ines und tami, ich finde eure beiden interpretationen der risse irgendwie gut. ich schätze es ist etwas von beidem drin.
dankeschön für euer liebes FB ihr alle<3
hier ist er nun, der kurze neue teil. von sweetgilmoremel habe ich bereits ein bisschen ärger bekommen :o
aber lest ihn selbst.
Fünfundzwanzig
2011
Simon hatte schon viele Filme gesehen, in denen der Protagonist nach einem Abend mit extremem Alkoholgenuss morgens aufwachte, und entdeckte, dass er einen Fehler gemacht hatte. Fehler, das war dann so etwas wie mit dem falschen Mädchen geschlafen oder sich die Haare gefärbt zu haben.
Aber Simon hätte nie gedacht, dass ihm dies auch passieren würde. Gleich beides auf ein Mal â und er war nicht einmal betrunken gewesen! Nicht einen Tropfen hatte er getrunken und trotzdem hatte er zwei der dümmsten Fehler in seinem bisherigen Leben in einer Nacht gemacht.
Noch war ihm das allerdings alles andere als klar. Als er an diesem Morgen wach wurde, sah er nur ein wunderschönes Mädchen in seinem Bett liegen und hätte sich am liebsten selbst beglückwünscht.
âGut gemacht, alter Junge.â, hätte er gesagt und sich selbst auf die Schulter geklopft. Dann wäre er aufgestanden, ins Bad gegangen und hätte auf dem Weg in die Dusche halt gemacht, um sein Spiegelbild anzugrinsen â denn es war schlieÃlich sein niedliches, dunkelblondes Spiegelbild dafür verantwortlich, was in der letzten Nacht passiert war, und nicht er selbst.
Aber zu dieser Hymne des Eigenlobes kam er nicht.
âGuten Morgen.â, sagte Valerie leise und öffnete die Augen im selben Moment.
âWie lange bist du schon wach?â, fragte Simon erstaunt.
âEine Weile?â
Valerie grinste. Sie setzte sich aufrecht hin und die Bettdecke rutschte herab, sodass sie nun in seinem Shirt vom gestrigen Abend vor ihm saÃ.
âEs war kalt.â, sagte sie erklärend, als er erstaunt eine Augenbraue hochzog - als er eingeschlafen war hatte sie deutlich weniger angehabt.
âDu bist nicht grad ein wärmender Ofen.â, fuhr sie fort.
âMehr ein Eisklotz.â
Sie dachte über ihre Wortwahl nach und berichtigte:
âEin niedlicher Eisklotz. Mit einer sehr schönen Haarfarbe.â
Sie kicherte, zog ihn zu sich heran und küsste ihn, bevor sie durch besagte Haare fuhr und ihn strahlend ansah.
âOder nicht?â, fragte sie.
Seine Haare hätten pink-silbern-gepunktet sein können und sie hätte doch Recht gehabt. Er konnte nichts anzweifeln, was von ihr kam.
Wie hatte er ihr überhaupt so lange widerstehen können?
Anne wurde an diesem Morgen von der Sonne wach. Das Bett neben ihr war leer, denn auch an diesem Samstagmorgen musste Mark arbeiten. Sie rollte sich auf die leere Fläche, drückte das Gesicht ins Kissen und versuchte, Anschluss an ihren Traum zu finden. Was genau war passiert? Sie wusste nur, dass sie gern weiter träumen wollte. Die StraÃenarbeiter, die genau in diesem Moment ihre Presslufthammer einschalteten, schien dies offenbar nicht zu interessieren.
Entnervt richtete Anne sich auf und fuhr sich durch die wild von ihrem Kopf abstehenden Haare, als ihr Blick auf einen Thermobecher auf dem Nachttisch fiel. Daran klebte ein Zettel.
âKaffee für dich. Darf ich dich jetzt heiraten...â, stand in Marks unordentlicher Schreibschrift darauf.
Sie grinste und nahm den Zettel ab, woraufhin darunter ein zweiter Zettel zum Vorschein kam.
â... wenn wir mit 35 beide noch nicht vergeben sind?â
Sie lachte auf und war im nächsten Moment verwirrt von ihrer eigenen Stimme, die das einzige Geräusch in der leeren Wohnung war.
âNur, wenn er dann seine Arbeitszeit verringert.â, murmelte sie grinsend zu sich selbst und schraubte den Becher auf.
Ja, Kaffee kochen konnte er schon mal. Er war wirklich kein schlechter Ersatz-Ehemann... Ersatz... Ersatz?
Es war, als hätte sie sich selbst denken gehört und wäre über ihre eigene Formulierung gestolpert. Plötzlich wusste sie genau, was sie tun musste, um ihm zu helfen.
âWeiÃt du, es ist ganz schön schwer an dich heranzukommen.â, sagte Valerie nachdenklich, während sie versuchte, sich auf seiner Schulter gemütlich hinzulegen.
Sie hatten es noch immer nicht geschafft, zum Frühstück aufzustehen.
âFindest du?â, fragte Simon. Er zog die Decke hoch, um sie ein Stück weiter zuzudecken, da sein Shirt inzwischen in einiger Entfernung auf dem FuÃboden lag.
âAnne sagt immer, dass ich Mädchen wie Socken wechsle. Und ich bin ein reinlicher Mensch.â
Er grinste. âSo gesehen kommt man recht leicht an mich heran.â
Sie pikste ihn in die Seite.
âDas mein ich nicht. Ich mein, ich weià so gar nichts über dich. Du hast eine beste Freundin, die du sehr vermisst... und die mir irgendwie wenig sympathisch ist. Du arbeitest bei meiner Mutter im Büro. Sie sagt du bist ziemlich gut. Naja, aber auÃer den beiden Dingen und deinem Namen weià ich nichts.â
Simon seufzte. Was war es, was es so schwer machte, dieses Mädchen anzulügen? Nun, es war keine richtige Lüge. Es war nur... eine andere Wahrheit.
âWas ist?â, fragte sie, stützte sich auf den Ellenbogen und sah ihn an.
âNichts.â, sagte er nur und schloss die Augen vor ihrem durchdringenden Blick.
âAha.â, sagte sie trocken. Sie lieà sich wieder fallen und zog die Decke enger um sich, sodass ihm nicht mehr viel davon blieb.
âIch ruf gleich meine Mutter an, um ihr zu sagen wo ich bin. Was soll ich ihr sagen? Sie ist immerhin deine Chefin...â
âWas meinst du damit?â
âDu kannst noch zurück.â
Sie biss sich auf die Lippe und sprach mehr mit der Zimmerdecke als mit ihm.
âDas hier muss keine groÃe Sache sein... 'ne Beziehung oder so...â
âDu sagst 'Beziehung' im selben Tonfall wie 'Dachschräge.'â, stellte er fest und war dann kurz davor, sich selbst den Mund zuzunähen.
âNaja, ich schätze ich bin eher Kategorie Socke für dich, oder?â, schoss sie zurück und setzte sich auf.
âDu willst doch gar nicht, dass dich irgendwer kennen lernt. Und ja, das ist eine Beziehung für mich. Wenigstens mehr wissen als deinen Nachnamen.â
Er setzte sich ebenfalls gerade auf.
âDu weiÃt meinen Nachnamen nicht.â, hörte er sich sagen und bereute es sofort.
âWie bitte?â, fragte Valerie schockiert, und vergaÃ, dass sie beleidigt war. âWas meinst du damit?â
âIch heiÃe nicht wirklich so, wie es in den Unterlagen deiner Mutter steht. Also schon. Aber ich hieà nicht immer so, ich hab den Namen geändert.â
âWarum?â
âDas kann ich dir nicht sagen.â
âSimon, du machst mir Angst. Was meinst du damit? Bist du im Zeugenschutzprogramm oder so? Ist jetzt die Mafia hinter mir her?â
Ihre blühende Phantasie sorgte für hunderte von verschiedenen Szenarien, wie sie sterben würde, sobald sie seine Wohnung verlieÃ. Aber Simon lachte nur.
âNein.â, sagte er. âDir droht überhaupt keine Gefahr. Und mir auch nicht mehr.â
Sie war noch dabei, sich zu entscheiden ob es besser war, ihn zu ohrfeigen oder einfach nur schockiert aufzuspringen, als er kurz entschlossen ihre Hand nahm.
âWenn du mehr sein willst als eine Socke musst du wissen, dass du nicht viel über mich weiÃt. Es gibt einfach eine Menge vergangene Dinge, über die ich nicht spreche. Aber von der Gegenwart erzähl ich dir gern mehr.â
Sie sah ihn argwöhnisch an und der Wunsch, ihm Schmerzen zuzufügen und seine Zukunft zu zerstören, sank augenblicklich, als sie ihn lächeln sah.
âWillst du, dass ich mehr bin als eine Socke?â, fragte sie vorsichtig.
âSocken hab ich schon genug.â
*
Mark stellte seine Umhängetasche in den Flur und wollte gerade nach Anne rufen, als sie in Beinahe-Lichtgeschwindigkeit aus der Küche kam und direkt um seinen Hals flog,
âJa!â, quietschte sie und küsste ihn auf die Wange.
âJa was?â, fragte er irritiert und lächelte, während er sie trotz seiner Verwirrung erst einmal fest an sich zog.
âJa, ich heirate dich wenn wir beide mit 35 noch nicht vergeben sind.â
Sie lachte und lieà ihn los, dann fiel ihr Blick auf seine Tasche.
âAber wenn wir Kinder haben lässt du deine Messertasche nicht mehr einfach so rumfliegen. Es ist sowieso schon gruselig, dass du deine eigenen Küchenmesser mit zur Arbeit nimmst...â
âKinder?â
âNa klar, mit deinen wunderbaren Wuschellocken und mei... und deinen Augen.â
Er grinste.
âKieselchen, es tut dir nicht gut, hier zu sein. Du verliebst dich wieder in mich. Noch eine Woche länger und du willst mich direkt heiraten... Und meine 'wunderbaren Wuschellocken'...â
Anne lächelte.
âDeshalb werd ich auch morgen zurück nach Hause fahren.â, sagte sie leise.
âWie bitte?â
Jetzt war er doch etwas überrascht. Und irgendwie auch nicht besonders erfreut, aber das würde er nicht so sagen.
Sie seufzte und zog ihn zum Sofa.
âEs ist nicht gut, dass ich hier bin. Du bist jeden Abend zuhause und ich wette dein niedlicher Kaffee-Heiratsantrag war das romantischste, was du seit langer Zeit für irgendwen gemacht hast. Aber das hier ist nicht die reale Welt! Wir ersetzen uns gegenseitig jemanden, den wir vermissen... auf eine ziemlich bizarre Art und Weise. Du hast Recht, wenn ich noch länger bleibe, vielleicht verliebe ich mich wirklich wieder in dich. In die Vorstellung, alles so einfach und direkt vor meiner Nase zu haben.
Aber ich versteck mich hier. Und du nimmst das als Grund dafür, dich auch zu verstecken. Du willst nicht mich heiraten, wenn ich 35 bin, Mark. Du willst Marlijn heiraten. Im nächsten Juni. Oder vielleicht im September, weil du dich zuerst in deinen neuen Job einfinden willst. Nachdem du Marlijn versichert hast, dass dir das ernst ist und dass du all deine Freunde dabei haben willst, wenn ihr dann endlich in der neuen Stadt, wohin sie dir folgen wird, heiratet.â
Sie nickte, wie um sich selbst zuzustimmen.
âDas glaubst du?â, fragte er und lachte leise.
âJa, das glaube ich. Ich find es gar nicht gut, dass sie dir bei dem Job so im Weg stand. Und wenn sie das immer noch tut, nachdem du ihr die gesamte Sicherheit gegeben hast, die du geben kannst, dann heiraten wir halt irgendwann. Aber du hast doch selbst gesagt, dass sie nur unsicher war. Und es gibt mehr als einen Grund, sich so zu verhalten als ob man jemanden nicht liebt.â
Er nickte langsam.
âEigene Erfahrung?â
âMit demselben Mann sogar...â
âEr ist ein ziemlich unfähiger Idiot, was das angeht, oder?â
âIch glaub er lernt das schon noch. Ich hab auch eine Weile gebraucht, aber ich glaube, ich weià jetzt, dass der Streit mit Simon mein Fehler war. Er hat wirklich gruselig reagiert, aber ich war schuld. Ich muss das ausbügeln.â
âMorgen also?â
âMorgen, zehn Uhr zwei, Gleis acht.â
âNa das lässt uns ja noch heute Abend, um uns in unserer eigenen Welt zu verstecken.â