zu lachen.
Sie lachte nicht. Sie sah ihn nur an, dann fiel sie ihm um den Hals.
„Du bist verrückt.“, bestätigte sie seine Annahme jedoch flüsternd.
„Meinst du das ernst? Ich mein... wir hatten bis jetzt nur eine Affäre, Mark...“
„Okay, vielleicht ist das keine so gute Idee.“, sagte er leise zurück und vergrub seine Nase in ihren Haaren.
Sie kicherte und schüttelte den Kopf.
„Wieso nicht? Wir heiraten am Besten nicht morgen. Aber irgendwann... kann ich mir schon vorstellen.“, stellte sie dann ernsthaft fest und wollte ihn gar nicht mehr loslassen.
„Meinst du das ernst?“, fragte er nun seinerseits und schob sie ein Stück von sich weg, um sie ansehen zu können.
„Irgendwie schon. Wir gehören zusammen, Mark, wir sind ein und dieselbe Person in verschiedenen Körpern. Ich hab das nicht gesehn‘, und du... weißt du noch, als du mir gesagt hast, dass du mich liebst? Ich war so fest überzeugt davon, dass du dich freuen würdest und mit mir zusammen sein wollen würdest, wenn ich mich von meinem Freund trenne. Du hast mir grad echt 'nen Schrecken eingejagt, da hab ich gemerkt dass ich dich nicht verlieren will. Ich liebe dich.“
Sie lächelte ein scheues Lächeln, das er von ihr fast nicht kannte. Gar nicht so sicher wie sonst, mehr wie ein kleines Mädchen.
„Außerdem... welches Mädchen kann schon von sich behaupten, sich in einer Nacht zu getrennt und verlobt zu haben? In der Reihenfolge wohl nicht viele.“
Er lachte. Wahrscheinlich waren sie beide noch nie so sicher und so unsicher zugleich gewesen
„Okay.“, meinte er nur und sie strahlte zum zweiten Mal an diesem Abend.
„Aber...“, setzte sie an und nahm seine Hand.
„Ja?“
„Lass uns das noch ein bisschen Geheim halten. Meine Eltern müssen sich erst von meiner letzten Trennung erholen.“
Sie verdrehte die Augen.
„Und ich will es ihnen als erstes sagen. Und ganz sicher sein.“
Er nickte. Er wusste ohnehin nicht, wem er es sagen sollte.
Daniel? Vielleicht, aber der würde ihn für verrückt erklären. Und Anne? Genauso.


*
Dezember 2010
Marlijn lief, tropfend und in ein Handtuch gewickelt, durch die kalte Wohnung. Es war wieder Weihnachten, und heute waren sie zwei Jahre verlobt. Sie hatte es ihren Eltern bereits zwei Monate nach der Verlobung gesagt, aber Mark hatte es niemandem erzählt, der ihm wichtig war. Vielleicht aber lag es daran, dass ihm niemand wirklich wichtig war?
Sie war allein in der Wohnung, denn wie jedes Jahr arbeitete er an Heiligabend. Wie jedes Jahr schaltete sie den Fernseher ein und ging dann in ihr Zimmer, das sie von Marks vorhergehendem Mitbewohner übernommen hatte, um sich anzuziehen.
Anschließend suchte sie das Geschenkpapier. Es war zu einem Ritual geworden, die Geschenke vor dem Fernseher einzupacken, und langsam fand sie die Liebe zu Weihnachten wieder, die sie vor Jahren wegen der anstrengenden Familie ihres Exfreundes aufgegeben hatte.
Wie jedes Jahr setzte leider auch dieses Jahr pünktlich zum Fest die große Tesafilmknappheit ein. Marlijn wusste, dass irgendwo noch eine Rolle war, aber wo?
Sie machte sich auf die Suche. Suchte in Küchenschubladen, auf ihrem Schreibtisch, beim Geschenkpapier, beim Werkzeug. Dann begann sie, vorsichtig Marks Schreibtisch zu durchsuchen, bis sie auf etwas stieß, was sie mit einem Schlag aus der Weihnachtsstimmung riss.


*
„Marlijn? Wo bist du?“
Hatte sie sich versteckt? Hatte sie eine große Überraschung geplant? Er war so müde, dass er am liebsten gleich ins Bett fallen wollte.
„Marlijn?“
„Hier.“
Sie stand im Türrahmen seines Zimmers und hielt ein paar Zettel in der Hand. Er erkannte sie sofort.
„Du hast einen neuen Job angenommen? 130 Kilometer entfernt?“
„Da...wollte ich Morgen mit dir drüber sprechen.“, murmelte er ausweichend und wollte an ihr vorbeigehen.
„Mark!“
„Der Job ist wahnsinnig gut! Das ist ein super Restaurant, mit Sternekoch, der mich fördern will. Das ist eine super Chance, Marlijn!“
„Und ich? Ich arbeite hier. Ich lebe hier!“
„Ich weiß. Aber vielleicht findest du da auch was. Oder ich arbeite da einfach,... zwei, drei Jahre. Und dann ziehen wir wieder zusammen. Ich hab mir das doch auch nicht genau überlegt. Aber ich muss das machen, verstehst du das?“
„Nein. Ich will hier nicht weg. Du musst das nicht machen, wozu? Mark, ich hab mir das genau überlegt. Wenn du das machst... bin ich dir nicht wichtig genug.“
„Marlijn, es sind 130 Kilometer!“
„Und wann willst du dann heiraten? In drei Jahren? Und wenn du dann dableiben willst? Nein, Mark, bitte nicht!“
„Lass uns da Morgen drüber reden... ich will nichts falsches sagen.“
„Sag es ruhig. Dann ist es wenigstens das, was du wirklich denkst.“
„Wenn du nicht willst, dass ich so eine Chance wahrnehme, dann willst du nicht, dass ich glücklich bin. Oder du willst lieber selbst rundum glücklich sein.“
Sie schwieg. Sie war ganz still, sah ihn mit vernichtendem Blick an und drehte sich weg. Nach ein paar Sekunden drehte sie sich wieder um.
„Ich könnte genauso sagen, dass du deine verfluchte Arbeit mehr liebst als mich. Ja, Mark, vielleicht ist das so, vielleicht will ich nicht woanders hin nur, weil du da 'nen Job hast. Aber das mieseste ist dass du es mir nicht gesagt hast. Du wolltest mich wohl einfach in deine Umzugskisten stecken? Vergiss es.“
„Ich dachte du freust dich für mich?“
„Komm‘ mir nicht mit Vorwürfen. Ruf mich einfach an, wenn du dir überlegt hast, doch nicht umzuziehen.“
Sie schritt zur Tür wie eine Königin auf dem Weg zur Hinrichtung durch barbarische Eroberer ihres Landes.
„130 Kilometer, Marlijn! Hundertdreißig! Das ist nichts! Wenn du jetzt gehst...“
Die Tür knallte hinter ihr ins Schloss.
Sie hatte Recht gehabt, vor zwei Jahren. Sie waren eine Person in zwei Körpern. Sie waren gleich selbstsicher, gleich stark, gleich stolz und vor allem gleich stur. Auf zwei Seiten der Wohnungstür standen zwei Körper, deren Hände kurz über der Klinke verweilten, ehe sie sich zurückzogen und die Tür geschlossen ließen.
Das war für Mark bestimmt wo sein Vater gestorben ist und das es es auch an Weihnachten erfahren hat.
Mit Marlijn war er sehr glücklich gewesen, aber das endete auch wieder an Weihnachten. Er tut mir da sehr leid.

Es war ein super geschriebenes Kapitel und super zum lesen Smile
Bin gespannt wie es weiter geht.
So mein FB nochmal hier etwas ausführlicher, auch, wenn ich gar keine Zeit habe. Für dich find' ich sie ja irgendwie doch immer Smile

Das Meeting mit Anne und Marlijn (Herrje, wer denkt sich solche Namen aus oO das kann sich doch keiner merken.) Die bei mir jetzt nur noch Marli heißt ;P, fand ich ja schon richtig gekonnt gelungen ;D
Ich muss zugeben ich war irgendwie ein wenig verwirrt, weil ich den Namen aus den vorherigen Kapiteln vergessen hatte, dass da eine völlig unbekannte steht, aber das war sie ja gar nicht chi chi ;D
Ja ich mag Marli ein wenig, wie ich zugeben muss. nur in Kapitel 2o wird es mir dann langsam zuwider oO
Armer MarkiMark der hat wirklich kein Glück in seinem Leben.
Dani den Hotelrbarführer find ich ja auch urkomisch ;D er erinnert mich ein wenig an meinen Barbesitzer aus dem Dorf. Er sieht dich an und weiß sofort, was du willst ^^
Und das auch noch mit Witz, ich glaube für sowas muss man wirklich geboren sein ;D
Marks Dad tut mir furchtbar leid, ich hoffe du klärst es noch irgendwie auf, an was er gestorben ist (wenn du das nicht schon getan hast, bzw wenn das im Ungewissen bleiben soll)
Och eigentlich müsste ich alle Chaps nochmal lesen, damit sie richtig haften bleiben, Korrekturlesen ist schon ziemlich bedauernswert, man kriegt ja doch nur die Hälfte mit ~.~ also ab jetzt alles 2x ;D

Ein wenig schade ist es, dass du Annes Geschichte nicht mehr ganz so sehr verfolgst und dich jetzt mehr auf Mark konzentrierst. Man vergisst leicht, an welcher Stelle sich Anne gerade befindet bzw (OH MEIN GOTT ICH HAB SEINEN NAMEN VERGESSEN ôÔ) Simon. ^^
Naja gut, ich kenn die Teile ja auch schon ein wenig länger als der Rest hier und vergesslich bin ich zudem auch noch, aber ja... ich will SIMON wieder haben *rumbock*

Ansonsten liebe ich deinen Schreibstil, deine Art zu erzählen und die Einfachheit, mit der man deine Geschichte versteht. Einfach schön und gelungen. Bis auf die Schachtelsätze, aber die kriegen wir auch beim 2. Mal lesen hin ;D

ich hab dich lieb, mach weiter so Smile
xoxo Mel
Also ich mag diese Frau M überhaupt gar nicht. Die war mir schon beim Zusammentreffen mit Anne unsympathisch Unsure
Warn wieder zwei superinteressante Kapitel. Smile
mel: der name ist nicht ausgedacht:o die gute existiert wirklich- ich kenn sie nur (leider :p) nicht.

ja, ich hab auch überlegt ob ich wirklich so viele mark-chaps hintereinander bringen kann aber anders funktioniert es nicht. das wird sich später (ganz bald) noch klären, wieso, und dann bekommst du auch deinen simon zurück. den vermisse ich nämlich auch schon ziemlich schrecklichWink
marks vater starb übrigens an krebs... war in kapitel vier (?) ganz kurz erwähnt.

ines: ich find frau m auch nicht so sympathischBig Grin


vielsten dank!
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