13.03.2012, 00:03
es kommt, annchen. ist schon bei der betareaderin
aber ich kann schonmal ein bisschen re-fb geben:
was annes verhalten angeht:
sind wir nicht alle manchmal doof?
mir ist das wichtig, dass die charaktere nicht nur liebenswürdig sind. anne hat, genau wie die anderen charaktere auch, positive und negative seiten. ich denke, ein fröhliches, nettes mädchen von nebenan, das sich immer verständlich verhält, kann aus einer vergangenheit wie der von anne gar nicht entstehen^^ ich freu mich immer, wenn ihr solche schwächen der charaktere erkennt und ein bisschen drüber meckert
was valerie und anne angeht: ja, da bin ich auch gespannt
ach, und mel: danke, dass du mich auf die fehler aufmerksam machst ich glaub du hast recht und korrigier das dann gleich!
--- Beitrag hinzugefügt um: 23:03 Uhr. --- Verschmelzung, da weniger als 24 Studen alt. ---
sooo und hier ist er- viel spaÃ!
Neunundzwanzig
„Warum rufst du sie nicht einfach an?“, fragte sie, als der Kerl auf der Leinwand gerade wieder mit seiner Mutter darüber diskutierte, warum er nicht heiraten wollte. Ein richtiges Date hatte es sein sollen, um Simon auf andere Gedanken zu bringen, aber das war nicht so einfach, wie Valerie gedacht hatte.
„Sie will mich nicht sehen.“
„Ich denk ihr habt euch ausgesprochen! Ich versteh das nicht.“
„Ich auch nicht. Aber irgendwie... versteh ich es doch.“
„Manchmal bist du wirklich komisch.“, murmelte sie.
Er seufzte und legte sein Kinn auf ihren Kopf.
„Ich weiÃ.“
„Pssssst.“, machte es einige Reihen hinter ihnen. Valerie verdrehte die Augen und versuchte, wieder in den Film einzusteigen. Es fiel ihr nicht schwer. Wie gut, dass alle romantischen Komödien ungefähr gleich abliefen...
Jetzt saà sie auf der Couch, nippte an einem Glas Wein und telefonierte mit Mark, während ihr Kater mal wieder voll beschäftigt mit einem Wollknäuel war. Im Gegensatz dazu, wie normale Katzen wahrscheinlich mit Wollknäueln spielten, war dies ein sehr langsamer und wirklich unspannender Prozess:
Der Kater zog an dem Faden, das Wollknäuel bewegte sich minimal und Mrs. Mistoffelees verschwand unter dem nächsten Schrank oder auf dem nächsten Stuhl. Dort blieb er ungefähr fünfzehn Minuten, bis er einen erneuten Versuch wagte, das Wollknäuel zu erlegen.
Manchmal fragte sich Anne wirklich, was mit ihrem Kater nicht stimmte. Andererseits passte das neurotische Tier ganz gut in ihr Leben, wenn sie recht überlegte. Mit ihrer panischen Angst vor Feuer und Simons Wasserproblem war es wohl kein Wunder, dass der Kater nicht besonders mutig war.
„Ich weià auch nicht, wie ich dir das erklären soll.“, sagte sie zu Mark, der am anderen Ende der Leitung fast hörbar die Augen verdrehte.
„Er ist ganz anders und so glücklich. Ich glaub, ich verkompliziere alles total. Und ich versteh ihn nicht. Ich hab ihn noch nie nicht verstanden. Aber jetzt holt er mich vom Bahnhof ab und erzählt mir im nächsten Atemzug, dass nichts einfacher war, als sich von mir abzulenken. Und... ich weià nicht worüber ich mit ihm reden soll!“
„Worüber habt ihr denn früher geredet?“
„Nicht viel. Meistens haben wir eher wenig gesagt.“
Sie zuckte mit den Schultern, obwohl er es nicht sehen konnte, und beobachtete Mrs. Mistoffelees, der gerade wieder einen Versuch machte, dem Wollknäuel unauffällig näher zu kommen. Als er die Tatze etwa zwei Finger breit darüber hielt, klingelte es plötzlich an der Tür. Sofort war er wieder unter dem Schrank verschwunden.
„Moment, es hat geklingelt.“
Sie legte das Telefon auf den Couchtisch und ging zur Tür, um den Hörer der Gegensprechanlage abzunehmen.
„Hallo?“
„Eine Eillieferung für Becker!“
„So spät noch?“
„Ich mach mein FSJ im Altenheim an der FärberstraÃe, Herr Mayer sagt sie kennen ihn?“
Anne legte ruckartig den Hörer auf und öffnete die Haustür per Knopfdruck, bevor sie die Wohnungstür aufriss. Der junge Mann, der ihr mit einem Paket im Hausflur entgegen kam, sah müde aus.
„Entschuldigen Sie die Störung.“, sagte er und übergab ihr das Paket. Sie sah es skeptisch an.
„Herr Mayer lässt schön grüÃen.“, meinte der junge Mann zögerlich.
Anne antwortete ebenso unsicher.
„Wie geht es ihm denn?“
„Nicht so gut, er hat sich vor ein paar Monaten die Hüfte gebrochen, seitdem bewegt er sich kaum noch.“
„Oh...“
„Er könnte mal wieder Besuch vertragen.“, fügte er noch an, dann nickte er ihr zu.
„Ich muss los. Schönen Abend noch.“
Und da stand sie. Allein im Hausflur, mit einem Paket in der Hand und einem unguten Gefühl im Bauch.
„Hallo?“, fragte Valerie in die Gegensprechanlage und schloss den ReiÃverschluss von Simons Sweatshirt bis zu ihrem Kinn.
„Hallo.“, kam es aus der Sprechanlage zurück. Dann war wieder alles still und Valerie hörte nur unruhige Atemgeräusche.
„Wer ist da?“, fragte sie nach und zog eine Augenbraue hoch.
Es blieb still. Wie gut, dass sie sich einige Stockwerke über der StraÃe befand. Obwohl die Stimme nur eine dünne Frauenstimme war, war es irgendwie gruselig, hier in der dunklen Wohnung zu stehen und einer Fremden beim Atmen zuzuhören. Ob sie Simon Bescheid sagen sollte?
„Hier ist Anne Becker. Ist Simon da?“, klang es plötzlich erneut aus der Sprechanlage und Valerie zuckte zusammen.
„Er schläft.“, sagte sie.
„Valerie, oder?“
Die Stimme wurde fester und Valerie entspannte sich ebenfalls ein wenig.
„Ja. Ist es wichtig?“
„Ja. Kannst du ihn vielleicht wecken?“
Anne hörte es in der Sprechanlage knacken, dann öffnete sich die Haustür. Ungewöhnlich langsam und mit dem Paket in den Händen stieg sie die Treppe hinauf. Als sie oben ankam, stand Simon in Jogginghose und T-shirt vor ihr und hielt die Wohnungstür auf.
„Annie.“, sagte er nur leise, als er ihren Gesichtsausdruck sah. Eigentlich wollte er ihr zumindest ein bisschen böse sein, dafür, dass sie ihn so lange zappeln lieÃ. Dass sie ihm nicht gleich am Bahnhof in die Arme geflogen war oder wenigstens gesagt hatte, was sie nach mehreren Wochen immer noch so unsicher machte. Aber er kannte diesen Gesichtsausdruck und er wusste, dass er jetzt besser nicht nachtragend war.
Augenblicke später schlossen sich ihre dünnen Arme um ihn und ihr Kopf lehnte sich an seine Brust.
Er legte eine Hand auf ihren Rücken und strich mit der anderen über ihren Kopf. Wortlos und beinahe auch gedankenlos in dieser ungewohnten Situation, während seine Freundin am Türrahmen lehnte und noch skeptischer aussah als er selbst noch vor wenigen Minuten ausgesehen hatte.
„Ich weià nicht, was...“, begann Anne.
„Ich weiÃ.“, unterbrach er sie und schob sie vorsichtig etwas weg, sodass er sie ansehen konnte.
„Was ist das für ein Paket?“
Sie löste sich ganz von ihm und ging zielstrebig an Valerie vorbei in die Wohnung, während sie erklärte.
„Erinnerst du dich noch an den alten Polizisten, den ich im Altenheim besucht habe? Es ist von ihm. Ich wollte nicht allein sein, wenn ich es öffne. Ich... ich hab eben sofort an Dich gedacht. Und dann bin ich einfach hergekommen.“
„Simon, was passiert hier grad?“, fragte Valerie irritiert, während sie ihm und Anne zur Couch folgte, wo diese unschlüssig stehen blieb.
Gerade noch hatten die beiden in einer unerklärlichen Scheinversöhnung festgesteckt, die die gesamte Freundschaft in Frage stellte, und jetzt war wieder alles in bester Ordnung und sie redeten über Polizisten und geheimnisvolle Päckchen?
„Psst.“, zischte ihr Freund nur, als wäre Anne ein seltenes, scheues Tier, das auf keinen Fall verscheucht werden durfte.
Aber Anne war sich bereits wieder bewusst geworden, dass sie nicht allein waren.
„Oh. Entschuldigung.“, sagte sie und senkte den Blick auf das Paket. „Ich störe euch, oder?“
„Nein, ist schon okay.“, sagte das Pärchen synchron und Anne fiel wieder ein, warum sie Simon im Pärchenformat nicht leiden konnte. Haare färben hin oder her, es war doch nur der Anfang einer bedingungslosen Anpassung, wenn er wieder einmal dachte, er hätte sich verliebt.
„Lassen wir das mit dem Paket!“, zwitscherte sie fröhlich.
„Willst du uns nicht vorstellen, Simon?“
Auch diesen Gesichtsausdruck kannte er. Anne hatte noch nie eine seiner Freundinnen auf den ersten Blick gemocht, aber sie gab sich immer Mühe, ihn das nicht wissen zu lassen. SchlieÃlich hatte Simons Verhalten gegenüber Mark zu ihrem ersten und in der Vergangenheit auch einzigen richtigen Streit geführt – und dieser sollte sich auf keinen Fall wiederholen. Leider konnte sie ihre Gefühle vor Simon nicht sehr gut verstecken und so hatte er es immer recht schnell gemerkt. An genau diesem Gesichtsausdruck. Er konnte sich nicht erklären, wie sie immer so schnell zu einem augenscheinlich vernichtendem Urteil kam.
„Ãhm... Valerie, das ist meine beste Freundin Anne. Anne, das ist Valerie, meine Freundin.“
Valerie sah zwischen den beiden hin und her und überlegte, ob sie sich in irgendeiner Weise über Telepathie verständigten. SchlieÃlich bemerkte sie die Stille im Raum.
„Schön, dich kennen zu lernen.“, sagte sie, um diese zu vertreiben.
„Und schön, dass ihr euch wieder vertragen habt. Simon hat dich sehr vermisst.“
Anne zog eine Augenbraue hoch.
„So klang das aber gar nicht, als du mich abgeholt hast.“, stellte sie fest und war selbst erschrocken, wie deutlich die Enttäuschung in ihrer Stimme mitschwang.
„Ich weiÃ.“, hörte sie ihn überraschender Weise sagen.
„Das tut mir leid. Deshalb warst du so komisch?“
Sie nickte und biss sich auf die Lippe. Jetzt kam es ihr albern vor. Sie kannte ihn doch, sie wusste doch, dass er ihr alles andere als die Wahrheit sagen würde, wenn es um Gefühle ging. Sie wusste doch, dass seine Taten schon immer mehr gesagt hatten als Worte. Und was war deutlicher, als sich um ein lebensgefährliches Haustier zu kümmern und sofort da zu sein, als sie wieder in Reichweite kam? Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen, aber bevor sie ihm sagen konnte, wie leid ihr das alles tat, schlossen sich seine Arme ein zweites Mal an diesem Abend um sie. Wortlos, wie immer. Aber Worte waren ohnehin überflüssig.
Als die Tür des Schlafzimmers hinter Valerie leise ins Schloss gezogen wurde und fast zeitgleich Annes Handy hörbar zu vibrieren begann, lösten sich die beiden voneinander. Anne spürte ein merkwürdiges Gefühl im Magen: Normalerweise waren sie nicht solche Berührungsmenschen. Eine so lange Umarmung war ungewöhnlich, aber in Ausnahmefällen und nach langer Trennung durchaus normal – trotzdem brachte es ihre Gefühlswelt noch mehr durcheinander, als sie es ohnehin schon war. Sie nahm das Handy ans Ohr.
„Hallo?“
„Ich hab mir Sorgen gemacht, was machst du denn? Ich ruf schon seit 'ner halben Stunde immer wieder an!“
„Mark? Oh nein, es tut mir leid, ich hab... es ist 'ne lange Geschichte, aber ich erzähl dir später alles, ja? Das tut mir so leid, ich hab in der Eile ganz vergessen... aber es geht mir gut, okay?“
Sie hatte tatsächlich vergessen, dass er noch am Telefon auf sie wartete. Was war sie nur für ein Mensch? Kein Wunder, dass ihm der Kontakt mit ihr beim letzten Mal zu anstrengend geworden war.
„Du klingst nicht so, als würde es dir gutgehen. Du weinst doch schon wieder.“, stellte er fest. Wie um zu überprüfen, ob er Recht hatte, fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Wange und betrachtete erstaunt die Reste zerflossenen Mascaras.
„Das ist aber okay.“
Sie lächelte Simon an, der das Gespräch interessiert beobachtete.
„Danke, dass du dir Sorgen gemacht hast, Schatz. Ich versprech dir, ich mach das nie wieder und ich erklär dir alles morgen, okay?“
Simon konnte Mark durch das Handy hören, aber nicht verstehen was er sagte.
„Ja, das mache ich.“, antwortete Anne auf die Frage, die er anscheinend gestellt hatte.
„Ich dich auch.“, beendete sie dann das Gespräch.
„Du ihn auch, deinen 'Schatz'?“, zitierte Simon sie, sobald sie aufgelegt hatte, und grinste.
„Ich hab ihn auch lieb, ja.“
Sein Grinsen war ansteckend. Fast vergaà sie, dass sie es eigentlich hasste, wenn er sich in ihr Liebesleben einmischte.
„Aber mehr nicht. Er wird sowieso einen gepiercten Rauschgoldengel heiraten.“
„Wie bitte? Mark und heiraten?“
„Ja, er...“
Sie unterbrach sich selbst. Das Paket auf dem Couchtisch schien sie noch immer durchdringend anzustarren.
„Simon... kann ich dir das alles später erzählen?“, fragte sie mit einem Seitenblick auf das schmale Päckchen, das mit Zeitungspapier eingewickelt war.
Ihr bester Freund folgte ihrem Blick und verstand sofort.
„Sollen wir es doch öffnen?“
Anne nickte, während sie weiter den Blick auf dem Paket gerichtet hielt.
„All die Jahre, die ich die Wahrheit gesucht habe.... und jetzt schickt mir der einzige Mensch, der sie kennt, aus heiterem Himmel ein Paket? Es könnte sein, dass ich in wenigen Minuten alles weiÃ... aber irgendwie hab ich Angst. Vielleicht hatte mein Vater gute Gründe, das alles geheim zu halten?“
Sie nahm das Päckchen in beide Hände und fuhr über die AuÃenseiten.
„Wer weiÃ, was da drin ist?“
aber ich kann schonmal ein bisschen re-fb geben:
was annes verhalten angeht:
sind wir nicht alle manchmal doof?
mir ist das wichtig, dass die charaktere nicht nur liebenswürdig sind. anne hat, genau wie die anderen charaktere auch, positive und negative seiten. ich denke, ein fröhliches, nettes mädchen von nebenan, das sich immer verständlich verhält, kann aus einer vergangenheit wie der von anne gar nicht entstehen^^ ich freu mich immer, wenn ihr solche schwächen der charaktere erkennt und ein bisschen drüber meckert
was valerie und anne angeht: ja, da bin ich auch gespannt
ach, und mel: danke, dass du mich auf die fehler aufmerksam machst ich glaub du hast recht und korrigier das dann gleich!
--- Beitrag hinzugefügt um: 23:03 Uhr. --- Verschmelzung, da weniger als 24 Studen alt. ---
sooo und hier ist er- viel spaÃ!
Neunundzwanzig
2011
Drei Tage waren vergangen, seit Anne wieder in der Stadt angekommen war. Drei Tage, die Simon nichts von ihr gehört hatte, drei Tage, in denen sich die Haartönung langsam heraus wusch und drei Tage, die Valerie tierisch auf die Nerven gingen.„Warum rufst du sie nicht einfach an?“, fragte sie, als der Kerl auf der Leinwand gerade wieder mit seiner Mutter darüber diskutierte, warum er nicht heiraten wollte. Ein richtiges Date hatte es sein sollen, um Simon auf andere Gedanken zu bringen, aber das war nicht so einfach, wie Valerie gedacht hatte.
„Sie will mich nicht sehen.“
„Ich denk ihr habt euch ausgesprochen! Ich versteh das nicht.“
„Ich auch nicht. Aber irgendwie... versteh ich es doch.“
„Manchmal bist du wirklich komisch.“, murmelte sie.
Er seufzte und legte sein Kinn auf ihren Kopf.
„Ich weiÃ.“
„Pssssst.“, machte es einige Reihen hinter ihnen. Valerie verdrehte die Augen und versuchte, wieder in den Film einzusteigen. Es fiel ihr nicht schwer. Wie gut, dass alle romantischen Komödien ungefähr gleich abliefen...
*
Den vierten Tag nach ihrer Rückkehr hatte Anne komplett in der Bibliothek verbracht. Es gab viel nachzuholen, was sie in den letzten Wochen in der Uni verpasst hatte. Jetzt saà sie auf der Couch, nippte an einem Glas Wein und telefonierte mit Mark, während ihr Kater mal wieder voll beschäftigt mit einem Wollknäuel war. Im Gegensatz dazu, wie normale Katzen wahrscheinlich mit Wollknäueln spielten, war dies ein sehr langsamer und wirklich unspannender Prozess:
Der Kater zog an dem Faden, das Wollknäuel bewegte sich minimal und Mrs. Mistoffelees verschwand unter dem nächsten Schrank oder auf dem nächsten Stuhl. Dort blieb er ungefähr fünfzehn Minuten, bis er einen erneuten Versuch wagte, das Wollknäuel zu erlegen.
Manchmal fragte sich Anne wirklich, was mit ihrem Kater nicht stimmte. Andererseits passte das neurotische Tier ganz gut in ihr Leben, wenn sie recht überlegte. Mit ihrer panischen Angst vor Feuer und Simons Wasserproblem war es wohl kein Wunder, dass der Kater nicht besonders mutig war.
„Ich weià auch nicht, wie ich dir das erklären soll.“, sagte sie zu Mark, der am anderen Ende der Leitung fast hörbar die Augen verdrehte.
„Er ist ganz anders und so glücklich. Ich glaub, ich verkompliziere alles total. Und ich versteh ihn nicht. Ich hab ihn noch nie nicht verstanden. Aber jetzt holt er mich vom Bahnhof ab und erzählt mir im nächsten Atemzug, dass nichts einfacher war, als sich von mir abzulenken. Und... ich weià nicht worüber ich mit ihm reden soll!“
„Worüber habt ihr denn früher geredet?“
„Nicht viel. Meistens haben wir eher wenig gesagt.“
Sie zuckte mit den Schultern, obwohl er es nicht sehen konnte, und beobachtete Mrs. Mistoffelees, der gerade wieder einen Versuch machte, dem Wollknäuel unauffällig näher zu kommen. Als er die Tatze etwa zwei Finger breit darüber hielt, klingelte es plötzlich an der Tür. Sofort war er wieder unter dem Schrank verschwunden.
„Moment, es hat geklingelt.“
Sie legte das Telefon auf den Couchtisch und ging zur Tür, um den Hörer der Gegensprechanlage abzunehmen.
„Hallo?“
„Eine Eillieferung für Becker!“
„So spät noch?“
„Ich mach mein FSJ im Altenheim an der FärberstraÃe, Herr Mayer sagt sie kennen ihn?“
Anne legte ruckartig den Hörer auf und öffnete die Haustür per Knopfdruck, bevor sie die Wohnungstür aufriss. Der junge Mann, der ihr mit einem Paket im Hausflur entgegen kam, sah müde aus.
„Entschuldigen Sie die Störung.“, sagte er und übergab ihr das Paket. Sie sah es skeptisch an.
„Herr Mayer lässt schön grüÃen.“, meinte der junge Mann zögerlich.
Anne antwortete ebenso unsicher.
„Wie geht es ihm denn?“
„Nicht so gut, er hat sich vor ein paar Monaten die Hüfte gebrochen, seitdem bewegt er sich kaum noch.“
„Oh...“
„Er könnte mal wieder Besuch vertragen.“, fügte er noch an, dann nickte er ihr zu.
„Ich muss los. Schönen Abend noch.“
Und da stand sie. Allein im Hausflur, mit einem Paket in der Hand und einem unguten Gefühl im Bauch.
„Hallo?“, fragte Valerie in die Gegensprechanlage und schloss den ReiÃverschluss von Simons Sweatshirt bis zu ihrem Kinn.
„Hallo.“, kam es aus der Sprechanlage zurück. Dann war wieder alles still und Valerie hörte nur unruhige Atemgeräusche.
„Wer ist da?“, fragte sie nach und zog eine Augenbraue hoch.
Es blieb still. Wie gut, dass sie sich einige Stockwerke über der StraÃe befand. Obwohl die Stimme nur eine dünne Frauenstimme war, war es irgendwie gruselig, hier in der dunklen Wohnung zu stehen und einer Fremden beim Atmen zuzuhören. Ob sie Simon Bescheid sagen sollte?
„Hier ist Anne Becker. Ist Simon da?“, klang es plötzlich erneut aus der Sprechanlage und Valerie zuckte zusammen.
„Er schläft.“, sagte sie.
„Valerie, oder?“
Die Stimme wurde fester und Valerie entspannte sich ebenfalls ein wenig.
„Ja. Ist es wichtig?“
„Ja. Kannst du ihn vielleicht wecken?“
Anne hörte es in der Sprechanlage knacken, dann öffnete sich die Haustür. Ungewöhnlich langsam und mit dem Paket in den Händen stieg sie die Treppe hinauf. Als sie oben ankam, stand Simon in Jogginghose und T-shirt vor ihr und hielt die Wohnungstür auf.
„Annie.“, sagte er nur leise, als er ihren Gesichtsausdruck sah. Eigentlich wollte er ihr zumindest ein bisschen böse sein, dafür, dass sie ihn so lange zappeln lieÃ. Dass sie ihm nicht gleich am Bahnhof in die Arme geflogen war oder wenigstens gesagt hatte, was sie nach mehreren Wochen immer noch so unsicher machte. Aber er kannte diesen Gesichtsausdruck und er wusste, dass er jetzt besser nicht nachtragend war.
Augenblicke später schlossen sich ihre dünnen Arme um ihn und ihr Kopf lehnte sich an seine Brust.
Er legte eine Hand auf ihren Rücken und strich mit der anderen über ihren Kopf. Wortlos und beinahe auch gedankenlos in dieser ungewohnten Situation, während seine Freundin am Türrahmen lehnte und noch skeptischer aussah als er selbst noch vor wenigen Minuten ausgesehen hatte.
„Ich weià nicht, was...“, begann Anne.
„Ich weiÃ.“, unterbrach er sie und schob sie vorsichtig etwas weg, sodass er sie ansehen konnte.
„Was ist das für ein Paket?“
Sie löste sich ganz von ihm und ging zielstrebig an Valerie vorbei in die Wohnung, während sie erklärte.
„Erinnerst du dich noch an den alten Polizisten, den ich im Altenheim besucht habe? Es ist von ihm. Ich wollte nicht allein sein, wenn ich es öffne. Ich... ich hab eben sofort an Dich gedacht. Und dann bin ich einfach hergekommen.“
„Simon, was passiert hier grad?“, fragte Valerie irritiert, während sie ihm und Anne zur Couch folgte, wo diese unschlüssig stehen blieb.
Gerade noch hatten die beiden in einer unerklärlichen Scheinversöhnung festgesteckt, die die gesamte Freundschaft in Frage stellte, und jetzt war wieder alles in bester Ordnung und sie redeten über Polizisten und geheimnisvolle Päckchen?
„Psst.“, zischte ihr Freund nur, als wäre Anne ein seltenes, scheues Tier, das auf keinen Fall verscheucht werden durfte.
Aber Anne war sich bereits wieder bewusst geworden, dass sie nicht allein waren.
„Oh. Entschuldigung.“, sagte sie und senkte den Blick auf das Paket. „Ich störe euch, oder?“
„Nein, ist schon okay.“, sagte das Pärchen synchron und Anne fiel wieder ein, warum sie Simon im Pärchenformat nicht leiden konnte. Haare färben hin oder her, es war doch nur der Anfang einer bedingungslosen Anpassung, wenn er wieder einmal dachte, er hätte sich verliebt.
„Lassen wir das mit dem Paket!“, zwitscherte sie fröhlich.
„Willst du uns nicht vorstellen, Simon?“
Auch diesen Gesichtsausdruck kannte er. Anne hatte noch nie eine seiner Freundinnen auf den ersten Blick gemocht, aber sie gab sich immer Mühe, ihn das nicht wissen zu lassen. SchlieÃlich hatte Simons Verhalten gegenüber Mark zu ihrem ersten und in der Vergangenheit auch einzigen richtigen Streit geführt – und dieser sollte sich auf keinen Fall wiederholen. Leider konnte sie ihre Gefühle vor Simon nicht sehr gut verstecken und so hatte er es immer recht schnell gemerkt. An genau diesem Gesichtsausdruck. Er konnte sich nicht erklären, wie sie immer so schnell zu einem augenscheinlich vernichtendem Urteil kam.
„Ãhm... Valerie, das ist meine beste Freundin Anne. Anne, das ist Valerie, meine Freundin.“
Valerie sah zwischen den beiden hin und her und überlegte, ob sie sich in irgendeiner Weise über Telepathie verständigten. SchlieÃlich bemerkte sie die Stille im Raum.
„Schön, dich kennen zu lernen.“, sagte sie, um diese zu vertreiben.
„Und schön, dass ihr euch wieder vertragen habt. Simon hat dich sehr vermisst.“
Anne zog eine Augenbraue hoch.
„So klang das aber gar nicht, als du mich abgeholt hast.“, stellte sie fest und war selbst erschrocken, wie deutlich die Enttäuschung in ihrer Stimme mitschwang.
„Ich weiÃ.“, hörte sie ihn überraschender Weise sagen.
„Das tut mir leid. Deshalb warst du so komisch?“
Sie nickte und biss sich auf die Lippe. Jetzt kam es ihr albern vor. Sie kannte ihn doch, sie wusste doch, dass er ihr alles andere als die Wahrheit sagen würde, wenn es um Gefühle ging. Sie wusste doch, dass seine Taten schon immer mehr gesagt hatten als Worte. Und was war deutlicher, als sich um ein lebensgefährliches Haustier zu kümmern und sofort da zu sein, als sie wieder in Reichweite kam? Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen, aber bevor sie ihm sagen konnte, wie leid ihr das alles tat, schlossen sich seine Arme ein zweites Mal an diesem Abend um sie. Wortlos, wie immer. Aber Worte waren ohnehin überflüssig.
Als die Tür des Schlafzimmers hinter Valerie leise ins Schloss gezogen wurde und fast zeitgleich Annes Handy hörbar zu vibrieren begann, lösten sich die beiden voneinander. Anne spürte ein merkwürdiges Gefühl im Magen: Normalerweise waren sie nicht solche Berührungsmenschen. Eine so lange Umarmung war ungewöhnlich, aber in Ausnahmefällen und nach langer Trennung durchaus normal – trotzdem brachte es ihre Gefühlswelt noch mehr durcheinander, als sie es ohnehin schon war. Sie nahm das Handy ans Ohr.
„Hallo?“
„Ich hab mir Sorgen gemacht, was machst du denn? Ich ruf schon seit 'ner halben Stunde immer wieder an!“
„Mark? Oh nein, es tut mir leid, ich hab... es ist 'ne lange Geschichte, aber ich erzähl dir später alles, ja? Das tut mir so leid, ich hab in der Eile ganz vergessen... aber es geht mir gut, okay?“
Sie hatte tatsächlich vergessen, dass er noch am Telefon auf sie wartete. Was war sie nur für ein Mensch? Kein Wunder, dass ihm der Kontakt mit ihr beim letzten Mal zu anstrengend geworden war.
„Du klingst nicht so, als würde es dir gutgehen. Du weinst doch schon wieder.“, stellte er fest. Wie um zu überprüfen, ob er Recht hatte, fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Wange und betrachtete erstaunt die Reste zerflossenen Mascaras.
„Das ist aber okay.“
Sie lächelte Simon an, der das Gespräch interessiert beobachtete.
„Danke, dass du dir Sorgen gemacht hast, Schatz. Ich versprech dir, ich mach das nie wieder und ich erklär dir alles morgen, okay?“
Simon konnte Mark durch das Handy hören, aber nicht verstehen was er sagte.
„Ja, das mache ich.“, antwortete Anne auf die Frage, die er anscheinend gestellt hatte.
„Ich dich auch.“, beendete sie dann das Gespräch.
„Du ihn auch, deinen 'Schatz'?“, zitierte Simon sie, sobald sie aufgelegt hatte, und grinste.
„Ich hab ihn auch lieb, ja.“
Sein Grinsen war ansteckend. Fast vergaà sie, dass sie es eigentlich hasste, wenn er sich in ihr Liebesleben einmischte.
„Aber mehr nicht. Er wird sowieso einen gepiercten Rauschgoldengel heiraten.“
„Wie bitte? Mark und heiraten?“
„Ja, er...“
Sie unterbrach sich selbst. Das Paket auf dem Couchtisch schien sie noch immer durchdringend anzustarren.
„Simon... kann ich dir das alles später erzählen?“, fragte sie mit einem Seitenblick auf das schmale Päckchen, das mit Zeitungspapier eingewickelt war.
Ihr bester Freund folgte ihrem Blick und verstand sofort.
„Sollen wir es doch öffnen?“
Anne nickte, während sie weiter den Blick auf dem Paket gerichtet hielt.
„All die Jahre, die ich die Wahrheit gesucht habe.... und jetzt schickt mir der einzige Mensch, der sie kennt, aus heiterem Himmel ein Paket? Es könnte sein, dass ich in wenigen Minuten alles weiÃ... aber irgendwie hab ich Angst. Vielleicht hatte mein Vater gute Gründe, das alles geheim zu halten?“
Sie nahm das Päckchen in beide Hände und fuhr über die AuÃenseiten.
„Wer weiÃ, was da drin ist?“