20.03.2007, 14:53
...
Es klingelt. Ich weià sofort, wer da ist. Noch bevor ich aus der Küche komme, flitzt Rory an mir vorbei und reiÃt die Tür auf. Otello, der davor steht, kann kaum etwas sagen, denn sobald sie die Tür aufgerissen hat, liegt sie schon in seinen Armen. Er umarmt sie sanft. So stehen sie eine Weile in der Tür und ich beobachte sie lächelnd. Endlich, als sie sich noch immer nicht von ihm lösen lässt, hebt er sie kurzerhand hoch und tritt ein. Dann lässt er sie wieder runter und umarmt sie weiter.
Er ist ein groÃer Mann. Genauso groà wie Sam. Der Anzug sitzt perfekt an seinem Körper, und ich frage mich nicht zum ersten Mal, ob er maÃgeschneidert ist. Er ist muskulös, dunkelblond. Blaue Augen. Das genaue Gegenteil von Sam.
Ich hab dich so vermisst, höre ich Rory nuscheln und ich werde traurig. Endlich löst sie sich von ihm, wirkt plötzlich ganz klein. Sie sieht zu Boden.
Er legt seine groÃe, dennoch zierliche Hand in ihren Nacken, die andere unter ihr Kinn. So hebt er ihren Kopf. Wir biegen das wieder gerade, richtig? Fragt er leise und schafft es, dass Rory nickt.
Gut... dann sieht er mich. Hey, Jess... er kommt auf mich zu und reicht mir die Hand.
Otello... erwidere ich knapp und schüttele sie. Dabei taucht dieses Leuchten in seinen Augen auf, dass ich schon von Sam kenne, und nicht zu deuten weiÃ. Möchtest du etwas essen? Einen Kaffee? Frage ich.
Ein Kaffee wäre jetzt prima, sagt er und mir fällt auf wie müde er aussieht.
Ich nicke und will in die Küche zurückgehen.
Du solltest auch etwas essen, sagt er zu Rory. Also gehe ich noch einmal zurück.
Bleibt es bei dem Toast? Frage ich.
Sie nickt wortlos.
Die Situation ist schwer für mich. Immer wenn ihre Freunde, die ich nicht wirklich kenne, zu ihr kommen, fühle ich mich überflüssig. Ich weià nicht, wie ich mich fühlen soll. Stehe vollkommen auf dem Schlauch. Fühle mich allein. Einsam. Abgeschoben. Es ist nicht so, dass ich Sam und Otello nicht mögen würde. Im Gegenteil. Ich denke, sie sind Rorys beste Freunde, und es ist gut für sie, wenn die beiden da sind. Aber immer wenn einer von ihnen auftaucht, würde ich am liebsten gehen. Mit Sam hat sich dieses Gefühl gelegt, nach einiger Zeit. Otello habe ich erst ein paar Mal gesehen. Da ist das Gefühl noch da. Ziemlich heftig. Ich denke das spürt er, denn er verhält sich kalt und distanziert, dennoch freundlich.
Ich bringe zwei Kaffeetassen nach drauÃen, und zwei Scheiben Toast für Rory. Sie sieht mich dankbar an und strahlt etwas aus, das ich vorher nie wahrgenommen habe: Dankbarkeit und... Liebe. Dennoch sehen ihre Augen traurig aus. Matt. Glanzlos.
Auf einmal taucht Sully auf. Sie lag die ganze Nacht zusammengerollt auf Claires Teppich. Nun setzt sie sich erwartungsvoll neben mich und schaut mit ihren groÃen Kulleraugen zu mir auf.
Na du? Frage ich und kraule sie am Kopf. Hast du auch Hunger? Ich denke, ich hab noch was zu Hause... kommst du mit? Was meinst du? Ich sehe Rory und Otello entschuldigend an und gehe mit ihr zur Tür. Als ich nach drauÃen verschwinde, bin ich erleichtert, dass sie Hunger hat. Es ist unerträglich, denn ich merke, ich kann nicht ich selbst sein... Nicht solange das nicht geklärt ist. Nicht solange es offen steht. Nicht solange sie mich so ansieht und dennoch nichts sagen kann. Ihre ganze Kraft konzentriert sich auf Michael. Und dass sie mir zeigt, was sie wirklich fühlt, ist einfach zu viel verlangt.
Kurz nachdem Jess mit Sully nach drauÃen verschwindet, sieht Otello mich eindringlich an. Er erwartet wohl, dass ich etwas sage. Doch ich weià beim besten Willen nicht was. Als er merkt, dass ich nichts sage, ergreift er das Wort.
Er ist ein netter Kerl... sagt er.
Wer? Jess? Mehr als das... Er ist wundervoll. Es ist immer da. Er liebt die Kinder... weiter komme ich nicht.
...Und er liebt dich... unterbricht er mich.
Ja, das auch... sage ich leise.
Otello lächelt. Und du? Liebst du ihn auch? Fragt er.
Ich sehe ihn entsetzt an. Mein Herz pocht mir bis zum Hals, verschlägt mir die Sprache. Ich weià nicht, was ich sagen soll. Allein der Gedanke an Jess lässt mein Herz höher schlagen. Mir wird warm und kalt. Alles zusammen. Wie ein Eiswürfel im Feuer, schmelze ich nur so dahin.
Es ist nicht der richtige Zeitpunkt... wiederhole ich zum hundertsten Mal in kürzester Zeit. Diesen Satz habe ich schon so oft verwendet. Er tut mir auf der Zunge weh, wenn ich ihn ausspreche. Wenn ich ihn denke, pocht mein Kopf. Wenn ich ihn höre, schreie ich innerlich auf vor Schmerz.
Das ist keine Antwort auf meine Frage... sagt er gelassen und trinkt von seinem Kaffe.
Ich stehe auf und hole die Kaffeekanne aus der Küche. Sie ist noch warm, und ich gieÃe uns beiden nach. Dann setze ich mich erneut.
Was erwartest du? Dass ich anfange zu heulen und dir beichte, dass ich ihn liebe, aber nicht weiÃ, wie ich es ihm sagen soll? Frage ich Stirn runzelnd und umfasse meine Tasse. Sie ist so schön warm, dass ich meine Hände daran aufwärme.
Na ja... ich denke einen Rat kann ich dir da auch nicht geben... aber es würde helfen, wenn du dir deinen Gefühlen klar wärst.
Einige Zeit schweigen wir. Ich starre zum Fenster, durch die das Sonnenlicht strahlt. Dennoch, der Himmel bleibt bewölkt. Grau. Kalt. Trotzdem spendet er Hoffnung, und ich bete, dass er trocken bleibt. Nicht anfängt zu weinen.
Ich muss daran denken, wie Jess einfach in den See sprang. Ohne jegliche Furcht. Ohne jegliche Angst. Ich denke, es ist an der Zeit, das gleiche zu tun. Zumindest vor Otello. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, auch vor Jess. Springen.
Springen, Rory... das ist nicht so schwer. Du schaffst es. Er fängt dich auf. Jeder fängt dich auf. Otello. Jess. Sam. Mum... sogar Luke. Liebst du ihn? Dann sag es. Sag es! Auch dann, wenn er dich nicht hören kann. Selbst dann.
Natürlich liebe ich ihn... sage ich plötzlich. Ich denke, Otello hätte seine Frage fast schon vergessen, denn er blinzelt mich erstaunt an. Dann endlich lächelt er.
Siehst du? War doch gar nicht so schwer... Jetzt musst du es nur noch ihm sagen... Auch das schaffst du... er lächelt mir zu und ich fühle mich wie eine Enkelin. Unwillkürlich erinnert er mich an meinen eigenen GroÃvater... was alles passierte. Es tut mir heute noch leid.
Aber... ich versuche ihn zu unterbrechen, doch ich schaffe es nicht. Seine Stimme ist zu mächtig. Sein Ton zu laut. Seine Kraft zu stark. Und er hat Recht, mit dem was er sagt. Ob ich das weiÃ? Nein... erst im Nachhinein, ist man schlauer...
Ich weiÃ, es ist nicht der richtige Zeitpunkt. Aber der wird sowieso niemals kommen, Rory. Wir bekommen Michael wieder. Mach dir darüber keine Gedanken. Aber das schaffst du sowieso nicht. Also kann ich dir nur raten: mach dir darüber so wenig Gedanken, wie möglich...
Wieder schweigen wir lange, und ich denke darüber nach, wann der beste Zeitpunkt ist. Der beste wäre gestern gewesen. Doch der ist vorbei. Einfach Vorbei. Und ich habe es verpasst es ihm zu sagen...
Ich denke, er hat Angst vor mir... sagt Otello in die Stille hinein und ich lege die Stirn in Falten.
Warum sollte er? Frage ich verständnislos.
Ich glaube, er spürt es... er weià nur nicht genau, was es ist... Er trinkt von seinem Kaffee.
So? Du glaubst also, er denkt, dass er dir gefällt? Frage ich und beiÃe von meinem Toast ab.
Das habe ich nie gesagt... ich sagte, er selbst weià nicht, warum er Angst vor mir hat... sagt er und schmunzelt.
Aber... er... versuche ich zu erklären, dass Jess nur auf Frauen steht.
Lassen wir das... sagt er und trinkt erneut von seiner Tasse.
Aber er... versuche ich es noch einmal.
Er macht einen guten Kaffee... was will man mehr? Sagt Otello und stellt damit klar, dass er gar kein Interesse an Jess hat.
Als ich erneut in die Wohnung komme, hat Rory Claire auf dem Schoss, die gerade von dem Toast ihrer Mutter abbeiÃt. Tja, Mission gescheitert, Rory hat ihn nicht gegessen... ich hätte dir auch welche gemacht, Kleines...
Na, wen haben wir denn da? Frage ich und mache die Tür hinter Sully zu. Ich habe sie drüben gefüttert und nun wieder mit her genommen. Auf dem Weg über die StraÃe hat sie eben mal ihr Geschäft verrichtet, nun ist sie glücklich und wohlauf.
Und das, was die Kleine nun sagt, lässt mich aus jeglichen Wolken fallen. Ich stehe erschrocken da und denke daran, dass ich vermutlich nur geträumt habe. Das kann sie nicht wirklich gesagt haben... Sie streckt mir lachend ihre Arme entgegen. Ich bin in Begriff sie hoch zu heben, strecke meine Arme ebenfalls auf um sie zu greifen
Daddy... sagt sie, und ich halte in der Bewegung inne. Ich ziehe meine Arme erschrocken zurück und sehe sie entsetzt an.
Claire... ich bin nicht dein Daddy... sage ich und versuche, es ihr klar zu machen, ohne ihr weh zu tun.
Aber wo ist denn mein Daddy? Fragt sie und sieht ihre Mutter an. Auch ich sehe zu ihr. Sie starrt gerade aus, Tränen in den Augen.
Claire... er ist nicht hier... aber du hast einen Daddy. Das bin nur nicht ich... versuche ich zu erklären. Gott Jess... du verstehst dich selbst nicht, wenn du sprichst. Wie soll dich dann eine fast fünfjährige verstehen.
Aber Susan hat gesagt... Also... sie hat es wirklich nicht verstanden. Kein Wunder, bei deinem Geschwafel...
Wer ist bitte Susan? Frage ich verständnislos dazwischen.
Ihre Erzieherin im Kindergarten, antwortet Rory tonlos.
Erzieherin? Das klingt echt komisch. Man sollte meinen, dass Rory ihre Erzieherin ist. Immerhin erzieht sie die Kleine täglich. Nicht nur an Wochentagen...
Aha, sage ich und sehe erneut Claire an. Und was hat Susan gesagt?
Claire erklärt sehr sachlich, wenn auch mit einem bitteren Unterton. Sie sagt, jeder hat einen Daddy...
Ich nicke lange. Was soll ich sagen? Ich weiÃ, wie du dich fühlst. So einen wie du, hatte ich auch... aber das sage ich nicht... das wäre gemein. Gegenüber Logan. Und gegenüber Rory.
Da hat sie Recht... aber... dein Daddy ist jemand anderes... sage ich leise.
Die Kleine sieht mir traurig in die Augen. Hilfe suchend sehe ich zu Rory. Sie starrt mich an. Tränen stehen in ihren Augen.
Ich fühle mich schlecht. Ich bin nicht dein Daddy... leider.
Claires Mundwinkel ziehen sich traurig nach unten und ihr Kinn beginnt zu zittern.
Nein... sage ich und versuche sie nicht zum Heulen zu bringen. Claire... ich hab dich genauso lieb... als wäre ich dein Daddy... ich nehme sie aus Rorys Armen und drücke sie an mich. Ich hab dich sehr lieb, Claire... Bei diesen Worten läuft mir ein wohliger Schauer über den Rücken, denn ich weiÃ, es ist wahr. Ich liebe Claire, als wäre sie meine eigene Tochter. Ich liebe sie, wie mein eigen Fleisch und Blut. Wie mein linkes Bein. Und mein rechtes auch. Wie beide Beine und beide Arme zusammen. Und noch mehr. Fast so sehr wie Rory. Nur anders... wie eine Tochter eben.
Willst du nicht mein Daddy sein? Fragt sie weinend in mein Haar.
Ich sehe zu Rory, der das Wasser vor Verzweiflung bis zum Hals steht. Tränen laufen über ihre fahle Haut.
Du weiÃt gar nicht, wie gerne ich das wäre... sage ich leise, mehr zu Rory als zu der Kleinen. Ich denke nicht, dass Claire mich verstanden hat. Aber Rory umso mehr. Denn sie zuckt mit den Wimpern und wendet den Blick ab.
Kann ich dich nicht Daddy nennen? Fragt die Kleine weiter und ich sehe unauffällig zu Rory, ehe ich antworte.
WeiÃt du... ich denke, dein richtiger Daddy wäre sehr, sehr traurig wenn du mich plötzlich Daddy nennen würdest... also... wir können ja ein andermal noch darüber sprechen... die letzten Worte flüstere ich. Ich hab keine Ahnung wieso. Ich denke, Claire braucht es manchmal, dass man ihr ein Geheimnis anvertraut, um sich wichtig zu fühlen. Denn im Moment kommt sie wirklich zu kurz. Der ganze Trubel macht sie auch fertig. Denn sie ist sehr nah an ihrer Mutter.
Wir stehen gemeinsam am Fenster. Ich halte sie auf dem Arm und spüre Otellos Blicke in meinem Rücken. Als ich mich umdrehe, sieht er mich freundlich an, und da ist wieder dieses Glänzen. Er hat eine seiner Hände auf die Rorys gelegt und streicht sanft darüber.
Was meinst du, Claire. Sollen wir Mummy noch ein Toast machen? Frage ich und gehe an Rory und Otello vorbei, in die Küche. Sully springt hinter mir her. Und ich denke, es ist Zeit, dass die beiden reden. Ich schlieÃe die Küchentür und setze Claire auf die Arbeitsfläche. Nicht bevor ich sämtliche Messer und zerbrechlichen Artefakte aus ihrer Reichweite genommen habe. Denn ich kenne ja das bekannte Gilmore-Symdrom: Wo ein Messer ist, ist auch bald ein Finger weniger. Zumindest, so in der Art...
Ich hoffe, Rory bald helfen zu können. Denn ich spüre, wie ihre Kräfte schwinden. Sie ist schwach. Kaputt. Alleine. Und doch so umringt von Leuten, die sie lieben. Und die sie liebt. Ob sie... nein... ich darf nicht daran denken, was wäre, wenn sie nicht dasselbe für mich empfindet. Ich würde kaputt gehen. Und im Moment ist das der denkbar schlechteste Zeitpunkt...
[SIZE=4]Und als ich die Küchentür erneut öffne, sitzen beide am Tisch. Rory hat die Hände auf den Tisch gelegt und hört Otello zu, der ein Buch aus dem Regal genommen hat, und leise, mit tiefer und ruhiger Stimme liest. [/SIZE]
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Ich denke die Times New Roman ist besser zu lesen... aber irgendwie hat sie einen kleinen Schlag abbekommen, deshalb der Wechsel... damit auch wir blinden Maulwürfe lesen können...
So, und nu ans Fb schreiben...
Freu mich drauf... :freu: :freu: :freu:
bye, minoway
Es klingelt. Ich weià sofort, wer da ist. Noch bevor ich aus der Küche komme, flitzt Rory an mir vorbei und reiÃt die Tür auf. Otello, der davor steht, kann kaum etwas sagen, denn sobald sie die Tür aufgerissen hat, liegt sie schon in seinen Armen. Er umarmt sie sanft. So stehen sie eine Weile in der Tür und ich beobachte sie lächelnd. Endlich, als sie sich noch immer nicht von ihm lösen lässt, hebt er sie kurzerhand hoch und tritt ein. Dann lässt er sie wieder runter und umarmt sie weiter.
Er ist ein groÃer Mann. Genauso groà wie Sam. Der Anzug sitzt perfekt an seinem Körper, und ich frage mich nicht zum ersten Mal, ob er maÃgeschneidert ist. Er ist muskulös, dunkelblond. Blaue Augen. Das genaue Gegenteil von Sam.
Ich hab dich so vermisst, höre ich Rory nuscheln und ich werde traurig. Endlich löst sie sich von ihm, wirkt plötzlich ganz klein. Sie sieht zu Boden.
Er legt seine groÃe, dennoch zierliche Hand in ihren Nacken, die andere unter ihr Kinn. So hebt er ihren Kopf. Wir biegen das wieder gerade, richtig? Fragt er leise und schafft es, dass Rory nickt.
Gut... dann sieht er mich. Hey, Jess... er kommt auf mich zu und reicht mir die Hand.
Otello... erwidere ich knapp und schüttele sie. Dabei taucht dieses Leuchten in seinen Augen auf, dass ich schon von Sam kenne, und nicht zu deuten weiÃ. Möchtest du etwas essen? Einen Kaffee? Frage ich.
Ein Kaffee wäre jetzt prima, sagt er und mir fällt auf wie müde er aussieht.
Ich nicke und will in die Küche zurückgehen.
Du solltest auch etwas essen, sagt er zu Rory. Also gehe ich noch einmal zurück.
Bleibt es bei dem Toast? Frage ich.
Sie nickt wortlos.
Die Situation ist schwer für mich. Immer wenn ihre Freunde, die ich nicht wirklich kenne, zu ihr kommen, fühle ich mich überflüssig. Ich weià nicht, wie ich mich fühlen soll. Stehe vollkommen auf dem Schlauch. Fühle mich allein. Einsam. Abgeschoben. Es ist nicht so, dass ich Sam und Otello nicht mögen würde. Im Gegenteil. Ich denke, sie sind Rorys beste Freunde, und es ist gut für sie, wenn die beiden da sind. Aber immer wenn einer von ihnen auftaucht, würde ich am liebsten gehen. Mit Sam hat sich dieses Gefühl gelegt, nach einiger Zeit. Otello habe ich erst ein paar Mal gesehen. Da ist das Gefühl noch da. Ziemlich heftig. Ich denke das spürt er, denn er verhält sich kalt und distanziert, dennoch freundlich.
Ich bringe zwei Kaffeetassen nach drauÃen, und zwei Scheiben Toast für Rory. Sie sieht mich dankbar an und strahlt etwas aus, das ich vorher nie wahrgenommen habe: Dankbarkeit und... Liebe. Dennoch sehen ihre Augen traurig aus. Matt. Glanzlos.
Auf einmal taucht Sully auf. Sie lag die ganze Nacht zusammengerollt auf Claires Teppich. Nun setzt sie sich erwartungsvoll neben mich und schaut mit ihren groÃen Kulleraugen zu mir auf.
Na du? Frage ich und kraule sie am Kopf. Hast du auch Hunger? Ich denke, ich hab noch was zu Hause... kommst du mit? Was meinst du? Ich sehe Rory und Otello entschuldigend an und gehe mit ihr zur Tür. Als ich nach drauÃen verschwinde, bin ich erleichtert, dass sie Hunger hat. Es ist unerträglich, denn ich merke, ich kann nicht ich selbst sein... Nicht solange das nicht geklärt ist. Nicht solange es offen steht. Nicht solange sie mich so ansieht und dennoch nichts sagen kann. Ihre ganze Kraft konzentriert sich auf Michael. Und dass sie mir zeigt, was sie wirklich fühlt, ist einfach zu viel verlangt.
Kurz nachdem Jess mit Sully nach drauÃen verschwindet, sieht Otello mich eindringlich an. Er erwartet wohl, dass ich etwas sage. Doch ich weià beim besten Willen nicht was. Als er merkt, dass ich nichts sage, ergreift er das Wort.
Er ist ein netter Kerl... sagt er.
Wer? Jess? Mehr als das... Er ist wundervoll. Es ist immer da. Er liebt die Kinder... weiter komme ich nicht.
...Und er liebt dich... unterbricht er mich.
Ja, das auch... sage ich leise.
Otello lächelt. Und du? Liebst du ihn auch? Fragt er.
Ich sehe ihn entsetzt an. Mein Herz pocht mir bis zum Hals, verschlägt mir die Sprache. Ich weià nicht, was ich sagen soll. Allein der Gedanke an Jess lässt mein Herz höher schlagen. Mir wird warm und kalt. Alles zusammen. Wie ein Eiswürfel im Feuer, schmelze ich nur so dahin.
Es ist nicht der richtige Zeitpunkt... wiederhole ich zum hundertsten Mal in kürzester Zeit. Diesen Satz habe ich schon so oft verwendet. Er tut mir auf der Zunge weh, wenn ich ihn ausspreche. Wenn ich ihn denke, pocht mein Kopf. Wenn ich ihn höre, schreie ich innerlich auf vor Schmerz.
Das ist keine Antwort auf meine Frage... sagt er gelassen und trinkt von seinem Kaffe.
Ich stehe auf und hole die Kaffeekanne aus der Küche. Sie ist noch warm, und ich gieÃe uns beiden nach. Dann setze ich mich erneut.
Was erwartest du? Dass ich anfange zu heulen und dir beichte, dass ich ihn liebe, aber nicht weiÃ, wie ich es ihm sagen soll? Frage ich Stirn runzelnd und umfasse meine Tasse. Sie ist so schön warm, dass ich meine Hände daran aufwärme.
Na ja... ich denke einen Rat kann ich dir da auch nicht geben... aber es würde helfen, wenn du dir deinen Gefühlen klar wärst.
Einige Zeit schweigen wir. Ich starre zum Fenster, durch die das Sonnenlicht strahlt. Dennoch, der Himmel bleibt bewölkt. Grau. Kalt. Trotzdem spendet er Hoffnung, und ich bete, dass er trocken bleibt. Nicht anfängt zu weinen.
Ich muss daran denken, wie Jess einfach in den See sprang. Ohne jegliche Furcht. Ohne jegliche Angst. Ich denke, es ist an der Zeit, das gleiche zu tun. Zumindest vor Otello. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, auch vor Jess. Springen.
Springen, Rory... das ist nicht so schwer. Du schaffst es. Er fängt dich auf. Jeder fängt dich auf. Otello. Jess. Sam. Mum... sogar Luke. Liebst du ihn? Dann sag es. Sag es! Auch dann, wenn er dich nicht hören kann. Selbst dann.
Natürlich liebe ich ihn... sage ich plötzlich. Ich denke, Otello hätte seine Frage fast schon vergessen, denn er blinzelt mich erstaunt an. Dann endlich lächelt er.
Siehst du? War doch gar nicht so schwer... Jetzt musst du es nur noch ihm sagen... Auch das schaffst du... er lächelt mir zu und ich fühle mich wie eine Enkelin. Unwillkürlich erinnert er mich an meinen eigenen GroÃvater... was alles passierte. Es tut mir heute noch leid.
Aber... ich versuche ihn zu unterbrechen, doch ich schaffe es nicht. Seine Stimme ist zu mächtig. Sein Ton zu laut. Seine Kraft zu stark. Und er hat Recht, mit dem was er sagt. Ob ich das weiÃ? Nein... erst im Nachhinein, ist man schlauer...
Ich weiÃ, es ist nicht der richtige Zeitpunkt. Aber der wird sowieso niemals kommen, Rory. Wir bekommen Michael wieder. Mach dir darüber keine Gedanken. Aber das schaffst du sowieso nicht. Also kann ich dir nur raten: mach dir darüber so wenig Gedanken, wie möglich...
Wieder schweigen wir lange, und ich denke darüber nach, wann der beste Zeitpunkt ist. Der beste wäre gestern gewesen. Doch der ist vorbei. Einfach Vorbei. Und ich habe es verpasst es ihm zu sagen...
Ich denke, er hat Angst vor mir... sagt Otello in die Stille hinein und ich lege die Stirn in Falten.
Warum sollte er? Frage ich verständnislos.
Ich glaube, er spürt es... er weià nur nicht genau, was es ist... Er trinkt von seinem Kaffee.
So? Du glaubst also, er denkt, dass er dir gefällt? Frage ich und beiÃe von meinem Toast ab.
Das habe ich nie gesagt... ich sagte, er selbst weià nicht, warum er Angst vor mir hat... sagt er und schmunzelt.
Aber... er... versuche ich zu erklären, dass Jess nur auf Frauen steht.
Lassen wir das... sagt er und trinkt erneut von seiner Tasse.
Aber er... versuche ich es noch einmal.
Er macht einen guten Kaffee... was will man mehr? Sagt Otello und stellt damit klar, dass er gar kein Interesse an Jess hat.
Als ich erneut in die Wohnung komme, hat Rory Claire auf dem Schoss, die gerade von dem Toast ihrer Mutter abbeiÃt. Tja, Mission gescheitert, Rory hat ihn nicht gegessen... ich hätte dir auch welche gemacht, Kleines...
Na, wen haben wir denn da? Frage ich und mache die Tür hinter Sully zu. Ich habe sie drüben gefüttert und nun wieder mit her genommen. Auf dem Weg über die StraÃe hat sie eben mal ihr Geschäft verrichtet, nun ist sie glücklich und wohlauf.
Und das, was die Kleine nun sagt, lässt mich aus jeglichen Wolken fallen. Ich stehe erschrocken da und denke daran, dass ich vermutlich nur geträumt habe. Das kann sie nicht wirklich gesagt haben... Sie streckt mir lachend ihre Arme entgegen. Ich bin in Begriff sie hoch zu heben, strecke meine Arme ebenfalls auf um sie zu greifen
Daddy... sagt sie, und ich halte in der Bewegung inne. Ich ziehe meine Arme erschrocken zurück und sehe sie entsetzt an.
Claire... ich bin nicht dein Daddy... sage ich und versuche, es ihr klar zu machen, ohne ihr weh zu tun.
Aber wo ist denn mein Daddy? Fragt sie und sieht ihre Mutter an. Auch ich sehe zu ihr. Sie starrt gerade aus, Tränen in den Augen.
Claire... er ist nicht hier... aber du hast einen Daddy. Das bin nur nicht ich... versuche ich zu erklären. Gott Jess... du verstehst dich selbst nicht, wenn du sprichst. Wie soll dich dann eine fast fünfjährige verstehen.
Aber Susan hat gesagt... Also... sie hat es wirklich nicht verstanden. Kein Wunder, bei deinem Geschwafel...
Wer ist bitte Susan? Frage ich verständnislos dazwischen.
Ihre Erzieherin im Kindergarten, antwortet Rory tonlos.
Erzieherin? Das klingt echt komisch. Man sollte meinen, dass Rory ihre Erzieherin ist. Immerhin erzieht sie die Kleine täglich. Nicht nur an Wochentagen...
Aha, sage ich und sehe erneut Claire an. Und was hat Susan gesagt?
Claire erklärt sehr sachlich, wenn auch mit einem bitteren Unterton. Sie sagt, jeder hat einen Daddy...
Ich nicke lange. Was soll ich sagen? Ich weiÃ, wie du dich fühlst. So einen wie du, hatte ich auch... aber das sage ich nicht... das wäre gemein. Gegenüber Logan. Und gegenüber Rory.
Da hat sie Recht... aber... dein Daddy ist jemand anderes... sage ich leise.
Die Kleine sieht mir traurig in die Augen. Hilfe suchend sehe ich zu Rory. Sie starrt mich an. Tränen stehen in ihren Augen.
Ich fühle mich schlecht. Ich bin nicht dein Daddy... leider.
Claires Mundwinkel ziehen sich traurig nach unten und ihr Kinn beginnt zu zittern.
Nein... sage ich und versuche sie nicht zum Heulen zu bringen. Claire... ich hab dich genauso lieb... als wäre ich dein Daddy... ich nehme sie aus Rorys Armen und drücke sie an mich. Ich hab dich sehr lieb, Claire... Bei diesen Worten läuft mir ein wohliger Schauer über den Rücken, denn ich weiÃ, es ist wahr. Ich liebe Claire, als wäre sie meine eigene Tochter. Ich liebe sie, wie mein eigen Fleisch und Blut. Wie mein linkes Bein. Und mein rechtes auch. Wie beide Beine und beide Arme zusammen. Und noch mehr. Fast so sehr wie Rory. Nur anders... wie eine Tochter eben.
Willst du nicht mein Daddy sein? Fragt sie weinend in mein Haar.
Ich sehe zu Rory, der das Wasser vor Verzweiflung bis zum Hals steht. Tränen laufen über ihre fahle Haut.
Du weiÃt gar nicht, wie gerne ich das wäre... sage ich leise, mehr zu Rory als zu der Kleinen. Ich denke nicht, dass Claire mich verstanden hat. Aber Rory umso mehr. Denn sie zuckt mit den Wimpern und wendet den Blick ab.
Kann ich dich nicht Daddy nennen? Fragt die Kleine weiter und ich sehe unauffällig zu Rory, ehe ich antworte.
WeiÃt du... ich denke, dein richtiger Daddy wäre sehr, sehr traurig wenn du mich plötzlich Daddy nennen würdest... also... wir können ja ein andermal noch darüber sprechen... die letzten Worte flüstere ich. Ich hab keine Ahnung wieso. Ich denke, Claire braucht es manchmal, dass man ihr ein Geheimnis anvertraut, um sich wichtig zu fühlen. Denn im Moment kommt sie wirklich zu kurz. Der ganze Trubel macht sie auch fertig. Denn sie ist sehr nah an ihrer Mutter.
Wir stehen gemeinsam am Fenster. Ich halte sie auf dem Arm und spüre Otellos Blicke in meinem Rücken. Als ich mich umdrehe, sieht er mich freundlich an, und da ist wieder dieses Glänzen. Er hat eine seiner Hände auf die Rorys gelegt und streicht sanft darüber.
Was meinst du, Claire. Sollen wir Mummy noch ein Toast machen? Frage ich und gehe an Rory und Otello vorbei, in die Küche. Sully springt hinter mir her. Und ich denke, es ist Zeit, dass die beiden reden. Ich schlieÃe die Küchentür und setze Claire auf die Arbeitsfläche. Nicht bevor ich sämtliche Messer und zerbrechlichen Artefakte aus ihrer Reichweite genommen habe. Denn ich kenne ja das bekannte Gilmore-Symdrom: Wo ein Messer ist, ist auch bald ein Finger weniger. Zumindest, so in der Art...
Ich hoffe, Rory bald helfen zu können. Denn ich spüre, wie ihre Kräfte schwinden. Sie ist schwach. Kaputt. Alleine. Und doch so umringt von Leuten, die sie lieben. Und die sie liebt. Ob sie... nein... ich darf nicht daran denken, was wäre, wenn sie nicht dasselbe für mich empfindet. Ich würde kaputt gehen. Und im Moment ist das der denkbar schlechteste Zeitpunkt...
[SIZE=4]Und als ich die Küchentür erneut öffne, sitzen beide am Tisch. Rory hat die Hände auf den Tisch gelegt und hört Otello zu, der ein Buch aus dem Regal genommen hat, und leise, mit tiefer und ruhiger Stimme liest. [/SIZE]
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Ich denke die Times New Roman ist besser zu lesen... aber irgendwie hat sie einen kleinen Schlag abbekommen, deshalb der Wechsel... damit auch wir blinden Maulwürfe lesen können...
So, und nu ans Fb schreiben...
Freu mich drauf... :freu: :freu: :freu:
bye, minoway